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VwGH vom 27.02.2006, 2006/10/0001

VwGH vom 27.02.2006, 2006/10/0001

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des FM in G, vertreten durch Dr. Candidus Cortolezis, Rechtsanwalt GmbH in 8010 Graz, Hauptplatz 14, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom , Zl. BMBWK-54.013/0026-VII/8a/2005, betreffend Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit für die Gewährung von Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde dem Beschwerdeführer mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom die Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit für die Gewährung einer Studienbeihilfe verweigert. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe das Studium der Studienrichtung "Gesang" im Wintersemester 1997/98 an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Graz aufgenommen. Im Wintersemester 1999/2000 sei er an die Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien gewechselt und habe sein Studium hier fortgesetzt. Ab dem Sommersemester 2003 habe er sein Studium wieder an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz betrieben, wobei er sein Studium in Graz nur noch als Bakkalaureatsstudium habe fortsetzen können. Dieses habe er am abgeschlossen. Nach der Studienordnung für die Studienrichtung "Gesang" hätte der Beschwerdeführer die Bakkalaureatsprüfung spätestens im zehnten Semester ablegen müssen, um Anspruch auf Studienbeihilfe im Magisterstudium zu haben. Unter Berücksichtigung der Vorstudienzeiten und seiner Tätigkeit als Funktionär im Rahmen der Österreichischen Hochschülerschaft habe er die Studienzeit nach den Bestimmungen des Studienförderungsgesetzes um fünf Semester und 20 Tage überschritten. Als Grund für die Studienzeitüberschreitung habe der Beschwerdeführer im Nachsichtsverfahren den Studienortwechsel geltend gemacht. Er sei zum Übertritt in das Bakkalaureatsstudium gezwungen gewesen. Der Wechsel des Studienortes sei notwendig gewesen, weil er seiner Qualifikation als autonomer Künstler förderlich gewesen sei. Im Übrigen habe er einen sehr qualifizierten Hauptfachlehrer gebraucht. Diese Gründe könnten jedoch nicht als "wichtige Gründe" im Sinne des Studienförderungsgesetzes anerkannt werden, die geeignet seien, eine Nachsicht von der Studienzeitüberschreitung zu rechtfertigen. Vielmehr sei der mehrfache Studienortwechsel nicht zwingend für den Studienabschluss notwendig gewesen. Die Entscheidung, das Studium jeweils an jener Universität zu betreiben, die den Vorstellungen des Beschwerdeführers einer qualifizierten Ausbildung am nächsten komme, liege zur Gänze in seinem Verantwortungsbereich. Ein unabwendbares oder unvorhergesehenes Ereignis liege somit nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 15 Abs. 3 Studienförderungsgesetz (StFG) besteht Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Magisterstudium u.a. dann, wenn der Studierende die vorgesehene Studienzeit zur Absolvierung des Bakkalaureatsstudiums um nicht mehr als zwei Semester überschritten hat.

Gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StFG ist dem Studierenden auf seinen Antrag die Überschreitung der Studienzeit des Bakkalaureatsstudiums um mehr als zwei Semester bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinn des § 19 Abs. 6 Z. 1 oder der Abs. 2, 3, und 4 StFG nachzusehen, wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, dass der Studierende die Magisterprüfung innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird.

Wichtige Gründe gemäß § 19 Abs. 2 StFG sind:

