VwGH vom 23.10.2009, 2006/11/0035

VwGH vom 23.10.2009, 2006/11/0035

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde der P GmbH in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 2, gegen den Bescheid der beim Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz eingerichteten Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten vom , Zl. 41.550/780-9/05, betreffend Vorschreibung einer Ausgleichstaxe nach § 9 BEinstG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Vorstellungsbescheid des Bundessozialamtes, Landesstelle Wien (BSA), vom wurde der beschwerdeführenden Partei für das Kalenderjahr 2004 gemäß § 9 BEinstG die Entrichtung einer Ausgleichstaxe von EUR 14.256,-- vorgeschrieben.

Begründend führte das BSA im Wesentlichen, nach einer Darlegung der maßgebenden Rechtsvorschriften, Folgendes aus:

Die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Vorstellung geltend gemacht, auf Grund der "ihr eigentümlichen Wirtschaftsstrukturen" (ihre Dienstnehmer seien allesamt als Dachdecker bzw. Spengler tätig) keine Möglichkeit zu haben, begünstigte Behinderte zu beschäftigen, und weiters vorgebracht, bei ihren Zweigniederlassungen in Graz, Linz und Innsbruck handle es sich um "eigenständige Rechtssubjekte", weshalb für die Berechnung der Ausgleichstaxe die Dienstnehmer "gesondert aufzuteilen" seien.

Dazu führte das BSA aus, entsprechend der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei es bedeutungslos, aus welchen Gründen die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt wurde, zumal die Ausgleichstaxe an Stelle der wirtschaftlichen Belastung trete, die für den Dienstgeber sonst mit Erfüllung der Beschäftigungspflicht verbunden sei. Laut Firmenbuchauszug (FN 97716A) handle es sich bei den Zweigniederlassungen der Beschwerdeführerin nicht um eigenständige Rechtssubjekte, sondern um Zweigniederlassungen, weshalb gemäß § 4 Abs. 2 BEinstG alle Dienstnehmer für die Berechnung der Ausgleichstaxe zusammenzufassen seien.

Die für die Berechnung maßgebende Zahl der Dienstnehmer (mit Stichtag: Erster eines jeden Kalendermonates) beruhe auf den von den Trägern der Sozialversicherung gespeicherten Daten über Dienstgeber und Versicherte bzw. auf den von der beschwerdeführenden Partei getätigten Angaben und den sonstigen durchgeführten Ermittlungen.

1.2. In der dagegen erhobenen Berufung wiederholte die beschwerdeführende Partei ihr Vorbringen, bei ihren "selbständigen Zweigniederlassungen" handle es sich "um eigene Rechtssubjekte", und führte näher aus, warum ihrer Auffassung nach "auf Grund der ihr eigentümlichen Wirtschaftsstrukturen - sie betreibe ein Dachdecker- und Spenglereigewerbe - auch unter Nutzung aller technischen Möglichkeiten und Unterstützungsstrukturen die Beschäftigung von Behinderten nicht möglich sei.

Die Rechtsansicht des BSA, dass Dienstgeber auch für die Zweigniederlassungen in Graz, Linz und Innsbruck "der Standort der Hauptniederlassung Wien" sei, sei unrichtig, weil aus den Anmeldungen der Dienstnehmer durch den Dienstgeber (die beschwerdeführende Partei) bei den einzelnen Sozialversicherungsträgern klar ersichtlich sei, dass "jede Zweigniederlassung ... ihre Dienstnehmer in ihrem Bereich beim zuständigen Sozialversicherungsträger in Wien, Graz, Innsbruck oder Linz angemeldet" habe.

1.3. Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß §§ 1 Abs. 1 und 2, 4 Abs. 2 und 9 Abs. 1 und 2 BEinstG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG ab.

Nach einer Darstellung des Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtslage führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

