VwGH vom 23.07.2020, Ra 2019/12/0072
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des H L in O, vertreten durch Mag. Helmut Hohl, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Ungargasse 15/1/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W221 2195726-2/9E, betreffend Zurückweisung von Anträgen auf Feststellung i.A. der Befolgungspflicht, Rechtmäßigkeit und Aufhebung einer Dienstzuteilung (belangte Partei vor dem Verwaltungsgericht: Personalamt Klagenfurt der Österreichischen Post AG, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH),
Spruch
I. den Beschluss gefasst:
Die Revision wird, soweit sie sich gegen die in Spruchpunkt A) 2.) erfolgte Abweisung der Beschwerde gegen Spruchpunkt II. 3. des Bescheides des Personalamtes Klagenfurt vom richtet, zurückgewiesen.
II. zu Recht erkannt:
Spruchpunkt A) 2.) des angefochtenen Erkenntnisses, wird, soweit damit die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. 1. und 2. des Bescheides des Personalamtes Klagenfurt vom abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Mit Dienstzuteilung vom wurde er gemäß § 39 Abs. 1 bis 4 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) ab bis zum Ablauf des bzw. sollte sein Krankenstand über den hinaus andauern nach Abschluss seines Krankenstandes für die Dauer von 90 Tagen zum Verteilerzentrum Brief in Villach - St. Magdalen dienstzugeteilt.
2Mit Spruchpunkt I. des Bescheides des Personalamts Klagenfurt vom wurde der Revisionswerber gemäß § 38 und § 40 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 BDG 1979 versetzt. Er wurde von seinem bisherigen Arbeitsplatz „Landzustelldienst“, Verwendungscode 0801, bei der Zustellbasis W abberufen und mit dem Verteilerzentrum B, mit Dienstort S, auf einen Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT8, „Fachlicher Hilfsdienst/Logistik“, Verwendungscode 0841, zugewiesen.
3Mit Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurden die Anträge des Revisionswerbers vom , dass die Befolgung der Weisung vom nicht zu seinen Dienstpflichten gehöre (Punkt 1.), dass die Dienstzuteilung vom rechtswidrig erfolgt sei (Punkt 2.) und dass die Dienstzuteilung vom sofort und unverzüglich aufzuheben sei (Punkt 3.), als unzulässig zurückgewiesen.
4In Spruchpunkt III. wurde der Antrag des Revisionswerbers vom , das Versetzungsverfahren einzustellen und ihn als Zusteller bei der Zustellbasis W zu belassen, als unzulässig zurückgewiesen.
5Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht in Spruchpunkt A) 1.) der Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt I. des erstinstanzlichen Bescheides (Versetzung) statt und behob den Bescheid diesbezüglich.
6In Spruchpunkt A) 2.) wurde die Beschwerde hinsichtlich Spruchpunkt II. des erstinstanzlichen Bescheides als unbegründet abgewiesen.
7Mit Spruchpunkt A) 3.) wurde das Verfahren hinsichtlich Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides wegen Zurückziehung der Beschwerde gemäß § 28 Abs. 1, 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
8In Spruchpunkt B) sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
9Das Bundesverwaltungsgericht traf folgende Feststellungen:
„1.1. Der Beschwerdeführer steht als Beamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Er ist auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT8 mit der Dienstzulage B ernannt und wurde zuletzt dauernd auf einem Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT8, Dienstzulagengruppe B, Landzustelldienst, Code 0801, bei der Zustellbasis W verwendet.
1.2. Am kam es zwischen der Österreichischen Post AG und dem Zentralausschuss zum Abschluss einer ‚Betriebsvereinbarung über die Flexibilisierung der Normalarbeitszeit sowie über die Verwendung eines EDV-unterstützten Zeiterfassungssystems sowie über begleitende Entgeltregelungen in den Zustellbasen der Division Brief der Österreichischen Post AG‘ (IST-Zeit-BV).
1.3. Dem Beschwerdeführer wurde in weiterer Folge ein Antrag auf Verwendung im Zustelldienst auf einem Arbeitsplatz mit Verwendungscode 8722 (‚Briefzustelldienst in einem Gleitzeitdurchrechnungsmodell‘) vorgelegt, den er jedoch nicht unterschrieb.