1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,


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2.
Schwangerschaft der Studierenden und
3.
jedes unvorgesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die vom Beschwerdeführer zur Rechtfertigung der Studienzeitüberschreitung vorgebrachten Gründe könnten nicht als unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis angesehen werden; die übrigen in § 19 Abs. 6 Z. 2 erwähnten Gründe kämen von vornherein nicht in Betracht. Es seien daher die Nachsichtsvoraussetzungen nicht erfüllt.
Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, er sei zu einem Wechsel des Studienortes gezwungen gewesen. Von Graz nach Wien habe er wechseln müssen, weil in jenen Fächern, die er damals zu absolvieren gehabt hätte, die geeigneteren Professoren in Wien zu finden gewesen seien. Die Gesangsrichtung des Beschwerdeführers sei selten und daher auch "von der Professur her spärlicher besetzt". Bereits zum Zeitpunkt des Wechsels nach Wien sei aber klar gewesen, dass der Beschwerdeführer wieder nach Graz zurückkehren werde, weil jene Professorin, die ihm in Wien für einige Zeit die beste Ausbildung bieten könne, in Pension gehen werde. Bei seiner Rückkehr nach Graz habe hier allerdings nur mehr die Möglichkeit eines Bakkalaureatsstudiums bestanden. Der Beschwerdeführer habe sich durch den Wechsel des Studienortes nicht nur eine bessere Ausbildung erhofft, sondern seine spezifische Ausbildung sei sonst gar nicht möglich gewesen. Dies sei jedoch trotz eindeutiger Hinweise in seinen Eingaben an die Behörde von dieser nicht erkannt worden. Die Behörde hätte sich nicht mit seinem im Verfahren erstatteten Vorbringen begnügen dürfen, zumal er nicht anwaltlich vertreten gewesen sei. Vielmehr hätte sie den Sachverhalt durch Einvernahme des Beschwerdeführers sowie durch Einvernahme der zuständigen Professoren klären müssen. Dabei hätte sich auch ergeben, dass der Beschwerdeführer seine Lebensplanung auf ein Studium nach der "alten Studienordnung" ausgerichtet gehabt habe, nach der ihm nicht zehn, sondern 16 Semester zur Verfügung gestanden wären. Sein "Fall" hätte daher nach der "alten Studienordnung" beurteilt werden müssen. Im Übrigen könne dem angefochtenen Bescheid nicht entnommen werden, von welchen Studienzeiten die belangte Behörde konkret ausgehe. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung hätte sie zum Ergebnis kommen müssen, dass der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden gezwungen gewesen sei, sein Diplomstudium auf ein Bakkalaureatsstudium umzustellen. Nach dem "alten System" hätte er 16 Semester benötigen dürfen, für das Bakkalaureatsstudium aber nur mehr zehn Semester. Tatsächlich habe er 14 Semester benötigt.
Aus dem angefochtenen Bescheid, dem die Beschwerde insoweit nicht entgegengetreten ist, ergibt sich, dass der Beschwerdeführer am das Bakkalaureatsstudium abgeschlossen hat. Seither betreibt er (offenbar) das Magisterstudium. Am beantragte er die Nachsicht von der Studienzeitüberschreitung. Dieser Antrag kann nur im Zusammenhang mit der Frage des Anspruches auf Studienbeihilfe für das (im Zeitpunkt der Antragstellung bereits betriebene) Magisterstudium gesehen werden, weil das Bakkalaureatsstudium im Zeitpunkt der Antragstellung bereits abgeschlossen war und die Wirkungen der Nachsicht (jedenfalls) nicht vor der Antragstellung eintreten könnten.
Es liegt somit ein Fall vor, in dem die Nachsicht im Zusammenhang mit einem "Anspruch auf Studienbeihilfe für ein Magisterstudium trotz Absolvierung eines Bakkalaureatsstudiums" im Sinne des § 15 Abs. 3 StudFG in Frage steht. Voraussetzung der Studienförderung ist nach § 15 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. u.a., dass der Studierende die vorgesehene Studienzeit zur Absolvierung des Bakkalaureatsstudiums um nicht mehr als zwei Semester überschritten hat.