Zweigniederlassungen seien keine selbständigen Rechtssubjekte, sondern Teil des Unternehmens und hingen vom rechtlichen Schicksal des Gesamtunternehmens ab. Der Berechnung der Beschäftigungspflicht seien alle Dienstnehmer im Bundesgebiet zu Grunde zu legen. Sofern ein Dienstgeber nicht in der Lage sei, seiner primären Verpflichtung nachzukommen, auf je 25 Dienstnehmer einen begünstigten Behinderten einzustellen, habe er nach den Bestimmungen des BEinstG eine Ausgleichstaxe zu entrichten. Die gesetzlichen Regelungen betreffend die Einstellungsverpflichtung und die Pflicht zur Entrichtung allfälliger Ausgleichstaxen hätten für sämtliche Dienstnehmer im Bundesgebiet Geltung, unabhängig davon, in welcher Rechtsform und zu welchem Zweck der Dienstgeber seine Tätigkeit entfalte. Für die Verpflichtung zur Entrichtung der Ausgleichstaxe sei es nicht relevant, aus welchen Gründen die Beschäftigungspflicht nicht oder nicht ausreichend erfüllt werde.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970 (BEinstG), sind alle Dienstgeber, die im Bundesgebiet 25 oder mehr Dienstnehmer (§ 4 Abs. 1) beschäftigen, verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen begünstigten Behinderten (§ 2) einzustellen.

§ 2 Abs. 1 BEinstG definiert den Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne dieses Bundesgesetzes; Abs. 2 zählt die nicht als begünstigte Behinderte geltenden behinderten Personen auf.

§ 4 Abs. 1 BEinstG umschreibt abschließend die Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes; in den Absätzen 2 und 3 wird die Vorgangsweise für die Berechnung der Pflichtzahl im Sinne des § 1 normiert. Gemäß § 4 Abs. 2 sind für die Feststellung der Gesamtzahl der Dienstnehmer, von der die Pflichtzahl zu berechnen ist, alle Dienstnehmer, die ein Dienstgeber im Bundesgebiet beschäftigt, zusammenzufassen.

Gemäß § 9 Abs. 1 BEinstG ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen die Entrichtung einer Ausgleichstaxe alljährlich für das jeweils abgelaufene Kalenderjahr mittels Bescheides vorzuschreiben, wenn die Beschäftigungspflicht nicht erfüllt wird.

2.2.1. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Verpflichtung zur Bezahlung der Ausgleichstaxe gemäß § 9 BEinstG mit den bereits im Verwaltungsverfahren geltend gemachten Argumenten. Sie meint zunächst, der Dienstgeberbegriff des BEinstG sei nicht dem arbeitsrechtlichen Dienstgeberbegriff gleichzusetzen; es sei vielmehr bei der Berechnung der Pflichtzahl auf die Anzahl der Dienstnehmer, welche an einer Betriebsstätte oder einer Zweigniederlassung beschäftigt würden, abzustellen. Dies ergebe sich schon daraus, dass die Dienstnehmer der Beschwerdeführerin jeweils beim zuständigen Sozialversicherungsträger jenes Bundeslandes, in dem sie beschäftigt seien, anzumelden seien.

2.2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Die Beschäftigungspflicht und die daraus abgeleitete Verpflichtung zur Bezahlung einer Ausgleichstaxe trifft die im § 1 BEinstG genannten Dienstgeber, also alle Dienstgeber, die "im Bundesgebiet" 25 oder mehr Dienstnehmer beschäftigen. Für die Feststellung der Gesamtzahl der Dienstnehmer, von der die Pflichtzahl zu berechnen ist, sind gemäß § 4 Abs. 2 BEinstG alle Dienstnehmer, die ein Dienstgeber im Bundesgebiet beschäftigt, zusammenzufassen.

Schon von daher ist die von der beschwerdeführenden Partei vertretene Auffassung, es sei für die Berechnung der Pflichtzahl jeweils auf einzelne Betriebsstätten oder Zweigniederlassungen abzustellen, unzutreffend.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichthof bereits im Erkenntnis vom , Zl. 91/09/0221, klargestellt, dass es für die Beurteilung, wem die Eigenschaft des ausgleichstaxpflichtigen Dienstgebers zukommt, auf das privatrechtliche, durch den Dienstvertrag begründete Arbeitsverhältnis ankommt, und die sozialversicherungsrechtliche Behandlung als Dienstgeber für sich allein die Stellung als Dienstgeber nicht zu begründen vermag. Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch aus den Verwaltungsakten ist ersichtlich, dass die Dienstverträge nicht mit der beschwerdeführenden Partei als Dienstgeberin abgeschlossen worden seien.

2.2.3. Nicht zielführend ist auch das weitere, tatsächliche Unmöglichkeit der Beschäftigung von begünstigten Behinderten geltend machende Argument der Beschwerdeführerin: Insoweit gleicht der vorliegende Beschwerdefall dem dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/11/0150, zu Grunde liegenden Beschwerdefall. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

2.3. Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß §§ 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am