VwGH vom 20.02.2014, 2013/09/0183
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Disziplinaranwaltes bei der Disziplinaroberkommission Dr. AK, Bundesministerium für Inneres in 1014 Wien, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 47/10-DOK/13, betreffend Disziplinarstrafe der Geldstrafe nach dem BDG 1979 (weitere Parteien: Bundeskanzler, Bundesministerin für Inneres; mitbeteiligte Partei: CW in S), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Disziplinarerkenntnis der Behörde erster Instanz wurde der Mitbeteiligte im Zusammenhang mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichtes L vom schuldig erkannt, er habe
"am , um ca. 09:50 Uhr, in Uniform außer Dienst, in G
a) die KFZ-Lenkerin AE angehalten und eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchgeführt;
b) ohne Ausstellung einer Organstrafverfügung eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 20,- eingehoben und es unterlassen, diesen Geldbetrag seiner Dienststelle bzw. der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde abzuführen, sondern unterschlagen und privat verwendet."
Er habe dadurch seine Dienstpflichten nach § 43 Abs. 2 BDG, nämlich in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seines Amtes erhalten bleibe, gemäß § 91 BDG 1979 schuldhaft verletzt. Es wurde die Disziplinarstrafe der Entlassung ausgesprochen.
Gegen dieses Disziplinarerkenntnis erhob der Mitbeteiligte Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung insoweit Folge, als über den Mitbeteiligten die Disziplinarstrafe der Geldstrafe in Höhe von vier Monatsbezügen verhängt wurde.
Die hier relevante Begründung lautet:
"Fest steht, dass der (Beschwerdeführer) mit rechtskräftigem Urteil des LG L vom , Zl ..., nach § 302 Abs. 1 StGB zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 9 Monaten verurteilt worden ist und dass dieses Fehlverhalten auch mit (rechtskräftigem) Schuldspruch als gravierende Dienstpflichtverletzung nach § 43 Abs. 2 BDG ersehen wurde. An der objektiven Tatbestandsverwirklichung sowie am schuldhaften - nämlich vorsätzlichen - Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) bestehen somit infolge Bindungswirkung keine begründeten Zweifel.
...
Nunmehr ist berufungsantragsgemäß die disziplinäre
Strafbemessung einer Überprüfung zu unterziehen. Der VwGH
betont in seiner Rechtsprechung, dass bei der Strafbemessung neben
Grad der Art und Schwere des Dienstvergehens,
insbesondere der Bedeutung der verletzten Pflicht,
Grad dem Grad des Verschuldens,
Grad dem Beweggrund der Tat,
Grad den Auswirkungen der Tat für den Dienstgeber,
für das Ansehen des (Beschwerdeführers) selbst und der
Beamtenschaft in der Öffentlichkeit und
Grad der bisherigen dienstlichen Führung des Beamten
der präventiven Erforderlichkeit sowohl der Bestrafung an sich als auch der konkreten Disziplinarstrafe und deren Ausmaß entscheidende Bedeutung zukommt. Für die Schwere der Dienstpflichtverletzung ist nicht nur maßgebend, in welchem objektiven Ausmaß gegen Dienstpflichten verstoßen oder der Dienstbetrieb beeinträchtigt wurde, sondern es muss die Bestrafung weiters grundsätzlich in einem angemessenen Verhältnis zum Unrechtsgehalt der Verfehlung stehen und sie muss spezialund/oder generalpräventiv erforderlich sein. Innerhalb des Schuldrahmens darf keine strengere Strafe verhängt werden, als sie aus Gründen der Spezial- sowie der Generalprävention notwendig erscheint.
