VwGH vom 19.09.2013, 2011/01/0205

VwGH vom 19.09.2013, 2011/01/0205

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des Dr. S in T, vertreten durch Opperer - Schartner Rechtsanwälte GmbH in 6410 Telfs, Eduard-Wallnöfer-Platz. 1, gegen den Bescheid des Ausschusses (Plenum) der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom , Zl. R10-303, betreffend Beitragsrückerstattung aus der Versorgungseinrichtung (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat der Tiroler Rechtsanwaltskammer Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Auszahlung eines Betrages von EUR 54.536,-- aus der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei seit aufrecht in die Liste der Rechtsanwälte bei der Tiroler Rechtsanwaltskammer eingetragen. In der Zeit vom bis habe er das Amt des Bürgermeisters der Marktgemeinde T ausgeübt.

Nachdem der Beschwerdeführer aus seiner Funktion als Bürgermeister der Marktgemeinde T Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge im Inland geleistet habe, sei er vom bis von der Verpflichtung zur Beitragsleistung in die Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer gemäß § 12 Abs. 6 der Satzung Teil B ("Zusatzpension") befreit gewesen.

Der Gemeindeverband für Zuwendungen an ausgeschiedene Bürgermeister habe am den sich nach den Bestimmungen des Tiroler Gemeinde-Bezügegesetzes 1998 ergebenden Anrechnungsbetrag in Höhe von EUR 74.696,76 auf das Konto der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer bezahlt.

Mit Antrag vom habe der Beschwerdeführer die Auszahlung des von ihm errechneten Differenzbetrages von EUR 54.536,-- (laut Vorstellung gegen den erstinstanzlichen Bescheid: EUR 57.976,76) zwischen dem zur Überweisung gelangten Anrechnungsbetrag und den aufgrund der gewährten Befreiung von ihm nicht bezahlten Beitragsleistungen zur Versorgungseinrichtung der "Zusatzpension" begehrt; es könne nämlich nur jener Betrag, hinsichtlich dessen er zur Beitragsleistung befreit gewesen sei (in der Gesamthöhe von EUR 16.720,--) von der Tiroler Rechtsanwaltskammer einbehalten und auf seine "Zusatzpension B" angerechnet werden.

In ihren rechtlichen Erwägungen führte die belangte Behörde aus, dass für die vom Beschwerdeführer begehrte Auszahlung keine Rechtsgrundlage bestehe.

Gemäß § 15 Abs. 2 des Tiroler Gemeinde-Bezügegesetzes 1998 (im Folgenden: Gemeinde-BezügeG) seien die Gemeinden verpflichtet, den vom Bürgermeister gemäß Abs. 1 leg. cit. geleisteten Pensionsversicherungsbeitrag einzubehalten und diesen vierteljährlich an den Gemeindeverband für Zuwendungen an ausgeschiedene Bürgermeister abzuführen. Alternativ bestehe gemäß § 18 leg. cit. für einen Bürgermeister die Möglichkeit, sich durch Erklärung zur Leistung eines Beitrages an eine von ihm ausgewählte Pensionskasse zu verpflichten.

§ 16 Abs. 1 bis 4 Gemeinde-BezügeG normiere, dass binnen sechs Monaten nach Beendigung des Anspruches auf Bezüge nach diesem Gesetz der Gemeindeverband für Zuwendungen an ausgeschiedene Bürgermeister verpflichtend einen Anrechnungsbetrag an den Pensionsversicherungsträger, der aufgrund der ausgeübten Erwerbstätigkeit zuständig sei, zu leisten habe. Eine Auszahlung dieser Beiträge sei im Gemeinde-BezügeG nicht vorgesehen, zumal es sich dabei um gesetzlich geregelte Pensionsversicherungsbeiträge handelt.

