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VwGH vom 22.04.2010, 2006/09/0212

VwGH vom 22.04.2010, 2006/09/0212

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Strohmayer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des XY in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Finanzen vom , Zl. BMF- 321600/0007-I/20/2006, betreffend Übergenuss nach dem Gehaltsgesetz 1956, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

5,14 Kilometer beträgt die Entfernung zwischen dem Zollamt Salzburg, der Dienststelle des Beschwerdeführers, wo er als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund als Teamleiter dienstverwendet wurde, und der (ebenfalls in der Stadt Salzburg situierten) Zollstelle Saalbrücke, wo er in der Zeit vom 15. November bis zum auf Grund eines ihm erteilten Dienstauftrages im Rahmen einer Schulung durch so genannte "e-Zoll-Trainer" im Zuge eines "Maßnahmenplanes zur praktischen Vorbereitung der Bediensteten (Kontrollmanager und Kontrollorgane) auf e-Zoll" Dienst versah. Der Beschwerdeführer wohnt in der Stadt Salzburg.

Auf Grund einer vom Beschwerdeführer gestellten Reiserechnung vom wurde ihm für seine Dienstverrichtung bei der Zollstelle Saalbrücke während dieser drei Tage die Vergütung der Kosten für die Benützung des Massenbeförderungsmittels in der Höhe von EUR 10,-- sowie Tagesgebühren im Ausmaß von EUR 41,70 (dreimal zwei Drittel Tagesgebühren in der Höhe von jeweils EUR 20,90) zuerkannt und an den Beschwerdeführer der geltend gemachte Betrag von insgesamt EUR 51,70 ausbezahlt. Im Jänner 2006 stellte die Dienstbehörde erster Instanz jedoch fest, dass die Tagesgebühren in der Höhe von EUR 41,70 an den Beschwerdeführer zu Unrecht zur Auszahlung gelangt seien, wovon sie den Beschwerdeführer in Kenntnis setzte und den genannten Betrag durch Abzug vom Monatsbezug Februar 2006 hereinbrachte.

Der Beschwerdeführer war mit dieser Vorgangsweise nicht einverstanden, aus welchem Grunde es zur Erlassung des im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheides der belangten Behörde kam, mit welchem die belangte Behörde gemäß § 13a des Gehaltsgesetzes 1956 (GG) aussprach, dass der durch Auszahlung entstandene Übergenuss in Höhe von EUR 41,70 (Nettoübergenuss) zur Gänze zurückzuzahlen sei und die rückforderbare Leistung durch Abzug von den dem Beschwerdeführer nach dem GG gebührenden Leistungen hereingebracht werde. In der Begründung des angefochtenen Bescheides ließ die belangte Behörde dahingestellt, ob die Dienstverrichtung des Beschwerdeführers bei der Zollstelle Saalbrücke gemäß § 20 Abs. 3 der Reisegebührenvorschrift 1955 (RGV) "als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtung anzusehen" sei, und daher aus diesem Grunde ein Anspruch auf Tagesgebühren ausgeschlossen sei. Sie vertrat aber die Auffassung, dass es sich bei der Dienstverrichtung des Beschwerdeführers bei der Zollstrecke Saalbrücke in der Zeit vom bis zum um eine Schulungsmaßnahme im Zusammenhang mit der Einführung des e-Zollverfahrens gehandelt habe und ein Anspruch auf Geltendmachung von Tagesgebühren auf Grund des § 73 RGV ausgeschlossen sei. Nach dieser Gesetzesstelle begründe die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung nur dann einen Anspruch auf Leistungen nach der RGV, wenn diese Teilnahme auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb des Dienst- oder Wohnortes erfolge. Wenngleich im Maßnahmenplan zur praktischen Vorbereitung der Bediensteten auf e-Zoll sowie in dem in der Folge dazu ergangenen Dienstauftrag von einer "Dienstverrichtung" die Rede sei, so diene diese "Dienstverrichtung" ihrem Wesen nach zu nichts anderem, als dem Bediensteten entsprechendes Wissen in der praktischen Abfertigungstätigkeit zu vermitteln. Dies erhelle auch unmittelbar aus den Worten "Kenntniserlangung durch Abfertigung in der Praxis". Die in Rede stehende "Dienstverrichtung" bei der Zollstelle Saalbrücke sei daher als Lehrveranstaltung (Kurs) zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung im Sinne des § 73 RGV zu werten, zähle doch die Durchführung von Abfertigungen im Güterverkehr unter Zugrundelegung der zollrechtlichen Bestimmungen und damit zusammenhängender Rechtsvorschriften auf nationaler und EU-Ebene zu den Aufgaben des Beschwerdeführers als Teamleiter in einem Zollamt. Dass der Beschwerdeführer auf Grund organisatorischer Einteilungen derzeit mit der Abfertigung im Güterverkehr nicht befasst sei, vermöge weder am Umstand, dass die Abfertigungstätigkeit zu seinen Aufgaben als Teamleiter in einem Zollamt zähle, etwas zu ändern noch der angeordneten Dienstverrichtung den Charakter einer Lehrveranstaltung zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung zu nehmen.

