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VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0084

VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0084

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der M GmbH in L, vertreten durch Mag. Thomas Stenitzer, Mag. Kurt Schick, Rechtsanwälte in 2136 Laa/Thaya, Rathausgasse 4, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom , Zl. MA 65 - 1253/2010, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 89a StVO, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin gemäß § 89a Abs. 7, 7a und 8 StVO 1960 für das Entfernen des Lkw-Anhängers mit dem slowakischen Kennzeichen X Kosten in der Höhe von EUR 2.170,56 und für das Aufbewahren dieses Lkw-Anhängers für 187 Tage in der Verwahrstelle der MA 48 Kosten in der Höhe von EUR 3.927,--, insgesamt daher EUR 6.097,56, zur Zahlung binnen zwei Wochen vorgeschrieben.

In der Begründung stellte die belangte Behörde die Rechtslage über die Kostenersatzpflicht des Zulassungsbesitzers gemäß § 89a StVO 1960 dar und führte zum Sachverhalt aus, dass der Lastkraftwagen mit dem behördlichen slowakischen Kennzeichen Ysamt dem dazugehörigen Sattelaufleger (slowakisches behördliches Kennzeichen X) am in Wien auf der A 22 verunglückt und in der Folge durch die Feuerwehr nach 1220 Wien, Raffineriestraße, ortsverändert worden sei. Am sei der Sattelanhänger mit dem Kennzeichen X mittels eines Abschleppdienstes zum Abschleppplatz der MA 48 in 1110 Wien, Jedletzbergerstraße 1, gebracht worden. Der Grund für die neuerliche Abschleppung sei gewesen, dass der Anhänger wegen seiner Breite mit der gesamten Längsseite und auch einzelne - auf Grund des Unfalles wegstehende - Karosserieteile beträchtlich in den neben der Parkspur befindlichen Fahrstreifen hineingeragt hätten. Der Abstellort des Anhängers habe daher durch Blinklichter und Verkehrsschilder abgesichert werden müssen. Innerhalb eines Zeitraums von ca. sechs Wochen nach dem Unfall sei der verkehrsbehindernd abgestellte Anhänger trotz Aufforderung nicht durch den Zulassungsbesitzer oder Eigentümer entfernt worden, sodass eine entsprechende Ersatzvornahme durch die Behörde notwendig gewesen sei. Der Anhänger habe eine Beeinträchtigung des Fließverkehrs und der Verkehrssicherheit bewirkt. Die Entfernung des Anhängers sei daher zur Beseitigung der verursachten Verkehrsbeeinträchtigung erforderlich gewesen und sei im Sinne des § 89a Abs. 2 StVO 1960 zu Recht erfolgt. Über das Polizeikooperationszentrum Kittsee seien für den Zeitraum März und April 2009 Zulassungsanfragen betreffend den Lkw mit dem behördlichen slowakischen Kennzeichen Y und den Anhänger mit dem behördlichen slowakischen Kennzeichen X gemacht worden. Von den slowakischen Kontaktbeamten sei eruiert worden, dass der Lkw vom bis zum und der Anhänger seit bis zumindest (Auskunftsdatum) auf die Beschwerdeführerin jeweils als Zulassungsbesitzerin angemeldet gewesen seien. Unbestritten sei, dass der Lkw und der Anhänger am von der Beschwerdeführerin an die Tatra Leasing s.r.o. verkauft worden seien. Die Tatra Leasing s.r.o. habe ausdrücklich bestritten, Zulassungsbesitzerin des Anhängers zu sein.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführerin seien alle relevanten Aktenteile zur Kenntnis gebracht worden. In ihren Stellungnahmen hätte sie zunächst lediglich auf die bereits vorgelegten Kaufverträge verwiesen und die Richtigkeit der Erhebung hinsichtlich des Zulassungsbesitzes des Anhängers in Zweifel gezogen bzw. eingeräumt, dass eine unbekannte Person die Anmeldung des Anhängers widerrechtlich vorgenommen hätte. Allerdings sehe die belangte Behörde keinen Grund, die von der Polizeidienststelle Kittsee gemachten Angaben hinsichtlich des Zulassungsbesitzes des Anhängers mit dem Kennzeichen X in Zweifel zu ziehen, zumal diese neben Kennzeichen und Zulassungsbesitzer auch die Fahrgestellnummer beinhalten und diese mit der Nummer in dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Kaufvertrag übereinstimme. Eine Verwechslung mit einem anderen Anhänger sei ausgeschlossen. Die Beschwerdeführerin habe die Angaben der Polizeidienststelle Kittsee pauschal bestritten und keinerlei Gegenbeweise vorgelegt. Die belangte Behörde folge daher den glaubwürdigen und detaillierten Angaben der Polizeibehörde. Eine Bestätigung der slowakischen Zulassungsbehörde, dass die Zulassung des Anhängers auf die Beschwerdeführerin rückwirkend für ungültig erklärt worden wäre, sei nicht vorgelegt worden. Außerdem enthalte der Akteninhalt keinen Nachweis darüber, dass der vorgelegte Kaufvertrag tatsächlich der slowakischen Kraftfahrzeugzulassungsbehörde übermittelt worden sei. Eine Abklärung mit den slowakischen Behörden habe die Beschwerdeführerin nicht durchgeführt.

