VwGH vom 24.06.2010, 2008/21/0214
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2008/21/0215
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerden 1. des NK, und
2. der AK, beide vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom , 1.) Zl. 317.561/2-III/4/07 (hg. Zl. 2008/21/0214) und 2.) Zl. 317.561/3-III/4/07 (hg. Zl. 2008/21/0215), betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am beantragten der Erstbeschwerdeführer und seine Ehefrau, die Zweitbeschwerdeführerin, jeweils Staatsangehörige von Bosnien und Herzegowina, im Weg der österreichischen Botschaft Sarajewo die Erteilung je einer "Niederlassungsbewilligung ausgenommen Erwerbstätigkeit" gemäß § 42 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG). Sie beabsichtigten, in Österreich bei ihren Eltern (Erstbeschwerdeführer) bzw. Schwiegereltern (Zweitbeschwerdeführerin) in E zu wohnen.
Mit (im Wesentlichen gleichlautenden) Bescheiden vom wies der Landeshauptmann von Niederösterreich diese Anträge gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG ab.
Begründend führte er aus, der Erstbeschwerdeführer habe sich auf eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z. 15 NAG) seines Vaters, die Zweitbeschwerdeführerin auf eine Haftungserklärung ihrer Schwiegermutter zum Nachweis der Deckung des jeweiligen Lebensunterhaltes bezogen. Derartige Haftungserklärungen könnten allerdings gemäß § 11 Abs. 6 NAG nur dann zum Nachweis des Lebensunterhaltes herangezogen werden, wenn dies für den beantragten Aufenthaltszweck ausdrücklich zugelassen sei. Beim begehrten Aufenthaltstitel (einer Niederlassungsbewilligung ausgenommen Erwerbstätigkeit) sei dies aber gerade nicht vorgesehen.
Gemäß § 42 Abs. 1 Z. 3 NAG könne Drittstaatsangehörigen eine Niederlassungsbewilligung "ausgenommen Erwerbstätigkeit" erteilt werden, wenn deren feste und regelmäßige monatliche Einkünfte der Höhe nach dem Zweifachen der Richtsätze des § 293 ASVG entsprächen. Dieser Richtsatz betrage für Ehepaare gemäß § 293 ASVG monatlich EUR 1.091,14. Als Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel kämen etwa in- oder ausländische Renten, im Ausland erwirtschaftete Unternehmergewinne, Erträge aus Vermögen, Spareinlagen oder Unternehmensbeteiligungen in Betracht.
Betraglich müsste ein Ehepaar somit monatlich über zumindest EUR 2.182,28 verfügen. Die Beschwerdeführer hätten in diesem Zusammenhang vier Sparbücher mit einem Guthabensstand von insgesamt EUR 24.000,-- vorgelegt, woraus der Unterhalt lediglich für einen Zeitraum von elf Monaten abgedeckt wäre. Darüber hinaus hätten die Beschwerdeführer nicht dargetan, dass es sich bei dem genannten (von den Eltern des Erstbeschwerdeführers bzw. den Schwiegereltern der Zweitbeschwerdeführerin "zur Verfügung gestellten") Guthaben tatsächlich um eigene Mittel handle, die für den Unterhalt herangezogen werden könnten. Es sei somit davon auszugehen, dass ihnen eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften nicht möglich sein werde; ein Aufenthaltstitel dürfe daher gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG nicht erteilt werden.
Eine Interessenabwägung - so argumentierte die Erstbehörde weiter - führe zu keinem anderen Ergebnis. Der Erstbeschwerdeführer habe sich von 1992 bis 2002 in Österreich aufgehalten, wobei familiäre Bindungen (zu den Eltern) bestanden hätten. Dieser Aufenthalt sei durch Verhängung eines (auf die Begehung verschiedener Straftaten gestützten) Aufenthaltsverbotes beendet worden. Dessen Aufhebung beseitige lediglich ein Hindernis für die Erteilung eines Aufenthaltstitels, sei aber nicht weiter relevant, weil der Grund der Abweisung des vorliegenden Antrages ein anderer sei als jene strafgerichtlichen Verurteilungen, die zur Verhängung des Aufenthaltsverbotes geführt hätten. Die Beschwerdeführer seien volljährig, miteinander verheiratet und lebten gemeinsam im Ausland. Der frühere langjährige Aufenthalt des Erstbeschwerdeführers in Österreich und die Bindung zu seinen in Österreich lebenden Eltern könnten nicht dazu führen, ein Ermessen zu seinen Gunsten zu üben.