Anders als das Strafrecht, wo moralische Wertungen, Vergeltung und Sühne im Vordergrund stehen, bezweckt das Disziplinarrecht die Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes und erfüllt eine dem Interesse der Allgemeinheit dienende Ordnungsfunktion. Der maßgebliche Focus liegt daher überwiegend in der Aufrechterhaltung und Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen und korrekten Dienstbetriebes. Durch die Disziplinarstrafe soll der der Disziplinargewalt Unterworfene entweder an seine Dienstpflichten gemahnt und angehalten werden, diese künftig zuverlässig zu erfüllen, oder, wenn die Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit dem (Beschwerdeführer) aus spezialpräventiven Gründen nicht möglich ist, im Wege der Entlassung aus dem Dienstverhältnis entfernt werden. Mit der dem Disziplinarrecht zukommenden Ordnungsfunktion soll einer durch ein Dienstvergehen (eine Dienstpflichtverletzung) verursachten Störung des beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnisses mit dem Ziel begegnet werden, dessen Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten und dessen Ansehen zu wahren.
Der erkennende Senat der DOK ist im Zusammenhang mit der Frage des Ausmaßes der Verletzung des Vertrauens durch den (Beschwerdeführer), welche dieser seinen Vorgesetzten, seinem Dienstgeber sowie auch der Allgemeinheit gegenüber zweifellos und in erheblichem Ausmaß begangen hat, anderer Rechtsauffassung als die Erstinstanz und folgt dieser insoweit nicht, als dieses Vertrauen durch das - massive - Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) zerstört wäre. Nach Auffassung der DOK liegt zwar ein erheblicher Vertrauensverlust vor, der jedoch noch nicht so weit geht, dass dieses Vertrauen vollkommen zerstört ist.
Zweifellos handelt es sich beim Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) - wie der erstinstanzliche Disziplinarsenat umfangreich und nachvollziehbar dargelegt hat - um eine gewichtige vorsätzliche Dienstpflichtverletzung iSd § 43 Abs. 2 BDG und es ist diese Dienstpflichtverletzung ebenso zweifellos geeignet, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Dienstverrichtung des (Beschwerdeführers) erheblich zu erschüttern (§ 43 Abs. 2 BDG). Am Vorliegen eines - ebenfalls erheblichen - disziplinären Überhanges iSd § 95 Abs. 1 Satz 2 BDG besteht kein Zweifel, da sich das gravierende Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) nicht in der Verwirklichung des vom Strafgericht herangezogenen Straftatbestand des § 302 StGB erschöpft, sondern in Form der dienstlichen Komponente des Fehlverhaltens über das StGB hinausgeht. Angesichts des im oberen Bereich einzustufenden Gewichts dieser Dienstpflichtverletzungen ist auch nach Auffassung des erkennenden Senates der DOK mit der Verhängung einer spürbaren Disziplinarstrafe vorzugehen. Diesem Erfordernis ist der erstinstanzliche Disziplinarsenat mit der Verhängung der Disziplinarstrafe der Entlassung im Hinblick auf die Schwere der Tat grundsätzlich nicht in einer über den Strafrahmen hinausgehenden Art und Weise nachgekommen.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen des (Beschwerdeführers) und unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des VwGH, dass eine strengere als die präventiv erforderliche Strafe innerhalb des Strafrahmens nicht verhängt werden darf, ist allerdings zu prüfen, ob die Disziplinarstrafe der Entlassung unter spezial- und/oder generalpräventiven Gesichtspunkten tatsächlich erforderlich ist, um dem (Beschwerdeführer) das Unrecht seines Fehlverhaltens vor Augen zu führen und ihn - mangels weiterer Beschäftigung als Beamter - in Zukunft von (derartigen) Dienstpflichtverletzungen abzuhalten sowie andere Beamte von (derartigen) Verfehlungen abzuhalten bzw. (derartigen) Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, oder ob die Abwägung aller Erschwerungs- und Milderungsgründe und seine Zukunftsprognose sowie spezial- und generalpräventive Überlegungen zu dem Ergebnis führen, dass doch noch mit einer - allerdings erheblichen - Geldstrafe das Auslangen gefunden werden kann.
