VwGH vom 18.05.2010, 2006/09/0226
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde der I O in S, vertreten durch Mag. Martin Wolf, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2/2. Stock, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs- 2006/K8a/0944-2, betreffend Bestrafungen wegen Übertretungen des Tiroler Landes-Polizeigesetzes (weitere Partei: Tiroler Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft S vom wurde die Beschwerdeführerin wie folgt für schuldig erkannt:
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"zu Punkt 1) | |
Tatzeit: | , um 20.50 Uhr |
Tatort: | I, Kreuzung Gen-Straße - Ull- Straße |
zu Punkt 2) | |
Tatzeit: | , von 20.55 Uhr bis 21.10 Uhr |
Tatort: | I, W-Gasse xx Top 14 |
1)
Sie haben sich am angeführten Ort und Zeitpunkt aufgehalten, und waren durch ihre Kleidung und Verhaltensweise als Prostituierte eindeutig zu erkennen; es erfolgte in weiterer Folge eine verbotene Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle. Sie gingen zu einem Fahrzeug, welches am Fahrbahnrand angehalten hatte, und haben dem Lenker (T) den Geschlechtsverkehr nach Entrichtung eines Entgeltes von EUR 60,00 angeboten. Dieser stimmte zu und sie stiegen in weiterer Folge in das Fahrzeug und fuhren in die W-Gasse xx.
2)
Sie haben sich am angeführten Ort und Zeitpunkt aufgehalten, und einer anderen Person für die Durchführung des Geschlechtsverkehrs (konkret Geschlechtsverkehr und weitere sexuelle Handlungen nach Entrichtung eines Entgeltes von EUR 100,00) angeboten und haben den Geschlechtsverkehr mit der angeführten Person durchgeführt, und sind somit der Prostitution (gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an Personen des anderen Geschlechtes zu deren sexuellen Befriedigung) außerhalb behördlich bewilligter Bordelle nachgegangen. In weiterer Folge verließen Sie gemeinsam mit dem Freier das Wohngebäude, und gingen sofort wieder zurück in die Wohnung, als sie die Polizeibeamten erblickten." (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof)
Die Beschwerdeführerin habe dadurch zu 1) § 14 lit. b des Tiroler Landes-Polizeigesetzes (TLPG) und zu 2) § 14 lit. a TLPG verletzt und über sie wurden zu 1) gemäß § 19 Abs. 1 TLPG eine Freiheitsstrafe von acht Tagen und zu 2) gemäß § 19 Abs. 1 TLPG eine Freiheitsstrafe von fünf Tagen verhängt. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Die belangte Behörde gab mit dem angefochtenen Bescheid der Berufung der Beschwerdeführerin hinsichtlich des Spruchpunktes 2) insofern Folge, als sie gemäß § 19 Abs. 1 TLPG an Stelle der verhängten Freiheitsstrafe eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.200,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zehn Tagen verhängte. Hinsichtlich des Spruchpunktes 1) gab die belangte Behörde der Berufung Folge, indem sie das Straferkenntnis insofern behob und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einstellte.
Die belangte Behörde stellte in der Begründung des angefochtenen Bescheides fest, dass sich die Beschwerdeführerin am um 20.50 Uhr an der im Spruch angeführten Kreuzung aufgehalten habe und durch ihre Kleidung und Verhaltensweise als Prostituierte eindeutig zu erkennen gewesen sei. Es sei in weiterer Folge eine verbotene Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle erfolgt. Die Beschwerdeführerin sei zu einem Fahrzeug gegangen, welches am Fahrbahnrand angehalten hätte, und habe dem Lenker den Geschlechtsverkehr nach Entrichtung eines Entgeltes von EUR 60,-- angeboten. Dieser habe zugestimmt und die Beschwerdeführerin sei in weiterer Folge in das Fahrzeug eingestiegen und zu einer bestimmten Adresse in der W-Gasse gefahren. Dort habe sie von 20.55 Uhr bis 21.10 Uhr einer anderen Person, nämlich dem angeführten Lenker, die Durchführung des Geschlechtsverkehrs (konkret: Geschlechtsverkehr und weitere sexuelle Handlungen nach Entrichtung eines Entgeltes von EUR 100,--) angeboten und habe den Geschlechtsverkehr mit der angeführten Person durchgeführt. Somit sei die Beschwerdeführerin der Prostitution (gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an Personen des anderen Geschlechtes zu deren sexuellen Befriedigung) außerhalb behördlich bewilligter Bordelle nachgegangen.