Mit den beiden angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die dagegen erhobenen Berufungen der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
Begründend teilte sie - auf das im vorliegenden Zusammenhang Wesentliche reduziert - die Ansicht der Erstbehörde, dass die nachgewiesenen Sparguthaben zur Deckung des Unterhalts der Beschwerdeführer nicht ausreichten.
Über die dagegen erhobenen Beschwerden, die wegen des persönlichen und sachlichen Konnexes zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden wurden, hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
§ 42 Abs. 1 NAG (in der unverändert geltenden Stammfassung) lautet:
"Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit
§ 42. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine 'Niederlassungsbewilligung - ausgenommen Erwerbstätigkeit' erteilt werden, wenn
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1. | sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen; |
2. | ein Quotenplatz vorhanden ist und |
3. | deren feste und regelmäßige monatliche Einkünfte der Höhe nach dem Zweifachen der Richtsätze des § 293 ASVG entsprechen." |
Strittig ist nach dem Beschwerdevorbringen das Ausreichen der Höhe in diesem Sinn nachgewiesener Einkünfte. | |
Die Beschwerdeführer stützen sich dabei zunächst auf Haftungserklärungen der Eltern des Erstbeschwerdeführers (= | Schwiegereltern der Zweitbeschwerdeführerin). Damit sind sie jedoch auf § 11 Abs. 6 NAG zu verweisen, der festlegt, dass die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z. 2 bis 4 NAG mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z. 15 NAG) erbringen zu können, beim jeweiligen Aufenthaltszweck ausdrücklich angeführt sein muss. Für die von den Beschwerdeführern beantragte Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 42 NAG ist eine solche Zulässigkeit iSd § 11 Abs. 6 NAG nicht ausdrücklich normiert, sodass einer Bezugnahme auf die erwähnten Haftungserklärungen schon deshalb der Boden entzogen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0326). |
Grundsätzlich im Recht sind die Beschwerdeführer mit ihrer Argumentation, dass der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel iSd | § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG sowie der besonderen Erteilungsvoraussetzung des § 42 Abs. 1 Z. 3 NAG u.a. auch durch Spareinlagen in Betracht kommt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/22/0391, und vom , Zl. 2008/22/0659). |
Für die Prüfung des Ausreichens von Unterhaltsmitteln ist der Familienrichtsatz (§ | 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG) heranzuziehen, wenn - wie hier - ein Zusammenleben der Beschwerdeführer im gemeinsamen Haushalt geplant ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0711). Da die angefochtenen Bescheide erst im Februar 2008 zugestellt wurden, ist als Richtsatz (§ 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG idF der Novelle BGBl. I Nr. 101/2007) ein Betrag von EUR 1.120,-- monatlich heranzuziehen. |
Die beantragten Aufenthaltstitel wären gemäß § | 20 Abs. 1 NAG für die Dauer von zwölf Monaten auszustellen. Das Zweifache des genannten Richtsatzes (§ 42 Abs. 1 Z. 3 NAG) von EUR 2.240,-- hochgerechnet auf ein Jahr ergibt daher einen Gesamtbedarf von EUR 26.880,--, der auch durch die oben erwähnten Sparguthaben nicht abgedeckt ist. |
Soweit die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang Ermittlungsmängel ins Treffen führen, wird keine Relevanz für den Ausgang des Verfahrens aufgezeigt. Im Übrigen sind sie auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein Fremder initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen hat, dass der Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthalts gesichert erscheint. Insoweit besteht auch die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen (vgl. | neuerlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0391, mwN). |
Die Beschwerden erweisen sich somit als unbegründet, sodass sie gemäß § | 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen waren. |
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ | 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. |
Wien, am |
Fundstelle(n):
KAAAE-82818