Der gegenständliche Sachverhalt vermöge jedoch auch nach den pensionsrechtlichen Bestimmungen der Tiroler Rechtsanwaltskammer keinen Anspruch auf gänzliche oder teilweise Auszahlung des Abrechnungsbetrages zu begründen. Eine Auszahlung zu Handen des betroffenen Rechtsanwalts sei gemäß § 14 Abs. 3 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B ausschließlich im Falle des Erlöschens der Rechtsanwaltschaft nach § 34 Abs. 1 RAO und unter der Voraussetzung eines EUR 10.500,-- nicht übersteigenden Kontostandes zum Zeitpunkt des Erlöschens der Rechtsanwaltschaft vorgesehen. Andernfalls habe bei Erlöschen der Rechtsanwaltschaft eine Übertragung des dem jeweiligen Rechtsanwalt zuzurechnenden Kontostandes auf eine gleichartige staatliche oder berufsständische Versorgungseinrichtung (§ 14 Abs. 2 der Satzung der Versorgungseinrichtung Teil B) zu erfolgen.

Da der Beschwerdeführer aufrecht in die Liste der Rechtsanwälte bei der Tiroler Rechtsanwaltskammer eingetragen sei, lägen die für entsprechende Dispositionen über sein Pensionskonto unabdingbaren Voraussetzungen gemäß § 34 Abs. 1 RAO nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichthof hat erwogen:

1. Das Tiroler Gemeinde-Bezügegesetz 1998, LGBl. Nr. 25/1998 (Gemeinde-BezügeG), lautet auszugsweise:

" § 15

Pensionsversicherungsbeitrag

(1) Der Bürgermeister, in der Landeshauptstadt Innsbruck auch die Bürgermeister-Stellvertreter und die amtsführenden Stadträte, haben für jeden Kalendermonat ihrer Funktionsausübung im voraus einen monatlichen Pensionsversicherungsbeitrag in der Höhe von 11,75 v. H. des Bezuges einschließlich der Sonderzahlung oder einer allfälligen Bezugsfortzahlung an die Gemeinde zu leisten. Auf die Beitragsgrundlage sind die §§ 45 und 54 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 79/1997, anzuwenden.

(2) Die Gemeinden mit Ausnahme der Landeshauptstadt Innsbruck haben den Pensionsversicherungsbeitrag einzubehalten und diesen vierteljährlich im nachhinein zuzüglich eines Differenzbetrages auf 22,8 v. H. der Beitragsgrundlage (Abs. 1) an den Gemeindeverband für Zuwendungen an ausgeschiedene Bürgermeister abzuführen.

(3) Der Abs. 1 und die §§ 16 und 17 sind nicht auf Gemeindefunktionäre anzuwenden, die in einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis stehen.

§ 16

Anrechungsbetrag

(1) Endet der Anspruch auf Bezüge nach diesem Gesetz, hat der Gemeindeverband für Zuwendungen an ausgeschiedene Bürgermeister bzw. die Landeshauptstadt Innsbruck an den Pensionsversicherungsträger, der aufgrund der ausgeübten Erwerbstätigkeit zuständig ist oder aufgrund der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit zuständig war, einen Anrechnungsbetrag zu leisten.

(2) War ein im § 15 Abs. 1 genannte Person bis zu dem im Abs. 1 genannten Zeitpunkt nicht in der Pensionsversicherung pflichtversichert, so ist der Anrechnungsbetrag an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten zu leisen.

(3) Der Anrechnungsbetrag beträgt 22,8 v. H. der Beitragsgrundlage nach § 15 für jeden Monat des Anspruches auf Bezug. Die Sonderzahlungen sind dabei anteilsmäßig zu berücksichtigen.

(4) Der Anrechnungsbetrag ist binnen sechs Monaten nach dem im Abs. 1 genannte Zeitpunkt zu leisten.

§ 17

Anrechnung

Die nach § 16 Abs. 3 berücksichtigten vollen Monate gelten als Beitragsmonate der Pflichtversicherung im Sinne der vom jeweiligen Pensionsversicherungsträger anzuwendenden sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften."