Die Schwere der Tat betreffend ist auszuführen, dass der (Beschwerdeführer) durch sein Fehlverhalten eine in erheblichem Ausmaß unverantwortliche Haltung zur Rechtsordnung, zur Respektierung fremden Eigentums und zur Wahrung seiner Dienstpflichten zum Ausdruck gebracht hat. Der (Beschwerdeführer) hat sein Fehlverhalten mit dem Vorsatz gesetzt, sich zu bereichern und die Betroffene im selben finanziellen Ausmaß zu schädigen. Sein rechtswidriger Angriff auf fremdes Vermögen - ein Rechtsgut, dessen Achtung zum Kernbereich seiner Dienstpflichten als Beamter des BMI zählt - ist von ihm mit Bereicherungsvorsatz begangen worden und stellt trotz des geringen Schadens iHv EUR 20,-- eine gravierende Dienstpflichtverletzung dar. Durch dieses erhebliche Versagen im Kernbereich seiner Dienstpflichten als Beamter des BMI hat der (Beschwerdeführer) das Vertrauen seiner Vorgesetzten, des Dienstgebers sowie der Öffentlichkeit in seine Dienstführung schwer beschädigt. Dieses Tatverhalten, das den Kernbereich seiner Dienstpflichten verletzt, darf nicht bagatellisiert werden; ihm wohnt ein sehr hoher Unrechtsgehalt inne.
Unter Bedachtnahme auf die Rspr des VwGH (vgl. zB , 2005/09/0115), wonach bei der Strafbemessung alle Milderungs- und Erschwerungsgründe zu berücksichtigen sind, ist dem (Beschwerdeführer) mildernd zugute zu halten, dass 1.) sein dienstliches Verhalten zu Belobigungen, zweimal 'Dank und Anerkennung' (2007, 2009) sowie einer Geldbelohnung (2008) geführt hat, 2.) der unterschlagene Betrag gering war (EUR 20,-- ) und
3.) ihm aus seinem Fehlverhalten selbst ein gewichtiger rechtlicher Nachteil in Form seiner nunmehrigen Vorstrafe erwachsen ist (§ 34 Abs. 1 Z 19 StGB).
Weitere Milderungsgründe liegen nicht vor, denn im Hinblick auf die disziplinäre Verurteilung des (Beschwerdeführers) wegen rechtswidriger EKIS-Abfragen zu einer Geldbuße iHv EUR 218,02 im Jahre 2001 (GZ ...) kann dem (Beschwerdeführer) der Milderungsgrund der disziplinären Unbescholtenheit nicht zuerkannt werden, und zwar auch nicht eingeschränkt, denn im Gegensatz zu den einschlägigen Bestimmungen betreffend strafgerichtliche Verurteilungen gibt es im Disziplinarrecht keine 'Tilgung' disziplinärer Vorstrafen. Allerdings liegt infolge § 121 Abs. 2 BDG auch nicht der Erschwerungsgrund der disziplinären Vorstrafe vor, da das damalige Fehlverhalten deutlich länger als drei Jahre zurück liegt (nämlich mehr als 10 Jahre).
Diesen Milderungsgründen steht als Erschwerungsgrund sein geplantes Vorgehen bei seinem Fehlverhalten im Kernbereich seiner Dienstpflichten gegenüber.
Dieser Erschwerungsgrund überwiegt jedoch die Milderungsgründe nicht, sondern es kommt ihm ein etwas geringeres Gewicht zu als den Milderungsgründen.