1.4. Der Beschwerdeführer hatte als Zusteller immer einen fixen Rayon, auch nach Umstellung des Arbeitsplatzes auf das Gleitzeitdurchrechnungsmodell. Im April 2016 wurde ihm mitgeteilt, dass er als Springer eingesetzt wird.
1.5. Mit Weisung vom wurde der Beschwerdeführer vom bis zum Verteilzentrum B, dienstzugeteilt. Diese Dienstzuteilung trat der Beschwerdeführer aufgrund von Krankheit nicht an.
1.6. Mit Weisung vom wurde der Beschwerdeführer ab zum Verteilzentrum B, dienstzugeteilt. Der Beschwerdeführer hat in weiterer Folge dort seinen Dienst versehen.
1.7. Mit Bescheid des Personalamts Klagenfurt der Österreichischen Post AG vom wurde der Beschwerdeführer mit Ablauf des gemäß § 38 und 40 BDG 1979 von seinem bisherigen Arbeitsplatz ‚Landzustelldienst‘, Verwendungscode 0801, bei der Zustellbasis W, abberufen und mit zum Verteilzentrum B mit Dienstort S, versetzt, wo ihm ein Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT8, ‚Fachlicher Hilfsdienst/Logistik‘, Verwendungscode 0841, zugewiesen wurde.
1.8. Der Beschwerdeführer hatte als Zusteller, auch als Springer, ein Handheld zur elektronischen Erfassung seiner Dienstzeit.
1.9. Der Beschwerdeführer ist lediglich versetzt worden, weil er nicht in die IST-Zeit-BV und das Gleitzeitdurchrechnungsmodell optiert hat.“
10In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht zu Spruchpunkt A) 1.) unter Hinweis auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2017/12/0125, und vom , Ra 2017/12/0091, zusammengefasst aus, dass ein wichtiges dienstliches Interesse an der Versetzung des Revisionswerbers nicht vorgelegen sei, sodass die Versetzung zu beheben gewesen sei.
11Zu dem hier interessierenden Spruchpunkt A) 2.) führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Feststellungsanträge des Revisionswerbers zu den Spruchpunkten II. 1. und 2. des erstinstanzlichen Bescheides seien nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich zulässig gewesen. Die Tatsache, dass die konkreten Auswirkungen eines Dienstauftrags der Vergangenheit angehörten, bilde für sich allein noch kein Hindernis für die Erlassung eines Feststellungsbescheides; die an ein abgeschlossenes Geschehen anknüpfende Feststellung über ein Recht oder Rechtsverhältnis müsse aber der Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung des Antragstellers dienen (Hinweis auf ). Im vorliegenden Fall sei die Weisung vom , dass der Beschwerdeführer vom 26. September bis gemäß § 39 Abs. 1 bis 4 BDG 1979 für die Dauer von 90 Tagen zum Verteilzentrum in Villach dienstzugeteilt werde, vom zuständigen Organ erteilt worden und verstoße nicht gegen strafgesetzliche Vorschriften. Der Revisionswerber habe dagegen nicht remonstriert und die Weisung sei auch nicht schriftlich wiederholt worden. Aufgrund seines Krankenstandes sei der Revisionswerber in dieser Zeit auch nicht in Villach tätig gewesen.
12Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid richtig ausgeführt habe, sei die Dienstzuteilung einerseits aufgrund des Krankenstandes „nicht in Kraft getreten“ und andererseits mittlerweile auch abgelaufen. Der Revisionswerber sei auch derzeit nicht dienstzugeteilt, sondern bereits versetzt, was sich auch daraus ergebe, dass einer Beschwerde gegen einen Versetzungsbescheid gemäß § 38 Abs. 7 BDG 1979 keine aufschiebende Wirkung zukomme.
13Es könne zwar nach der zuvor dargelegten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch hinsichtlich eines zeitlich bereits abgeschlossenen Geschehens ein Feststellungsinteresse bestehen, und zwar dann, wenn die Feststellung der Abwendung zukünftiger Rechtsgefährdung diene. Verfahrensgegenständlichen drohe dem Revisionswerber aber keine unmittelbare Wiederholungsgefahr der gegenständlichen Weisung, da die Dienstzuteilung erkennbar aufgrund der geplanten amtswegigen Versetzung ausgesprochen worden sei, welche in weiterer Folge auch erfolgt und nun mit Spruchpunkt A)1.) behoben worden sei. Es sei daher kein rechtliches Interesse des Revisionswerbers an der Erlassung eines Feststellungsbescheids bezüglich der Weisung vom gegeben.