Die maßgeblichen Bestimmungen der "Satzung der Versorgungseinrichtung der Tiroler Rechtsanwaltskammer Teil B:

Zusatzpension", in der Fassung des Beschlusses der ao. Vollversammlung vom (in der Folge: Satzung), lauten auszugsweise:

" § 1 - Zusatzpension

Im Rahmen der Zusatzpension (Teil B der Satzung der Versorgungseinrichtung) werden Zusatzleistungen als ergänzende Versorgungseinrichtung zur Grundleistung (Teil A der Satzung der Versorgungseinrichtung) festgelegt. Die dort definierten allgemeinen Voraussetzungen und die Voraussetzungen für die Gewährung von Altersrenten, Berufsunfähigkeitsrenten, Witwen- /Witwerrenten und Waisenrenten, ausgenommen die Wartezeiten, sind anzuwenden, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt ist.

§ 2 - Leistungen der Versorgungseinrichtung

(1) Als Zusatzleistungen werden folgende Leistungen erbracht


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a)
Altersrente
b)
Berufsunfähigkeitsrente
c)
Witwen-/Witwerrente
d)
Waisenrente
e)
Abfindung für den Todesfall
f)
Abfindung bei Pensionsantritt

(2) Aus den der Versorgungseinrichtung zur Verfügung stehenden Mitteln dürfen nur die in der Satzung vorgeschriebenen Leistungen erbracht werden. Andere Unterstützungen oder Zuwendungen aus diesen Mitteln sind unzulässig.

§ 12 -Beiträge

(1) Die Höhe der von den einzelnen Kammermitgliedern zu leistenden Beiträge für die Zusatzpension wird von der Plenarversammlung alljährlich festgesetzt. …

(6) Der Rechtsanwalt, der nachweist, dass er Beiträge zu einer gesetzlich geregelten Altersvorsorge im In- oder Ausland leistet, in die er aufgrund gesetzlicher Bestimmungen einbezogen wurde oder wird, oder Leistungen aus einer solchen Altersvorsorge bezieht, ist auf Antrag von Beiträgen zur Zusatzpension zu befreien. …

§ 14 - Erlöschen der Rechtsanwaltschaft

(1) Bei Erlöschen oder Ruhen der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 RAO erfolgt die Umwandlung in eine beitragsfrei gestellte Anwartschaft. Bei Eintritt des Leistungsfalles hat der Rechtsanwalt Anspruch auf eine Alters- bzw. Berufsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung der verbuchten Beiträge und der erzielten Veranlagungserträge …

(2) Bei Erlöschen der Rechtsanwaltschaft gemäß § 34 Abs. 1 RAO kann der Rechtsanwalt binnen drei Monaten die Übertragung seines Kontostandes auf eine gleichartige staatliche oder berufsständische Versorgungseinrichtung oder ein kapitalgedecktes Pensionssystem oder ein andere ihm offen stehende Versorgungseinrichtung, insbesondere eine Pensionskasse, Gruppenrentenversicherung oder Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung der selbstständig Erwerbstätigen, welchen der ehemalige Rechtsanwalt in Zukunft verpflichtend oder freiwillig angehört, beantragen.

(3) Beträgt der Soll-Kontostand (§17 1. Satz) einschließlich fälliger unbezahlter Beiträge zum Zeitpunkt des Erlöschens der Rechtsanwaltschaft nicht mehr als den Abfindungsbetrag nach dem Pensionskassengesetz (§ 1 Abs 2 Z 1 und Abs 2a PKG oder Nachfolgebestimmungen), kann der Rechtsanwalt bei sonstigem Verlust diese Rechtes binnen 3 Monaten ab dem Erlöschen die Auszahlung des Kontostandes beantragen.

§ 17 - Pensionskonto

Für jeden Rechtsanwalt ist in sinngemäßer Anwendung des § 18 Pensionskassengesetz ein Pensionskonto (Alterskonto) zu führen. Für Einzahlungen, die weder als laufende Beitragszahlungen noch als Beiträge für den Nachkauf von Versicherungszeiten anzusehen sind, sind mindestens 3 weitere gesonderte Konten für den Rechtsanwalt zu führen. Die Rechtsanwälte sind zumindest einmal jährlich bis 30. Juni eines jeden Jahres über die Beiträge, Anwartschaften, Pensionsleistungen und allfällige Änderungen des Geschäftsplanes zu informieren."

2. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, dass die Auszahlung des vom Beschwerdeführer begehrten Differenzbetrages (zwischen dem vom Gemeindeverband an die Tiroler Rechtsanwaltskammer geleisteten Anrechnungsbetrag und der aufgrund der Befreiung vom Beschwerdeführer nicht bezahlten Beitragsleistungen zur Versorgungseinrichtung der "Zusatzpension") mangels entsprechender Rechtsgrundlage nicht in Betracht komme.

3. Die Beschwerde bestreitet die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Sachverhaltsfeststellungen nicht.

Sie bringt zusammengefasst vor, dass höchstens jener Betrag, hinsichtlich dessen der Beschwerdeführer während seiner Amtszeit als Bürgermeister von der Leistung der Zusatzpension B befreit gewesen sei, nämlich EUR 16.720,-- , von der Tiroler Rechtsanwaltskammer einbehalten und gegebenenfalls auf die Zusatzpension B des Beschwerdeführers für die Jahre 2005 bis angerechnet bzw. gutgebucht werden könne. Der Restbetrag von EUR 57.976,76 (EUR 74.696,76 abzüglich EUR 16.720,--) könne ausschließlich dem Beschwerdeführer zustehen und sei dieser Betrag zu refundieren.

Es könne nicht sein, dass Zahlungen des Beschwerdeführers, welche in seiner Zeit als Bürgermeister der Marktgemeinde T geleistet worden seien, einfach von der Tiroler Rechtsanwaltskammer einbehalten und der Beschwerdeführer somit gegenüber sämtlichen übrigen Rechtsanwälten massiv schlechter gestellt werde. Hätte er nämlich sein Amt als Bürgermeister niemals ausgeübt, so wäre die Tiroler Rechtsanwaltskammer auch nicht in den "Genuss" des dem Beschwerdeführer zustehenden Betrages von EUR 74.696,76 gekommen. Es liege eine Verletzung des Eigentumsrechts des Beschwerdeführers vor.

4. Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt.

Der Beschwerdeführer verkennt, dass der Anrechnungsbetrag nach Maßgabe der §§ 16 und 17 Gemeinde-BezügeG Bestandteil des für (aus dem Amt geschiedene) Bürgermeister maßgeblichen gesetzlichen Pensions- bzw. Altersvorsorgesystems ist.

Das Vorbringen, der geleistete Anrechnungsbetrag sei ein dem Beschwerdeführer "zustehender" Betrag, erweist sich schon von daher als unzutreffend.

Für die vom Beschwerdeführer begehrte Auszahlung des Anrechnungsbetrages (bzw. dessen "Refundierung" im Ausmaß des die Beitragsbefreiung gemäß § 12 Abs. 6 der Satzung übersteigenden Betrages) bietet die Satzung keine Rechtsgrundlage; nach deren § 2 Abs. 2 dürfen vielmehr aus den der Versorgungseinrichtung zur Verfügung stehenden Mitteln nur die nach der Satzung vorgeschriebenen Leistungen erbracht werden und sind andere Unterstützungen oder Zuwendungen aus diesen Mitteln unzulässig. Gemäß § 14 Abs. 3 der Satzung ist unter den dort genannten Voraussetzungen die Auszahlung des Kontostandes jedoch erst nach Erlöschen der Rechtsanwaltschaft vorgesehen.

Eine (sonstige) in Frage kommende Rechtsgrundlage für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch ist nicht ersichtlich und wird in der Beschwerde auch nicht dargelegt.

Soweit der Beschwerdeführer eine (pensionsrechtliche) Ungleichbehandlung gegenüber anderen Rechtsanwälten sowie die Verletzung des Eigentumsrechts geltend macht, ist er darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht zur Prüfung der Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten berufen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/02/0325, mwN).

5. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am