VwGH vom 30.04.2019, Ra 2019/12/0013

VwGH vom 30.04.2019, Ra 2019/12/0013

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der K G in K, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , W213 2185544-1/4E, betreffend Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit gemäß § 50a BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Kärnten), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin steht als Gruppeninspektorin der LPD Kärnten in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Ihre Dienststelle ist die Verkehrsinspektion des Stadtpolizeikommandos V.

2 Mit Schreiben vom beantragte sie, ihre Wochendienstzeit für die Zeit vom bis gemäß § 50a Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) auf 97,5 % herabzusetzen.

3 Nach Übermittlung des systemisierten Personalstandes mit Schreiben vom im Rahmen des Parteiengehörs wurde dieser Antrag mit Bescheid der belangten Behörde vom abgewiesen. In der Begründung verwies die belangte Behörde u.a. auf den Personalstand im Jahr 2017 sowie die Arbeitsbelastung der vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter aufgrund der Auswertung der Monate Jänner 2017 bis einschließlich August 2017.

4 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) abgewiesen; die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.

Das BVwG stellte fest, dass die Verkehrsinspektion V mit Stichtag einen systemisierten Personalstand von 27 Exekutivbediensteten aufweise, dem ein tatsächlicher Stand von 23 Exekutivbediensteten gegenüberstehe. Eine Beamtin befinde sich in Mutterschaftskarenz, zwei weitere seien derzeit aus dienstlicher Notwendigkeit überörtlichen Dienststellen zugeteilt und ein Beamter befinde sich seit im Langzeitkrankenstand, weshalb die Verkehrsinspektion tatsächlich nur über einen dienstbaren Personalstand von 19 Exekutivbediensteten verfüge. Die Wochenstundenverpflichtung von drei Beamtinnen (darunter auch die Revisionswerberin) sei derzeit gemäß § 50a BDG 1979 herabgesetzt, sodass für eine uneingeschränkte Dienstverrichtung und -planung nur mehr 16 Exekutivbedienstete herangezogen werden könnten. Die Arbeitsbelastung aller vollzeitbeschäftigen Mitarbeiter der Verkehrsinspektion ergebe sich aus der Auswertung der Monate Jänner 2017 bis einschließlich August 2017. Weiters traf das BVwG Feststellungen zur Arbeitsbelastung vollzeitbeschäftigter Exekutivbediensteter im Bezirk V-Stadt sowie dazu, wie viele Arbeitsstunden in Form von Mehrdienstleistungen diese Bediensteten im Zeitraum Jänner 2017 bis einschließlich Dezember 2017 erbracht hätten.

Das BVwG erläuterte seine Beweiswürdigung, führte aus, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage unstrittig sei, weshalb von einer Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden könne und führte rechtlich aus, es stünden der begehrten Herabsetzung der Wochendienstzeit für den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren modifizierten Zeitraum vom bis wichtige dienstliche Interessen entgegen. Der in § 48b BDG festgelegte durchschnittliche Belastungshöchstwert von 48 Stunden werde überschritten.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, dieses wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

6 Zur Zulässigkeit bringt die Revisionswerberin u.a. vor, es müsse nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Der Bescheid der belangten Behörde stamme aus 2017 und befasse sich mit der damals herrschenden Situation an der Dienststelle; diese überholte Sachlage werde vom BVwG übernommen, obwohl es seine Entscheidung auf der Basis des aktualisierten Personalstandes 2018 hätte treffen müssen. Sie selbst habe keine Möglichkeit, die Angaben der Dienstbehörde einer Überprüfung zu unterziehen, dies habe sie sich vom BVwG erwartet.

Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 Die Revision ist aus den von der Revisionswerberin aufgezeigten Gründen zulässig. Sie ist auch berechtigt. 8 § 50a BDG 1979, BGBl. Nr. 333/1979, idF BGBl. I Nr. 71/2003, lautet:

"Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus beliebigem Anlaß

§ 50a. (1) Die regelmäßige Wochendienstzeit des Beamten kann auf seinen Antrag bis auf die Hälfte des für eine Vollbeschäftigung vorgesehenen Ausmaßes herabgesetzt werden, wenn der Verwendung im verlangten Ausmaß keine wichtigen dienstlichen Interessen entgegenstehen.