Der erkennende Senat der DOK geht unter Bedachtnahme auf eine gesetzeskonforme Anwendung des ihm zukommenden Ermessenspielraumes bei der Strafbemessung für die verfahrensgegenständlichen Dienstpflichtverletzungen unter Berücksichtigung dieser Milderungsgründe und des Erschwerungsgrundes von einem Strafrahmen aus, der von der Disziplinarstrafe einer spürbaren Geldstrafe bis zur Disziplinarstrafe der Entlassung reicht. Der Berufungssenat ist bei dieser Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die ausgesprochene Disziplinarstrafe der Entlassung aus Präventionsgesichtspunkten nicht zwingend erforderlich ist, und spricht über den (Beschwerdeführer) die Disziplinarstrafe der Geldstrafe iSd § 92 Abs. 1 Z 3 BDG iHv vier Monatbezügen (das sind ca. EUR 10.000,--) aus. Der erkennende Senat der DOK ist sich dabei bewusst, dass es sich beim Fehlverhalten des (Beschwerdeführers) um eine derart schwerwiegende Dienstpflichtverletzung im Kernbereich der Dienstpflichten des (Beschwerdeführers) handelt, dass zweifellos ein Grenzfall bei der Strafbemessung vorliegt, bei dem auch der Ausspruch der Disziplinarstrafe der Entlassung denkbar wäre, und dass die Trennlinie zwischen einer hohen Geldstrafe und der Disziplinarstrafe der Entlassung dünn ist. Umso mehr bedarf es bei dieser Abwägung einer Berücksichtigung auch aller für den (Beschwerdeführer) sprechenden Erwägungen und seiner Zukunftsprognose . Der erkennende Senat der DOK geht auf Grund dieser hohen Geldstrafe - immerhin ca. das 500-fache des unterschlagenen Betrages - und der ihr innewohnenen Abschreckungswirkung trotz des beharrlichen Leugnens des (Beschwerdeführers) (und dem somit nicht vorliegenden Milderungsgrund eines umfassenden reuigen Geständnisses des (Beschwerdeführers)) noch von einer positiven Zukunftsprognose und davon aus, dass der (Beschwerdeführer) auf Grund der nunmehr gewonnenen Erfahrung, nur haarscharf nicht mit der Disziplinarstrafe der Entlassung belegt worden zu sein, seine Dienstpflichten in Zukunft überaus penibel einhalten und keinerlei disziplinarrechtliche Verstöße mehr setzen wird. Dies berechtigt den erkennenden Senat der DOK zu seiner Prognose, dass der (Beschwerdeführer) bei Gewährung dieser zweiten - und sollte wiederum erhebliches disziplinarrechtliches Fehlverhalten auftreten, dann sicherlich letzten - Chance in der Lage sein wird, diese zu nutzen und sich in Zukunft dienstrechtskonform zu verhalten. Insgesamt ist der erkennende Senat der DOK daher zu der Auffassung gelangt, dass dem (Beschwerdeführer) noch diese letzte Chance gegeben werden soll, sich zu bewähren, obwohl er das Vertrauen seines Dienstgeber mit seinem schweren Fehlverhalten erheblich beeinträchtigt hat.
Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen war von der Bestätigung der Disziplinarstrafe der Entlassung Abstand zu nehmen, denn im Hinblick auf die Schwere der Tat und spezialpräventive Überlegungen sowie im Hinblick auf die hier zweifellos gegebene generalpräventive Notwendigkeit einer hohen Geldstrafe ist die Disziplinarstrafe der Geldstrafe iHv vier Monatbezügen ausreichend, um sowohl den (Beschwerdeführer) von weiteren Verfehlungen als auch seine Kolleg/innen durch diese Strafhöhe von der Begehung gleichartiger Dienstpflichtverletzungen abzuhalten
Dass der erkennende Senat der DOK nicht die höchstmögliche Disziplinarstrafe der Geldstrafe iHv fünf Monatsbezügen ausgesprochen hat, liegt an der familiären Situation des (Beschwerdeführers), der für seine behinderte Tochter sorgepflichtig ist, und gemäß § 93 Abs. 1 BDG seine persönlichen Verhältnisse und seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bei der Strafbemessung zu berücksichtigen sind. Die ausgesprochene Disziplinarstrafe ist finanziell erheblich, aber für den (Beschwerdeführer) wirtschaftlich noch verkraftbar.
