VwGH vom 24.02.2012, 2011/02/0102
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der BF in K, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Karfreitstraße 8/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-1717/11/2010, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin schuldig erachtet, sie habe sich am um 18.15 Uhr in der Polizeiinspektion K nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert, ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, obwohl sie im Verdacht gestanden sei, zuvor (um 17.35 Uhr) in K, F-Straße 1, einen dem Kennzeichen nach näher genannten PKW in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Sie habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 StVO 1960 begangen, weshalb über sie eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 16 Tage) verhängt wurde.
In der Begründung gab die belangte Behörde den Inhalt des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vom wieder, in dem unter anderem festgestellt wurde, dass die Beschwerdeführerin dem Polizeinotruf mitgeteilt habe, sie stehe beim Spielcasino W und es sei ihr "gerade ein Radfahrer oder irgendwas ins Auto gelaufen. Der Außenspiegel ist beschädigt. Ich ruf an, dass hat einer gesehen den Verkehrsunfall. Kummans her. Ja, in den Außenspiegel ist einer gelaufen. Auf die Frage des Beamten beim Polizeinotruf sind sie gefahren: Ja, ich bin gefahren." Weiter gab die belangte Behörde den Inhalt der Berufungsschrift wieder und traf auf Grund der Ergebnisse der bei ihr durchgeführten mündlichen Verhandlung die Feststellungen, dass die Beschwerdeführerin deutliche Alkoholisierungssymptome aufgewiesen habe und zur Atemalkoholuntersuchung aufgefordert worden sei. Die einschreitenden Beamten seien von der Stadtleitstelle zu einem Verkehrsunfall in die F-Straße geschickt worden. Als sie einige Minuten später dort eingetroffen seien, hätten sie die Beschwerdeführerin in ihrem Fahrzeug am Fahrersitz sitzend im Kreuzungsbereich F-Straße/S-Straße angetroffen. Die Beschwerdeführerin habe den Beamten gegenüber angegeben, dass sie die F-Straße entlang gefahren und ihr eine Person ins Auto gelaufen sei. Sie hätte einen Knall gehört und es hätte ihr jemand zugerufen, dass er die Polizei verständigen werde. Weiters habe die Beschwerdeführerin den Beamten gegenüber angegeben, dass sie dieser Person zuvorkommen habe wollen und selbst die Polizei gerufen habe. Die Beamten hätten feststellen können, dass der rechte Außenspiegel des Fahrzeuges der Beschwerdeführerin einen Sprung aufgewiesen habe.
Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, die Feststellungen stützten sich auf die glaubwürdigen und nachvollziehbaren Angaben der vernommenen Polizeibeamten. Für die Richtigkeit dieser Darstellung spreche auch der Inhalt des wiedergegebenen Notrufes, der einige Minuten zuvor von der Beschwerdeführerin getätigt worden sei. Auch aus diesem gehe hervor, dass die Beschwerdeführerin die an sie gerichtete Frage, ob sie das Fahrzeug gelenkt habe, eindeutig bejaht habe. Insoweit von der Beschwerdeführerin erstmals bei ihrer Einvernahme in der Berufungsverhandlung ausgeführt worden sei, vor Ort den Beamten gegenüber auf die Frage, ob sie gefahren sei, auch angegeben zu haben, dass sie am Vormittag das Fahrzeug am Gehsteig abgestellt habe, sei dieser Verantwortung kein Glauben zu schenken gewesen. In dieser Form habe sich die Beschwerdeführerin erstmals vor der belangten Behörde verantwortet. Zudem sei ihre Verantwortung widersprüchlich, weil sie in der Stellungnahme vom angegeben habe, ihr Fahrzeug gegen 16.30 Uhr am Ort der Amtshandlung zum Parken abgestellt zu haben. Davon ausgehend hätten die einschreitenden Beamten zu Recht den Verdacht hegen können, dass die Beschwerdeführerin zuvor das auf sie zugelassene Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Die Aufforderung zur Vornahme einer Atemluftalkoholuntersuchung sei daher zu Recht ergangen. Mit der Beschwerdeführerin sei in der Polizeiinspektion K um 17.55 Uhr mit dem geeichten Atemalkoholmessgerät der Bauart Siemens W 02-359 eine Atemalkoholuntersuchung durchgeführt worden. Dabei habe die erste Messung um 17.57 Uhr 1,14 mg/l ergeben. Um
17.59 Uhr sei ein Fehlversuch wegen unkorrekter Atmung erfolgt. Um 18.00 Uhr sei es zu einer zweiten Messung gekommen, die 1,0 mg/l ergeben habe. Wegen der zu großen Probendifferenz seien diese Messungen nicht verwertbar gewesen, weshalb die Beschwerdeführerin zu weiteren Beatmungen des Alkomaten aufgefordert worden sei. In der Folge seien von ihr nacheinander vier Fehlversuche wegen unkorrekter Atmung und zu kleinem Blasvolumen vorgenommen worden. Eine weitere Beatmung um 18.09 Uhr habe ein erzielbares Ergebnis mit 0,94 mg/l erbracht. Danach sei die Beschwerdeführerin zu keiner weiteren Beatmungen mehr bereit gewesen und habe dies kommentiert mit den Worten, ohnehin schon mindestens zehn Mal geblasen zu haben. Um 18.15 Uhr sei die Atemalkoholuntersuchung für beendet erklärt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 1.600,-
- bis EUR 5.900,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.
Zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 5 Abs. 2 Z 1 StVO 1960 reicht der Verdacht aus, der Beschwerdeführer habe das Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt. Der Verdacht muss sich einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2009/02/0040, mwN).
Im vorliegenden Fall bestreitet die Beschwerdeführerin nicht, anlässlich der ihr vorgeworfenen Verweigerung der Atemluftuntersuchung alkoholisiert gewesen zu sein. Die Beamten durften daher zu Recht den Verdacht einer Alkoholisierung der Beschwerdeführerin haben.
Aber auch für die Annahme einer Verdachtslage, die Beschwerdeführerin habe den PKW gelenkt, waren einschlägige Umstände vorhanden. Nach den unbekämpften Feststellungen hat die Beschwerdeführerin den Beamten gegenüber angegeben, die F-Straße entlang gefahren zu sein, wobei ihr eine Person ins Auto gelaufen sei. Sie habe einen Knall gehört und es habe ihr jemand zugerufen, dass er die Polizei verständigen werde. Dieser Person habe sie zuvor kommen wollen und selbst die Polizei gerufen. Es bedurfte somit gar nicht der Kenntnis des von der Beschwerdeführerin anders als von den Beamten interpretierten Inhaltes des Notrufs, um den begründeten Verdacht hegen zu können, die Beschwerdeführerin habe das Fahrzeug gelenkt.
In der Rechtsrüge bestreitet die Beschwerdeführerin, dass im vorliegenden Fall eine Weigerung vorgelegen habe. Es hätte eine Messung mit dem Vortestgerät und drei Messergebnisse mit dem Alkomaten gegeben. Die Ergebnisse am Alkomaten hätten sich im Bereich des Wertes des Vortestgerätes bewegt, weshalb ausreichende Ergebnisse vorgelegen seien, die die Behörde ermächtigt hätten, gegenüber der Beschwerdeführerin den Vorwurf der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 zu erheben, wäre sie in der Lage gewesen, der Beschwerdeführerin das Lenken des Fahrzeuges nachzuweisen.
Nach der ständigen Rechtsprechung ist eine Verweigerung der Atemluftuntersuchung dann gegeben, wenn mehrere Versuche zu keiner gültigen Messung geführt haben und das Zustandekommen eines entsprechenden Messergebnisses durch das Verhalten des Probanden verhindert wurde. Dies gilt auch dann, wenn zwar Messergebnisse vorhanden, wegen der zu großen Probendifferenz jedoch nicht verwertbar sind (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/02/0107, mwN).
Nach den insoweit unbekämpft gebliebenen Feststellungen waren die beiden ersten Ergebnisse am Alkomaten auf Grund der Probendifferenz nicht verwertbar; nach Erzielung eines verwertbaren Ergebnisses um 18.09 Uhr ist die Beschwerdeführerin zu keiner weiteren Beatmung bereit gewesen, woraufhin die Atemalkoholuntersuchung für beendet erklärt wurde. Bei diesem Sachverhalt ist im Sinne der zitierten Rechtsprechung von einer Verweigerung auszugehen.
Soweit die Beschwerdeführerin ihrer Rechtsrüge zu Grunde legt, dass bei den einzelnen Blasversuchen sowohl die Zeit als auch das Volumen "überwiegend ausreichten", entfernt sie sich von den Feststellungen, wonach die Fehlversuche auf unkorrekte Atmung der Beschwerdeführerin und auf ein zu kleines Blasvolumen zurückzuführen waren.
Beruft sich die Beschwerdeführerin unter Verweis auf das Erkenntnis vom , Zl. 2009/02/0379, wiederum auf zwei gültige Versuche, weil nach den Verwendungsrichtlinien für Atemalkoholmessgeräte die Heranziehung von zwei Messwerten, die nicht unmittelbar aufeinander folgten nicht unzulässig sei, ist sie neuerlich darauf zu verweisen, dass die ersten beiden mit dem Alkomaten erzielten Ergebnisse wegen zu großer Probendifferenz ungültig gewesen seien, somit insgesamt nur ein Ergebnis vorgelegen ist, nach dessen Erzielung die Beschwerdeführerin die Durchführung weiterer Versuche abgelehnt hat.
Die Höhe der Geldstrafe ist in Ansehung des möglichen Strafrahmens zwischen EUR 1.600,-- und EUR 5.900,-- und im Hinblick auf die als straferschwerend gewertete einschlägige Verwaltungsstrafe, wobei strafmildernd keine Umstände herangezogen wurden, mit EUR 2.000,-- moderat bemessen. Die behördliche Verständigung der Beschädigung an ihrem Fahrzeug durch die Beschwerdeführerin kann im Zusammenhang mit der Verweigerung der Atemalkoholuntersuchung nicht als "gewichtiger Milderungsgrund" gesehen werden.
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-82929