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VwGH vom 29.05.2013, 2011/01/0183

VwGH vom 29.05.2013, 2011/01/0183

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Fasching und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des K in S, vertreten durch Dr. Peter Cardona, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Kaigasse 20, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20052-22114/12-2011, betreffend Staatsbürgerschaft,

Spruch

I. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird, soweit sie sie sich gegen die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft richtet, als unbegründet abgewiesen.

II. den Beschluss gefasst:

Im Übrigen wird die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung der Anträge auf Erstreckung der dem Beschwerdeführer zu verleihenden Staatsbürgerschaft auf seine Kinder richtet, als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, am zugestellten, Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des (staatenlosen) Beschwerdeführers vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft ab. Weiters wurden die Erstreckungsanträge der 2009 und 2010 geborenen minderjährigen Kinder des Beschwerdeführers abgewiesen. Als Rechtsgrundlage ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde die §§ 10 Abs. 1 Z. 1, 17 Abs. 1 und 18 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311 "idgF" (StbG) an.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers vom mit (im Instanzenzug ergangenen) Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom "bezüglich des Status des Asylberechtigten" gemäß § 7 AsylG abgewiesen worden sei; gleichzeitig sei dem Beschwerdeführer jedoch gemäß § 8 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine zunächst befristete, in weiterer Folge immer wieder verlängerte, Aufenthaltsberechtigung erteilt worden. Dem Beschwerdeführer sei erstmals am eine Niederlassungsbewilligung "unbeschränkt - ehemals subsidiär Schutzberechtigter" nach § 43 Abs. 6 NAG mit einer Gültigkeitsdauer bis erteilt worden.

Der Beschwerdeführer erfülle somit weder das Erfordernis des zehnjährigen rechtmäßigen und unterunterbrochenen Aufenthalts noch der fünfjährigen Niederlassung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG. Aus diesem Grund sei der Verleihungsantrag des Beschwerdeführers abzuweisen gewesen; infolge dessen seien auch die Erstreckungsanträge der minderjährigen Kinder abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Zu I.:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 in der Fassung der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 (StbG), darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn er sich seit mindestens zehn Jahren rechtmäßig und ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten hat und davon zumindest fünf Jahre niedergelassen war.

Die Beschwerde macht geltend, der Beschwerdeführer habe sich seit dem Zeitpunkt der Stellung seines Asylantrages, dem , "berechtigt" in Österreich aufgehalten, weshalb das Erfordernis des zehnjährigen Aufenthaltes erfüllt sei. Der Beschwerdeführer erfülle weiters die Voraussetzung der fünfjährigen Niederlassungsdauer, weil infolge der am in Kraft getretenen Bestimmung des § 45 Abs. 1a NAG die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthaltes auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zur Hälfte auf die Fünfjahresfrist gemäß Abs. 1 leg.cit. anzurechnen sei; diese Bestimmung sei auch für die Niederlassung im Staatsbürgerschaftsrecht maßgeblich.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG erfordert, dass der Staatsbürgerschaftswerber mindestens zehn Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig und in dieser Zeit zumindest fünf Jahre niedergelassen ist, wobei diese beiden Verleihungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/01/0943, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , Zl. 2006/01/0520, unter Hinweis auf Vorjudikatur das Kriterium des zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts im Bundesgebiet zusammenfassend erläutert sowie die Voraussetzungen für die Erfüllung des Erfordernisses der fünfjährigen Niederlassung dargelegt. Auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insoweit gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen (vgl. weiters aus der jüngeren Rechtsprechung z. B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/01/0134, mwN).

a) Zum rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalt zählen vor allem Zeiten des sichtvermerksfreien Aufenthalts, des Aufenthalts mit Visum oder auf Grund einer Legitimationskarte oder einem Aufenthaltstitel gemäß § 8 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG). Für Zeiten vor Inkrafttreten des NAG kann die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts auch mit Aufenthaltstitel nach den Vorschriften des FrG 1997 oder des AufG nachgewiesen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/01/0316, mwN).

Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde dem Beschwerdeführer infolge seines am gestellten Asylantrages weder eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 15 Asylgesetz 1997 (AsylG) erteilt, noch eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 19 leg. cit. zuerkannt. Ein Aufenthaltsrecht des Beschwerdeführers nach diesen Bestimmungen bzw. sonstigen in Betracht kommenden Vorschriften (des FrG 1997 oder des AufG) wird von der Beschwerde auch nicht konkret behauptet bzw. dargelegt. Die Beschwerde vermag somit der Feststellung der belangten Behörde, wonach der Beschwerdeführer erst seit über einen durchgehenden legalen Aufenthalt in Österreich verfüge, nicht entgegen zu treten.

