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VwGH vom 18.06.2014, 2013/09/0189

VwGH vom 18.06.2014, 2013/09/0189

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des NS in W, vertreten durch Dr. Andreas Waldhof, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Reichsratsstraße 13, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom , Zl. 3/08114/362 5594, betreffend Zulassung als Schlüsselkraft nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, beantragte beim Landeshauptmann von Wien als zuständige Niederlassungs- und Aufenthaltsbehörde die Erteilung eines Aufenthaltstitels "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Diesem Antrag war die Arbeitgebererklärung der N.D. Bauservice (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) angeschlossen, wonach der Beschwerdeführer für die berufliche Tätigkeit als Manager der Geschäftsleitung vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer habe in Russland das Studium der Betriebswirtschaft absolviert und verfüge über eine langjährige Erfahrung in der Baubranche. Er solle in Österreich Neukunden und Stammkunden aus Russland, Weißrussland sowie den baltischen Staaten betreuen. Der ständige Zuwachs an Kunden aus dem ehemaligen Ostblock zwinge das Unternehmen dazu, seine Sprach- und Fachkenntnisse sowie die ethnologischen Erfahrungen zu erweitern um am Markt bestehen zu können. Hauptaufgabe des Beschwerdeführers solle neben der Kundenbetreuung auch der Einsatz/Planung bei Hotelbauten/Renovierungen sowie speziell im Wohnbau/Privatbereich und der Sanierung im Privatbereich liegen. Das Unternehmen hoffe, durch die Anstellung des Beschwerdeführers nicht nur neue Aufträge zu lukrieren, sondern auch neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Mit Bescheid vom wies die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien-Huttengasse, der der Antrag zur Überprüfung auf das Vorliegen der für die Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels maßgeblichen Kriterien im Sinn des § 12b Z 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) - sonstige Schlüsselkräfte - übermittelt worden war, den Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung einer Rot-Weiß-Rot - Karte für eine Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG ab. Dies begründete sie damit, dass dem Beschwerdeführer statt der gemäß § 12b Z 1 AuslBG erforderlichen Mindestpunkteanzahl für die in Anlage C des AuslBG angeführten Kriterien von 50 nur 30 angerechnet werden könnten.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung und führte in einer Stellungnahme vom an die belangte Behörde aus, dass die N.D. Bauservice neben der Gewerbeberechtigung des Verspachtelns von Gipskartonwänden auch zur Ausführung von Hoch- und Tiefbauarbeiten berechtigt sei. Die Gewerbeberechtigung sei eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten, sodass für Planungsleistungen befugte Gewerbetreibende heranzuziehen seien. Das Unternehmen beschäftige sich mit dem Hoch- und Tiefbau und es werde erwartet, dass die Geschäftsbeziehung zum Beschwerdeführer Investoren aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion vermittle, für die nachhaltige Bautätigkeit in Österreich ausgeübt werden solle.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG, § 12b Z 1 iVm § 4 Abs. 1 AuslBG keine Folge.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verfahrensgangs und Wiedergabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen - zusammengefasst aus, der Beschwerdeführer habe ausgeführt, dass er bereits an mehreren konkreten Projekten der N.D. Bauservice mitgewirkt habe.

Der Beschwerdeführer erreiche mit 50 Punkten zwar die Mindestpunkteanzahl entsprechend der zu § 12b Z 1 AuslBG ergangenen Anlage C. Jedoch solle mit der Zulassung eines Drittstaatsangehörigen als sonstige Schlüsselkraft dem Arbeitsgeber ein konkreter Bedarf an einer Arbeitskraft abgedeckt werden. Sofern dieser nicht gegeben sei, stehe § 4 Abs. 1 AuslBG der Zulassung als Schlüsselkraft entgegen.

