VwGH vom 17.12.2013, 2013/09/0094
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Mag. WS in S, vertreten durch Dr. Farid Rifaat, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schmerlingplatz 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-BN-12-1198, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, dass er drei namentlich angeführte argentinische Staatsbürger beschäftigt habe, für die weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt, noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt oder ein Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt worden sei, obwohl ein Arbeitgeber, soweit im Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) nicht anderes bestimmt sei, einen Ausländer nur beschäftigen dürfe, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung, eine Zulassung als Schlüsselkraft oder eine Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung ausgestellt worden sei oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein oder eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt oder einen Aufenthaltstitel Daueraufenthalt-EG oder einen Niederlassungsnachweis besitze. Der Beschäftigungszeitraum habe hinsichtlich des erstangeführten Ausländers seit dem bis zum , hinsichtlich des zweitangeführten Ausländers seit dem bis zum und hinsichtlich des drittangeführten Ausländers vom bis zum gedauert. Über den Beschwerdeführer wurden hiefür drei Geldstrafen von jeweils EUR 3.000,--, für den Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 100 Stunden verhängt und ihm die Verfahrenskosten auferlegt.
Die belangte Behörde führte im Wesentlichen wie folgt aus:
"Die drei im Spruch genannten Argentinier verfügen über keine Adresse im Bundesgebiet. Vom Beschuldigtenvertreter wurde in der Berufungsverhandlung angegeben, dass auch er aktuelle Wohnadressen nicht angeben könne. Aus den Niederschriften vor der Bezirkshauptmannschaft Baden hinsichtlich der Verhängung der Schubhaft sind keine ladungsfähigen Adressen im Heimatland der drei Ausländer angeführt. Aus diesem Grund ist es zulässig, für die Beweiswürdigung auf die Niederschriften anlässlich der Kontrolle durch die Finanzpolizei zurückzugreifen.
Zudem wurde vom Berufungswerber im gesamten Verfahren nicht in Abrede gestellt, dass die drei Spruchgenannten seine Polopferde betreuten, im Gegenteil, im Schriftsatz vom führte er selbst aus, dass die drei, Herr S einen Monat, Herr G 2 Monate und Herr V 2,5 Monate seine Polopferde für die Polosaison 2010 trainierten.
Ebenso gab er an, dass die Trainer auch für die Fütterung der Pferde verantwortlich waren und von ihnen auch das Ausmisten und die Pflege der Pferde vorgenommen wurde.
Nach Angaben des Beschuldigtenvertreters gab es keine schriftlichen Verträge, da dies im Pferdesport nicht üblich sei.
Im gesamten Verfahren machte der Berufungswerber zur konkreten Vertragsgestaltung, insbesondere hinsichtlich des Honorars, keine Angaben.
Alle drei Argentinier gaben an, dass der Berufungswerber ihnen den Flug und Kost und Logis bezahle.
Bei der Kontrolle durch die Finanzpolizei wurden die drei beim Ausmisten der Pferdeboxen betreten. Sie führten übereinstimmend aus, dass sie für die Pferdepflege, Stallpflege und das Pferdetraining bzw. Vorbereitung der Pferde bei Turnieren zuständig seien und täglich zwischen 4 bis 5, 5 bis 6, bzw. 8 Stunden arbeiteten.
Die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Polosport war entbehrlich, da die Spielregeln und die Anforderungen an die Pferde im Polosport im vorliegenden Fall nicht entscheidungsrelevant waren. Zudem handelt es sich bei der Beurteilung hinsichtlich des Vorliegens eines Werkvertrags um eine Rechtsfrage, die die erkennende Behörde selbst zu lösen hat.
Im Rahmen der rechtlichen Würdigung des Sachverhalts geht die erkennende Behörde davon aus, dass es sich dabei nicht um einen Werkvertrag handelte.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes besteht die Verpflichtung aus einem Werkvertrag darin, eine genau umrissene Leistung in der Regel bis zu einem bestimmten Termin zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essentiell ist ein gewährleistungstauglicher Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrags. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag.
Auch wenn man davon ausgeht, dass die Argentinier die Polopferde als Vorbereitung zu den Spielen der Polo-Europameisterschaft 2010 trainierten, ist nicht zu erkennen, worin das zu leistende Werk bestehen und wie ein gewährleistungstauglicher Erfolg der Tätigkeit festgestellt werden sollte.
Es ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber die Polopferde nicht im Rahmen eines Betriebes, sondern als Privatmann hielt, was in rechtlicher Hinsicht nicht entscheidungsrelevant ist, da die Stellung der Pferdetrainer und Pfleger jedenfalls dienstnehmerähnlich war und auch im privaten Bereich Dienstnehmer (Haushälterin, Gärtner, etc.) beschäftigt werden können.
Selbst wenn keine fixen Arbeitszeiten vorgegeben sind, so ist doch durch die Art der Betreuung der Tiere es notwendig, dass die Arbeit in einem bestimmten täglichen Zeitrahmen zu erbringen ist. Es ist wohl kaum möglich, dass die drei sich ihre Arbeit so einteilen hätten können, dass sie sich 2 Tage überhaupt nicht um die Pferde kümmern. Geschuldet war ihre ständige Arbeitskraft.
Der Berufungswerber führte aus, dass er als Polospieler ausschließlich am Trainingsniveau der Pferde unmittelbar vor bzw. bei den Turnieren beurteilen hätte können, ob die gewünschte und vereinbarte Leistung erbracht wurde, zumal es sich bei ihm um einen ausgezeichneten, erfahrenen Reiter handelt, er aber mangels Fachkenntnis keine laufenden Anweisungen hinsichtlich des Trainings hätte geben können.
