VwGH vom 27.05.2019, Ra 2019/12/0017
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision des W S in G, vertreten durch Dr. Richard Benda, Dr. Christoph Benda und Mag. Stefan Benda, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Pestalozzistraße 3, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W221 2175584-1/26E, betreffend Ansprüche nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Personalamt Graz der Österreichischen Post Aktiengesellschaft), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde vom wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Zuspruch eines immateriellen Schadenersatzes von EUR 1.000,-- infolge Diskriminierung aufgrund der Behinderung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 6, § 7g Abs. 4 und § 7l Abs. 1 bis 3 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG), BGBl. Nr. 22/1970, - nach erfolgloser Durchführung eines Schlichtungsverfahrens - abgewiesen.
2 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.
3 Nach den in diesem Erkenntnis getroffenen Feststellungen steht der Revisionswerber seit in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Seit dem Jahr 2009 wurde er mit seiner Zustimmung im Projekt "Scanpoint" beschäftigt. 4 Der Revisionswerber weist infolge degenerativer Wirbelsäulenerkrankung mit Bewegungseinschränkung, eines Bandscheibenvorfalls an der Lendenwirbelsäule, beiderseitiger Gonarthrose im mäßigen Ausmaß mit leichter Bewegungseinschränkung sowie Arthrosen an beiden Schultergelenken im leichten Ausmaß mit mäßiger Bewegungseinschränkung rechts einen festgestellten Grad der Behinderung von 40 % auf. Sein Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten wurde mit Bescheid des Bundessozialamtes vom abgewiesen. Im Hinblick auf seinen Antrag war über den Revisionswerber durch einen vom Bundessozialamt beauftragten Arzt am ein Gutachten erstellt worden. Der Bescheid und die Behinderung des Revisionswerbers waren der Dienstbehörde nicht bekannt. 5 Mit Dienstzuteilung vom wurde der Revisionswerber ab bis zur Wirksamkeit der beabsichtigten Versetzung auf einen seiner dienstrechtlichen Stellung entsprechenden Arbeitsplatz der Verwendungsgruppe PT 8, Code 0841, fachlicher Hilfsdienst/Logistik, zur Dienstleistung bei einem Verteilzentrum zugewiesen. Der Revisionswerber remonstrierte gegen diese als Weisung zu wertende Dienstzuteilung nicht und wies die Dienstbehörde nicht auf seine gesundheitlichen Einschränkungen hin. Der Grund für die Dienstzuteilung lag in der schlechten Auslastung des Projekts "Scanpoint", das im Jahr 2009 mit acht Mitarbeitern gestartet war und 2010 neun Mitarbeiter hatte, deren Auslastung sieben Stunden pro Tag betrug. Bis inklusive März 2016 waren dort acht Mitarbeiter mit einer Auslastung von jedenfalls weniger als sieben Stunden pro Tag beschäftigt. Der Mitarbeiterstand wurde kontinuierlich reduziert, sodass im Jahr 2017 nur mehr zwei Mitarbeiter bei einer Auslastung von 2,5 Stunden pro Tag für das Projekt "Scanpoint" tätig waren (Einstufung PT 2 und PT 4). Wegen der schlechten Auslastung sollte das Projekt aufgelöst werden, was mittlerweile geschehen ist. Der Revisionswerber wurde für die Dienstzuteilung ausgewählt, weil er einer von zwei PT 8-Beamten war, die für die freie Dienststelle (ebenfalls PT 8) in Betracht kamen. Der andere in Betracht kommende PT 8-Beamte hatte genau zur Zeit der Dienstzuteilung ein Projekt bei einer externen Firma angenommen und stand nicht zur Verfügung. Er ist mittlerweile auch dienstzugeteilt. Die anderen Bediensteten beim Projekt "Scanpoint" waren entweder Angestellte oder hatten als Beamte eine andere Einstufung (PT 2, PT 3 oder PT 4).
