VwGH vom 24.04.2013, 2011/01/0269

VwGH vom 24.04.2013, 2011/01/0269

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des S in G, vertreten durch Schmid Horn Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Kalchberggasse 6-8, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA7C-2.0-M1.23-988/2011-27, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines kosovarischen Staatsangehörigen, vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft "gemäß § 10 Abs. 1 Z 7 in Verbindung mit § 10 Abs. 5" Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab.

Begründend wurde - mit näheren Darlegungen - ausgeführt, dass der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers nicht im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 StbG gesichert und somit eine gesetzliche Verleihungsvoraussetzung nicht erfüllt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Im Beschwerdefall hatte die belangte Behörde § 10 StbG in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011 anzuwenden. § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG galt zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides weiterhin in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006, Abs. 5 leg. cit. in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009. Die Novellen BGBl. I Nr. 2/2008, BGBl. I Nr. 4/2008, BGBl. I Nr. 135/2009 und BGBl. I Nr. 38/2011 ließen die genannten Bestimmungen unberührt.

§ 10 Abs. 1 Z. 7 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311 idF BGBl. I Nr. 37/2006, und Abs. 5 leg. cit. idF BGBl. I Nr. 122/2009 lauten:

"Verleihung

§ 10. (1) Die Staatsbürgerschaft darf einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn

7. sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist und

(5) Der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z 7) ist dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt der letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, der letzten drei Jahre entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und durch Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen."

Mit Erkenntnis vom , G 106/12-7 und G 17/13-6, kundgemacht am in BGBl. I Nr. 54/2013, hat der Verfassungsgerichtshof § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006 sowie Abs. 5 leg. cit. in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009 als verfassungswidrig aufgehoben. Weiters hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt, frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten und die aufgehobenen Gesetzesbestimmungen auch in den am beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fällen nicht mehr anzuwenden sind.

Gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG sind alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden, wenn ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden ist. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht.

Auf Grund der vom Verfassungsgerichtshof ausgesprochenen Erstreckung der Anlassfallwirkung ist die Anwendung der Bestimmungen des § 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 StbG im vorliegenden Beschwerdefall ausgeschlossen. Der auf die aufgehobenen Bestimmungen gestützten Abweisung des Verleihungsansuchens mangelt es demnach an der gesetzlichen Grundlage, sodass sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig erweist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/01/1275, mwN).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am