In der Folge begründete die belangte Behörde die Höhe der von ihr vorgeschriebenen Kosten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 89a StVO 1960 in der hier maßgeblichen Fassung

BGBl. I Nr. 52/2005 lautet auszugsweise:

" …

(2) Wird durch einen Gegenstand auf der Straße, insbesondere durch ein stehendes Fahrzeug, mag es betriebsfähig oder nicht betriebsfähig sein, durch Schutt, Baumaterial, Hausrat und dergleichen der Verkehr beeinträchtigt, so hat die Behörde die Entfernung des Gegenstandes ohne weiteres Verfahren zu veranlassen.

(2a) Eine Verkehrsbeeinträchtigung im Sinne des Abs. 2 ist insbesondere gegeben,

c) wenn der Lenker eines sonstigen Fahrzeuges am Vorbeifahren oder Wegfahren oder am Zufahren zu einer Ladezone oder zu einer Garagen- oder Grundstückseinfahrt gehindert ist,

(5) Sofern der Gegenstand noch nicht übernommen worden ist, hat die Behörde innerhalb einer Frist von einer Woche nach dem Entfernen des Gegenstandes den Eigentümer, im Falle des Entfernen eines zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeuges oder Anhängers jedoch den Zulassungsbesitzer, durch Zustellung zu eigenen Handen (§ 24 AVG 1950) aufzufordern, den Gegenstand innerhalb einer Frist von sechs Monaten, einen im letzten Satz des Abs. 2 genannten Gegenstand aber innerhalb einer Frist von zwei Monaten, gerechnet vom Tage der Zustellung, zu übernehmen. Die Bestimmung des § 29 AVG 1950 über die Zustellung an Personen, deren Wohnung unbekannt ist, gilt in diesem Falle sinngemäß, wenn die Person, an welche die Aufforderung zu richten wäre, nicht festgestellt werden kann.

(7) Das Entfernen und Aufbewahren des Gegenstandes erfolgt auf Kosten desjenigen, der im Zeitpunkt des Aufstellens oder Lagerns des Gegenstandes dessen Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern dessen Zulassungsbesitzer war. Die Kosten sind vom Inhaber, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen oder Anhängern vom Zulassungsbesitzer oder deren Erfüllungsgehilfen (Beauftragten) bei der Übernahme des Gegenstandes zu bezahlen. Wird der Gegenstand innerhalb der gemäß Abs. 5 festgesetzten Frist nicht übernommen oder die Bezahlung der Kosten verweigert, so sind die Kosten dem Inhaber des entfernten Gegenstandes, bei zum Verkehr zugelassenen Kraftfahrzeugen dem Zulassungsbesitzer mit Bescheid vorzuschreiben. Ist der Gegenstand widerrechtlich entzogen worden, so sind die Kosten demjenigen vorzuschreiben, der den Gegenstand entzogen hat. Ist der Gegenstand jedoch zu einem Zeitpunkt aufgestellt oder gelagert worden, zu dem die Voraussetzungen zur Entfernung nach Abs. 2 oder 3 noch nicht vorlagen, so sind die Kosten für die Entfernung, Aufbewahrung und Übernahme des Gegenstandes und die Gefahr der Entfernung und Aufbewahrung von dem Rechtsträger zu tragen, dessen Organ die Entfernung veranlaßt hat, es sei denn, daß dem Inhaber der bevorstehende Eintritt der Voraussetzung bekannt war oder daß die Aufstellung oder Lagerung von Anbeginn gesetzwidrig war. Eine Kostenvorschreibung nach Ablauf von drei Jahren nach Entfernung des Gegenstandes ist unzulässig. …"

In der Beschwerde werden die Entfernung des Anhängers, die Dauer seiner Verwahrung und die Höhe der vorgeschriebenen Kosten nicht bestritten.

Die Beschwerdeführerin bestreitet allerdings die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung der Kosten an sie, weil sie zu den hier wesentlichen Zeiten nicht Zulassungsbesitzerin des Anhängers gewesen sei. Dazu verweist sie in ihrer Beschwerde mehrmals auf den Umstand, dass die belangte Behörde auf Grund ihrer schon im Verwaltungsverfahren aufgestellten Behauptung, nicht Zulassungsbesitzerin des Anhängers zu sein, bei den slowakischen Behörden um Auskunft hätte ersuchen müssen.

Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass die belangte Behörde ihrer Entscheidung ohnehin eine über die Polizeidienststelle Kittsee eingeholte Information, wonach die Beschwerdeführerin Zulassungsbesitzerin des Anhängers gewesen ist, zu Grunde gelegt hat. Weshalb auf Grund der unspezifischen Bestreitung durch die Beschwerdeführerin, nicht Zulassungsbesitzerin zu sein, weitere Erhebungen durchgeführt hätten werden sollen, ist nicht zu sehen. Auch ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die eingeholte behördliche Auskunft nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht.

Unter dem Aspekt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, sie sei erst Anfang Oktober 2009 telefonisch von der "gegenständlichen Problematik" informiert worden. Schriftlich sei die Beschwerdeführerin als vermeintliche Zulassungsbesitzerin erst mit Bescheid vom darüber informiert worden, dass der Anhänger durch die Feuerwehr ursprünglich in der Raffineriestraße abgestellt und von dort am zur Verwahrstelle abtransportiert worden sei.

Diesen Behauptungen steht die Aktenlage entgegen, der zufolge dem nach einem im Akt erliegenden Firmenbuchauszug allein vertretungsbefugten Geschäftsführer der Beschwerdeführerin mit Schreiben der MA 48 vom mitgeteilt wurde, dass das "auf ihre Firma zugelassene Fahrzeug, LKW Marke DAF, Kennzeichen Y sowie der dazugehörige Anhänger mit dem Kennzeichen X … seit in einem fahrunfähigen (Front- u. Seitenschaden) Zustand auf einer öffentlichen Verkehrsfläche in Wien 22., Raffineriestraße abgestellt" sei. Das Schreiben enthält eine Aufforderung, das Fahrzeug rasch zu entfernen, da es sich um ein Verkehrshindernis mit Verletzungsgefahr handle. Die Möglichkeit zur Entfernung bestehe bis zum ; bei ungenütztem Verstreichen dieser Frist werde das Fahrzeug kostenpflichtig entfernt. Mit einem an die Beschwerdeführerin zu Handen ihres Geschäftsführers gerichteten Schreiben vom wurde seitens der MA 48 mitgeteilt, dass die Beschwerdeführerin als Zulassungsbesitzerin des Anhängers mit dem Kennzeichen X ermittelt worden sei und dieses Fahrzeug am gemäß § 89a Abs. 2 StVO 1960 von 1220 Wien, Raffineriestraße entfernt worden sei. Die Beschwerdeführerin wurde im Sinne der Bestimmung des § 89a Abs. 5 StVO 1960 aufgefordert, das Fahrzeug innerhalb einer Frist von sechs Monaten, gerechnet vom Tage der Zustellung dieses Schreibens, zu übernehmen. Weiters wurden in diesem Schreiben die bei der Übernahme des Fahrzeuges zu bezahlenden Kosten angeführt und festgehalten, dass bei nicht fristgerechter Abholung des Anhängers die Kosten bescheidmäßig festgesetzt würden. Dieses Schreiben wurde an den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin adressiert und durch Hinterlegung am zu eigenen Handen zugestellt.

Im Hinblick auf diese Aktenlage ist von einer Aufforderung an die Beschwerdeführerin durch Zustellung zu eigenen Handen gemäß § 89a Abs. 5 StVO 1960 auszugehen (nach der Rechtsprechung stellt es das Gesetz der Behörde frei, bei der Zustellung eines seinem Inhalt nach für eine (nicht durch einen gewillkürten Bevollmächtigten vertretene) juristische Person bestimmten Schriftstückes entweder einen - individuell bestimmten - "zur Empfangnahme befugten Vertreter" oder die juristische Person selbst als Empfänger anzugeben, vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2004/10/0082), die den Lauf der dort angeführten Frist von sechs Monaten ausgelöst hat. Dass die Aufforderung nicht innerhalb einer Woche nach dem Entfernen des Anhängers erfolgte, macht die Kostenvorschreibung nach § 89a Abs. 7 StVO 1960 nicht unzulässig; für deren Begründung ist der Umstand der Entfernung und die Aufbewahrung wesentlich. Allfällige schadenersatzrechtliche Auswirkungen der Verletzung der in Rede stehenden Wochenfrist sind nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

Soweit die Beschwerdeführerin auch in ihrer Rechtsrüge darauf verweist, nicht gewusst zu haben, dass der Anhänger in die Raffineriestraße verbracht worden sei und dass sie nicht Zulassungsbesitzerin des Anhängers gewesen sei, entfernt sie sich von den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, weshalb auf diese Argumente nicht einzugehen war.

Insgesamt erweist sich die Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2005, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am