6 Der Revisionswerber trat am seinen Dienst im Verteilzentrum an. Er meldete sich im Gruppenleiterbüro, bekam eine Sicherheitseinschulung und eine Erklärung zur Diensteinteilung. Er wies keinen Vorgesetzten auf eine körperliche Einschränkung hin. Er begann dann mit der Arbeit an der Wechselbrücke, bei der Pakete bis zu maximal 31,5 Kilogramm zu heben und zu schlichten sind. Nach insgesamt ca. 50 Minuten beendete er seinen Dienst, weil er ein schweres Paket gehoben hatte und Schmerzen bekam.
7 Am suchte der Revisionswerber aufgrund dieser Beschwerden im Bereich der Lendenwirbelsäule und der teilweisen Parästhesien in beiden Beinen das Unfallkrankenhaus auf. Er befand sich vom 29. März bis im Krankenstand. Die erste von ihm vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsmeldung mit einem voraussichtlichen Ende enthielt keine Diagnose. Mit Weisung vom wurde die Dienstzuteilung vom für die Dauer des Krankenstands aufgehoben. Vom bis konsumierte der Revisionswerber Erholungsurlaub. Mit Dienstzuteilung vom wurde er nach Ende seines Erholungsurlaubs ab diesem Verteilzentrum wieder zum Dienst zugewiesen. Am langte nach Abfertigung der Dienstzuteilung an den Revisionswerber ein von der Dienstbehörde am aufgrund des Krankenstands des Revisionswerbers in Auftrag gegebenes fachärztliches orthopädisches Gutachten ein, aus dem hervorgeht, dass ihm die im Anforderungsprofil Code 0841 angegebenen Tätigkeiten nur eingeschränkt möglich sind, weil er Arbeiten mit mittelschwerem Charakter mit entsprechenden Hebe- und Tragebelastungen nur bis zur Hälfte des Arbeitstags ausüben kann und Arbeiten schweren Charakters bis zu einem Drittel des Arbeitstags. Am meldete sich der Revisionswerber neuerlich krank und legte der Dienstbehörde eine Arbeitsunfähigkeitsmeldung mit der Diagnose "Angststörung, depressive Episode und Lumboischialgie" vor.
8 Rechtlich beurteilte das Verwaltungsgericht den Sachverhalt dahingehend, dass es der belangten Behörde gelungen sei, die Dienstzuteilung sachlich zu begründen. Darüber hinaus seien der Dienstbehörde die Behinderung des Revisionswerbers und seine Einschränkungen nicht bekannt gewesen. Es habe deshalb auch keinen offensichtlichen Grund gegeben, seine Eignung vor der Dienstzuteilung zu überprüfen. Der Revisionswerber habe die Behörde nicht auf seine Bedenken gegen die Dienstzuteilung hingewiesen und auch nicht gegen die als Weisung zu wertende Dienstzuteilung remonstriert. Die Dienstzuteilung sei daher nicht aufgrund eines verpönten Motivs (Behinderung des Revisionswerbers) erfolgt.
9 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht fallunspezifisch mit dem Fehlen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.
10 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
11 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nicht einheitlich beantwortet wird. 12 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu prüfen. 13 Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit seiner Revision zunächst vor, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu Schadenersatzansprüchen eines Beamten infolge Diskriminierung aufgrund einer Behinderung bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 7b Abs. 1 Z 6 BEinstG infolge rechtswidriger Dienstzuteilung.
14 Mit diesem allgemein gehaltenen Vorbringen und dem bloßen Verweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu einer näher bezeichneten Verwaltungsvorschrift wird nicht dargelegt, dass eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Rahmen der Entscheidung über die Revision zu lösen wäre (vgl. etwa , mwN). Inwiefern von den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 7b Abs. 1 BEinstG entwickelten Grundsätzen (siehe ; , 2013/12/0154, ua) im angefochtenen Erkenntnis abgewichen worden, diese Rechtsprechung nicht einschlägig oder ergänzungsbedürftig wäre, zeigt das Zulässigkeitsvorbringen nicht auf.