Nach den getroffenen Erhebungen verfüge der zukünftige Arbeitgeber des Beschwerdeführers, die N.D. Bauservice, lediglich über die Gewerbeberechtigungen Verspachteln von bereits montierten Gipskartonplatten und Baugewerbetreibender, eingeschränkt auf ausführende Tätigkeiten. Anhand der Überprüfung von nunmehr eingelangten Unterlagen beschäftige die N.D. Bauservice neben der verpflichtenden Anstellung des gewerberechtlichen Geschäftsführers aktuell drei Arbeitnehmer geringfügig, einen auf Teilzeitbasis und eine Person im Rahmen eines freien Dienstvertrages. Im Konnex mit der Ausübung dieser Gewerbe und dem Beschäftigtenstand liege kein objektiver Bedarf an der Anstellung eines Managers der Geschäftsleitung vor. Zudem würden im Konnex mit den der N.D. Bauservice erteilten Gewerbeberechtigungen lediglich Baunebenleistungen erbracht. Darüber hinaus sei in keiner Weise die Mitwirkung des Beschwerdeführers an der Erlangung der angegebenen Aufträge belegt worden, noch welche Arbeitsleistungen seitens der N.D. Bauservice zur Erfüllung dieser getätigt worden seien.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am in Kraft befindliche Fassung.

§ 4 Abs. 1 idF BGBl. I Nr. 98/2012 lautet:

"Beschäftigungsbewilligung

Voraussetzungen

§ 4. (1) Einem Arbeitgeber ist auf Antrag eine

Beschäftigungsbewilligung für den im Antrag angegebenen Ausländer

zu erteilen, wenn die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes die

Beschäftigung zulässt (Arbeitsmarktprüfung), wichtige öffentliche

und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht entgegenstehen und

1. der Ausländer über ein Aufenthaltsrecht nach dem

NAG oder dem Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100,

verfügt, das die Ausübung einer Beschäftigung nicht ausschließt,

oder seit drei Monaten zum Asylverfahren zugelassen ist und über

einen faktischen Abschiebeschutz oder ein Aufenthaltsrecht gemäß

den §§ 12 oder 13 AsylG 2005 verfügt oder gemäß § 46a FPG geduldet

ist und zuletzt gemäß § 1 Abs. 2 lit. a vom Anwendungsbereich

dieses Bundesgesetzes ausgenommen war,

2. die Gewähr gegeben erscheint, dass der Arbeitgeber

die Lohn- und Arbeitsbedingungen einschließlich der

sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften einhält,

3. keine wichtigen Gründe in der Person des Ausländers

vorliegen, wie wiederholte Verstöße infolge Ausübung einer

Beschäftigung ohne Beschäftigungsbewilligung während der letzten

zwölf Monate,

4. die Beschäftigung, soweit in diesem Bundesgesetz

nicht anderes bestimmt ist, nicht bereits begonnen hat,

5. der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate

vor der Antragseinbringung nicht wiederholt Ausländer entgegen den

Bestimmungen dieses Bundesgesetzes beschäftigt hat,

6. die Vereinbarung über die beabsichtigte

Beschäftigung (§ 2 Abs. 2) nicht aufgrund einer gemäß dem

Arbeitsmarktförderungsgesetz, BGBl. Nr. 31/1969, unerlaubten

Arbeitsvermittlung zustande gekommen ist und der Arbeitgeber dies

wusste oder hätte wissen müssen,

7. der Arbeitgeber den Ausländer auf einem

Arbeitsplatz seines Betriebes beschäftigen wird, wobei eine

Zurverfügungstellung des Ausländers an Dritte unbeschadet des § 6

Abs. 2 nicht als Beschäftigung im eigenen Betrieb gilt,

8. die Erklärung über die Verständigung des

Betriebsrates oder der Personalvertretung von der beabsichtigten

Einstellung des Ausländers vorliegt und

9. der Arbeitgeber nicht hinsichtlich des

antragsgegenständlichen oder eines vergleichbaren Arbeitsplatzes innerhalb von sechs Monaten vor oder im Zuge der Antragstellung

a) einen Arbeitnehmer, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, gekündigt hat oder

b) die Einstellung eines für den konkreten

Arbeitsplatz geeigneten Arbeitnehmers, der das 50. Lebensjahr vollendet hat, abgelehnt hat,

es sei denn, er macht glaubhaft, dass die Kündigung oder die Ablehnung der Einstellung nicht aufgrund des Alters des Arbeitnehmers erfolgt ist."