Den Annahmen des angefochtenen Bescheides zufolge hat der Beschwerdeführer die Studienzeit für das Bakkalaureatsstudium um fünf Semester und 20 Tage überschritten. Diese Annahme begegnet auf der Tatsachenebene im Hinblick auf die unbestrittene Feststellung, dass der Beschwerdeführer sein Gesangsstudium im Wintersemester 1997/98 aufgenommen hat, keinen Bedenken. Sie kann auch nicht mit der Auffassung der Beschwerde erschüttert werden, dass der Beschwerdeführer so zu stellen sei, als hätte er sein Studium als Diplomstudium fortgesetzt (in welchem Fall er "16 Semester ...... zur Verfügung gehabt hätte"), weil "zum gleichen Zeitpunkt in Wien das Diplomstudium noch angeboten wurde". Die Beschwerde meint damit offenbar, der Beschwerdeführer wäre so zu behandeln, als hätte er nicht - wie die belangte Behörde es ausdrückt - "sein Studium in Graz nur noch als Bakkalaureatsstudium fortsetzen können", sondern durchlaufend das Diplomstudium betrieben.
Es erübrigt sich, auf diese Auffassung weiter einzugehen, weil es im vorliegenden Fall nicht auf den ("hypothetischen") Studienverlauf des Beschwerdeführers ankommt. Entscheidend ist im vorliegenden Fall - schon im Hinblick auf den angesichts des Gegenstandes des angefochtenen Bescheides allein in Betracht kommenden Beschwerdepunkt - allein, ob die belangte Behörde zu Recht die Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit verweigert hat. Es geht somit ausschließlich um die Frage, ob ein wichtiger Grund im Sinne des Studienförderungsgesetzes vorliegt, der es zulässt, Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit zu gewähren. In diesem Punkt zeigt die Beschwerde jedoch keine Rechtswidrigkeit auf. Nach Auffassung der belangten Behörde stellt der vom Beschwerdeführer geltend gemachte mehrfache Wechsel des Studienortes weder ein unabwendbares noch ein unvorhergesehenes Ereignis im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 3 StFG dar; die übrigen in § 19 StFG genannten Gründe kämen von vornherein nicht in Betracht.
Die Beschwerde zeigt keine Rechtswidrigkeit dieser Auffassung auf. Dem Beschwerdevorbringen ist nämlich weder zu entnehmen, dass der (mehrfache) Wechsel des Studienortes für den Beschwerdeführer unabwendbar gewesen wäre, noch, dass dieser Wechsel es ihm unmöglich gemacht hätte, sein Studium in der vorgesehenen Studienzeit zu absolvieren. Der Hinweis, er habe ein Studium in Wien für erfolgversprechender erachtet als ein Studium in Graz, zeigt das Vorliegen einer Situation, in der nachvollziehbarer Weise ein Wechsel des Studienortes unabdingbar war, nicht auf. Dass die Gesangsrichtung des Beschwerdeführers "selten und daher auch von der Professur her spärlicher besetzt" sei, lässt gleichfalls nicht erkennen, dass der Beschwerdeführer - so die Beschwerde - "gezwungen" gewesen wäre, sein Studium einmal in Graz, einmal in Wien und dann wiederum in Graz zu betreiben. Dies ist auch auf den Vorwurf zu erwidern, der Beschwerdeführer habe sein Studium in Graz nur (mehr) als Bakkalaureatsstudium fortsetzen und beenden können; dass triftige Gründe für einen Wechsel nach Graz bestanden hätten, behauptet er nicht einmal. Im Übrigen enthält die Beschwerde auch keinerlei Vorbringen zur Frage, ob und inwieweit der Studienfortgang des Beschwerdeführers durch den mehrmaligen Wechsel des Studienortes überhaupt behindert wurde.
Soweit der Beschwerdeführer der Behörde eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht vorwirft, ist ihm zu entgegnen, dass es Sache des Antragstellers um Nachsicht im Sinn des § 19 Abs. 6 StFG ist, Art und Ausmaß des behaupteten Ereignisses und dessen Auswirkungen auf den Fortgang seiner Studien konkret darzulegen; ihn trifft bezüglich des Vorliegens der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale die Behauptungs- und Beweislast (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0118 und die dort zitierte Vorjudikatur).
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde
gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am