Schon aus diesem Grund - mangels Vorliegens eines zehnjährigen rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet im Entscheidungszeitpunkt - hat die belangte Behörde das Verleihungshindernis des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG daher zu Recht angenommen.

b) Darüber hinaus ist aber auch die Annahme der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer - infolge der unstrittig erstmals am erteilten Niederlassungsbewilligung - weiters das Erfordernis der fünfjährigen Niederlassung im Sinne des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht erfüllt habe, nicht zu beanstanden.

Aus § 45 Abs. 1a NAG (idF BGBl. I Nr. 122/2009) lässt sich in diesem Zusammenhang für den Beschwerdeführer nichts gewinnen: Nach dieser Bestimmung ist zur Niederlassung berechtigten Drittstaatsangehörigen die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung (§ 8 Abs. 1 Z 5 NAG) oder einer Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (§ 8 Abs. 4 AsylG 2005), zur Hälfte auf die Fünfjahresfrist des Abs. 1 anzurechnen. Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung bezieht sich die Möglichkeit der Anrechnung demnach lediglich auf den in § 45 Abs. 1 NAG geregelten Fall (der Verleihung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt - EG" an Drittstaatsangehörige unter den dort genannten Voraussetzungen). In diesem Sinne führen auch die Gesetzesmaterialien (RV 330 BlgNR, 24. GP) aus, dass mit der Bestimmung des § 45 Abs. 1a NAG erreicht werden soll, dass "Fremden, die zur Niederlassung berechtigt sind, die Zeit eines rechtmäßigen Aufenthalts im Bundesgebiet auf Grund … einer Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (§ 8 Abs. 4 AsylG 2005), zur Hälfte auf die Fünfjahresfrist zur Erteilung eines Aufenthaltstitels "Daueraufenthalt-EG" anzurechnen ist …" (Hervorhebung hinzugefügt).

Im Anwendungsbereich des StbG ist § 45 Abs. 1a NAG ohne Bedeutung; eine Anrechnung der Zeiten des rechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigter auf die fünfjährige Niederlassungsfrist des § 10 Abs. 1 Z. 1StbG - wie dies der Beschwerde vorschwebt - kommt nicht in Betracht.

Aus den erwähnten Gründen ist die Abweisung des Verleihungsansuchens demnach sowohl mangels Erfüllung der Verleihungsvoraussetzung des zehnjährigen durchgehenden legalen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet als auch jener der fünfjährigen Niederlassung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG zu Recht erfolgt.

Die Beschwerde war insofern gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als

unbegründet abzuweisen.

Zu II.:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde nicht nur der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Staatsbürgerschaft abgewiesen; spruchgemäß wurde auch der Antrag auf Erstreckung, den der Beschwerdeführer als gesetzlicher Vertreter für seine zwei minderjährigen Kinder eingebracht hatte, abgewiesen.

Die Erstreckung der Verleihung darf zufolge § 18 StbG nur gleichzeitig mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft und nur mit demselben Erwerbszeitpunkt verfügt werden. Daher sind Erstreckungs- und Verleihungsverfahren unter einem zu führen. Diese zwingende Verfahrensverbindung ändert aber nichts daran, dass bei allen Verleihungs- und Erstreckungswerbern die Voraussetzungen jeweils gesondert zu prüfen sind. Davon ausgehend sind Bescheide über die Verleihung und Erstreckung selbständige Bescheide, die nur insofern in einem Zusammenhang stehen, als die Rechtmäßigkeit der Erstreckung eine gleichzeitige Verleihung voraussetzt. Die gegenständliche Beschwerde wendet sich - wie insbesondere aus dem diesbezüglich nicht differenzierenden Antrag deutlich wird - gegen den gesamten ("angefochtenen") Bescheid der belangten Behörde und damit auch gegen die abweisenden Erstreckungsentscheidungen. Da die Beschwerde ausschließlich vom Beschwerdeführer im eigenen Namen erhoben wurde - die Kinder sind nicht Beschwerdeführer - und Anhaltspunkte, dass der Beschwerdeführer im Namen der Kinder auftritt, nicht bestehen, kann der Beschwerdeführer, der nicht Adressat der negativen Erstreckungsbescheide ist, diesbezüglich nicht in Rechten verletzt sein.

Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung mit Beschluss zurückzuweisen (vgl. zum Ganzen zuletzt das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/01/0248, mwN).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am