VwGH vom 26.01.2012, 2008/21/0180

VwGH vom 26.01.2012, 2008/21/0180

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des S in V, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 316.429/3- III/4/07, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein kosovarischer Staatsangehöriger, reiste zufolge den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid erstmals am in Österreich ein und stellte einen Asylantrag, der am gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz 1997 rechtskräftig abgewiesen wurde. Ein weiterer Asylantrag vom wurde rechtskräftig wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. Ende März 2005 erfolgte die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Pristina.

Am reiste er neuerlich in Österreich ein und stellte einen weiteren Asylantrag. Das Verfahren über diesen Antrag wurde am gemäß § 30 Asylgesetz 1997 eingestellt, nachdem der Beschwerdeführer am freiwillig unter Inanspruchnahme von Rückkehrhilfe ausgereist war.

Am brachte der Beschwerdefrüher bei der Österreichischen Botschaft Skopje einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" ein, wobei er sich auf seine am geschlossene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin berief.

Diesen Antrag wies die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich in erster Instanz gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 und Abs. 2 Z 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte sie zum Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG zunächst aus, dass der Beschwerdeführer in seinen Asylverfahren widersprüchliche Angaben hinsichtlich seiner Familienverhältnisse gemacht habe. In der niederschriftlichen Einvernahme am habe er behauptet, ledig zu sein und zwei Kinder (geboren 1994 und 1999) mit seiner Freundin A. zu haben, zu denen er zuletzt zu Silvester 2000 Kontakt gehabt habe. Zum Asylantrag vom habe er hingegen angegeben, mit A. verheiratet zu sein und drei Kinder (das letzte geboren 2002) zu haben. Aus den dem gegenständlichen Antrag beiliegenden Dokumenten gehe hervor, dass der Beschwerdeführer tatsächlich drei Kinder habe, deren Mutter A. er am geheiratet habe und von der er am geschieden worden sei. Im Scheidungsurteil werde unter anderem ausgeführt, dass der Beschwerdeführer sowie seine drei Kinder und seine geschiedene Ehefrau in getrennten Stockwerken im gemeinsamen Haus weiterlebten. Weiters habe der Beschwerdeführer am behauptet, niemanden in Österreich zu haben, zu dem eine besonders enge Beziehung bestehe. Demgegenüber habe seine nunmehrige Ehefrau in ihrer niederschriftlichen Zeugeneinvernahme angegeben, dass sich die Beziehung zwischen ihr und dem Beschwerdeführer im Herbst 2005 angebahnt habe. Von der Ehefrau sei weiters als Tag der Eheschließung der angegeben worden, obwohl auf der Heiratsurkunde als Eheschließungstermin der aufscheine. Der letzte UNMIK-Stempel in ihrem Reisepass (vom ) dokumentiere offenbar eine Ausreise. Sie habe behauptet, danach immer mit dem Auto unterwegs gewesen und ohne Kontrolle über die Grenze gekommen zu sein. Sie würde ihren Ehemann - so ihre Aussage bei der Einvernahme - nicht finanziell unterstützen, weil dies nicht notwendig wäre; auch er ließe ihr keine finanzielle Unterstützung zukommen.

Es bestünden, so die Erstbehörde weiter, somit widersprüchliche Angaben des Beschwerdeführers hinsichtlich seiner familiären und privaten Situation in seinem Heimatstaat. Die mehrfachen vergeblichen Versuche des Beschwerdeführers, in Österreich einen legalen Aufenthalt nach dem Asylgesetz zu erlangen, ließen den Schluss zu, dass es ihm vorrangig nicht um einen Aufenthalt zum Zweck einer Familiengründung im Sinn des Art. 8 EMRK mit seiner österreichischen Ehefrau gehe. Dafür spreche auch die "aufrechte enge örtliche Nähe" zu seinen drei minderjährigen Kindern und seiner geschiedenen Ehefrau im gemeinsamen Haus. Es könne daher nicht glaubhaft gemacht werden, dass er beabsichtige, mit seiner österreichischen Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK zu führen. Vielmehr scheine die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer versuche, mit Erteilung des beantragten Aufenthaltstitels als Familienangehöriger einer österreichischen Staatsbürgerin freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu erlangen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die Angaben seiner Ehefrau, die wiederholt dargelegt habe, dass es beiden nicht darum gehe, einen Aufenthaltstitel zu erlangen, sondern dass sie in Österreich ein gemeinsames Familienleben führen wollten. Von einer Zweckehe könne sohin nicht gesprochen werden. Dies zeige sich auch darin, dass der Beschwerdeführer von seiner Ehefrau in letzter Zeit immer wieder im Kosovo besucht worden sei. Sie wäre gerne bereit, vor der belangten Behörde zu bestätigen, dass beabsichtigt sei, in Österreich ein gemeinsames Familienleben zu führen. Die geschiedene Ehefrau des Beschwerdeführers wohne nicht mit ihm in einem Haus, sondern gemeinsam mit den Kindern bei ihrem Vater. Die widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren seien nicht geeignet, das Vorliegen einer Zweckehe zu begründen. Abschließend beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme seiner österreichischen Ehefrau als Zeugin.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 11 Abs. 1 Z 4 und 30 Abs. 1 NAG ab.