Diese Feststellungen stützten sich auf die Angaben in der Anzeige der Polizeiinspektion, den Beweisergebnissen anlässlich der durchgeführten Kontrolle und auf die Beweisergebnisse der mündlichen Berufungsverhandlung. Der Meldungsleger habe die Beschwerdeführerin, die er als amtsbekannte Geheimprostituierte gekannt habe, beobachtet, wie sie auf ihrem "Standplatz" gestanden sei und sich zur Prostitution angeboten habe. Als er neuerlich einige Zeit später am Standplatz vorbeigefahren sei, habe er festgestellt, dass die Beschwerdeführerin dort nicht mehr anwesend gewesen sei, woraufhin er sich zur "Arbeitsstelle" in der W-Gasse begeben habe. Die Beschwerdeführerin habe gerade gemeinsam mit dem Freier das Haus verlassen, und als sie den Meldungsleger erblickt habe, sei sie sofort wieder in das Haus zurückgegangen. Der Freier sei in der Folge vom Meldungsleger befragt worden und habe angegeben, die Beschwerdeführerin an ihrem "Standplatz" einsteigen haben zu lassen und mit ihr gemeinsam in die W-Gasse gefahren zu sein, wo für den vereinbarten Preis von EUR 100,-- Geschlechtsverkehr und weitere sexuelle Handlungen durchgeführt worden seien. Die belangte Behörde führte aus, dass sie den Angaben des Meldungslegers in der Anzeige und anlässlich der mündlichen Berufungsverhandlung folge, weil diese widerspruchsfrei und nachvollziehbar gewesen seien.
Auch wenn der Freier als Zeuge in der mündlichen Verhandlung die Beschwerdeführerin nicht wieder erkannt habe, so sei eine Verwechslung zweifelsfrei ausgeschlossen, weil die Beschwerdeführerin in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, dass nur sie die angeführte Wohnung in der W-Gasse benützt habe und der Meldungsleger die Beschwerdeführerin auch beobachtet habe, wie sie gemeinsam mit dem Freier das Haus verlassen habe.
Die Aufhebung des Spruchpunktes 1) begründete die belangte Behörde damit, dass es sich bei der Anbahnungshandlung im vorliegenden Fall um ein Vorbereitungsdelikt zu dem Delikt zu 2) handle. Im Hinblick auf den nach der Anbahnung mit demselben Kunden erfolgten Vollzug des Geschlechtsverkehrs stelle die Anbahnung für sich allein keine Verwaltungsübertretung mehr dar, weshalb zu diesem Spruchpunkt eine Aufhebung zu erfolgen gehabt hätte.
Hinsichtlich des Spruchpunktes 2) führte die belangte Behörde aus, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Gewerbsmäßigkeit vorliege, wenn die Absicht der Täterin darauf gerichtet sei, sich durch die Wiederholung der strafbaren Handlung eine, wenn auch nicht dauernde und wenn auch nicht regelmäßige Einkommensquelle zu verschaffen. Eine Wiederholung der Tat sei nicht erforderlich, es genüge die Verübung auch nur einer einzigen Tat, sofern die Absicht, daraus eine Quelle wiederkehrenden Einkommens zu haben, bei dieser Gelegenheit zu Tage trete. Aus einschlägigen Vorstrafen auf diese Absicht zu schließen, sei nicht rechtswidrig. Im vorliegenden Fall weise die Beschwerdeführerin einschlägige Vorstrafen auf, weshalb Gewerbsmäßigkeit jedenfalls vorliege (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 85/10/0168).
