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VwGH vom 24.02.2011, 2008/21/0088

VwGH vom 24.02.2011, 2008/21/0088

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des X, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. St 199/07, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der aus dem Kosovo stammende Beschwerdeführer reiste am illegal in das Bundesgebiet ein und beantragte am selben Tag erfolglos die Gewährung von Asyl. Am heiratete er die österreichische Staatsbürgerin B., begründete mit ihr einen gemeinsamen Haushalt und arbeitete im Betrieb ihrer Landwirtschaft mit. Am beantragte er - unter Hinweis auf die Familiengemeinschaft mit B. - die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 49 Abs. 1 FrG. Zu diesem Verfahren wird auf das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0221, verwiesen.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) den Beschwerdeführer gemäß den §§ 53, 66 Abs. 1 sowie §§ 86 und 87 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte sie - auf das im vorliegenden Zusammenhang Wesentliche zusammengefasst - aus, der Beschwerdeführer halte sich "seit rechtskräftig negativ abgeschlossenem Asylverfahren, also seit ", insofern rechtswidrig im Bundesgebiet auf, als ihm weder ein Einreisetitel nach dem FPG noch ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt worden sei. Ein Aufenthaltsrecht auf Grund einer anderen gesetzlichen Bestimmung sei weder behauptet worden noch aktenkundig. Auf Grund des Aufenthaltes seit und der Ehe mit einer Österreicherin (für das Vorliegen einer Scheinehe habe keine hinreichende Beweislage geschaffen werden können) werde durch die Ausweisung in erheblichem Ausmaß in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Dazu komme, dass er mit seiner Ehegattin "die gemeinsame Landwirtschaft betreibe und so den Lebensunterhalt sichere". Er sei weder "verwaltungs- noch strafgerichtlich in Erscheinung getreten". Das Gewicht der Integration werde jedoch dadurch erheblich gemindert, dass sein Aufenthalt während des Asylverfahrens nur auf Grund eines Antrages, der sich letztlich als unbegründet erwiesen habe, vorläufig berechtigt gewesen sei. Auch die genannte Eheschließung sei nach der widerrechtlichen Einreise in das Bundesgebiet erfolgt. Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße, sodass die Ausweisung gemäß § 66 Abs. 1 FPG zu deren Wahrung dringend geboten sei. Die öffentliche Ordnung würde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dasselbe gelte, wenn Fremde nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Vor diesem Hintergrund seien auch keine Gesichtspunkte erkennbar, die es erforderten, das der Behörde durch § 53 Abs. 1 FPG eingeräumte Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers zu üben.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1877/07-9, ablehnte und sie mit gesondertem Beschluss vom dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Beurteilung des gegenständlichen Falles im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach der Rechtslage des FPG idF des BGBl. I Nr. 99/2006 richtet.

Der Beschwerdeführer hält sich nach Abweisung seines Asylantrages unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass gegen die behördliche Annahme, der Ausweisungstatbestand des § 53 Abs. 1 FPG sei erfüllt, keine Bedenken bestehen.

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG jedoch nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde zwar (grundsätzlich zutreffend) ausgeführt, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch die Normadressaten aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukomme. Bei dessen Abwägung mit den gegen die Ausweisung sprechenden privaten Interessen des Beschwerdeführers hat sie allerdings nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes dessen Aufenthalt im Bundesgebiet seit , der (seit aufrechten) Ehegemeinschaft mit der österreichischen Staatsbürgerin B., der seither andauernden Berufstätigkeit und Selbsterhaltungsfähigkeit, der Unbescholtenheit sowie der - in den Feststellungen jedenfalls nicht in Abrede gestellten - vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten darüber hinausgehenden Integration im Bundesgebiet zu geringes Gewicht beigemessen.

Vor allem hätte sich die belangte Behörde in Anbetracht der aus ihren Tatsachenfeststellungen abzuleitenden aufrechten Ehegemeinschaft mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob B., der österreichischen Ehefrau des Beschwerdeführers, die nach der Aktenlage zudem Mutter eines am geborenen Sohnes und seit vielen Jahren als Landwirtin tätig ist, ein Familiennachzug in das Herkunftsland des Beschwerdeführers zur Aufrechterhaltung der Ehegemeinschaft möglich und zumutbar wäre (vgl. dazu zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0031, mwN).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
WAAAE-82597