Im vorliegenden Fall seien sowohl die Dienstbehörde erster Instanz als auch der Beschwerdeführer in einem Irrtum darüber verfangen gewesen, dass hier ein Anspruch des Beschwerdeführers auf die ausbezahlten Tagesgebühren im Grunde des § 73 RGV nicht bestehe. In Anbetracht des eindeutigen Wortlautes dieser Vorschrift, dessen Auslegung keine Schwierigkeiten bereite, müsse davon ausgegangen werden, dass es dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar gewesen sei, den Umstand des Vorliegens eines Übergenusses zu erkennen, weshalb dem Beschwerdeführer eine Gutgläubigkeit im Sinne des § 13a Abs. 1 des Gehaltsgesetzes nicht zugebilligt werden könne und die Rückzahlung bzw. Einbehaltung des Übergenusses daher gerechtfertigt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgeblichen Bestimmungen der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133 idF BGBl. I Nr. 130/2003 (RGV), lauten:

"§ 2. (1) Eine Dienstreise im Sinne dieser Verordnung liegt

vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten

Dienstauftrages oder auf Grund einer Dienstinstruktion an einen

außerhalb des Dienstortes (außerhalb des Ortes der

Dienstzuteilung) gelegenen Ort begibt und die Wegstrecke von der

Dienststelle zu diesem Ort mehr als 2 Kilometer beträgt. Als

Dienstreise gilt auch

a) die Reise zur Ablegung dienstrechtlich vorgesehener

Fachprüfungen,

b) die Reise zum und vom nächstgelegenen

Nächtigungsort, falls die Nächtigung im Ort der auswärtigen

Dienstverrichtung nachweislich nicht möglich ist,

c) unter der Voraussetzung des ersten Satzes die

Reisebewegung in den Ort der Dienstzuteilung und zurück.

(2) Eine Dienstverrichtung im Dienstort im Sinne dieser Verordnung liegt vor, wenn sich ein Beamter zur Ausführung eines ihm erteilten Dienstauftrages oder auf Grund seiner Dienstinstruktion im Dienstort zu einer Dienstverrichtungsstelle begibt und die Wegstrecke von der Dienststelle zur Dienstverrichtungsstelle mehr als 2 Kilometer beträgt.

...

(5) Dienstort im Sinne dieser Verordnung ist die Ortsgemeinde, in der die Dienststelle liegt, der der Beamte dauernd zur Dienstleistung zugewiesen ist. Bei Ortsgemeinden mit besonders großer räumlicher Ausdehnung kann der Bundeskanzler festsetzen, dass als Dienstort nur bestimmte Ortsteile der Ortsgemeinde gelten.

...

Dienstverrichtungen im Dienstort

§ 20. (1) Bei Dienstverrichtungen im Dienstort gebührt dem Beamten

1. nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes II, Unterabschnitt A, der Ersatz der Kosten für die notwendige Benützung eines Massenbeförderungsmittels oder das Kilometergeld sowie der Ersatz der Kosten der Beförderung des erforderlichen Dienstgepäcks;

2. die Tagesgebühr nach Tarif II, wenn der ununterbrochene Aufenthalt außerhalb der Dienststelle die Dauer von zwölf Stunden übersteigt; übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes acht Stunden, so gebühren zwei Drittel dieser Tagesgebühr, übersteigt die Dauer des ununterbrochenen Aufenthaltes fünf Stunden, so gebührt ein Drittel dieser Tagesgebühr.

(2) Die Teilnahme an Sitzungen und Beratungen begründet keinen Anspruch auf die Tagesgebühr.

(3) Für Dienstverrichtungen, die im Dienstort außerhalb der Dienststelle vorgenommen werden und als regelmäßige und in der Natur des Dienstes gelegene Dienstverrichtungen anzusehen sind, besteht kein Anspruch auf eine Vergütung nach Abs. 1.

...

Teilnahme an Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen

§ 73. Die Teilnahme an Lehrveranstaltungen (Kursen) zum Zwecke der eigenen Aus- und Fortbildung begründet nur dann einen Anspruch auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz, wenn diese Teilnahme auf Grund eines Dienstauftrages und darüber hinaus außerhalb des Dienst- oder Wohnortes erfolgt. Wird dem Teilnehmer die Verpflegung unentgeltlich beigestellt, ist § 17 Abs. 3 anzuwenden. Wird dem Teilnehmer eine unentgeltliche Nächtigungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt, entfällt der Anspruch auf Nächtigungsgebühr."

