VwGH vom 20.02.2014, 2013/09/0116

VwGH vom 20.02.2014, 2013/09/0116

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des HA in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle Wien des Arbeitsmarktservice vom , Zl. 3/08115, betreffend Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines Staatsangehörigen von Ghana, auf Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), dass er im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG als Ausländer, der auf Grund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießt, vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sei, abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hatte vorgebracht, Ehegatte einer in Österreich asylberechtigten Staatsangehörigen von Guinea zu sein, dieser sei mit Bescheid des Bundesasylamtes vom Asyl zuerkannt worden, die Eheschließung sei am in Spanien erfolgt. Am sei in Wien ein Sohn des Beschwerdeführers geboren worden, dem ebenfalls der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden sei. Im Familienverband lebe noch eine Stieftochter des Beschwerdeführers, diese sei ebenfalls asylberechtigt. Der Beschwerdeführer habe auf die Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom (Statusrichtlinie) über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtling oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, verwiesen.

Die belangte Behörde begründete die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers im Wesentlichen damit, dass mit § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG die Richtlinie 2004/38/EG (Unionsbürgerrichtlinie) im österreichischen Recht implementiert worden sei. Diese erfasse alle Bürger des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR) und die in dieser Richtlinie definierten Angehörigen. Zur Erfüllung der Bedingung des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG müsse der EWR-Bürger zur Erlangung der Arbeitnehmerfreizügigkeit einen Freizügigkeitssachverhalt verwirklicht haben. Bei der Ehegattin des Beschwerdeführers handle es sich jedoch um eine Asylberechtigte, die nicht im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG Arbeitnehmerfreizügigkeit genieße. Sie habe durch die Zuerkennung des Status als Asylberechtigte auch keinen Freizügigkeitssachverhalt gesetzt. Auf Grund dieses Sachverhaltes könne das Regulativ des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG auf die Ehegattin des Beschwerdeführers keine Anwendung finden. Der Beschwerdeführer könne daher von seiner Ehegattin kein Recht nach § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG ableiten und erfülle diesen Ausnahmetatbestand nicht, weshalb auch die Ausstellung einer Bestätigung gemäß § 3 Abs. 8 AuslBG nicht möglich gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welche von diesem mit Beschluss vom , B 281/2013-4, abgelehnt und mit weiterem Beschluss vom , B 281/2013-6, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift erwogen:

Das gegenständliche Beschwerdeverfahren war am beim Verwaltungsgerichtshof anhängig; die Beschwerdefrist ist vor diesem Zeitpunkt abgelaufen. Aus dem Grund des § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG waren auf dieses Verfahren daher die am geltenden Bestimmungen anzuwenden. Dies gilt - gemäß § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF der Verordnung BGBl. II Nr. 8/2014 - auch für die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Die folgenden Zitate des VwGG in dieser Entscheidung beziehen sich auf dessen am in Kraft gestandene Fassung.

§ 1 Abs. 2 lit. l und m des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl. Nr. 218/1975 idF BGBl. I Nr. 25/2011, lauten:

"§ 1. ...

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht

anzuwenden auf

a) Ausländer, denen der Status eines Asylberechtigten

(§ 3 des Asylgesetzes 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100/2005)

oder der Status eines subsidiär Schutzberechtigten

(§ 8 AsylG 2005) zuerkannt wurde;

...

l) Ausländer, die aufgrund eines Rechtsaktes der

Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit genießen;

m) Ehegatten und minderjährige ledige Kinder

(einschließlich Adoptiv- und Stiefkinder) österreichischer Staatsbürger, die zur Niederlassung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005, berechtigt sind."

Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid zunächst deswegen für rechtswidrig, weil die Freizügigkeit der Person und des Vermögens innerhalb des Staatsgebietes bereits in Art. 4 StGG garantiert sei, der Begriff Freizügigkeit in der Rechtssprache bedeute schon seit jeher das Verbot der Differenzierung zwischen Einheimischen und Fremden.

Für diese These bleibt der Beschwerdeführer jedoch jeden Nachweis schuldig. Art. 4 StGG garantiert die Freizügigkeit der Person und ist mit dem in Art. 21 AEUV und Art. 45 Abs. 1 GRC gewährleisteten Recht vergleichbar (vgl. dazu Pöschl,

Artikel 4 StGG, in Korinek/Holoubek (Hrsg.), Bundesverfassungsrecht, Lfg. 2002, Rz. 19 ff), nicht aber die Gleichbehandlung oder die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Art. 45 AEUV.

Der Beschwerdeführer verweist auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom im Fall Hode und Abdi gegen Vereinigtes Königreich, Nr. 22341/09, Rzlen 43, 55 und 56, in welchem dieser Gerichtshof eine sachliche Rechtfertigung dafür verneint hat, die Ehegatten von Flüchtlingen, denen Asyl gewährt wurde, unterschiedlich zu behandeln, je nachdem ob die Ehe vor oder nach der Flucht geschlossen wurde. Unterschiede in der aufenthaltsrechtlichen Behandlung von Ehegatten, die vor der Flucht im Herkunftsstaat geheiratet haben, gegenüber jenen Ehegatten, die wie der Beschwerdeführer nach der Flucht im Zielland geheiratet haben, seien gemäß Art. 14 iVm Art. 8 EMRK nicht zulässig. Die Art. 23 Abs. 2 und 26 Abs. 1 der Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (Statusrichtlinie) seien dementsprechend anzuwenden und dem Beschwerdeführer dürfe die Aufnahme einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nicht verwehrt werden. § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG könne nur dahingehend verstanden werden, dass auch der Beschwerdeführer ebenso wie seine Ehegattin nicht unter die Bestimmungen des AuslBG falle. Der seiner Ehegattin und den Kindern zuerkannte Schutz müsse auch gegenüber dem Beschwerdeführer wirken.

Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Auch wenn man nämlich seine Argumentation teilt, dass ihm hinsichtlich seines Zuganges zum Arbeitsmarkt dieselbe Rechtsstellung zuzuerkennen ist, wie seiner Ehegattin, der der Status einer Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dann führt dies nicht dazu, dass er im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG als Ausländer anzusehen wäre, dem auf Grund eines Rechtsaktes der Europäischen Union Arbeitnehmerfreizügigkeit zukommt. Zutreffend weist die belangte Behörde nämlich darauf hin, dass Asylberechtigte und deren Familienangehörige keine Arbeitnehmerfreizügigkeit im Sinne des Art. 45 AEUV genießen, sondern nach Art. 23 und 26 Abs. 1 der Statusrichtlinie berechtigt sind, im betreffenden Mitgliedstaat eine unselbständige Erwerbstätigkeit aufzunehmen.

Ein Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung, dass der Beschwerdeführer gemäß § 1 Abs. 2 lit. l AuslBG vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes ausgenommen sei, war sohin nicht der geeignete Weg, die dem angeführten Urteil entsprechende Rechtsstellung zu erreichen. Hingewiesen wird jedoch auf die §§ 34 ff des Asylgesetzes 2005 und auf § 1 Abs. 2 lit. a AuslBG. Eine Ausnahme vom AuslBG im Sinne des vom Beschwerdeführer herangezogenen § 1 Abs. 2 lit. l leg. cit. ist jedoch auch im Fall des Zutreffens seiner Argumentation nicht zu ersehen.

Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid daher nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am