14Der Antrag, die Dienstzuteilung sofort aufzuheben, sei zu Recht zurückgewiesen worden, weil es diesbezüglich kein Antragsrecht gebe.
15Lediglich gegen Spruchpunkt A) 2.) des angefochtenen Erkenntnisses richtet sich die vorliegende Revision, die u.a. den Antrag enthält, diesen Spruchpunkt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
16Die Dienstbehörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie begehrte, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.
17Liegen - wie hier durch Übernahme des in einzelne Punkte gegliederten Spruchpunkts II. des Bescheids der Dienstbehörde infolge Abweisung der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht in diesem Umfang - trennbare Absprüche des Verwaltungsgerichts vor, so ist darüber vom Verwaltungsgerichtshof auch getrennt zu entscheiden (vgl. z.B. ). Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Beschwerde betreffend Spruchpunkt II. 3. des erstinstanzlichen Bescheides ist jedenfalls von jener betreffend die Spruchpunkte II. 1. und II. 2. abtrennbar.
18Zu Spruchpunkt I. der vorliegenden Entscheidung:
19Mit Spruchpunkt II. 3. des erstinstanzlichen Bescheids des Personalamts Klagenfurt wurde der Antrag des Revisionswerbers, die Dienstzuteilung vom sofort und unverzüglich aufzuheben, zurückgewiesen. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts wurde dieser Abspruch, weil diesbezüglich kein Antragsrecht des Revisionswerbers bestehe, bestätigt.
20Dazu wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision vorgebracht, der Revisionswerber habe Anspruch auf Aufhebung der Dienstzuteilung, zumal mit der Dienstzuteilung nach § 39 BDG 1979 das Recht des Revisionswerbers subjektiv berührt werde und diese Dienstzuteilung den Erfordernissen des § 39 Abs. 4 BDG 1979 entsprechen müsse.
21Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
22Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
23Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu prüfen.
24Die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bejaht bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzung zur Erlassung eines Feststellungsbescheids auch in Bezug auf Weisungen (hier: Dienstzuteilung) ein rechtliches Interesse an der Erlassung eines Feststellungsbescheids. Gegenstand eines solchen Feststellungsverfahrens kann einerseits die Frage sein, ob die Befolgung einer Weisung zu den Dienstpflichten des Beamten gehört, das heißt, ob er verpflichtet ist, diese Weisung zu befolgen. Eine Pflicht zur Befolgung einer Weisung ist danach dann zu verneinen, wenn einer der in Art. 20 Abs. 1 dritter Satz B-VG genannten Tatbestände vorliegt - also die Weisung von einem unzuständigen Organ erteilt wird oder ihre Befolgung gegen strafrechtliche Vorschriften verstößt -, wenn die Weisung nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt wurde oder wenn ihre Erteilung gegen das Willkürverbot verstößt. Andererseits kann Gegenstand eines Feststellungsverfahrens aber auch die „schlichte“ Rechtswidrigkeit der Weisung sein, also eine solche, die die Pflicht zu ihrer Befolgung nicht berührt; ein Recht auf eine solche bescheidförmige Feststellung der Rechtmäßigkeit von Dienstaufträgen besteht jedoch bloß dann, wenn durch einen Dienstauftrag die Rechtssphäre des Beamten berührt wird (vgl. z.B. ; , Ro 2018/12/0016, mwN).
25Wenn in der Zulässigkeitsbergründung vorgebracht wird, dass subjektive Rechte des Revisionswerbers berührt werden, ist dies im Sinne dieser Rechtsprechung Voraussetzung für die Feststellung, dass die Weisung „schlicht“ rechtswidrig ist. Eine solche „schlicht“ rechtswidrige Weisung wäre allerdings zu befolgen.
26Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind beide oben angeführten Feststellungen auch im Falle eines bereits zeitlich abgeschlossenen Geschehens zulässig, wenn dies einer Klarstellung für die Zukunft dient, was etwa dann der Fall ist, wenn die bescheidmäßige Feststellung der Abwehr künftiger Rechtsgefährdungen gleicher Art dient.
27Dagegen kommt dem Beamten kein Recht auf gesonderte Feststellung der Verpflichtung der Dienstbehörde zur Erteilung einer Weisung bestimmten Inhaltes, insbesondere auf Aufhebung oder auf Abänderung einer an ihn ergangenen Weisung, zu (, Rn. 33; , Ro 2014/12/0018), zumal dem Rechtsschutzinteresse mit der Feststellung der „schlichten“ Rechtswidrigkeit der Weisung ohnedies Rechnung getragen ist.
28Mit dem Vorbringen der Zulässigkeitsbegründung wurde daher in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt. Die Revision war daher in dem in Spruchpunkt I. des vorliegenden Erkenntnisses ersichtlichen Umfang gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
29Zu Spruchpunkt II. der vorliegenden Entscheidung:
30In der Zulässigkeitsbegründung der Revision wird zu Spruchpunkt A) 2.) des angefochtenen Erkenntnisses, soweit damit die Zurückweisung der Feststellungsanträge betreffend Befolgungspflicht und Rechtmäßigkeit der Dienstzuteilung vom bestätigt wurde, unter anderem zusammengefasst unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ra 2017/12/0089, ausgeführt, aus dem genannten Erkenntnis ergebe sich, dass der Revisionswerber ein Feststellungsinteresse habe, weil zur Erreichung eines das rechtliche Interesse des Revisionswerbers abdeckenden Ergebnisses und zwar nicht zuletzt in Anbetracht der durch die Dienstbehörde veranlassten Fortdauer des weisungsgemäßen Verhaltens des Revisionswerbers durch Erlassung mehrerer Dienstzuteilungen ein entsprechendes Feststellungsinteresse zu bejahen sei. Von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei das Bundesverwaltungsgericht abgewichen.
31Schon mit diesem Vorbringen wird in diesem Zusammenhang die Zulässigkeit der Revision aufgezeigt. Sie ist auch berechtigt.
32Die maßgebliche Bestimmung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (BDG 1979) in der Fassung BGBl. I Nr. 10/1999, lautet:
„Dienstpflichten gegenüber Vorgesetzten
§ 44. (1) Der Beamte hat seine Vorgesetzten zu unterstützen und ihre Weisungen, soweit verfassungsgesetzlich nicht anderes bestimmt ist, zu befolgen. Vorgesetzter ist jeder Organwalter, der mit der Dienst- oder Fachaufsicht über den Beamten betraut ist.
(2) Der Beamte kann die Befolgung einer Weisung ablehnen, wenn die Weisung entweder von einem unzuständigen Organ erteilt worden ist oder die Befolgung gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen würde.
(3) Hält der Beamte eine Weisung eines Vorgesetzten aus einem anderen Grund für rechtswidrig, so hat er, wenn es sich nicht wegen Gefahr im Verzug um eine unaufschiebbare Maßnahme handelt, vor Befolgung der Weisung seine Bedenken dem Vorgesetzten mitzuteilen. Der Vorgesetzte hat eine solche Weisung schriftlich zu erteilen, widrigenfalls sie als zurückgezogen gilt.“
33Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem vom Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung genannten Erkenntnis vom , Ra 2017/12/0089, Folgendes ausgesprochen:
„22 Von den ersten zwei Antragspunkten, die sich thematisch beide auf die dem Revisionswerber erteilte Weisung, ab als Springer Dienst zu versehen, beziehen, zielt der zu Punkt 2. formulierte Antrag auf die Klärung der diesbezüglichen Befolgungspflicht ab. So begehrte der Revisionswerber unter dem 2. Antragspunkt eine bescheidmäßige Feststellung (und insofern eine Klärung seiner zukünftigen Rechtsposition) dahingehend, dass er der Anweisung, seine Tätigkeit als Springer auszuüben, nicht Folge leisten müsse.
23 Wenn das Bundesverwaltungsgericht die Zulässigkeit dieses Feststellungsantrages mit der Begründung verneinte, es fehle an einem diesbezüglichen Feststellungsinteresse, verkennt es die Rechtslage.