§ 4b Abs. 1 und § 12b AuslbG in der hier maßgeblichen Fassung

BGBl. I Nr. 25/2011 lauten:

"Prüfung der Arbeitsmarktlage

§ 4b. (1) Die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1) lässt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung zu, wenn für die vom beantragten Ausländer zu besetzende offene Stelle weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung steht, der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben. Unter den verfügbaren Ausländern sind jene mit Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, EWR-Bürger, Schweizer und türkische Assoziationsarbeitnehmer, Ausländer mit unbeschränktem Arbeitsmarktzugang und Inhaber eines Befreiungsscheines oder einer Arbeitserlaubnis zu bevorzugen. Der Prüfung ist das im Antrag auf Beschäftigungsbewilligung angegebene Anforderungsprofil, das in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden muss, zu Grunde zu legen. Den Nachweis über die zur Ausübung der Beschäftigung erforderliche Ausbildung oder sonstige besondere Qualifikationen hat der Arbeitgeber zu erbringen.

...

§ 12b. Ausländer werden zu einer Beschäftigung als Schlüsselkraft zugelassen, wenn sie

1. die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in

Anlage C angeführten Kriterien erreichen und für die beabsichtigte Beschäftigung ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens 50 vH oder, sofern sie das 30. Lebensjahr überschritten haben, mindestens 60 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, zuzüglich Sonderzahlungen beträgt, oder

2. ein Diplomstudium zumindest ab dem zweiten

Studienabschnitt bzw. ein Masterstudium an einer inländischen Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität absolviert und erfolgreich abgeschlossen haben und für die beabsichtigte Beschäftigung, die ihrem Ausbildungsniveau zu entsprechen hat, ein monatliches Bruttoentgelt erhalten, das mindestens dem ortsüblichen Entgelt inländischer Studienabsolventen mit einer vergleichbaren Tätigkeit und Berufserfahrung entspricht, jedenfalls aber mindestens 45 vH der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 108 Abs. 3 ASVG zuzüglich Sonderzahlungen beträgt,

und sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Bei Studienabsolventen gemäß Z 2 entfällt die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall."

Der Beschwerdeführer ist mit seiner Auffassung nicht im Recht, dass die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 AuslBG nur für eine Bewilligung nach § 12b Z 2 AuslBG verlangt werde, nicht jedoch für die Bewilligung nach § 12b Z 1 leg. cit.. Nach dem klaren Wortlaut des letzten Absatzes des § 12b AuslBG muss die Voraussetzung des § 4 Abs. 1 im Fall einer Zulassung als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1 AuslBG "mit Ausnahme der Z 1" (gemeint Z 1 des § 4 Abs. 1 leg. cit.) gegeben sein. Daher muss zunächst die Beschäftigung (unter anderem) auf einem Arbeitsplatz des Betriebes des vorgesehenen Arbeitgebers (§ 4 Abs. 1 Z 7 AuslBG) vorgesehen sein. Aus dem Verweis auf § 4 Abs. 1 leg. cit. und den Erläuterungen der Regierungsvorlage zu § 12b leg. cit. geht auch hervor, dass nach § 12b Z 1 AuslBG "(v)or der Zulassung eine Arbeitsmarktprüfung durchzuführen" (1077 BlgNR 24. GP, 13) ist, "für die zu besetzende offene Stelle (darf) weder ein Inländer noch ein am Arbeitsmarkt verfügbarer Ausländer zur Verfügung (stehen), der bereit und fähig ist, die beantragte Beschäftigung zu den gesetzlich zulässigen Bedingungen auszuüben." Diese Arbeitsmarktprüfung ist nach den Bestimmungen des § 4b Abs. 1 AuslBG durchzuführen. Nach dem dritten Satz dieser Gesetzesstelle ist das im Antrag angegebene Anforderungsprofil, das vom Arbeitgeber festzulegen ist (hier: in der Arbeitgebererklärung) zu Grunde zu legen. Dieses Anforderungsprofil muss nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes "in den betrieblichen Notwendigkeiten eine Deckung finden".

Im vorliegenden Fall wurde zwar kein Ersatzkraftstellungsverfahren nach § 4b Abs. 1 AuslBG durchgeführt, ein solches war jedoch angesichts der vom Beschwerdeführer unbestrittenen Feststellung der belangten Behörde entbehrlich, da der im Antrag angeführte Arbeitsplatz mit dem angegebenen monatlichen Bruttoentgelt nicht zur Verfügung steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0195).

Daher war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.

Wien, am