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VwGH vom 09.03.2020, Ra 2019/12/0025

VwGH vom 09.03.2020, Ra 2019/12/0025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer, Hofrat Mag. Feiel, Hofrätin MMag. Ginthör und Hofrat Mag. Cede als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des E R in A an der Z, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W244 2201373-1/2E, betreffend Zurückweisung eines Antrags auf bescheidmäßige Feststellung der Wertigkeit eines Arbeitsplatzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war bis zum das Landeskriminalamt Wien. Mit wurde an dieser Dienststelle des Revisionswerbers eine temporäre Ermittlungseinheit eingerichtet, mit deren Leitung der Revisionswerber beauftragt wurde. Am stellte der Revisionswerber einen Antrag auf Zuerkennung einer Ergänzungszulage bzw. einer Funktionsabgeltung nach dem Gehaltsgesetz 1956, BGBl. Nr. 54 (GehG).

2 Mit Bescheid der Landespolizeidirektion (LPD) Wien vom wurde dieses Verfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt. Aus der Begründung dieses Bescheids geht hervor, dass die Aussetzung bis zur Entscheidung des Bundeskanzlers in einem Verfahren gemäß § 143 BDG 1979 über die Bewertung des Arbeitsplatzes der temporär eingerichteten Ermittlungseinheit im Landeskriminalamt intendiert war.

3 Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

4 Mit Schreiben vom ersuchte der Revisionswerber, "die Angelegenheit einer vordringlichen Behandlung zuzuführen" beziehungsweise ihm mitzuteilen, welche Hinderungsgründe einer solchen "vordringlichen Behandlung" entgegenstünden. Aus "rechtlicher Vorsicht" wurde weiters der ausdrückliche Antrag gestellt, den Arbeitsplatz einer Prüfung zu unterziehen und "die Wertigkeit des Arbeitsplatzes bescheidmäßig festzustellen".

5 Mit Bescheid der LPD Wien vom wurde "der Antrag vom ", mit dem der Revisionswerber "die bescheidmäßige Feststellung der Wertigkeit (seines) Arbeitsplatzes ('temporär eingerichtete Ermittlungseinheit' im LKA)" begehrte, gemäß § 8 und 73 AVG zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, das Antragsbegehren könne nur als "Fortführungsantrag des bereits anhängigen Verfahrens" verstanden werden, weil dieses Verfahren und der dazu ergangene Aussetzungsbescheid dem Revisionswerber bekannt seien. Es erwachse einer Partei aus dem Aussetzungsbescheid kein Recht auf Fortführung des Verfahrens; dieses werde vielmehr gehemmt, bis die Entscheidung über die Vorfrage ergangen sei. Dies sei jedoch nicht der Fall. 6 Die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr mit Revision bekämpften Erkenntnis als unbegründet ab. Das BVwG führte zur Begründung aus, dass eine Behörde, die das Verfahren gemäß § 38 AVG ausgesetzt habe, nicht gegen die Bestimmungen über die Entscheidungspflicht verstoße, solange die Aussetzung berechtigt andauere. Im vorliegenden Fall sei Grund für die Aussetzung das Arbeitsplatzbewertungsverfahren gewesen. Dieser Aussetzungsgrund sei noch nicht weggefallen. Soweit gerügt werde, dass keine Gründe für eine Aussetzung vorlägen, sei auszuführen, dass der Aussetzungsbescheid in Rechtskraft erwachsen sei. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Aussetzung stelle keine Frage im Verfahren über den Fortsetzungsantrag dar, sodass dieser zurückzuweisen gewesen sei. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt. 7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, dass es sich bei dem Schreiben vom um zwei unterschiedliche Anträge gehandelt habe, woran auch die Tatsache nichts ändere, dass die Bewertung des Arbeitsplatzes für die Frage der Gebührlichkeit einer Verwendungsabgeltung/Ergänzungszulage bzw. Funktionsabgeltung relevant sein möge. Der Revisionswerber habe den zu bewertenden Arbeitsplatz bis zu seiner Versetzung ans Bundeskriminalamt mit innegehabt, weshalb er ein Recht auf Sachentscheidung über den zulässigen Antrag habe. Unter Hinweis auf Rechtsprechung bringt der Revisionswerber weiters vor, die Entscheidung sei auch deshalb verfehlt, weil sich die Aussetzung nur so auswirken könne, dass es ihm unter Umständen verwehrt sein könne, von der Behörde vor Entscheidung der Vorfrage bzw. ohne entsprechende Änderung des Sachverhaltes eine Fortführung des Verfahrens zu verlangen. Es sei zwar richtig, dass der Aussetzungsbescheid nicht bekämpft worden sei; der Revisionswerber sei davon ausgegangen, dass ein Arbeitsplatzbewertungsverfahren eingeleitet und in angemessener Frist zum Abschluss gebracht werde. Über drei Jahre später sei ihm mitgeteilt worden, dass kein Antrag auf Bewertung eingegangen sei. Deshalb falle seine Zustimmung zur Aussetzung im Sinne der Nichtbekämpfung des Aussetzungsbescheides weg, worin er eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes erblicke. Überdies seien die Voraussetzungen für eine Aussetzung des Verfahrens mehrfach nicht erfüllt gewesen; vielmehr müsse seine Dienstbehörde selbst über die Vorfrage entscheiden; der (damals) zuständige Bundeskanzler habe nur eine Primärbewertungs- und Mitwirkungskompetenz gehabt. Der Bescheid sei daher nie wirksam geworden bzw. habe seine Wirksamkeit verloren.