Die Höhe der vom Bruttomonatsbezug ausgehend zu berechnenden Disziplinarstrafe der Geldstrafe betreffend ist weiters festzuhalten, dass auch bei Dienstpflichtverletzungen von - wie hier - erheblichem Gewicht nicht automatisch die im jeweiligen Strafrahmen - hier Geldstrafe - zur Verfügung stehende Höchststrafe auszusprechen ist, wenn dies nicht spezial- und/oder generalpräventiv notwendig ist. Finanziell spürbare Disziplinarstrafen sollen nicht die Gefahr des wirtschaftlichen Ruins des (Beschwerdeführers) mit sich bringen, schon allein um dessen Arbeitskraft für den Dienstgeber zu erhalten, und einer Geldstrafe soll auch keine 'vermögenskonfiskatorische Wirkung' zukommen ( Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB3, § 19 RN 17). Dem steht der die Hereinbringung der Geldstrafe regelnde § 127 Abs. 2 Satz 1 BDG nicht entgegen, bei welchem es sich um keine Strafzumessungsbestimmung handelt, die den Ausspruch von über das präventiv notwendige Strafmaß hinausgehenden Geldstrafen möglich und diese für den (Beschwerdeführer) wirtschaftlich (gerade noch) verkraftbar machen soll.
Abschließend ist auf die gestiegene Bedeutung generalpräventiver Erwägungen hinzuweisen. Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , 2011/09/0105, zum Verhältnis von Spezial- zu Generalprävention ausführt, ist
'durch die Dienstrechts-Novelle 2008 (...) im zweiten Satz des § 93 Abs. 1 BDG die Zielsetzung 'der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken', als zusätzliches Strafbemessungskriterium in das Gesetz eingefügt (worden). Nach der nunmehr geltenden Rechtslage kommt der spezialpräventiven Erforderlichkeit der Strafe bei der Bemessung daher nicht mehr eine derart wesentliche Bedeutung wie bisher zu und sind Gründe der Generalprävention wie solche der Spezialprävention für die Bemessung der Strafe gleichrangig zu berücksichtigen. Ist eine Disziplinarstrafe in einem bestimmten Ausmaß geboten, um der Begehung von Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte entgegenzuwirken, dann haben gegebenenfalls spezialpräventive Überlegungen, die eine solche Disziplinarstrafe nicht als erforderlich erscheinen lassen würden, demgegenüber zurückzutreten.'
Die Einführung von generalpräventiven Strafbemessungsgründen in § 93 Abs. 1 BDG hat ab dem zur Konsequenz, dass dann, wenn aus generalpräventiven Gründen eine höhere Disziplinarstrafe als auf Grund spezialpräventiver Erwägungen erforderlich ist, diese (höhere) Disziplinarstrafe auszusprechen ist.
Auch unter Berücksichtigung dieser Judikatur des VwGH ist die Disziplinarstrafe der Entlassung auf Grund generalpräventiver Erwägungen noch nicht erforderlich. Die Disziplinarstrafe der Geldstrafe iHv vier Monatsbezügen ist ausreichend, um der Begehung derartiger Dienstpflichtverletzungen durch andere Beamte/innen entgegenzuwirken. Niemand aus dem Vorgesetzten- und Kollegenkreis (und auch die Allgemeinheit nicht) würde die abschreckende Wirkung dieser hohen Geldstrafe - ca. EUR 10.000,-- und somit ca. das 500- fache des unterschlagenen Betrages - bestreiten; nach den Erfahrungen des täglichen Lebens kann nicht davon ausgegangen werden, dass daraus ein Freibrief für die Begehung derartiger Dienstpflichtverletzungen abgeleitet würde. Es bedarf daher keiner höheren Disziplinarstrafe, um deutlich zu machen, dass eine derart massive Dienstpflichtverletzung nicht toleriert wird; auch diesem generalpräventiven Erfordernis kommt der Strafausspruch iHv vier Monatsbezügen nach.
