VwGH vom 27.01.2012, 2011/02/0006
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des R E in D, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schillerstraße 17, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom , Zl. UVS-1-937/E6-2010, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer für schuldig erachtet, er habe sich am um 16.57 Uhr in D nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organs der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkohol untersuchen zu lassen, obwohl er im Verdacht gestanden sei, um
16.38 Uhr in D, E-Gasse 41, ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigen Zustand gelenkt zu haben. Er habe dadurch eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 2 zweiter Satz Z 1 StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.800,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 336 Stunden) verhängt wurde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides stellte die belangte Behörde die im Spruch wiedergegebenen Umstände fest und trug in den weiteren Entscheidungsgründen als Sachverhalt nach, dass am um 16:38 Uhr bei der Bezirksleitzentrale D ein Anruf von einem Anzeiger eingegangen sei, wonach ein offensichtlich alkoholisierter Lenker in den vor dem Gastlokal O in D, E-Gasse 41, abgestellten PKW mit dem im Rede stehenden Kennzeichen eingestiegen und anschließend in die E-Gasse gefahren sei. Der Anzeiger habe angegeben, dass es sich beim Lenker um eine männliche Person Mitte 50 handle (der Beschwerdeführer sei 1953 geboren). Dies sei dem Anzeigenleger über Funk mitgeteilt worden, weshalb er mit dem Streifenfahrzeug zum Lokal O gefahren sei. Vor dem Lokal habe er den genannten PKW nicht mehr feststellen können. Über Funk habe er die weitere Mitteilung erhalten, dass der Zulassungsbesitzer dieses PKW der Beschwerdeführer sei, zu dessen Wohnadresse der Anzeigenleger gefahren sei. Vor dem Wohnhaus des Beschwerdeführers habe der Anzeigenleger den PKW mit dem angeführten Kennzeichen feststellen können. Er habe überprüft, ob das Fahrzeug vor kurzem verwendet worden sei und habe die Motorhaube angegriffen. Diese sei warm gewesen. Außerdem habe er zusätzlich den Auspuff abgetastet, der heiß gewesen sei. Für ihn sei daher plausibel gewesen, dass mit dem genannten PKW von der E-Gasse bis zur Wohnanschrift des Beschwerdeführers gefahren worden sei. Er habe dann bei der Haustür des Beschwerdeführers geklingelt. Der Beschwerdeführer habe geöffnet, worauf der Anzeigenleger zwei Schritte in das Hausinnere getreten sei. Auf der Stiege, die zum ersten Obergeschoß führe, sei ihm der Beschwerdeführer entgegen gekommen. Er habe diesen gefragt, ob er jene Person sei, die ihm über Funk als Zulassungsbesitzer mitgeteilt worden sei, was der Beschwerdeführer bejaht habe. Dann habe er dem Beschwerdeführer erklärt, dass dieser im Verdacht stehe, ein Fahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt zu haben und er ihn deshalb zum Alkotest auffordere. Der Beschwerdeführer habe geantwortet, dies könne nicht der Fall sein, da er den ganzen Nachmittag zu Hause gewesen sei und geschlafen habe. Danach habe sich der Beschwerdeführer auf der Stelle umgedreht und sei wieder nach oben gegangen mit dem Bemerken, dass ihn die Amtshandlung nicht interessiere. Der Beschwerdeführer habe nicht gesagt, dass jemand anderer gefahren sei. Beim Beschwerdeführer habe der Anzeigenleger eine leichte Bindehautrötung festgestellt. Einen Alkoholgeruch habe er beim Beschwerdeführer nicht feststellen können, weil die Amtshandlung auf einer Entfernung von ca. zwei bis drei Meter vom Beschwerdeführer entfernt durchgeführt worden sei.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Darstellung der einschlägigen Rechtslage aus, dass der Anzeigenleger zu Recht den Verdacht habe haben können, dass der PKW vom Beschwerdeführer vom Lokal O zu dessen Wohnhaus in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt worden sei. Den Verdacht begründet habe die Anzeige, dass ein offensichtlich alkoholisierter Mann mit dem PKW weggefahren sei, die Feststellung, dass Motorhaube und Auspuff des PKW's warm gewesen seien und der Beschwerdeführer zu Hause angetroffen worden sei. Das Verhalten des Beschwerdeführers habe den Anzeigeleger in seinem Verdacht bestärkt. Somit sei die Aufforderung zur Durchführung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt zu Recht erfolgt. Der Beschwerdeführer habe diese Aufforderung mit dem Bemerken, er habe kein Fahrzeug gelenkt, verweigert. Die Einvernahme des Zeugen G sowie weiterer Zeugen zum Beweis dafür, dass G den Beschwerdeführer vom Lokal O zu seiner Wohnanschrift gefahren habe, erübrige sich, da es auf die einschlägige Verdachtslage ankomme.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 5 Abs. 2 Z 1 StVO 1960 sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 1.600,-
- bis EUR 5.900,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.
