VwGH vom 19.02.2020, Ra 2019/12/0030
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör sowie Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des Magistrats der Stadt Wien gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom , Zl. VGW-171/049/8942/2015-12, betreffend Gebührlichkeit einer Sonderzahlung für eine Betriebslenkungszulage (mitbeteiligte Partei: T L in W, vertreten durch die Brandstätter Scherbaum Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Tuchlauben 13/12), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im angefochtenen Umfang (das heißt, soweit das Verwaltungsgericht den Spruchpunkt II. des Bescheids des Magistrats der Stadt Wien vom , Zl. P 25649, abänderte) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Der Mitbeteiligte steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien und ist der Wiener Linien GmbH & Co KG als Revisor am Funkwagen zum Dienst zugewiesen.
2 Mit Antrag vom begehrte der Mitbeteiligte (unter anderem) die Nachzahlung einer offenen Differenz an Betriebslenkungszulage und die Zuerkennung einer Sonderzahlung im Sinne des § 3 Abs. 3 der Besoldungsordnung 1994 (BO 1994) für die Betriebslenkungszulage gemäß dem Nebengebührenkatalog der Stadt Wien Beilage H-II/IV/WL Punkt 22 für die Jahre 2013 und 2014. Im Umfang der beantragten Zuerkennung einer Sonderzahlung wies die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde diesen Antrag mit Spruchpunkt II. des Bescheides vom ab.
3 Der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gab das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis Folge und erkannte dem Mitbeteiligten für die Jahre 2013 und 2014 "eine Sonderzahlung im Sinne des § 3 Abs. 3 BO 1994 für die Betriebslenkungszulage gemäß Punkt 22.) lit. a) und lit. b) Beilage H-II/IV/WL des jeweils in Geltung stehenden Nebengebührenkataloges für den Magistrat der Stadt Wien" zu. 4 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht Folgendes aus:
Gemäß § 3 Abs. 1 BO 1994 gebührten dem Beamten Monatsbezüge. Der Monatsbezug bestehe gemäß § 3 Abs. 2 BO 1994 aus dem Gehalt, den ruhegenussfähigen Zulagen, der Kinderzulage und der Teuerungszulage. Gemäß § 3 Abs. 3 BO 1994 gebühre dem Beamten neben den Monatsbezügen für jedes Kalenderjahr eine Sonderzahlung in der Höhe des Monatsbezuges, auf den er für den Monat der Fälligkeit der Sonderzahlung Anspruch habe. Artikel III des Nebengebührenkatalogs für den Magistrat der Stadt Wien erkläre die in den Beilagen A, C und E bis K zum Nebengebührenkatalog angeführten Nebengebühren gemäß § 2 Abs. 1 RVZG 1995, soweit sie nicht als Schmutzzulage, Aufwandentschädigung, Tagesgeld oder Auslagenersatz gewährt werden, für die Ruhegenusszulage anrechenbar. Da die in den Beilagen A, C und E bis K zum Nebengebührenkatalog angeführten Nebengebühren als
"ruhegenussfähige Zulagen gekennzeichnet" seien und die Betriebslenkungszulage, welche in Beilage H geregelt sei, unzweifelhaft darunter falle, handle es sich bei der Betriebslenkungszulage um eine ruhegenussfähige Zulage im Sinne des § 3 Abs. 2 BO 1994. Die vom Mitbeteiligten beantragte Sonderzahlung gebühre gemäß § 3 Abs. 3 BO 1994 für den Monatsbezug und somit auch für die ruhegenussfähigen Zulagen.
5 Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde, deren Anfechtungsumfang sich auf die Abänderung des Spruchpunkts II. des Bescheides des Magistrat der Stadt Wien vom , Zl. P 25649, beschränkt. Zur Begründung ihrer Zulässigkeit macht die Revision geltend, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage abgewichen, ob Nebengebühren als Teil des Monatsbezugs gemäß § 3 Abs. 2 BO 1994 zu qualifizieren seien (Hinweis auf ).
Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
8 § 3 Besoldungsordnung 1994, LGBl. Nr. 55 (BO 1994), lautet in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 34/1999 auszugsweise:
"Bezüge
§ 3. (1) Dem Beamten gebühren Monatsbezüge.
(2) Der Monatsbezug besteht aus dem Gehalt, den ruhegenußfähigen Zulagen, der Kinderzulage und der Teuerungszulage.
(3) Neben den Monatsbezügen gebührt dem Beamten für jedes Kalenderhalbjahr eine Sonderzahlung in der Höhe des Monatsbezuges, auf den er für den Monat der Fälligkeit der Sonderzahlung Anspruch hat. ..."