8 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragt. Sie hält dem Revisionsvorbringen u.a. entgegen, dass bereits der "Erstantrag" des Revisionswerbers (vom ) "die Feststellung der Bewertung des Arbeitsplatzes" beinhaltet habe, was die "Voraussetzung der Feststellung der Höhe der gebührenden Zulagen" darstelle.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Die Revision beruft sich zu ihrer Zulässigkeit auf die Unanwendbarkeit der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Behandlung von Fortsetzungsanträgen sowie den Umstand, dass mit dem Schreiben vom zwei Anträge gestellt wurden und dass über den Antrag auf Arbeitsplatzbewertung inhaltlich zu entscheiden gewesen wäre. Die Revision ist zulässig und berechtigt.

11 Sowohl die Revisionsbeantwortung als auch der Bescheid vom beruhen auf der Auffassung, dass der Antrag vom insgesamt bloß als Antrag auf Fortsetzung eines bereits anhängigen Verfahrens zu deuten und daher zurückzuweisen gewesen sei.

12 Auch das Verwaltungsgericht schloss sich dieser Auffassung an. In seiner Schilderung des Verfahrensgangs gibt es den Inhalt des Antrags vom dahingehend (zutreffend) wieder, dass der Revisionswerber die bescheidmäßige Erledigung seines Antrags urgiert und darüber hinaus beantragt habe, die Wertigkeit des Arbeitsplatzes bescheidmäßig festzustellen. Zwar führt das Verwaltungsgericht in seinen Feststellungen aus, dass mit dem Bescheid vom der Antrag des Revisionswerbers auf Fortsetzung des ausgesetzten Verfahrens gemäß § 8 und 73 AVG zurückgewiesen worden sei. Eine Deutung in dem Sinn, dass das Verwaltungsgericht davon ausgegangen wäre, dass nur der Fortsetzungsantrag zurückgewiesen worden, der Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit hingegen noch unerledigt sei, kann dem verwaltungsgerichtlichen Erkenntnis aber nicht unterstellt werden, zumal dies mit dem Wortlaut des Spruchs des Bescheides vom in Widerspruch stünde. Die Abweisung der Beschwerde ist jedenfalls dahingehend zu verstehen, dass das Verwaltungsgericht den Spruch des angefochtenen Bescheides übernimmt (). Damit hat das Verwaltungsgericht die mit dem Bescheid vom ausgesprochene Zurückweisung des Antrags des Revisionswerbers "vom " auf "bescheidmäßige Feststellung der Wertigkeit (seines) Arbeitsplatzes" bestätigt.