Nach Auffassung des Berufungssenates ist diese Disziplinarstrafe notwendig aber auch ausreichend, um dem (Beschwerdeführer) die Bedeutung der verletzten Dienstpflicht vor Augen zu führen und generalpräventiven Überlegungen zum Durchbruch zu verhelfen. Der Berufungssenat geht davon aus, dass der (Beschwerdeführer) infolge dieser hohen Disziplinarstrafe in Zukunft keine Dienstpflichtverletzungen mehr setzen wird, denn es wird die dieser Disziplinarstrafe und einer drohenden zukünftigen Entlassung bei abermaligem Fehlverhalten innewohnende Abschreckungswirkung dafür sorgen, dass der (Beschwerdeführer) seine Dienstpflichten einhalten wird, weshalb seine Tragbarkeit zur weiteren dienstlichen Verwendung vorliegt. Auch wenn zweifellos eine erhebliche Störung des Vertrauensverhältnisses zum (Beschwerdeführer) vorliegt, ist das Vertrauen in seine zukünftige Dienstverrichtung dennoch nicht derart erschüttert, dass nicht mit der Verhängung dieser Geldstrafe das Auslangen gefunden werden könnte."
Gegen die Strafbemessung in diesem Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde, verzichtete jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.) Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Aus dem Grunde des § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG
waren auf dieses Verfahren daher die am geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am in Kraft gestandene Fassung.
2.) Die Strafbemessung ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 93 BDG 1979 festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Als Ermessensentscheidung unterliegt sie nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als dieser zu prüfen hat, ob die Behörde von dem ihr zustehenden Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat (vgl. Art. 130 Abs. 2 B-VG). Die Behörde ist verpflichtet, in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Überlegungen und Umstände insoweit offenzulegen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und für die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0076, mwN).
3.) Der Beschwerdeführer bringt vor, dass die von der belangten Behörde angenommene positive Zukunftsprognose verfehlt sei. Die belangte Behörde habe eine solche trotz des von ihr berücksichtigten beharrlichen Leugnens angenommen.
Die belangte Behörde hat die positive Zukunftsprognose ausschließlich mit der von ihr verhängten Höhe der Geldstrafe begründet.
Maßgeblich ist das (gesamte) Persönlichkeitsbild des Disziplinarbeschuldigten, dem es grundsätzlich nicht zum Vorwurf gemacht werden kann, dass er von dem Recht eines jeden Beschuldigten Gebrauch gemacht hat, die am günstigsten erscheinende Verantwortung zu wählen. Geständnis und Schuldeinsicht sind damit zwar keine unabdingbaren Voraussetzungen für die Erstellung einer günstigen Zukunftsprognose. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn - wie hier - bereits ein rechtskräftiges verurteilendes Strafurteil vorliegt, an das die belangte Behörde sowohl im Hinblick auf die objektive als auch die subjektive Tatseite gebunden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0076). Leugnet der Verurteilte auch im folgenden Disziplinarverfahren noch beharrlich die Tat, führt dies zur Annahme, dass der Täter selbst trotz gerichtlicher Verurteilung nicht bereit ist, sich von dem ihm angelasteten Verhalten soweit zu distanzieren, dass den Erfordernissen der Spezialprävention auch durch die Anwendung einer geringeren Strafe Rechnung getragen wird.
Gemäß § 93 Abs. 1 BDG 1979 ist u.a. darauf Rücksicht zu nehmen, inwieweit die beabsichtigte Strafhöhe erforderlich ist, um den Beamten von der Begehung weiterer Dienstpflichtverletzungen abzuhalten, m.a.W., ob bei Fortsetzung des Dienstverhältnisses mit weiteren Dienstpflichtverletzungen zu rechnen wäre. Bei der dabei anzustellenden Prognose hat sie die Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit weiterer Dienstpflichtverletzungen nach einer Beurteilung seiner - auch in der Dienstpflichtverletzung zum Ausdruck gebrachten - Persönlichkeit zu beurteilen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0001).
Die hier von der belangten Behörde allein herangezogene abschreckende Wirkung der bemessenen Geldstrafe ist im Hinblick auf das oben dargestellte beharrliche Leugnen der gerichtlich rechtskräftig abgeurteilten Tat für die Erstellung einer positiven Zukunftsprognose über das Verhalten des Täters nicht geeignet.