15 Das vom Revisionswerber für ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach es Aufgabe der Dienstbehörde sei, die Dienstfähigkeit eines Beamten zu prüfen, zitierte Erkenntnis () ist nicht einschlägig, wurde in jenem doch der Entfall von Bezügen infolge ungerechtfertigter Abwesenheit vom Dienst behandelt. Im vorliegenden Fall bekämpft der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auch nicht die maßgebliche Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach der Dienstbehörde die Behinderung des Revisionswerbers nicht bekannt war. 16 Ebenso wenig wird schon mangels vergleichbarem Sachverhalt ein Abweichen von der Rechtsprechung mit dem Hinweis auf die Erkenntnisse , und , Ra 2017/12/0007, dargelegt. Das zuletzt genannte Erkenntnis behandelte eine Dienstzuteilung zu Ausbildungszwecken und damit in Zusammenhang stehende fehlende Ermittlungen zu den während der Dienstzuteilung beabsichtigten und tatsächlich durchgeführten Ausbildungsformen. Das erstgenannte, eine Versetzung betreffende Erkenntnis, behob die angefochtene Entscheidung wegen fehlender Auseinandersetzung mit Einwendungen des Revisionswerbers. Diesen Erkenntnissen ist jedoch gemein, dass die Revisionswerber bereits in den Verwaltungsverfahren bzw. in ihren Beschwerden Einwendungen gegen die dienstbehördlichen Maßnahmen mit Hinweis auf gesundheitliche Auswirkungen erhoben hatten. Dass der Revisionswerber ein solches gesundheitsbezogenes Vorbringen gegenüber der Dienstbehörde erstattet hätte, verneinte das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall jedoch ausdrücklich. 17 Auch aus dem des Weiteren herangezogenen Erkenntnis - eine Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes betreffend - ist ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs durch das Bundesverwaltungsgericht im vorliegenden Fall nicht abzuleiten. So wurde dort dem Arbeitgeber vorgeworfen, unter Bedachtnahme auf die körperlichen und psychischen Bedürfnisse zweier als behindert bekannter Arbeitnehmerinnen keine Maßnahmen ermittelt, beurteilt oder dokumentiert zu haben. Wie ausgeführt ging das Verwaltungsgericht hier jedoch unbestritten davon aus, dass die Behinderung des Revisionswerbers der Dienstbehörde nicht bekannt war. Diese holte im Hinblick auf den Krankenstand des Revisionswerbers zudem ohnedies ein ärztliches Gutachten über dessen Leistungsfähigkeit ein. Dass sich das Einlangen des Gutachtens bei der Dienstbehörde mit der neuerlichen Dienstzuteilung des Revisionswerbers am überschnitt, wird vom Revisionswerber nicht bekämpft.
18 Ein Abweichen von der Rechtsprechung im Hinblick auf ; , 2007/12/0072; , 2012/12/0036, liegt ebenfalls nicht vor. Diese Verfahren betrafen jeweils amtswegige Versetzungen in den Ruhestand nach § 14 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979. Sofern der Revisionswerber in diesem Zusammenhang die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts bekämpft, zeigt er eine grundsätzliche Rechtsfrage nicht auf. So liegt vor dem Hintergrund des Umfangs der Prüfbefugnis des Verwaltungsgerichtshofs in Bezug auf die Beweiswürdigung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (vgl. ). Dies wird hier nicht dargelegt.
19 Wenn der Revisionswerber schließlich einen Verfahrensmangel in der Nichtgewährung von Akteneinsicht durch die belangte Behörde erblickt, zeigt er dessen Relevanz nicht auf. Abgesehen davon, dass dem Revisionswerber unbestrittenermaßen vom Bundesverwaltungsgericht Akteneinsicht gewährt wurde zeigt er nicht auf, welches (weitere) Vorbringen er im Fall einer früheren Akteneinsicht erstattet hätte und inwiefern dies zu einem für ihn positiveren Verfahrensausgang geführt hätte.
20 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019120017.L00 |
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