Suchen Hilfe
VwGH vom 14.04.2011, 2008/21/0300

VwGH vom 14.04.2011, 2008/21/0300

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des H, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Rosenkranz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Plainstraße 23, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 317.619/2- III/4/2008, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am geborene Beschwerdeführer, ein kroatischer Staatsangehöriger, stellte am bei der österreichischen Botschaft Agram den gegenständlichen - auf seinen (seit ) die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Vater als "Zusammenführenden" bezogenen - Erstantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes

(NAG).

Dieser Antrag wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom gemäß § 47 Abs. 3 NAG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach zusammengefasster Darstellung des bisherigen Verfahrensganges aus, der Vater des Beschwerdeführers, von dem der angestrebte Aufenthaltstitel abgeleitet werden solle und der auch eine Haftungserklärung abgegeben habe, müsse als "Zusammenführender" im Sinne des § 47 NAG einen entsprechenden Einkommensnachweis erbringen. Bei der Überprüfung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten sei dessen pfändungsfreies Existenzminimum gemäß § 291a EO zu berücksichtigen; das bedeute, dass sich der Vater des Beschwerdeführers nur mit dem Betrag, der über sein pfändungsfreies Existenzminimum hinausgehe, gegenüber dem Beschwerdeführer verpflichten könne.

Aus den vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass der Vater des Beschwerdeführers über ein durchschnittliches Nettoeinkommen von EUR 2.051,71 monatlich verfüge. Das pfändungsfreie Existenzminimum betrage unter Berücksichtigung der Unterhaltspflichten für seine Ehefrau und ein Kind EUR 1.392,50. Für den Beschwerdeführer müssten nach dem heranzuziehenden Richtsatz gemäß § 293 ASVG Unterhaltsmittel von monatlich EUR 747,-

- vorhanden sein, sodass der Vater des Beschwerdeführers nach Hinzurechnung einer monatlichen Kreditbelastung von EUR 264,50 über ein Mindestnettoeinkommen von EUR 2.404„-- verfügen müsste. Es dürfe daher dem Beschwerdeführer gemäß § 47 Abs. 3 NAG kein Aufenthaltstitel erteilt werden, weil keine tragfähige Haftungserklärung vorliege und es somit an einer besonderen Erteilungsvoraussetzung mangle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

In der Beschwerde wird vor allem geltend gemacht, die monatliche Ratenzahlung von EUR 264,50 diene der Rückzahlung eines Kredites, der für den Ankauf der Wohnung aufgenommen worden sei, und sie sei daher wie eine Mietzahlung zu behandeln. Da der Beschwerdeführer in der Eigentumswohnung seines Vaters werde wohnen können, sei sein Bedarf nach dem ASVG-Richtsatz um den "Wert der freien Station" von derzeit EUR 239,15 zu vermindern und betrage daher nur EUR 507,85. Das monatliche Einkommen des Vaters des Beschwerdeführers übersteige den in der Beschwerde sodann - ausgehend von einem "Existenzminimum" bei zwei Unterhaltspflichten in der Höhe von EUR 1.156,88 - errechneten erforderlichen Betrag von EUR 1.664,73.

Mit diesen Ausführungen zeigt der Beschwerdeführer keine durch den angefochtenen Bescheid bewirkte Rechtsverletzung auf:

Die belangte Behörde hätte zwar in der vorliegenden Konstellation bei der Prüfung der Tragfähigkeit der Haftungserklärung des Zusammenführenden gemäß § 11 Abs. 5 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) nicht auf das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a EO abstellen dürfen, sondern hinsichtlich der Deckung des Bedarfs des Vaters des Beschwerdeführers sowie jenes seiner (im gemeinsamen Haushalt lebenden) Ehefrau und des Kindes den Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 Abs. 1 ASVG heranziehen müssen (siehe dazu etwa die Rechtsprechungsnachweise im Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0518).

