VwGH vom 20.09.2011, 2011/01/0180
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des M L in W, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 35/IV - L 63/2009, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 und § 10 Abs. 5 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009, BGBl. I Nr. 122 (StbG), ab.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am in "Chorasaba" geboren, er halte sich seit November 2000 in Österreich auf und sei am als staatenloser Asylberechtigter und Flüchtling in Österreich anerkannt worden. Auf Grund gesundheitlicher Einschränkungen - als Folge erlittener Folter - befinde er sich in ärztlicher Behandlung. Eine Beschäftigung sei dem Beschwerdeführer (auf Grund seiner Angaben und den vorgelegten ärztlichen Bestätigungen) auf Grund der seelischen und körperlichen Beeinträchtigungen nicht möglich; er sei als Haushaltshilfe und persönlicher Assistent tätig; er versuche so anderen Personen zu helfen. Vom Bundessozialamt - Landesstelle Wien sei das Vorliegen einer 80 %igen Behinderung bestätigt worden.
Der Beschwerdeführer beziehe (laut Mitteilung der Magistratsabteilung 40 zuletzt vom ) seit laufend Sozialhilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Auf Grund des Sozialhilfebezuges erfülle er die Voraussetzung der §§ 10 Abs. 1 Z. 7 und 10 Abs. 5 StbG nicht.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom , B 1747/10-3, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. Danach ergänzte der Beschwerdeführer die abgetretene Beschwerde mit einem Schriftsatz vom .
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG darf die Staatsbürgerschaft einem Fremden, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, nur verliehen werden, wenn sein Lebensunterhalt hinreichend gesichert ist.
Gemäß § 10 Abs. 5 StbG (in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 122/2009) ist der Lebensunterhalt (Abs. 1 Z. 7) dann hinreichend gesichert, wenn feste und regelmäßige eigene Einkünfte aus Erwerb, Einkommen, gesetzlichen Unterhaltsansprüchen oder Versicherungsleistungen zum Entscheidungszeitpunkt im Durchschnitt der letzten drei Jahre nachgewiesen werden, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach dem Durchschnitt der Richtsätze des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, der letzten drei Jahre entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und durch Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebender Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen.
Gemäß § 64a Abs. 7 StbG tritt § 10 Abs. 5 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 mit in Kraft.
Gemäß § 64a Abs. 9 StbG sind Verfahren auf Grund eines vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 erlassenen Zusicherungsbescheides nach § 20 Abs. 1 nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes in der am gültigen Fassung zu Ende zu führen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei als Behinderter auf Sozialhilfe angewiesen. Diese Sozialhilfeleistung hätte in seinen Lebensunterhalt einberechnet werden müssen. Im gegenteiligen Fall könne ein behinderter Fremder niemals die österreichische Staatsbürgerschaft erlangen. Die Sozialhilfe könne sein "Recht auf österreichische Staatsbürgerschaft" nicht hindern. Sein Parteiengehör sei nicht beachtet worden; "trotz schriftlicher Stellungnahme meinerseits erscheint mein Parteiengehör verletzt". Unter Hinzurechnung seiner Sozialhilfeleistungen liege "ein ausreichendes Einkommen im Sinne des § 293 ASVG vor".
Damit zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Mit der zwingenden Verleihungsvoraussetzung eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes gab der Gesetzgeber zu verstehen, dass er die Staatsbürgerschaft nur an Fremde verliehen wissen will, die ihren Lebensunterhalt in Österreich durch entsprechendes Einkommen (oder gleichzusetzende Leistungen) ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistung der Gebietskörperschaften hinreichend gesichert haben. Diese gesetzlichen Voraussetzungen müssen objektiv erfüllt sein; dass den Verleihungswerber am Fehlen eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes im Sinne der vorgenannten Bestimmungen kein Verschulden trifft, ist nicht von Belang (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/01/1394, mwN).
Die belangte Behörde stützte die Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers auf den Bezug von Sozialhilfeleistungen. Die festgestellten Sozialhilfebezüge bestreitet der Beschwerdeführer nicht. Schon durch diesen Bezug von Sozialhilfe ist die Annahme eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes ausgeschlossen.
Der Beschwerdeführer erfüllte demnach (unstrittig) im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides die gesetzlichen Verleihungsvoraussetzungen nicht, zumal das Erfordernis eines hinreichend gesicherten Lebensunterhaltes nach § 10 Abs. 1 Z. 7 iVm Abs. 5 StbG auch für anerkannte Flüchtlinge maßgeblich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2007/01/1394, und vom , Zl. 2007/01/0791).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-82604