VwGH vom 23.09.2010, 2008/21/0251
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des R in S, vertreten durch Dr. Bernhard Kettl, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Clemens-Krauss-Straße 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 148.205/2-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den am gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines ägyptischen Staatsangehörigen, "auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung für Selbständiger" gemäß § 21 Abs. 1 und § 24 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG ab.
Begründend führte sie aus, der Beschwerdeführer habe zuletzt über eine mit Gültigkeit vom bis erteilte Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "selbständig, § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG" verfügt. Am habe er persönlich den genannten - ausdrücklich als solchen bezeichneten - Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung "Selbständiger" eingebracht. Ein derartiger Erstantrag wäre gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet bei der örtlich zuständigen Berufsvertretungsbehörde im Ausland einzubringen, ebenso wäre die Entscheidung im Ausland abzuwarten gewesen. Die zuletzt für den Aufenthaltszweck "selbständig, § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG" erteilte Aufenthaltserlaubnis habe vom 1. Jänner bis zum als Aufenthalts-Reisevisum (Visum D+C, § 24 FPG) weiter gegolten. Visa seien im Inland jedoch nicht verlängerbar. Die Regelungen des § 24 NAG seien nicht anzuwenden, weil ein Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels nicht vorliege.
Eine Inlandsantragstellung käme im vorliegenden Zusammenhang nur im Fall besonders berücksichtigungswürdiger humanitärer Gründe (im Sinn des § 72 NAG) in Betracht. Derartige Gründe seien jedoch weder behauptet worden noch ersichtlich. Der Beschwerdeführer zeige vielmehr ausschließlich wirtschaftliche Beweggründe für seinen Aufenthalt in Österreich auf. Eine Inlandsantragstellung (gemäß § 74 NAG) werde daher amtswegig nicht zugelassen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1828/07-7, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Dieser hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde bestreitet nicht, dass der Beschwerdeführer bisher (lediglich) über die genannten Aufenthaltserlaubnisse gemäß § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG, zuletzt mit Gültigkeit bis , verfügt und am während seines inländischen Aufenthaltes den gegenständlichen (ausdrücklich auch als solchen bezeichneten) "Erstantrag" auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gestellt hat.
Gemäß § 81 Abs. 2 erster Satz NAG gelten vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes (gemäß § 82 Abs. 1 leg. cit. mit ) erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Gültigkeitszweckes insoweit weiter, als sie nach dem Zweck des Aufenthaltes den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen. Gemäß § 81 Abs. 2 dritter Satz leg. cit. ist der Bundesminister für Inneres ermächtigt, durch Verordnung festzulegen, welche vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilten Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach ihrem Aufenthaltszweck als entsprechende Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen nach diesem Bundesgesetz und dem Fremdenpolizeigesetz weiter gelten.
Zutreffend hat die belangte Behörde angenommen, dass die dem Beschwerdeführer gemäß § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG erteilte Aufenthaltserlaubnis (lediglich) als Aufenthalts-Reisevisum (Visum D+C, § 24 FPG) weiter gegolten hat (vgl. § 11 Abs. 1 lit. B. Z. 10 der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 451/2005). Die erteilte Aufenthaltserlaubnis stellt somit keinen Aufenthaltstitel im Sinn des NAG dar, sodass es sich bei dem gegenständlichen, am gestellten Antrag nicht um einen Verlängerungsantrag im Sinn des § 2 Abs. 1 Z. 11 bzw. § 24 Abs. 1 NAG handelt.
Da der Beschwerdeführer noch nie über einen Aufenthaltstitel im Sinn des NAG verfügte, hat die belangte Behörde den gegenständlichen Antrag zutreffend als Erstantrag (§ 2 Abs. 1 Z. 13 NAG) beurteilt und auf ihn § 21 NAG angewendet. Weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass einer der Tatbestände des § 21 Abs. 2 NAG erfüllt wäre. Im Hinblick darauf erweist sich die Abweisung dieses Antrages gemäß § 21 Abs. 1 NAG - im Hinblick auf die nachstehenden Ausführungen - als unbedenklich (vgl. zum Ganzen die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/18/0310, und vom , Zl. 2007/21/0480, jeweils m.w.N.).
Fallbezogen käme eine Inlandsantragstellung nur im Weg des § 74 NAG in Betracht, wenn die Voraussetzungen des § 72 NAG erfüllt wären. Der Beschwerdeführer verweist darauf, dass er sich seit dem Jahr 2002 in Österreich aufhalte und seither (auf Basis eines Werkvertrages selbständig) berufstätig sei. Er habe nicht nur gute Kenntnisse der deutschen Sprache erworben, sondern beherrsche auch die italienische, englische und arabische Sprache. Dadurch sei er für das im Kosmetiksektor tätige Unternehmen, mit dem er zusammenarbeite, unentbehrlich geworden. Sein Aufgabengebiet umfasse die Aquisition, Beratung und Betreuung der Kunden, die Ausbildung der Geschäftspartner in Form der Abhaltung von Seminaren und Workshops sowie die Abwicklung des Exportes nach Abu Dhabi und Dubai. Entsprechende Informationen könnten nur von solchen Personen erteilt werden, die über umfangreiches Know-how "dieses Land betreffend" verfügten. Der Beschwerdeführer stamme "aus diesem Land" (gemeint wohl: aus dem arabischen Kulturkreis) und sei daher mit Kultur, Sprache und sämtlichen Gepflogenheiten bestens vertraut. Weiters sei er selbsterhaltungsfähig, verfüge über eine Wohnung sowie über Unfall-, Kranken- und Pensionsversicherung. Er habe eine Lebensgefährtin und zudem einen Freundes- und Bekanntenkreis erworben.
Dieses - schwerpunktmäßig wirtschaftliche Aspekte betonende - Vorbringen kann jedoch, wie schon die belangte Behörde im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, keine Grundlage für einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall im Sinn des § 72 Abs. 1 NAG bilden.
Schließlich macht der Beschwerdeführer geltend, er gehöre "zum Volksstamm der Kopten", einer christlichen Minderheit in Ägypten, sodass es ihm trotz Ausbildung (an der Universität) auf Grund ethnischer Spannungen nicht möglich gewesen sei, eine entsprechende Existenz aufzubauen. Auch könne er Österreich nicht verlassen und von Ägypten aus "diverse Anträge" stellen, weil einem Angehörigen der Kopten "erforderliche behördliche Schriftstücke nicht oder nur mit jahrelanger Verzögerung ausgestellt werden". Auf dieses Vorbringen ist jedoch, weil es eine unzulässige Neuerung darstellt (im Verwaltungsverfahren hatte der Beschwerdeführer lediglich vorgebracht, der christlichen Religionsgemeinschaft anzugehören, die einer "ständigen Gefahr" ausgesetzt sei; die Ausübung seines Glaubens wäre für ihn "äußerst eingeschränkt möglich"), nicht inhaltlich einzugehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Durchführung der vom Beschwerdeführer beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
VAAAE-82888