Begründend verwies sie darauf, dass die Behörde erster Instanz auf Grund des begründeten Verdachts, dass der Beschwerdeführer seine Ehe nur zum Schein und zum Zweck der Erlangung von aufenthaltsrechtlichen Berechtigungen geschlossen hätte, Erhebungen durchgeführt habe. Sie hob hervor, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers angegeben habe, dass sich die Beziehung im Herbst 2005 angebahnt hätte, der Beschwerdeführer aber bei seiner Einvernahme im Asylverfahren am den Namen seiner künftigen Ehefrau nicht erwähnt habe. Weiters habe die Ehefrau des Beschwerdeführers nicht das richtige Datum der Eheschließung angegeben. Sie habe außerdem erklärt, jeden Monat in den Kosovo zu fahren, um den Beschwerdeführer zu besuchen. Als ihr vorgehalten worden sei, dass ihr Reisepass abgelaufen wäre, habe sie angegeben, bei der Grenze nicht kontrolliert worden zu sein. Sie habe weder den Vornamen der Mutter noch des Vaters des Beschwerdeführers nennen können. Zu den familiären Verhältnissen des Beschwerdeführers habe sie überhaupt keine Angaben machen können. Der Beschwerdeführer und seine Ehefrau seien niemals an derselben Adresse gemeldet gewesen.

Auf Grund des geschilderten Sachverhaltes und der widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers im Asylverfahren und seiner Ehefrau bei der niederschriftlichen Einvernahme stehe für die belangte Behörde eindeutig fest, dass der Beschwerdeführer seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur zu dem Zweck geschlossen habe, um aufenthaltsrechtlich bedeutsame Berechtigungen zu erhalten. Die in der Berufung abgegebene Erklärung, es handle sich um keine Zweckehe, habe die Annahmen der belangten Behörde nicht entkräften können. Die Angaben des Beschwerdeführers seien durch nichts belegt.

Die belangte Behörde schließe sich der Meinung der Behörde erster Instanz in vollem Umfang an.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer bestreitet das Vorliegen einer Aufenthaltsehe und rügt, dass ihm dazu weder von der Erstbehörde noch von der belangten Behörde Parteiengehör gewährt worden sei. Die Verletzung des Parteiengehörs durch die Erstbehörde ist aber dadurch als saniert anzusehen, dass der Beschwerdeführer Gelegenheit hatte, zu den Ermittlungsergebnissen, die dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde lagen, in der Berufung Stellung zu nehmen (vgl. dazu Hengstschläger/Leeb , AVG § 45 Rz 40, mit Hinweisen auf die Rechtsprechung, sowie etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/07/0229, mwN). Eigene Ermittlungen der belangten Behörde, zu denen sie dem Beschwerdeführer ihrerseits Parteiengehör zu gewähren gehabt hätte, haben sich auf das Erheben der Meldeadressen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau beschränkt. Dazu bringt der Beschwerdeführer in der Beschwerde vor, er hätte darlegen können, dass er ungeachtet der unterlassenen Ummeldung bis zu seiner freiwilligen Ausreise im Frühjahr 2006 mit seiner nunmehrigen Ehefrau zusammengelebt habe. Der angefochtene Bescheid wurde aber ohnedies nicht tragend mit dem Fehlen einer gemeinsamen Meldeadresse begründet; dem behaupteten Verfahrensmangel kommt somit keine Relevanz zu.

Entscheidungswesentlich waren vielmehr die widersprüchlichen Angaben des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau. Den diesbezüglichen, bereits dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde gelegten Feststellungen ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht konkret entgegen getreten. Er hat zwar beantragt, seine Ehefrau (neuerlich) als Zeugin zu befragen, aber weder in diesem Antrag noch in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof dargelegt, welche Angaben - abgesehen von der allgemeinen Behauptung, dass beabsichtigt sei, in Österreich ein gemeinsames Familienleben zu führen - sie zugunsten des Beschwerdeführers machen könnte. Auch die Verfahrensrüge betreffend das Unterlassen der Zeugeneinvernahme geht daher ins Leere.

Es trifft auch nicht zu, dass die behördliche Beweiswürdigung insgesamt unschlüssig ist. Unter Berücksichtigung der diesbezüglich dem Verwaltungsgerichtshof bloß eingeschränkt zukommenden Prüfbefugnis (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0011, mwN) kann der belangten Behörde im Ergebnis nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Aufenthaltsehe bejaht hat. Davon ausgehend hat sie zu Recht den Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 4 NAG herangezogen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am