Zur Verwirklichung des Tatbestandes nach § 5 Abs. 2 Z 1 StVO 1960 reicht der Verdacht aus, der Beschwerdeführer habe das Kraftfahrzeug in alkoholisiertem Zustand gelenkt. Der Verdacht muss sich einerseits auf die Alkoholisierung und andererseits auf das Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand beziehen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2009/02/0040, mwN).
Im vorliegenden Fall bestreitet der Beschwerdeführer nicht, anlässlich der Verweigerung der Atemluftuntersuchung eine Bindehautrötung aufgewiesen zu haben. Festgestellt wurde auch unbekämpft, dass dem Meldungsleger durch einen namentlich bekannten Anzeiger mitgeteilt worden sei, ein Betrunkener im Alter des Beschwerdeführers habe das auf den Beschwerdeführer zugelassene Fahrzeug vom Parkplatz des Lokals O weggefahren. Der Meldungsleger durfte daher zu Recht den Verdacht einer Alkoholisierung durch den Beschwerdeführer haben.
Aber auch für die Annahme einer Verdachtslage, der Beschwerdeführer habe den PKW gelenkt, waren einschlägige Umstände vorhanden. Es liegt nämlich auf der Hand anzunehmen, dass der Zulassungsbesitzer eines PKW's, der vor dessen eigenem Haus mit warmem Motor und heißem Auspuff abgestellt ist, während sich der Genannte zu Hause befindet, als Lenker dieses Fahrzeug betrachtet werden kann. Dies umso mehr, als der Anzeigenleger auch die wesentliche Übereinstimmung des Alters des Beschwerdeführers mit den Angaben des Anzeigers seiner Einschätzung zu Grunde legen konnte und der Beschwerdeführer nicht sofort darauf hingewiesen hat, dass das Fahrzeug von jemand anderem benützt worden sei.
Soweit der Beschwerdeführer in seiner Rechtsrüge zur Begründung der Verdachtslage ausschließlich davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden PKW's gewesen sei und ein telefonischer Hinweis zur Inbetriebnahme dieses PKW's durch einen offensichtlich Betrunkenen vorgelegen habe, entfernt er sich vom festgestellten Sachverhalt. Die belangte Behörde ist nämlich nicht nur von diesen Umständen als Verdachtsmomente für den Anzeigenleger ausgegangen, sondern hat festgestellt, dass dieser auch die Temperatur von Motor und Auspuff des PKW's sowie eine Bindehautrötung des Beschwerdeführers und die Übereinstimmung von dessen Alter mit den Angaben des Anzeigers seiner Einschätzung zu Grunde gelegt hat. Diese Feststellungen werden vom Beschwerdeführer nicht bestritten, sodass die vom ihm angestellten rechtlichen Schlüsse aus einer unvollständigen Sachverhaltsgrundlage gezogen wurden und schon deshalb die von der belangten Behörde vertretene Rechtsansicht nicht in Frage stellen können.
Ohne Belang ist für die verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts auch, ob allenfalls eine andere Person den PKW gelenkt hat, weil es ausschließlich auf die vom Meldungsleger wahrgenommenen Umstände ankommt (vgl. das schon zitierte Erkenntnis vom , Zl. 2009/02/0040).
Ausschlaggebend ist somit ausschließlich, ob eine konkrete Verdachtslage bestanden hat. Davon abweichend betreffen die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel durchwegs nicht die oben wiedergegebenen wesentlichen Feststellungen, auf Grund derer die Verdachtslage geschaffen wurde, weshalb sie für das Verfahrensergebnis nicht entscheidend sind. Ein Eingehen darauf erübrigt sich.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
RAAAE-82846