4.) Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muss in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, dass gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 1044 wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Der Beschwerdeführer rügt zu Recht, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die belangte Behörde ihrer Strafbemessung "eine (offenbar prekäre) 'familiäre Situation' bzw. die Sorgepflicht für eine behinderte Tochter" zugrunde lege. Aus den Feststellungen der Behörde erster Instanz ergebe sich, dass der Mitbeteiligte mit seinen Eltern ein Einfamilienhaus bewohne und eine Unterhaltspflicht für ein Kind bestehe. Woraus sich ergebe, dass es sich dabei um eine behinderte Tochter handle, gehe aus den Feststellungen der belangten Behörde nicht hervor.
5.) Der Beschwerdeführer bringt noch vor, dass schon aus generalpräventiven Erwägungen (auf Grund der Schwere der Tat) eine Entlassung auszusprechen gewesen wäre. Dieses Vorbringen ist allerdings derart pauschal gehalten, dass es eine Rechtswidrigkeit der diesbezüglichen Ausführungen der belangten Behörde nicht aufzuzeigen imstande ist.
6.) Für das beim Bundesverwaltungsgericht fortzusetzende Verfahren ist noch zu berücksichtigen:
Die belangte Behörde erachtete den Milderungsgrund des § 34 Abs. 1 Z. 19 StGB als gegeben, weil dem Mitbeteiligten aus seinem Fehlverhalten selbst ein gewichtiger Nachteil in Form seiner nunmehrigen Vorstrafe erwachsen sei.
Gemäß § 34 Abs. 1 Z. 19 StGB bildet es einen Milderungsgrund, wenn der Täter dadurch betroffen ist, dass er durch die Tat oder als deren Folge "sonstige gewichtige tatsächliche oder rechtliche Nachteile erlitten hat".
Unter "gewichtigen" Nachteilen sind solche zu verstehen, die ein Ausmaß erreichen, das die Lebensführung des Täters nachhaltig oder längerfristig beeinträchtigt (vgl. Mayerhofer, StGB6, Das österreichische Strafrecht, 1. Teil, 2009, S 313, FN 12; als Beispiele sind genannt: die Verpflichtung zu hohen Schadenersatzleistungen, der Verlust des Arbeitsplatzes oder Amtes, einer Berufs- oder Gewerbeberechtigung, der Befugnis zum Lenken eines Kraftfahrzeuges). Der Mitbeteiligte wurde lediglich zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe verurteilt. Die Auswirkung auf den Mitbeteiligten besteht sohin im Wesentlichen darin, dass er sich im Beobachtungszeitraum keiner neuerlichen Straftat schuldig machen darf, damit die bedingte Strafnachsicht nicht widerrufen wird. Ein derartiger "Anreiz" zum Wohlverhalten ist aber kein von § 34 Abs. 1 Z. 19 StGB erfasster "gewichtiger Nachteil". Die bloße Tatsache einer "nunmehrigen Vorstrafe" für sich kann den genannten Milderungsgrund nicht bilden. Die belangte Behörde ist unzutreffend vom Vorliegen dieses Milderungsgrundes ausgegangen.
7.) Auf Grund der (mehrfachen) Verkennung der Rechtslage gelangte die belangte Behörde zu einer Strafbemessung, die nicht dahingehend nachprüfbar ist, ob sie ihr Ermessen im Sinne des Gesetzes ausgeübt hat. Der angefochtene Bescheid erweist sich mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die von der Erstbehörde durchgeführte mündliche Verhandlung fand in Abwesenheit des Mitbeteiligten statt, der sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Krankenhaus befand. Der beschwerdeführende Disziplinaranwalt zeigt zu Recht auf, dass die belangte Behörde im Grunde des § 125a BDG 1979 eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen hätte sollen. Im fortzusetzenden Verfahren wird das Bundesverwaltungsgericht daher eine mündliche Verhandlung unter Beiziehung des Mitbeteiligten durchzuführen haben und dabei alle erheblichen sachverhaltsmäßigen Grundlagen für die für die Bemessung der Disziplinarstrafe maßgeblichen Gründe festzustellen haben (zur Frage der Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch die Disziplinaroberkommission vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/09/0187, vom , Zl. 2011/09/0150, und vom , Zl. 2012/09/0101, in vergleichbaren Fällen).
Wien, am