9 § 7 Abs. 1 BO 1994 lautet in der hier maßgeblichen Fassung
LGBl. Nr. 44/2004 auszugsweise:
"Pensionsbeitrag
§ 7. (1) Der Beamte hat einen monatlichen Pensionsbeitrag zu entrichten. Der monatliche Pensionsbeitrag beträgt für den Beamten, der vor dem geboren worden ist und für den § 73 Abs. 2 der Pensionsordnung 1995 gilt, 12,55 % der Bemessungsgrundlage, sonst 11,05 % der Bemessungsgrundlage.
Diese besteht aus
dem Gehalt und
den ruhegenußfähigen Zulagen,
die der besoldungsrechtlichen Stellung des Beamten entsprechen.
(...)"
10 § 33 BO 1994 lautet in der für den im verfahrenseinleitenden Antrag genannten Zeitraum maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 20/2009:
"3. Abschnitt
Nebengebühren
§ 33. (1) Neben den Monatsbezügen (§ 3) und den Naturalbezügen (§ 12) können dem Beamten Nebengebühren und einmalige Belohnungen (§ 39) gewährt werden.
(2) Nebengebühren sind:
1. Gebühren aus Anlaß von Dienstverrichtungen außerhalb der
Dienststelle, Dienstzuteilungen und Versetzungen (§ 34);
2. Entschädigungen für einen sonstigen in Ausübung des
Dienstes erwachsenden Mehraufwand (Aufwandentschädigung) (§ 35);
Mehrdienstleistungsvergütungen (§ 36);
Sonderzulagen (§ 37);
Leistungszulagen (§ 37a).
(3) Die Nebengebühren und die einmaligen Belohnungen gemäß § 39 Abs. 2 werden vom Stadtsenat auf Antrag der gemeinderätlichen Personalkommission festgesetzt."
11 § 3 und 4 Abs. 1 Z 1 der Pensionsordnung 1995, LGBl. Nr. 67/1995, lauten in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 44/2004 samt Überschrift:
"Ruhebezug
Anspruch auf Ruhegenuß
§ 3. (1) Dem Beamten des Ruhestandes gebührt ein monatlicher Ruhegenuß, wenn seine ruhegenußfähige Gesamtdienstzeit mindestens 15 Jahre beträgt.
(2) Der Ruhegenuß, der Kinderzurechnungsbetrag und die nach diesem Gesetz und dem Ruhe- und Versorgungsgenußzulagegesetz 1995 gebührenden Zulagen bilden zusammen den Ruhebezug des Beamten.
...
Ruhegenußberechnungsgrundlage
§ 4. (1) Die Ruhegenussberechungsgrundlage ist wie folgt zu ermitteln:
1. Für jeden nach dem liegenden Kalendermonat der ruhegenussfähigen Dienstzeit zur Stadt Wien, für den ein Pensionsbeitrag geleistet wurde (Beitragsmonat), ist die Bemessungsgrundlage für den Pensionsbeitrag (Beitragsgrundlage) nach § 7 der Besoldungsordnung 1994 - BO 1994, LGBl. Für Wien Nr. 55, zu ermitteln. Sonderzahlungen bleiben dabei außer Betracht."
12 Das Gesetz über die Ruhe- und Versorgungsgenusszulage der Beamten der Bundeshauptstadt Wien, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen (Ruhe- und Versorgungsgenusszulagegesetz 1995 - RVZG 1995) lautet - soweit hier relevante Teile wiedergegeben werden, sind diese in der Stammfassung LGBl. Nr. 72/1995 maßgeblich
- auszugsweise:
"1. ABSCHNITT
Anwendungsbereich
§ 1. (1) Dieses Gesetz regelt die Ansprüche auf die Ruhe- und Versorgungsgenusszulage der Beamten der Bundeshauptstadt Wien, ihrer Hinterbliebenen und Angehörigen.
...
Für die Ruhegenusszulage anrechenbare Nebengebühren
§ 2. (1) Eine Nebengebühr ist für die Ruhegenusszulage durch
Verordnung des Stadtsenates anrechenbar zu erklären, wenn
1. es sich bei dieser Nebengebühr vergleichsweise um Entgelt
im Sinn des § 49 Abs. 1 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, im Zusammenhalt
mit § 49 Abs. 3 ASVG handelt, und
2. die Tätigkeit, für die die Nebengebühr gewährt wird, in
unmittelbarem Zusammenhang mit der dienstlichen Verwendung des Beamten steht.
..."
