VwGH vom 14.04.2011, 2008/21/0228
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2008/21/0293 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 146.762/3-III/4/06, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1970 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Nigeria. Er reiste im Juli 2004 in das Bundesgebiet ein. Hier stellte er einen - erfolglos gebliebenen (die rechtskräftige Abweisung erfolgte im Juni 2006) - Antrag auf Gewährung von Asyl. Am hatte der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet.
Im Hinblick auf diese Ehe stellte der Beschwerdeführer am einen Antrag auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" nach § 47 Abs. 2 des (am in Kraft getretenen) Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG.
Dieser Antrag wurde mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Inneres (der belangten Behörde) vom gemäß § 21 Abs. 1 NAG abgewiesen.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an ihn erhobenen Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 75/07-9, abgelehnt. In der Folge trat er die Beschwerde über gesonderten Antrag dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie wechselseitiger Einbringung weiterer Schriftsätze erwogen:
Die belangte Behörde begründete den bekämpften Bescheid - auf das Wesentliche zusammengefasst - damit, dass der Beschwerdeführer den gegenständlichen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 NAG vor der Einreise in das Bundesgebiet hätte einbringen und die Entscheidung im Ausland hätte abwarten müssen. Es stehe jedoch fest, dass der Beschwerdeführer den Antrag im Inland gestellt und sich vor, während und nach der Antragstellung in Österreich aufgehalten habe.
Zwar könne die Behörde - so die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides - gemäß § 74 NAG die "Inlandsantragstellung" von Amts wegen zulassen, wenn die Voraussetzungen des § 72 NAG erfüllt seien, also in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen. Als derartigen Grund habe der Beschwerdeführer in der Berufung die Verehelichung mit einer österreichischen Staatsangehörigen angegeben. Unter Berücksichtigung, dass die Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich illegal erfolgt und er nur wegen des Asylantrages vorübergehend aufenthaltsberechtigt gewesen sei, könne die belangte Behörde jedoch keine humanitären Gründe iSd § 72 NAG erkennen. Eine "Inlandsantragstellung" bzw. die daraus resultierende Entgegennahme des Aufenthaltstitels im Inland werde daher gemäß § 74 NAG von Amts wegen nicht zugelassen. Der Gesetzgeber habe bereits bei Erlassung des § 21 Abs. 1 NAG auf die persönlichen Verhältnisse der Antragsteller Rücksicht genommen und die Regelung eines geordneten Zuwanderungswesens über die persönlichen Verhältnisse gestellt. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers, auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK, entbehrlich sei.
Ausgehend von dieser Begründung und im Hinblick auf die Ehe des Beschwerdeführers mit einer österreichischen Staatsbürgerin gleicht der vorliegende Fall in den wesentlichen Gesichtspunkten jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2008/21/0238, zugrunde lag (vgl. daran anknüpfend auch das Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0105). Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe dieser Erkenntnisse verwiesen. Auch im vorliegenden Fall ist der belangten Behörde vorzuwerfen, dass sie - ausgehend von der nicht zu teilenden Ansicht, ein weiteres Eingehen auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers sei auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK entbehrlich - eine der vorliegenden Konstellation gerecht werdende Interessenabwägung (vgl. dazu die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2007/21/0493, und Zl. 2009/21/0031) unterlassen hat. Es hätte bei der gebotenen Gesamtbetrachtung im Übrigen auch darauf Bedacht genommen werden müssen, dass der unabhängige Bundesasylsenat in der im Asylverfahren ergangenen und im angefochtenen Bescheid auch (jedoch nur hinsichtlich der Abweisung des Asylantrages) erwähnten Berufungsentscheidung vom ausdrücklich festgestellt hatte, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers - der Begründung nach: wegen der Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin - nicht zulässig sei (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0001, mwN).
Der angefochtene Bescheid war somit angesichts der auf einer unrichtigen Rechtsauffassung beruhenden Feststellungsmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen war.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-82841