(2) Das Ausmaß der Herabsetzung ist so festzulegen, daß die verbleibende regelmäßige Wochendienstzeit ein ganzzahliges Stundenausmaß umfaßt. Das Ausmaß darf nicht weniger als 20 und nicht mehr als 39 Stunden betragen.

(3) Die Herabsetzung wird für die Dauer eines Jahres oder eines Vielfachen eines Jahres wirksam. Übersteigen die gesamten Zeiträume einer solchen Herabsetzung für einen Beamten insgesamt zehn Jahre, bleibt das zuletzt gewährte Ausmaß der Herabsetzung ab diesem Zeitpunkt bis zu seiner allfälligen Änderung gemäß § 50d Abs. 1 dauernd wirksam. Auf diese Obergrenze von zehn Jahren zählen auch Zeiten in früheren Dienstverhältnissen, in denen die Wochendienstzeit nach § 50a herabgesetzt war.

(4) Die regelmäßige Wochendienstzeit darf nicht herabgesetzt werden:

1. während einer Verwendung auf einem Arbeitsplatz an einer im Ausland gelegenen Dienststelle des Bundes;

2. während einer Entsendung nach § 1 des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, oder der unmittelbaren Vorbereitung einer solchen Entsendung;

3. in den übrigen Fällen, wenn der Beamte infolge der Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit aus wichtigen dienstlichen Gründen weder im Rahmen seines bisherigen Arbeitsplatzes noch auf einem anderen seiner dienstrechtlichen Stellung zumindest entsprechenden Arbeitsplatz verwendet werden könnte."

9 Zutreffend hat das BVwG die Revisionswerberin zur Modifizierung ihres Begehrens auf Herabsetzung ihrer regelmäßigen Wochendienstzeit pro futuro veranlasst (zur Unzulässigkeit einer rückwirkenden Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit vgl. etwa ).

10 Damit war im vorliegenden Fall der Antrag der Revisionswerberin auf Herabsetzung ihrer regelmäßigen Wochendienstzeit aus den von ihr angeführten Gründen (Pflegebedürftigkeit der Mutter) im Zeitraum 1. Jänner bis zu prüfen.

11 Weiters ist festzuhalten, dass das BVwG seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt ihrer Erlassung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten hat (vgl. näher ).

12 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat sich die Beurteilung der wichtigen dienstlichen Interessen im Sinn des § 50a BDG 1979 dabei auf rezente Grundlagen zu stützen (vgl. , mwN).

13 Das BVwG stellte dem Begehren auf Herabsetzung der regelmäßigen Wochendienstzeit ab Jänner 2019 wichtige dienstliche Interessen im Sinn des § 50a BDG 1979 allein auf der Grundlage der von der Dienstbehörde für das Jahr 2017 getroffenen Feststellungen über die Personal- und Auslastungssituation entgegen, ohne eine Begründung dafür zu geben, weshalb die für das Jahr 2017 maßgeblichen Annahmen unverändert auch für das Jahr 2019 (d.h. für die ab Jänner 2019 begehrte Herabsetzung) maßgeblich bleiben sollten.

14 Bei der diesbezüglichen Prognose für Folgezeiträume hat sich das BVwG jedoch auf rezente durchschnittliche Zahlen zu stützen, sodass bei der hier erfolgten Beschwerdeabweisung Ende 2018 nicht die diesbezüglichen Zahlen des Jahres 2017, sondern jene des Jahres 2018 festzustellen und darauf aufbauend die Prognose für den begehrten Herabsetzungszeitraum 2019 zu treffen gewesen wäre (vgl. ). 15 Da es das BVwG infolge einer unzutreffenden Rechtsansicht unterlassen hat, für das Verfahren notwendige Feststellungen zu treffen und erforderliche Ermittlungsschritte zu setzen, liegt ein sekundärer Verfahrensmangel vor, weshalb das angefochtene Erkenntnis aufgrund Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019120013.L00

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