Davon ausgehend hätte nach § 293 Abs. 1 ASVG (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 101/2007) für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau ein Betrag von EUR 1.120,-- zuzüglich EUR 78,29 für das Kind, somit EUR 1.198,29, zur Verfügung stehen müssen. Zutreffend ist die belangte Behörde nach dem genannten Richtsatz von einem Unterhaltsbedarf für den Beschwerdeführer von EUR 747,-- ausgegangen, sodass sich der für den Unterhalt der gesamten Familie erforderliche Betrag auf EUR 1.945,29 erhöht. Für die in der Beschwerde angestrebte Verminderung um den "Wert der freien Station" gibt es keine gesetzliche Grundlage. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers schmälern nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Kreditbelastungen auch dann die zur Verfügung stehenden Mittel, wenn sie aus der Schaffung von "Wohnraum" resultieren (vgl. in diesem Sinn das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0278, und daran anschließend das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2010/21/0003).

Im vorliegenden Fall wäre daher zur Deckung auch der Lebensbedürfnisse des Beschwerdeführers ein Einkommen seines Vaters von EUR 2.209,79 erforderlich gewesen. Demzufolge hätte sich ausgehend von der nicht bestrittenen Höhe des monatlichen Durchschnittseinkommens von EUR 2.051,71 ein Fehlbetrag von etwa EUR 160,-- im Monat ergeben.

Der Beschwerdeführer meint in diesem Zusammenhang, hätte der Gesetzgeber gewollt, dass die Richtsätze des § 293 ASVG "strikt" einzuhalten seien, hätte er dies im Gesetzestext auch deutlich gemacht. Das verwendete Wort "entsprechen" drücke aus, dass die genannten Richtsätze nur annähernd erreicht und nicht notwendig die dort angeführten Beträge nachgewiesen werden müssten.

Mit dieser Frage hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0002, vor dem Hintergrund des Urteiles des Gerichtshofes der Europäischen Union vom in der Rechtssache C-578/08 "Chakroun" bereits befasst; darauf kann verwiesen werden. Von einer nur geringfügigen Unterschreitung des nach der österreichischen Rechtslage maßgeblichen Richtsatzes nach § 293 ASVG, der vom Verwaltungsgerichtshof bereits Bedeutung beigemessen wurde (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0004), kann aber im vorliegenden Fall nicht die Rede sein. Vielmehr rechtfertigt der ermittelte Differenzbetrag von EUR 160,-- jedenfalls die Annahme im Sinne des § 11 Abs. 2 Z 4 NAG, der Aufenthalt des Fremden in Österreich könnte zu einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen. Die darauf gegründete Antragsabweisung durch die belangte Behörde ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Der Beschwerdeführer äußert schließlich noch Bedenken in Bezug auf die Ungleichbehandlung der drittstaatszugehörigen Familienangehörigen von EWR-Bürgern und Österreichern, die ihr Freizügigkeitsrecht ausgeübt haben, und von solchen, bei denen dies nicht der Fall ist. Dazu genügt es, ihn auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 244/09 u.a., zu verweisen, der darin keine Unsachlichkeit gesehen hat.

Der belangten Behörde ist zwar auch noch vorzuwerfen, dass sie keine Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen hat. Dazu wäre sie nämlich im Hinblick darauf verpflichtet gewesen, dass sie die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers ungeachtet der Bezugnahme auf das in § 47 Abs. 3 letzter Satz NAG normierte Erfordernis des Vorliegens einer Haftungserklärung der Sache nach auf § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG - danach bestimmt sich nämlich die Tragfähigkeit der Haftungserklärung - gestützt hat (siehe auch dazu das Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0518, mit weiteren Nachweisen; und daran anschließend das Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0422). Dadurch ist der Beschwerdeführer aber ebenfalls nicht in Rechten verletzt, zumal in der Beschwerde auf die Frage, ob die Erteilung des begehrten Aufenthaltstitels zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten sei, überhaupt nicht eingegangen wird. Eine derartige Annahme ist im gegenständlichen Fall auch nicht naheliegend, zumal der erwachsene Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen in der Berufung bereits seit 1990 von seinem Vater getrennt lebt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
JAAAE-82947