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VwGH vom 16.10.2008, 2006/09/0225

VwGH vom 16.10.2008, 2006/09/0225

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde 1. der R V KEG in Wien und

2. des R H, beide vertreten durch Dr. Wolf-Georg Schärf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tiefer Graben 21/3, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt.3/08114/2599846/2612856/2006, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom beantragte die erstbeschwerdeführende Partei die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für den Zweitbeschwerdeführer, einen ungarischen Staatsangehörigen, für die berufliche Tätigkeit als Kellner mit Inkasso für eine Entlohnung von Brutto EUR 803,43 bei einer Arbeitszeit von 30 Wochenstunden. Als spezielle Kenntnisse und Ausbildung wurden Kenntnisse in Deutsch, Ungarisch, Englisch, Französisch und Russisch angegeben.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , der erstbeschwerdeführenden Partei zugestellt am , wurde dieser Antrag gemäß § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid erhoben beide Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge gegeben. Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung im Wesentlichen damit, nach der zuletzt Anfang Oktober 2006 veröffentlichten Statistik seien auf die Landeshöchstzahl für Wien 79.737 ausländische beschäftigte und arbeitslose Arbeitskräfte anzurechnen gewesen, die Landeshöchstzahl sei daher um 13.737 ausländische Arbeitskräfte überschritten gewesen. Der Zweitbeschwerdeführer halte sich seit dem in Österreich auf und habe für die Zeit vom bis zum über eine Zulassung als Praktikant nach dem Praktikantenabkommen mit Ungarn verfügt. Seit dem sei er bei der erstbeschwerdeführenden Partei beschäftigt. Gemäß § 32a Abs. 2 Z. 1 AuslBG sei EU-Bürgern gemäß Abs. 1 (damit seit dem Beitritt Ungarns zur EU per auch ungarischen Staatsangehörigen) vom Arbeitsmarktservice das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt schriftlich zu bestätigen, wenn sie am Tage des Beitritts oder nach dem Beitritt rechtmäßig im Bundesgebiet beschäftigt seien und ununterbrochen mindestens 12 Monate zum Arbeitsmarkt zugelassen gewesen seien. Die Zulassung als Praktikant nach dem Praktikantenabkommen erfolge grundsätzlich immer unter einem Jahr. Bei Praktikanten werde grundsätzlich davon ausgegangen, dass sie die in Österreich erworbenen Kenntnisse im Anschluss daran in ihrem Heimatland anwendeten. Die Übergangsbestimmungen für neue EU-Bürger gemäß § 32a Abs. 1 bis 3 AuslBG ließen auf eine fortgeschrittene persönliche Integration neuer EU-Bürger im Sinne des § 4 Abs. 6 Z. 2 AuslBG schließen, wenn diese in Österreich im Zusammenhang mit einer Niederlassung bereits länger ein ausreichendes Einkommen aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit erzielten oder in Österreich in der Vergangenheit bereits einer bewilligten Dauerbeschäftigung nachgegangen seien oder zu einem in Österreich bereits integrierten Arbeitsmarkt zugehörigen Elternteil/Ehegatten nachgezogen seien. Auf Grund der Aktenlage könne auf keine fortgeschrittene persönliche Integration in diesem Sinne geschlossen werden. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als Schlüsselkraft lägen nicht vor. Der angehörte Regionalbeirat habe die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung nicht befürwortet. Es sei weder im Ermittlungsverfahren eine Zugehörigkeit zum Personenkreis gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG festgestellt, noch in der Berufung vorgebracht worden. Die besonderen Voraussetzungen gemäß § 2 Abs. 5 AuslBG für die Zulassung als Schlüsselkraft lägen nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte, und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