Unstrittig ist, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Zollstelle Saalbrücke auf Grund eines Dienstauftrages erfolgte und dass diese Zollstelle sich am selben Dienstort (§ 2 Abs. 5 RGV) und Wohnort befindet wie die Dienststelle des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig, weil es sich bei dem vom Dienstgeber angeordneten "Maßnahmenplan zur praktischen Vorbereitung der Bediensteten (Kontrollmanager und Kontrollorgane) auf e-Zoll" nicht um eine Lehrveranstaltung oder einen Kurs gehandelt habe, sondern um eine praktische Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle, wenn auch mit einem Ausbildungs- bzw. Fortbildungszweck. Die Voraussetzungen des § 73 erster Satz RGV seien jedoch nicht erfüllt gewesen.

Mit dieser Argumentation zeigt der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. In seinem Erkenntnis vom , Zl. 88/12/0154, Slg. Nr. 13.172/A, hat der Verwaltungsgerichtshof die Teilnahme eines Gendarmeriebeamten als Ausbildner an einer Einsatzübung als Teilnahme an einer Lehrveranstaltung (Kurs) im Sinne des § 73 erster Satz RGV qualifiziert und ausgeführt, dass es sich dabei trotz des Umstandes, dass die "praktische Tätigkeit" zweifellos gegenüber der theoretischen "Einübung von Lernstoff" im Vordergrund stand, teils um eine "Ausbildung" im Sinne einer primär in der und durch die praktische Übung vorgenommenen Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten, zum Teil aber auch um eine in dieser Weise vorgenommene Fortbildung im Sinne zumindest einer (dienstlich notwendigen) Aufrechterhaltung, wohl aber auch einer damit Hand in Hand gehenden Erweiterung und Vertiefung solcher Kenntnisse und Fertigkeiten handelte, und zwar auch für den Beschwerdeführer als Ausbildner. Es müsse angenommen werden, dass der Gesetzgeber des § 73 RGV in der geltenden Fassung auch solche Ausbildungs- und Fortbildungsveranstaltungen dieser Vorschrift unterstellen wollte, weil im Zeitpunkt der Neufassung dieser Vorschrift bereits die §§ 43 ff BDG 1979 über die dienstliche Ausbildung (zu der auch die berufsbegleitende Fortbildung gehört) in Kraft gestanden seien, zu der Aus- und Fortbildungen in der genannten Art zu zählen seien.

Auf dem Boden dieser Rechtsprechung zu § 73 RGV ist auch für den Beschwerdefall aus § 73 erster Satz RGV der Schluss zu ziehen, dass die Dienstverrichtung des Beschwerdeführers bei der Zollstelle Saalbrücke in der Zeit vom bis zum , die unbestritten der "Kenntniserlangung durch Abfertigung in der Praxis" und dem Erwerb von Kenntnissen im Zusammenhang mit der Einführung des e-Zollverfahrens diente, als Teilnahme einer Lehrveranstaltung (Kurs) zum Zweck der eigenen Aus- und Fortbildung des Beschwerdeführers diente. Die belangte Behörde ist daher mit ihrer Auffassung nicht fehlgegangen, dass ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Tagesgebühr im Grunde des § 73 RGV ausgeschlossen war.

Gemäß § 13a Abs. 1 GehG sind zu Unrecht empfangene Leistungen (Übergenüsse), soweit sie nicht im guten Glauben empfangen worden sind, dem Bund zu ersetzen. Für die Beurteilung der Frage, ob dem Empfänger eines Betrages (eines Übergenusses), dessen Zahlung auf einen Irrtum der auszahlenden Stelle zurückgeht, Gutgläubigkeit zuzubilligen ist, kommt es - wie der Verwaltungsgerichtshof seit einem (noch zur Rechtslage vor der Einfügung des § 13a in das GehG 1956 durch die 15. GehG-Novelle) von einem verstärkten Senat beschlossenen Erkenntnis vom , Zl. 1278/63, Slg. 6736/A, in ständiger Rechtsprechung erkennt - nicht auf das subjektive Wissen des Leistungsempfängers, sondern auf die objektive Erkennbarkeit des Übergenusses (des Irrtums der auszahlenden Stelle) an. Demnach ist die Gutgläubigkeit beim Empfang von Übergenüssen schon dann nicht anzunehmen, wenn der Leistungsempfänger - nicht nach seinem subjektiven Wissen, sondern objektiv beurteilt - bei Anwendung eines durchschnittlichen Maßes an Sorgfalt an der Rechtmäßigkeit der ihm ausbezahlten Leistungen auch nur hätte Zweifel haben müssen (vgl. in diesem Sinne etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0038, mwN).

Im vorliegenden Fall hätte es dem Beschwerdeführer angesichts des Umstandes, dass es sich bei seiner Dienstverrichtung bei der Zollstelle Saalbrücke um eine Aus- und Fortbildungsmaßnahme handelte, die auch als Lehrveranstaltung (Kurs) im Sinne des § 73 RGV angesehen werden kann, doch zweifelhaft erscheinen müssen, ob die Auszahlung zu Recht erfolgte. Der Beschwerdeführer wurde durch die mit dem angefochtenen Bescheid legitimierte Einbehaltung der von ihm insofern geltend gemachten Tagesgebühren daher nicht in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
TAAAE-82627