24 Das Gericht ging (ohne sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, es seien nach Remonstration erneut inhaltsgleiche Weisungen erteilt worden, auseinanderzusetzen) davon aus, die an den Revisionswerber ergangene Weisung sei nach erfolgter Remonstration nicht schriftlich wiederholt worden. Die Weisung gelte daher als zurückgezogen.
25 Dabei übersieht das Bundesverwaltungsgericht, dass im vorliegenden Fall - selbst wenn der Revisionswerber infolge des Eintritts der Zurückziehungsfunktion nicht mehr gehalten war, der Weisung Folge zu leisten - zwecks Abwehr künftiger Rechtsgefährdungen gleicher Art (siehe ; , 2007/12/0062) sowie zur Erreichung eines das rechtliche Interesse des Revisionswerbers abdeckenden Ergebnisses und zwar nicht zuletzt in Anbetracht der durch die Dienstbehörde veranlassten Fortdauer des weisungsgemäßen Verhaltens des Revisionswerbers (vgl. ) ein entsprechendes Feststellungsinteresse des Revisionswerbers zu bejahen war. Aus diesem Grund wäre jedenfalls eine meritorische Erledigung des zweiten Antragspunktes vorzunehmen gewesen (vgl. , und die dort wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
26 Vor dem Hintergrund der zitierten Rechtsprechung wäre aber auch betreffend den ersten Antragspunkt, der aufgrund seiner Formulierung mehrere Interpretationsvarianten offenlässt, durch das Verwaltungsgericht vorweg zu klären gewesen, ob der Revisionswerber damit die (insoweit zulässige) bescheidmäßige Feststellung begehrte, dass ihn die Weisung, als Springer tätig zu sein, in Rechten verletze.
27 Wie die Zulässigkeitsbegründung der Revision zutreffend aufzeigt, kommt die Zurückweisung der Feststellungsanträge des Revisionswerbers im Zusammenhang mit der ihm erteilten Weisung, ab als Springer tätig zu sein, mit der Begründung, diese Weisung gelte als zurückgezogen, nicht in Betracht. Der Eintritt der in § 44 Abs. 3 BDG 1979 normierten Zurückziehungsfiktion ist für die Beurteilung der Zulässigkeit der im Zusammenhang mit der genannten Weisung formulierten Feststellungsbegehren ohne Belang.
28 Da das Bundesverwaltungsgericht - wie dargelegt - diese Rechtslage verkannte und die zu den Punkten 1. und 2. formulierten Feststellungsanträge des Revisionswerbers zurückwies, belastete es das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Dieses war daher im genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG aufzuheben.“
34Zunächst ist festzuhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht mit Spruchpunkt A) 1.) des angefochtenen Erkenntnisses den erstinstanzlichen Bescheid des Personalamts Klagenfurt, soweit der Revisionswerber damit versetzt wurde, behob. Aus der Begründung dieses Abspruchs ist ersichtlich, dass es sich dabei um eine ersatzlose Behebung handelt. Dieser Spruchpunkt des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses vom blieb vor dem Verwaltungsgerichtshof unangefochten.
35Die ersatzlose Behebung eines Bescheides durch das Verwaltungsgericht wirkt - sofern sie bestandskräftig wird - (insoweit vergleichbar mit § 42 Abs. 3 VwGG) ex tunc. Das bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides der belangten Behörde und seiner Aufhebung im Nachhinein - somit auch vom Verwaltungsgericht - dann so zu betrachten wäre, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre. Diese zu § 66 Abs. 4 AVG vor der Verwaltungsgerichtbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, ergangene Rechtsprechung ist auch auf das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten anzuwenden, zumal § 28 VwGVG prinzipiell die dem § 66 Abs. 4 AVG entsprechende Vorschrift im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht darstellt (vgl. z.B. ; , 2013/10/0214, jeweils mwN).
36Das Bundesverwaltungsgerichts hätte daher seiner Entscheidung bei der Überprüfung des erstinstanzlichen Bescheids betreffend die Zurückweisung der Feststellungsanträge des Revisionswerbers, ob die Befolgung der Weisung (Dienstzuteilung) zu seinen Dienstpflichten gehört und ob sie rechtswidrig erfolgte, zu fingieren gehabt, dass eine Versetzung des Revisionswerbers niemals erfolgt sei.