In Ausführung der Beschwerde machen die Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe übersehen, dass sich der Zweitbeschwerdeführer schon seit über einem Jahr in einem ordentlichen Beschäftigungsverhältnis, gerechnet ab , befunden habe, da die Ablehnung des Antrages auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung durch die Behörde erster Instanz vom nicht rechtskräftig geworden sei. Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung sei der Zweitbeschwerdeführer bereits über ein Jahr rechtmäßig in Österreich tätig gewesen. Auch habe die Behörde ihren Bescheid nur mangelhaft begründet, weil sie lediglich auf eine Landeshöchstzahl verwiesen habe ohne Bedacht auf die bundesweite Höchstzahl genommen zu haben. Es genüge nicht, lediglich Stehsätze zu verwenden. Auch habe sich die belangte Behörde nicht mit dem Beitrittsvertrag Ungarn zur Europäischen Union auseinandergesetzt, zumal dieser unmittelbare Anwendung zu finden habe. Im Beitrittsvertrag Ungarn unter dem Kapitel "Freizügigkeit" werde bestimmt, dass ungarische Staatsangehörige, die nach dem Beitritt für einen ununterbrochenen Zeitraum von 12 Monaten oder länger zum Arbeitsmarkt eines derzeitigen Mitgliedsstaates zugelassen gewesen seien, die selben Rechte (ergänze: wie dies Staatsangehörige dieses Staates) genössen. Berechnet vom Zeitpunkt bis zur Erlassung des Berufungsbescheides (Anm.: ) sei der Zweitbeschwerdeführer daher legal in Österreich tätig gewesen.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Obwohl der Verwaltungsgerichtshof wiederholt (zuletzt mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/09/0193) ausgesprochen hat, dass die Feststellung der Überschreitung der mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit und Soziales festgesetzten Landeshöchstzahl eine Sachverhaltsfeststellung und nicht etwa eine dem Parteiengehör nicht zu unterziehende rechtliche Beurteilung ist, sie daher von der Behörde in einem ordnungsgemäßen Verfahren nach den Grundsätzen der §§ 37, 45 Abs. 2 und 3 sowie 46 AVG zu ermitteln und festzustellen ist und im vorliegenden Fall den Beschwerdeführern trotz ihrer diesbezüglichen Einwendungen in der Berufung im Berufungsverfahren weder Aufklärung noch Gelegenheit zur Stellungnahme zu der von der belangten Behörde angenommenen Überschreitung der Landeshöchstzahl gewährt worden ist und insofern eine Verletzung von Verfahrensvorschriften vorliegt, führt diese doch im vorliegenden Fall nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides, weil - im Gegensatz zu dem Beschwerdevorbringen, welches dem bereits zitierten hg. Erkenntnis vom zugrunde lag - nicht ausgeführt ist, ob überhaupt bzw. mit welchen Argumenten die diesbezügliche Annahme der belangten Behörde bestritten worden wäre, wäre ein entsprechendes Parteiengehör eingeräumt worden. Verletzungen von Verfahrensvorschriften führen aber nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn auf Grund der vom Beschwerdeführer aufzustellenden Relevanzbehauptungen nicht mehr ausgeschlossen werden kann, dass bei Vermeidung des gerügten Verfahrensmangels die Behörde zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Ergebnis hätte gelangen können. Ein derartiges Vorbringen wird in der vorliegenden Beschwerde nicht erstattet, weshalb die - solcher Art inhaltsleere - Verfahrensrüge unbegründet war.

Insoweit sich die Beschwerdeführer darauf berufen, der Zweitbeschwerdeführer sei im Zeitpunkt der Bescheiderlassung durch die belangte Behörde bereits schon über ein Jahr rechtmäßig in Österreich tätig, ist auf Folgendes hinzuweisen:

Der Zweitbeschwerdeführer war nach dem insoweit unstrittigen Akteninhalt nach dem zwischen der Republik Österreich und der Republik Ungarn abgeschlossenen Abkommen vom , BGBl. III Nr. 27/1998, über den Austausch von Arbeitnehmern zur Erweiterung der beruflichen und sprachlichen Kenntnisse (Praktikantenabkommen) für den Zeitraum vom bis , daher für 341 Tage, als Praktikant in Österreich zugelassen.

Nach Art. 3 Abs. 3 dieses Abkommens sind Beschäftigungszeiten, die auf Grund einer Zulassung als Praktikant erworben werden, auf Beschäftigungszeiten, mit denen auf Grund sonstiger Rechtsvorschriften Berechtigungen zur Ausübung einer Beschäftigung erworben werden, nicht anrechenbar.

Daraus ergibt sich bereits, dass jene Beschäftigungszeiten, die der Zweitbeschwerdeführer ab dem , dem Tag seiner Arbeitsaufnahme, absolvierte, nicht auf Grundlage des zitierten Praktikantenabkommens angerechnet werden können.

Auch insoweit sich die Beschwerdeführer auf die Bestimmung des § 20b AuslBG berufen, geht ihre Beschwerde fehl. Die Behörde erster Instanz entschied über den am gestellten Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung bereits mit Bescheid vom , zugestellt am (erster Tag der Abholfrist). Damit hielt die Behörde erster Instanz die ihr in § 20a AuslBG gesetzte Entscheidungsfrist von 6 Wochen ein. Bereits aus diesem Grunde fällt aber der Anwendungsbereich des § 20b AuslBG weg, weil sich diese Bestimmung als vorläufige Regelung für den Falle der Überschreitung der in § 20a leg. cit. normierten Frist versteht, sodass sich die Beschwerdeführer nicht auf diese Bestimmung, insbesondere jene des Abs. 1 letzter Satz, berufen können.

Bereits aus diesen Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am