13 Die auf § 33 Abs. 3 BO 1994 gestützte Verordnung über die Nebengebühren (einschließlich der Betriebslenkungszulage) war ab dem durch Beschluss des Stadtsenates vom , Pr.Z. 00995-2012/001-GIF, mit dem die Nebengebühren der Bediensteten der Gemeinde Wien für das Jahr 2012 festgesetzt werden, geregelt (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 19 vom , S. 12), die in weiterer Folge mehrmals geändert wurde (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 25 vom , S. 5, Nr. 50 vom , S. 9, Nr. 12 vom , S. 16-19, Nr. 27 vom , S. 10-12, Nr. 40 vom , S. 7, Nr. 51 vom , S. 7-9, Nr. 10 vom , S. 9). Für die Zeit ab dem war eine neue, als Nebengebührenkatalog 2014 bezeichnete Fassung dieser Verordnung maßgeblich (Beschluss des Stadtsenates vom , Pr.Z. 01519-2014/0001-GIF, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 25 vom , S. 11-15).
14 Abschnitt II der zitierten Verordnung lautete in der Fassung des Beschlusses des Stadtsenates vom (Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 19 vom , S. 12):
"Die in den Beilagen A, C und E bis K angeführten Nebengebühren werden gemäß § 2 Abs. 1 des Ruhe- und Versorgungsgenusszulagegesetzes 1995, LGBl. für Wien Nr. 72, soweit sie nicht als Fehlgeldentschädigung bis 14,53 Euro monatlich, Schmutzzulage, Aufwandentschädigung, Tagesgeld oder Auslagenersatz gewährt werden, für die Ruhegenusszulage anrechenbar erklärt."
15 Mit Ausnahme der Änderung der Überschrift in "Artikel II" blieb der Wortlaut dieser Bestimmung in der nachfolgend geltenden Verordnung (Nebengebührenkatalog 2014, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 25 vom , S. 11 ff) gleichlautend.
16 Die vom Mitbeteiligten bezogene Betriebslenkungszulage ist in der Beilage H zum Nebengebührenkatalog festgelegt. 17 Die Revision nimmt in ihren Revisionsgründen auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 92/12/0250 (= VwSlg. 14.358 A/1995), Bezug, worauf sie weiters auch in der Zulässigkeitsbegründung verweist, und macht zu Recht geltend, dass § 33 Abs. 1 BO 1994 (ebenso wie die dem zitierten Erkenntnis zugrundeliegende Bestimmung) die Monatsbezüge und die Nebengebühren nebeneinander anführt, was überflüssig wäre, wenn die Nebengebühren ein Teil der Bezüge wären.
18 Die Betriebslenkungszulage hat daher - wie § 33 Abs. 1 BO 1994 erkennen lässt - nicht die Eigenschaft als "Monatsbezug" im Sinn von § 3 Abs. 1 und 2 BO 1994 und kann sich als solche auch nicht auf die Berechnung der Höhe der Sonderzahlungen gemäß § 3 Abs. 2 und 3 BO 1994 auswirken.
19 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts kommt auch eine Qualifikation der Betriebslenkungszulage als
"ruhegenussfähige Zulage" im Sinn des § 3 Abs. 2 BO 1994 nicht in Betracht. Soweit das Verwaltungsgericht dieses Ergebnis aus dem Nebengebührenkatalog in Verbindung mit § 2 Abs. 1 RVZG 1995 abzuleiten versucht, übersieht es, dass die genannte gesetzliche Grundlage nicht dazu ermächtigt, Zulagen zu ruhegenussfähigen Zulagen zu erklären, sondern die Möglichkeit der Erklärung von
Zulagen als "für die Ruhegenusszulage ... anrechenbar" vorsieht.
Der Nebengebührenkatalog machte von dieser Möglichkeit Gebrauch, indem bestimmte in seinen Beilagen genannte Nebengebühren als "für die Ruhegenusszulage anrechenbar" erklärt (nicht aber - wie im angefochtenen Erkenntnis behauptet - "als ruhegenussfähige Zulagen gekennzeichnet") wurden. Eine Grundlage dafür, die Betriebslenkungszulage als ruhegenussfähige Zulage - also als eine besoldungsrechtliche Zulage, die sich auf die Berechnung des Ruhegenusses und nicht auf jene der Ruhegenusszulage auswirkt - zu qualifizieren, ist auch sonst nicht ersichtlich.
20 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen
Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG
aufzuheben.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120030.L00 |
Schlagworte: | Besondere Rechtsgebiete |
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Fundstelle(n):
TAAAE-82828