Arbeitsanweisungen zu geben bedeutet nicht, jeden einzelnen Schritt dem Arbeitnehmer vorzuschreiben. Einem Dienstnehmer, der als Chemiker in einer Forschungsabteilung eines chemischen Unternehmens arbeitet, wird vom Arbeitgeber auch nicht jeder einzelne Schritt seiner Tätigkeit vorgegeben, da der Arbeitgeber nicht über die entsprechenden spezifischen Kenntnisse verfügt, sondern gerade wegen der besonderen Fachkenntnisse einen Spezialisten beschäftigt, ohne dass Zweifel an der Dienstnehmereigenschaft bestehen.
Aufgrund der von den Ausländern angegebenen täglichen Arbeitszeiten war auch die Möglichkeit, für andere Personen tätig zu werden, äußerst eingeschränkt. Wenn sich die Erteilung von Weisungen bezüglich des arbeitsbezogenen Verhaltens weitgehend erübrigt, weil der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich bei seiner Tätigkeit zu bewegen und zu verhalten hat, dann äußert sich das nach der Rechtsprechung des VwGH an sich unterscheidungskräftige Merkmal des Weisungsrechts in Form von Kontrollrechten (stille Autorität des Arbeitgebers)."
Zur Strafzumessung führte die belangte Behörde aus, dass das monatliche Nettoeinkommen des Beschwerdeführers mit EUR 30.000,-- eingeschätzt worden sei, von seinem Vertreter seien in der eingeräumten Frist dazu keine Unterlagen vorgelegt worden, aus denen sich Anderes ergäbe. Sorgepflichten wurden für vier Kinder und eine Ehegattin angenommen, als mildernd die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zum Tatzeitpunkt und die lange Verfahrensdauer. Der wirtschaftliche Nutzen, den der Beschwerdeführer aus der unerlaubten Beschäftigung der Ausländer gezogen habe, sei zu berücksichtigen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die drei argentinischen Staatsangehörigen in dem im angefochtenen Bescheid angeführten Zeitraum seine Polopferde betreuten und zwar durch Fütterung, Pferdepflege, Stallpflege und Pferdetraining sowie Vorbereitung der Pferde für Turniere. Die Ausländer waren ausschließlich für den Beschwerdeführer und die Betreuung seiner Pferde tätig und arbeiteten täglich zwischen vier bis fünf, fünf bis sechs bzw. acht Stunden. Sie erhielten vom Beschwerdeführer dafür Kost und Logis und der Beschwerdeführer hatte ihnen auch den Flug von Argentinien nach Österreich bezahlt.
Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf das einen ganz ähnlichen Fall betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0108, und die Begründung dieses Erkenntnisses, das einen gleichen Bescheid und eine gleiche vom selben Rechtsvertreter eingebrachte dagegen gerichtete Beschwerde betraf, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen. Die dort angegebene Begründung gilt mutatis mutandis auch für den vorliegenden Fall.
Auch im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren kein Vorbringen erstattet, welches die belangte Behörde dazu hätte veranlassen müssen, das Verhältnis des Beschwerdeführers zu den drei argentinischen Staatsbürgern als Werkverträge über die Erbringung jeweils eigenständiger selbstständiger Werke zu betrachten. Auch wenn einzuräumen sein mag, dass den Ausländern - zwei von ihnen hatten ihre Tätigkeit als "Zeitvertreib" ("pasatiempo") bezeichnet - erheblicher Sachverstand im Umgang mit Pferden zugekommen sein mag, so ändert dies nichts an deren wirtschaftlichen aber auch persönlichen Abhängigkeit vom Beschwerdeführer. Der Beschwerdeführer hat zwar auch in seiner Beschwerde vorgebracht, es sei ein "gewährleistungstauglicher Erfolg geschuldet" worden, diesen Erfolg hat er jedoch weder im Verwaltungsverfahren - der ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladene Beschwerdeführer ist dort nicht erschienen - noch auch in der Beschwerde auf irgend eine Weise konkretisiert.
Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte ein Gutachten über die Tätigkeit von so genannten "argentinischen Grooms" einholen müssen, ist der dazu gegebene Hinweis der belangten Behörde zutreffend, dass dies im vorliegenden Fall nicht entscheidungsrelevant war, sondern die konkrete Tätigkeit der Ausländer.
Hinsichtlich der Verfahrensrüge der Unterlassung der Einvernahme von Zeugen gilt auch im vorliegenden Fall das im bereits angeführten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0108, Gesagte. Vor einer - im Verwaltungsstrafverfahren im Übrigen nicht vorgesehenen - Einvernahme im Rechtshilfeweg hätte der Beschwerdeführer die Adressen der drei Ausländer im Ausland bekannt geben müssen, um allenfalls die belangte Behörde in die Lage zu versetzen, mit ihnen in Kontakt zu treten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/09/0092), um ihre grundsätzlich gemäß § 51i VStG gebotene unmittelbare Aussage vor der belangten Behörde zu ermöglichen oder zumindest eine schriftliche Erklärung zu erwirken. Diese Grundsätze wurden im vorliegenden Fall jedoch nicht verletzt, weil der Beschwerdeführer keinen Beitrag zur Feststellung des Aufenthaltsortes der ausländischen Zeugen geliefert hat.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung durch den Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, weil eine solche Verhandlung bereits vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, durchgeführt worden ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/09/0024).
Der Beschwerdeführer wurde durch den angefochtenen Bescheid sohin nicht in seinen Rechten verletzt, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
GAAAE-82598