37Im Sinne des oben tw. wiedergegebenen Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom wäre das Bundesverwaltungsgericht daher gehalten gewesen, über die Feststellungsanträge des Revisionswerbers, dass die Weisung (Dienstzuteilung) nicht zu befolgen gewesen und rechtswidrig erfolgt sei, inhaltlich zu entscheiden. Entgegen den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts trifft es auch nicht zu, dass die Dienstzuteilung vom „nicht in Kraft getreten“ sei. Mit dieser wurde der Revisionswerber gemäß § 39 Abs. 1 bis 4 BDG 1979 ab bis zum Ablauf des bzw. sollte sein Krankenstand über den hinaus andauern nach Abschluss seines Krankenstandes für die Dauer von 90 Tagen verfügt. Der Krankenstand des Revisionswerbers dauerte bis . Durch die zulässigerweise verfügte innerprozessuale Bedingung wurde die Dienstzuteilung vom ab für 90 Tage angeordnet. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Mitbeteiligte in der Folge bis zum Abschluss des Ruhestandsversetzungsverfahrens vom Dienst freigestellt wurde.
38Auch die Ausführungen in der Revisionsbeantwortung, dass sich der vorliegende Revisionsfall entscheidungserheblich vom Sachverhalt, der dem Erkenntnis vom , Ra 2017/12/0089, zugrunde gelegen sei, unterscheide, treffen nicht zu. Es ist zwar richtig, dass der Revisionswerber gegen die Dienstzuteilung vom nicht remonstrierte. Die Remonstrationsmöglichkeit schließt aber gerade nur für jenen Zeitraum, für den sie offensteht, wegen der Subsidiarität des Feststellungsbescheides vorübergehend den Antrag des Beamten auf Feststellung, ob die Befolgung dieser Weisung zu seinen Dienstpflichten gehört, aus. Wird die Weisung jedoch befolgt, steht die Remonstration (jedenfalls im Regelfall) nicht mehr zur Verfügung. Ein verfrühter Antrag schadet aber nicht, wenn die Behörde erst nach Verlust der Remonstrationsmöglichkeit den Bescheid erlässt (vgl. , mwN).
39Die Feststellungsanträge des Revisionswerbers waren im Zeitpunkt der Entscheidung der Dienstbehörde am und des Bundesverwaltungsgerichts am , nachdem wiederholt inhaltsgleiche Dienstzuteilungen verfügt worden waren (vgl. Schreiben der Dienstbehörde vom , vom , vom und vom , zuletzt genannte Dienstzuteilung wurde mit weiterem Schreiben vom selben Tag auch wiederholt), und der Revisionswerber die Weisung, sobald es für ihn möglich war (zunächst Krankenstand, dann Dienstfreistellung bis zum Abschluss des Ruhestandsversetzungsverfahrens), jedenfalls lange bevor die Dienstbehörde über die Feststellungsanträge entschied, durchgehend befolgt hatte, jedenfalls zulässig.
40Dass zwecks Abwehr künftiger Rechtsgefährdungen gleicher Art ein rechtliches Interesse des Revisionswerbers an der Erlassung der beantragten Feststellungsbescheide unabhängig von der Aufhebung des Versetzungsbescheides weiterhin besteht, ergibt sich schon daraus, dass zahlreiche von ihm gegen die Befolgungspflicht und die Rechtmäßigkeit der Dienstzuteilung vorgebrachte Argumente (vgl. nur jenes, dass die Dienstzuteilung u.a. deshalb willkürlich erfolgt sei, weil er nicht in die IST-Zeit-BV und das Gleitzeitdurchrechnungsmodell optiert habe), die auch für die künftige Rechtsposition des Revisionswerbers in Ansehung der Vornahme von Dienstzuteilungen relevant bleiben, unbeantwortet geblieben sind.
41Das angefochtene Erkenntnis war daher in dem aus Spruchpunkt II. des vorliegenden Erkenntnisses ersichtlichen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120072.L00 |
Schlagworte: | Allgemein Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Organisationsrecht Diverses Weisung Aufsicht VwRallg5/4 |
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