VwGH vom 19.03.2014, 2013/09/0181
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des HF in A, vertreten durch Mag. Martina Gaspar, Rechtsanwalt in 3300 Amstetten, Preinsbacher Straße 7, gegen den Bescheid der Bundesberufungskommission für Sozialentschädigungs- und Behindertenangelegenheiten beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK- 41550/0206-IV/9/2012, betreffend Beschädigtenrente - Dienstbeschädigung nach dem HVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte verweist der Verwaltungsgerichtshof auf das hg. Erkenntnis vom , 2011/09/0113, mit dem der damals angefochtene Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war.
Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz )Bescheid vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers erneut abgewiesen.
Die belangte Behörde holte im fortgesetzten Verfahren zunächst ein ärztliches Sachverständigengutachten der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dr. E., ein, welche einen Kausalzusammenhang von neurologischen Folgen nach langjährigem Leistungssport verneinte.
Der Beschwerdeführer replizierte unter Vorlage neuer Befunde und Privatgutachten.
Die belangte Behörde holte nunmehr ein weiteres Sachverständigengutachten vom der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Dr. K., ein, welches die Kausalität verneinte. Nach der Einräumung des Parteiengehörs und weiteren Stellungnahmen des Beschwerdeführers erstellte Dr. K. ein ergänzendes Sachverständigengutachten vom . Auch hiezu wurde dem Beschwerdeführer Parteiengehör eingeräumt. Dr. K. nahm in ihrer Stellungnahme vom zu den Einwendungen Stellung. Mit ausführlicher Begründung kam Dr. K. zusammengefasst zum Ergebnis, dass die im Jahr 1996 beendete sportliche Tätigkeit des Beschwerdeführers keine kausale Ursache für die im Jahr 2001 erlittene gegenständliche Gesundheitsschädigung sein könne.
Die belangte Behörde sah von der Einräumung eines weiteren Parteiengehörs ab, weil die Stellungnahme vom die bis dahin eingeholten ärztlichen Beurteilungen bestätige und keine neuen Sachverhaltselemente hervorbringe.
Die belangte Behörde gab die genannten Gutachten im angefochtenen Bescheid wieder und erachtete die eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten von Dr. K. vom , vom und vom als schlüssig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei. Die Gutachterin habe sich ausführlich mit allen Vorbefunden und den Privatgutachten auseinandergesetzt. Die belangte Behörde lege die Gutachten Dris. K. in freier Beweiswürdigung ihrer Entscheidung zu Grunde.
Rechtlich gelangte sie zum Ergebnis, dass die sportliche Tätigkeit des Beschwerdeführers beim Österreichischen Bundesheer von 1981 bis 1996 nicht eine von mehreren Ursachen sei, auf welche der Schlaganfall zurückgehen könne, sondern keine wahrscheinliche Ursache für den Schlaganfall.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Aus dem Grunde des § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am in Kraft gestandene Fassung.
Gemäß § 2 Abs. 1 HVG ist eine Gesundheitsschädigung als Dienstbeschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 leg. cit. anzuerkennen, wenn und insoweit die festgestellte Gesundheitsschädigung zumindest mit Wahrscheinlichkeit auf das schädigende Ereignis oder die der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse ursächlich zurückzuführen ist. Für die Auslegung des Begriffes "wahrscheinlich" ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Wahrscheinlichkeit ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich wissenschaftlichen Lehrmeinung erheblich mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang spricht. Danach ist für die Begründung eines Versorgungsanspruches nur die Wahrscheinlichkeit, nicht aber die bloße Möglichkeit einer Verursachung der Gewissheit gleichgestellt. Die rechtliche Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges zwischen einem schädigenden Ereignis oder der der Dienstleistung eigentümlichen Verhältnisse und einer Gesundheitsschädigung im Sinne des § 2 Abs. 1 HVG setzt voraus, dass der Kausalzusammenhang im medizinisch-naturwissenschaftlichen Sinn in behördlichen Verfahren geklärt wird und allenfalls strittige Tatsachen im Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung bzw. dem schädigenden Ereignis in der Krankheitsvorgeschichte von der Behörde ermittelt und festgestellt werden. Dabei hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, hierbei von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die dem Verwaltungsgerichtshof zustehende nachprüfende Kontrolle der Beweiswürdigung ist darauf beschränkt, ob ein wesentlicher Verfahrensmangel vorliegt bzw. ob die Entwicklungen den Denkgesetzen, somit auch dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0305).
Die Gutachterin Dr. K. hat sich - in Befolgung der Vorgaben aus dem aufhebenden hg. Erkenntnis vom - mit den Befunden des Beschwerdeführers und den vorgelegten Privatgutachten auseinandergesetzt und aufgezeigt, aus welchen medizinischen Gründen die vor allem vom Privatgutachter Dr. P. vertretene These des Zusammenhanges zwischen der Spitzensporttätigkeit des Beschwerdeführers und dem aufgetretenen Kleinhirninfarkt nicht zutreffe.
Die belangte Behörde hat in ausreichender Weise dargelegt, weshalb sie bei einander widersprechenden Gutachten nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung dem (mehrfach ergänzten) Gutachten Dris. K. den Vorzug gegeben hat.
Der Beschwerdeführer rügt mangelndes Parteiengehör zur letzten Stellungnahme Dris. K. vom . Es erübrigt sich zu untersuchen, ob dem Beschwerdeführer zu dieser Stellungnahme nochmals Parteiengehör zu gewähren gewesen wäre (es enthielt, wie die belangte Behörde richtig ausführt, keine neuen Sachverhalte mehr), weil der Beschwerdeführer die Relevanz des allenfalls unterlaufenen Verfahrensmangels mit seinem Hinweis auf Zeitungsartikel nicht dartut.
Insbesondere kann der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen nicht die Argumente Dris. K. hinsichtlich des fehlenden zeitlichen Zusammenhanges zwischen dem Ende der sportlichen Tätigkeit 1996 und dem Kleinhirninfarkt im Jahre 2001 sowie dem Fehlen schwerer Veränderungen der Halswirbelsäule in sämtlichen Befunden nach 2001 entkräften. Mit diesen Argumenten hat sich auch der Privatgutachter Dr. P. (zuletzt am ) nicht befasst; das Privatgutachten Dr. P. nennt bloß eine Möglichkeit im Sinne der oben wieder gegebenen Rechtsprechung, ohne aber konkrete, stichhaltige Gründe für die Wahrscheinlichkeit der Sportausübung als Ursache zu nennen. Des Weiteren zeigt der Beschwerdeführer mit seinem bloßen Hinweis auf eine "CD Aufnahme aus dem Jahr 1990" nicht auf, was konkret daraus hätte abgeleitet werden können.
Die belangte Behörde ist unter Zugrundelegung des Gutachtens Dris. K., wonach der ausgeübte, im Jahr 1996 beendete Leistungssport für die im Jahr 2001 erfolgte Gesundheitsschädigung als Ursache ausscheide, aber auch zu Recht davon ausgegangen, dass es in einem solchen Fall mangels krankhafter Veranlagung oder Vorschädigung nicht auf die Theorie der "wesentlichen Bedingung" ankomme.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG.
Wien, am
Fundstelle(n):
EAAAE-82898