Zur Strafhöhe führte die belangte Behörde aus, dass der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung nicht unerheblich sei, weil das Verbot der Prostitution außerhalb behördlich genehmigter Bordelle neben der Aufrechterhaltung des öffentlichen Anstandes und der Moral auch dem Schutz der Öffentlichkeit vor der Ansteckung mit Geschlechtskrankheiten diene. Als erschwerend sei die einschlägige Vorstrafenbelastung der Beschwerdeführerin zu werten, wobei dem keine Milderungsgründe gegenüber stünden. Zu ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen habe die Beschwerdeführerin Angaben in der mündlichen Berufungsverhandlung gemacht. Die nunmehr verhängte Geldstrafe sei insbesondere im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafenbelastung jedenfalls auch bei den von ihr angegebenen Verhältnissen schuld- und tatangemessen, zumal sich die Strafe in einem durchaus üblichen Rahmen bewege. Darüber hinaus verschaffe sich die Beschwerdeführerin durch die Verwaltungsübertretung eine Einkommensquelle. Im Hinblick auf die einschlägige Vorstrafenbelastung der Beschwerdeführerin scheine die Geldstrafe aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen geboten, um die Beschwerdeführerin von der Begehung weiterer derartiger strafbarer Handlungen abzuhalten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Landes-Polizeigesetzes, LGBl. Nr. 60/1976 idF LGBl. Nr. 82/2003 (TLPG), lauten:
"§ 14
Verbot
Verboten ist:
a) die gewerbsmäßige Hingabe des eigenen Körpers an
andere Personen zu deren sexueller Befriedigung (Prostitution)
außerhalb behördlich bewilligter Bordelle (§ 15);
b) die außerhalb behördlich bewilligter Bordelle
erfolgende Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution;
c) die Gewährung oder Beschaffung der Gelegenheit,
insbesondere durch Überlassung von Räumen, zur Ausübung der Prostitution oder zur Anbahnung von Beziehungen zur Ausübung der Prostitution außerhalb behördlich bewilligter Bordelle
...
§ 19
Strafbestimmung
(1) Wer einem Verbot nach § 14 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 3.630,- Euro oder, bei Vorliegen von besonderen Erschwerungsgründen, mit Arrest bis zu vier Wochen zu bestrafen.
(2) Wer ein Bordell ohne Bewilligung nach § 15 betreibt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 36.330,- Euro oder, bei Vorliegen von besonderen Erschwerungsgründen, mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
(3) Wer den Bestimmungen des § 17 Abs. 1 bis 8 sowie den Bestimmungen einer Verordnung nach § 17 Abs. 9 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 1.450,- Euro oder, bei Vorliegen von besonderen Erschwerungsgründen, mit Arrest bis zu zwei Wochen zu bestrafen.
(4) Der Versuch einer Verwaltungsübertretung nach Abs. 1, 2 oder 3 ist strafbar."
Die Beschwerdeführerin hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil die belangte Behörde zu Unrecht angenommen habe, dass sie die Prostitution gewerbsmäßig ausgeübt hätte. Die Vorverurteilungen der Beschwerdeführerin reichten nicht aus, um schon deswegen Gewerbsmäßigkeit anzunehmen.
Damit zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Im vorliegenden Fall sprechen nämlich neben den unbestrittenen einschlägigen verwaltungsstrafrechtlichen Vorstrafen der Beschwerdeführerin auch der im Spruch des angefochtenen Bescheides zum Ausdruck kommende Umstand der Art und Weise der Anbahnung in der Öffentlichkeit sowie die unbestrittene Benützung der Wohnung zur Ausübung der Prostitution dafür, dass es der Beschwerdeführerin um eine regelmäßige Einnahmequelle ging.
Soweit die Beschwerdeführerin die Beweiswürdigung durch die belangte Behörde bekämpft und meint, es sei eine andere Frau beobachtet worden und sie selbst habe am verfahrensgegenständlichen Tag nicht die Prostitution ausgeübt, so zeigt sie ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Auch wenn nämlich in der öffentlichen mündlichen Verhandlung der einvernommene Freier die Beschwerdeführerin nicht wieder erkannt hat, so durfte die belangte Behörde doch auf Grund der Zeugenaussage des einschreitenden Sicherheitswachebeamten, der die Beschwerdeführerin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung anhand eines Bildes unzweifelhaft erkannte und dem sie bereits zum verfahrensgegenständlichen Zeitpunkt bekannt war, zur Schlussfolgerung gelangen, dass die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegten Handlungen gesetzt hat. Die Beweiswürdigung durch die belangte Behörde, die sich vom gegenständlichen Vorfall und der Identität der Beschwerdeführerin einen unmittelbaren Eindruck machte, kann daher vom Verwaltungsgerichtshof, dessen Ingerenz sich auf eine bloß nachprüfende Kontrolle beschränkt, nicht als unschlüssig und daher auch nicht als rechtswidrig angesehen werden (vgl. zur Beweiswürdigung im Verwaltungsverfahren etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/09/0024).
Auch die Strafzumessung durch die belangte Behörde begegnet angesichts der gegen die Beschwerdeführerin verhängten Vorstrafen keinen Bedenken.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
QAAAE-82654