13 Sowohl der beim Verwaltungsgericht angefochtene Bescheid als auch das verwaltungsgerichtliche Erkenntnis begründen die Zurückweisung des Antrags damit, dass das Gesetz einen gesonderten Antrag auf Fortsetzung des Verwaltungsverfahrens nicht kenne und das als Fortsetzungsantrag zu deutende Begehren daher zurückzuweisen sei.

14 Es trifft zwar zu, dass ein gesondertes Antragsrecht auf Fortsetzung eines anhängigen Verwaltungsverfahrens nicht besteht und - angesichts der Möglichkeit der Säumnisbeschwerde - auch aus Rechtsschutzgründen nicht geboten ist (vgl. ; , Ro 2016/13/0023;

, Ra 2018/19/0303), sodass weitere - wiederholte - Anträge im Rahmen eines bereits anhängigen Verfahrens keine gesonderte Entscheidungspflicht der Behörde auslösen (vgl. ; , 2000/06/0201; , 2001/05/0920; , 2011/01/0026).

15 Dies gilt jedoch nur für den Fall, dass bereits ein die Entscheidungspflicht auslösender Antrag gestellt wurde. 16 Im vorliegenden Fall lag ein auf die bescheidmäßige Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit gerichteter Antrag des Revisionswerbers erst in Form des Anbringens vom vor.

17 Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung handelte es sich bei diesem Antrag somit nicht ausschließlich um ein Begehren auf Fortsetzung eines bereits auf Antrag eingeleiteten Verfahrens. Das ursprünglich verfahrenseinleitende Anbringen des Revisionswerbers (vom ) enthielt nur einen Antrag auf Zuerkennung einer Ergänzungszulage bzw. einer Funktionsabgeltung nach dem GehG, nicht aber auch einen Antrag auf Feststellung der Bewertung seines Arbeitsplatzes. Auch wenn - wie die Revisionsbeantwortung behauptet - die Bewertung des Arbeitsplatzes eine Voraussetzung (Vorfrage) für die Entscheidung über die beantragten besoldungsrechtlichen Leistungen bilden mag, lässt sich daraus nicht die Schlussfolgerung ziehen, dass mit dem Antrag auf Zuerkennung (Bemessung) dieser Geldleistungen gleichzeitig ein Antrag auf bescheidmäßige Feststellung der Arbeitsplatzbewertung gestellt würde.

18 Die mit Bescheid der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom verfügte Aussetzung bewirkte zudem nur die Suspendierung des auf Antrag geführten Verfahrens über besoldungsrechtliche Ansprüche, nicht aber eines zu diesem Zeitpunkt gar nicht anhängigen Verfahrens über einen Antrag auf bescheidförmige Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit. Letzteres ist wiederum vom (verwaltungsinternen) Verfahren zur Arbeitsplatzbewertung durch das in § 143 Abs. 1 BDG 1979 genannte Organ zu unterscheiden, welches offenbar Anlass für den Aussetzungsbescheid vom war.

19 Indem das Verwaltungsgericht den bei ihm angefochtenen Bescheid betreffend die Zurückweisung des Antrags auf bescheidförmige Feststellung der Arbeitsplatzwertigkeit begründungslos bestätigte, belastete es sein Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit des Inhalts.

20 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019120025.L00
Schlagworte:
Allgemein Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Änderung von Anträgen und Ansuchen im Berufungsverfahren Diverses Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens Allgemein Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Inhalt des Spruches Allgemein Angewendete Gesetzesbestimmung Parteistellung Parteienantrag

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