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VwGH vom 24.02.2011, 2008/21/0301

VwGH vom 24.02.2011, 2008/21/0301

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der S, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Bahnhofstraße 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 150.680/2-III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Thailand, heiratete am einen österreichischen Staatsbürger. Daraufhin wurde ihr von der österreichischen Botschaft in Bangkok ein vom bis gültiges Visum D erteilt.

Nach ihrer Einreise nach Österreich stellte die Beschwerdeführerin am bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz (BH) persönlich einen - auf ihren Ehemann als "Zusammenführenden" bezogenen - Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 47 Abs. 2 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG).

Diesen Antrag wies die BH mit dem im Namen des Landeshauptmannes von Vorarlberg erlassenen Bescheid vom gemäß § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG ab. Dem liegt die näher begründete Einschätzung der BH zugrunde, der Ehemann der Beschwerdeführerin sei nicht in der Lage, den notwendigen Unterhalt zu gewährleisten.

Die dagegen erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom gemäß § 21 Abs. 4 iVm § 11 Abs. 1 Z 5 NAG abgewiesen. Tragend begründete die belangte Behörde diese Entscheidung damit, dass die Beschwerdeführerin nach Ablauf des ihr erteilten Visums mit nicht ausgereist sei und sich seit ihrer Einreise durchgehend im Bundesgebiet aufhalte. Es sei daher vom Vorliegen des zwingenden Versagungsgrundes iSd § 11 Abs. 1 Z 5 NAG, der auch in der vorliegenden Konstellation anzuwenden sei, auszugehen. In der daran anschließenden Eventualbegründung legte die belangte Behörde näher dar, dass der Beschwerdeführerin der begehrte Aufenthaltstitel auch aufgrund der unzureichenden finanziellen Mittel ihres Ehemannes nicht erteilt werden könnte. Schließlich nahm die belangte Behörde noch eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG vor und kam zu dem Ergebnis, es sei auch nicht geboten, der Beschwerdeführerin einen Aufenthaltstitel zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK zu erteilen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

1. Die Heranziehung des Versagungsgrundes nach § 11 Abs. 1 Z 5 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) steht in einer Konstellation wie der vorliegenden mit dem Gesetz nicht im Einklang. Dazu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG des Näheren auf die Entscheidungsgründe des zu dieser Frage zuletzt ergangenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2008/22/0903, das sich auf dort zitierte Vorjudikatur stützt, verwiesen werden.

2. Aber auch die Auffassung der belangten Behörde, der Aufenthalt der Beschwerdeführerin werde zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen, hält einer Prüfung nicht stand:

2.1. Zur Begründung dieses (auch von der Erstbehörde herangezogenen) Erteilungshindernisses nach § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG führte die belangte Behörde zwar zutreffend aus, es sei in Bezug auf die für die Beschwerdeführerin und ihren Ehemann erforderlichen Unterhaltsmittel auf den Richtsatz gemäß § 293 ASVG abzustellen und demgemäß müsste für ein im gemeinsamen Haushalt lebendes Ehepaar ein Betrag von EUR 1.120,-- zur Verfügung stehen. Die daran anschließende bloße Schlussfolgerung, "Ihrem Ehegatten steht abzüglich der Mietbelastung lediglich ein monatliches Einkommen in Höhe von EUR 349,71 zur Verfügung", ist jedoch mangels Feststellung der herangezogenen Berechnungsgrundlagen nicht nachvollziehbar. Insofern liegt ein maßgeblicher Begründungsmangel vor, ohne dass es auf das (bescheinigte) Beschwerdevorbringen ankommt, der Ehemann der Beschwerdeführerin beziehe jedenfalls seit Jänner 2008 unter Bedachtnahme auf die ihm bescheidmäßig gewährte Ausgleichszulage ein dem genannten Richtsatz entsprechendes Einkommen. Im Übrigen war der von der belangten Behörde vorgenommene Abzug der "Mietbelastung" durch die hier maßgebliche Rechtslage vor der Novellierung des § 11 Abs. 5 durch das FrÄG 2009, BGBl. I Nr. 122, nicht gedeckt (vgl. Punkt 5.4. der Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom , Zl. 2008/22/0711, uva).

2.2. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt überdies - anders als die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiters meint - der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel auch durch Spareinlagen in Betracht (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0422, mwN). Demzufolge hätte die belangte Behörde auch das Sparbuch mit einem (im Verwaltungsakt ausgewiesenen) Guthabensstand von EUR 10.836,43 berücksichtigen müssen.

2.3. Nicht berechtigt ist allerdings der in der Beschwerde mehrfach vorgetragene Einwand, der Unterhalt der Beschwerdeführerin sei schon im Hinblick auf eine Verpflichtungserklärung ihres Schwiegervaters vom , ihr "bis auf weiteres" einen monatlichen Betrag von EUR 1.000,-- zu bezahlen, gedeckt. Gemäß § 11 Abs. 6 NAG muss die Zulässigkeit, den Nachweis des Einkommens mit einer Haftungserklärung erbringen zu können, ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein. Dies ist bei dem hier in Betracht kommenden Aufenthaltstitel nach § 47 Abs. 2 NAG nicht der Fall. Die Möglichkeit, die geforderten Unterhaltsmittel durch vertragliche Unterhaltsansprüche nachzuweisen, ist sohin der Beschwerdeführerin hier nicht eingeräumt (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0111, mwN).

3.1. Der angefochtene Bescheid war aber schon aus den in Punkt 1. sowie Punkt 2.1. und 2.2. genannten Gründen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3.2. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
UAAAE-82952