VwGH vom 29.11.2012, 2011/01/0167
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2011/01/0168 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des C K in W, vertreten durch Mag. Stefan Benesch, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schwindgasse 6, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom , Zl. MA 62-I/32213/2010, betreffend Auftrag nach dem Wiener Prostitutionsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom wurde dem Beschwerdeführer als verfügungsberechtigtem Mieter einer Liegenschaft samt Gebäude an einer näher genannten Adresse in Wien mit der Bezeichnung "K" aufgetragen, gemäß § 59 Abs. 2 AVG binnen einer Woche ab Zustellung des Bescheides dafür zu sorgen, dass gemäß § 5 Abs. 6 iVm § 4 Abs. 2 Z. 1 Wiener Prostitutionsgesetz (Wr. ProstitutionsG) die Anbahnung und Ausübung der Prostitution in diesem Gebäude eingestellt wird, da das Gebäude im Schutzbereich von 150 Metern einer näher bezeichneten Kirche und somit eines Gebäudes liege, welches religiösen Zwecken gewidmet sei. Gleichzeitig wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid gerichtete Berufung des Beschwerdeführers ab.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, nach dem klaren Wortlaut des § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG sei die Anbahnung der Prostitution in einem Schutzbereich von 150 m Entfernung von den in den Ziffern 1 bis 7 genannten Örtlichkeiten verboten, wobei der Schutzbereich nach dieser Bestimmung einen Umkreis mit einem Radius von 150 m Luftlinie darstelle, dessen Mittelpunkt der nächstliegende Ein- oder Ausgang des Schutzobjektes sei. Aufgrund des Gesetzeswortlautes sei somit klargestellt, dass die Abgrenzung des Schutzbereiches ausschließlich anhand eines Radius von 150 m Luftlinie zu erfolgen habe. Als Ausnahme sei (nur) jener Fall vorgesehen, dass sich zwischen dem Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung der Prostitution eine Abgrenzung befinde, die innerhalb des Schutzbereiches keine Verbindungswege und keine Sichtverbindung zum Schutzobjekt aufweise. Die Abgrenzung müsse daher so beschaffen sein, dass sie - ohne innerhalb des Schutzbereiches einen Verbindungsweg oder eine Sichtverbindung aufzuweisen - den Kreis von 150 m um den dem Ort der Anbahnung nächstgelegenen Eingang oder Ausgang des Schutzobjektes vollständig schneide, wobei sich der Ort der Anbahnung auf der einen und das Schutzobjekt auf der anderen Seite der Abgrenzung befinde. Die Ausnahmebestimmung gelte somit nur dann, wenn eine Person den Ort der Anbahnung vom Schutzobjekt aus nur erreichen könne, indem sie den beschriebenen Kreis vollständig verlasse. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers sei die Anbahnung der Prostitution somit nicht bereits dann in kürzerer Entfernung als 150 m zum Schutzobjekt zulässig, wenn "geschützte Personen" den Ort der Anbahnung vom Schutzobjekt aus nur über Umwege, die länger als 150 m sind, erreichen bzw. einsehen könnten, sondern nur dann, wenn der Umweg um die Abgrenzung zunächst aus dem Kreis (Schutzbereich) herausführe. Davon ausgehend sei aber auch die vom Beschwerdeführer beantragte Vermessung der Wegstrecke zwischen dem Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung nicht vorzunehmen gewesen. Dass zwischen den beiden Objekten eine Abgrenzung bestehe, die keine Verbindungswege und keine Sichtverbindung innerhalb des Schutzbereiches aufweise, habe der Beschwerdeführer nicht behauptet. Der bloße Umstand, dass zwischen dem Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung (nur) keine Sichtverbindung bestehe, reiche für die Anwendung der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG nicht aus. Da sich diese Interpretation bereits klar aus dem Wortlaut des Gesetzes ergebe, bleibe für die Heranziehung der Gesetzesmaterialien kein Raum.
Dem Einwand in der Berufung, die im erstinstanzlichen Bescheid eingeräumte Frist von einer Woche sei im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer auf die Untermieteinnahmen durch das gegenständliche Bestandobjekt wirtschaftlich angewiesen sei und auch die Mieterinnen keine Möglichkeit hätten, sich nach einem anderen Dienstort zur Ausübung der Prostitution umzusehen, unangemessen kurz, sei einerseits zu erwidern, dass sich der Auftrag nicht an die Mieterinnen richte und die Auswirkungen auf ihr Einkommen daher nicht zu berücksichtigen seien, und andererseits, dass der Beschwerdeführer dem Akteninhalt zufolge von den Prostituierten ein wöchentliches Entgelt erhalte und die Zeitspanne von einer Woche zur Einstellung der Anbahnung und Ausübung der Prostitution somit auch wirtschaftlich zumutbar sei. Gemäß § 59 Abs. 2 AVG habe die Frist zur Ausführung der Leistung oder Herstellung des Zustandes angemessen zu sein, wobei für die Gesetzmäßigkeit der mit dieser Bestimmung eingeräumten Ermessensübung entscheidend sei, dass die Frist objektiv geeignet sei, dem Leistungspflichtigen unter Anspannung aller seiner Kräfte nach der Lage des konkreten Falles die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen. Gegenständlich bestehe die geforderte Verhaltensweise darin, den Betrieb des "K" schlicht zu unterlassen und damit einzustellen. Auf die zur Erwirkung eines Urteils zur Feststellung der Rechtsunwirksamkeit oder zur Lösung eines allenfalls geschlossenen Untermietvertrages erforderliche Zeit sei nicht Bedacht zu nehmen, wirtschaftliche Interessen seien nur insoweit zu berücksichtigen, als dies die wahrzunehmenden öffentlichen Interessen im Einzelfall zuließen. Jede Verletzung des Schutzbereiches gemäß § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG stelle per se eine Verletzung der sittlichkeitspolizeilichen Intentionen dieses Gesetzes dar. Das sittenpolizeiliche öffentliche Interesse an der Fernhaltung der Prostitution vom gegenständlichen Schutzobjekt sei jederzeit unmittelbar wahrzunehmen und bewirke, dass dem an den Beschwerdeführer gerichteten Auftrag jedenfalls innerhalb der festgesetzten Frist realistischer Weise entsprochen werden könne.
Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid sei darauf abzustellen, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides die Voraussetzungen des § 64 Abs. 2 AVG gegeben gewesen seien. Dies sei (aufgrund näher dargestellter Gründe) zu bejahen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen des Gesetzes vom über die Regelung der Prostitution in Wien, LGBl. Nr. 7/1984 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. Nr. 17/2004 (Wr. ProstitutionsG), lauten:
"Beschränkung der Anbahnung der Prostitution
§ 4. (1) …
(2) Die Anbahnung der Prostitution ist in Bahnhöfen, Stationsgebäuden und Haltestellenbereichen öffentlicher Verkehrsmittel verboten. Weiters ist die Anbahnung der Prostitution an folgenden Örtlichkeiten (Schutzobjekten) und zusätzlich auch in einem Schutzbereich von 150 m Entfernung von diesen Örtlichkeiten verboten:
1. Gebäude und Gebäudeteile, die religiösen Zwecken gewidmet sind;
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2. | Kindertagesheime; |
3. | Schulen und Schülerheime; |
4. | Jugendheime und Jugendzentren; |
5. | Kinder- und Jugendspielplätze; |
6. | Heil- und Pflegeanstalten; |
7. | Friedhöfe. |
Der Schutzbereich stellt dabei einen Umkreis mit einem Radius von 150 m Luftlinie dar, dessen Mittelpunkt der nächstliegende Ein- oder Ausgang des Schutzobjektes ist. Von diesem Schutzbereich ausgenommen ist der Fall, dass sich zwischen Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung der Prostitution eine Abgrenzung befindet, die innerhalb des Schutzbereiches keine Verbindungswege und keine Sichtverbindung zum Schutzobjekt aufweist, wie insbesondere eine Bahntrasse oder eine Einfriedungsmauer. |
(3) …
…
Beschränkung der Prostitution
§ 5. (1) …
…
(6) Der Eigentümer (Miteigentümer), der Verfügungsberechtigte oder der Verwalter eines Gebäudes oder Gebäudeteiles im Umfang seiner Verantwortlichkeit gemäß § 8a Abs. 3 hat für die Einstellung der Prostitutionsausübung zu sorgen, wenn den Bestimmungen des § 4 Abs. 1 oder 2, des § 5 Abs. 1 oder 3 zuwidergehandelt wird, wenn eine Untersagung gemäß § 5 Abs. 4 erfolgte oder die im § 5 Abs. 5 letzter Satz angeführte Rechtsfolge eingetreten ist. Diese Verpflichtung beginnt mit dem Zeitpunkt, ab dem der Verantwortliche von der gesetzwidrigen Anbahnung oder Ausübung der Prostitution wusste oder bei gehöriger Aufmerksamkeit wissen hätte müssen."
Die Beschwerde bringt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, in Wien befänden sich über 4.100 Schutzobjekte im Sinn von § 4 Abs. 2 Z. 1 bis 7 Wr. ProstitutionsG. Ziehe man um jedes dieser Schutzobjekte einen Kreis von 150 m, ergebe sich eine Gesamtfläche von mindestens 290 km2, was mehr als doppelt so groß sei wie die gesamte bebaute Fläche Wiens inklusive der Straßenverkehrsflächen. Selbst wenn man berücksichtige, dass sich einzelne Schutzbereiche überschneiden bzw. in nicht in diese Berechnung einbezogene Flächen ragen könnten, sei nicht anzunehmen, dass mehr als zwei Schutzobjekte jeweils denselben Schutzbereich hätten. Davon ausgehend wäre aber die gesamte bebaute Fläche des Wiener Stadtgebietes eine Schutzzone und die gewerbsmäßige Prostitution gemäß § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG im gesamten Bundesland verboten. Der Ausnahmebestimmung würde damit ihr Sinn genommen. Demgegenüber habe die belangte Behörde ihre Ansicht, wonach für die Anwendbarkeit der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG ausreichend Raum bleibe, nicht näher begründet.
Führe aber der Wortlaut einer Bestimmung zu unvernünftigen, dem Gesetzgeber nicht zusinnbaren Ergebnissen, sei die Wortinterpretation unbeachtlich. Ausgehend davon, dass die Novelle des Wr. ProstitutionsG im Jahr 2004 u.a. mit der Zunahme der illegalen Prostitution begründet worden sei und ein absolutes Prostitutionsverbot "lediglich den Straßenstrich" fördere, sei § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG somit - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - "abweichend vom Wortsinn und im Einklang mit den Materialien zum Gesetzesentwurf teleologisch" zu interpretieren. Demnach seien Anbahnungen in kürzerer Entfernung als 150 m zum Schutzobjekt dann zulässig, wenn "geschützte Personen" den Ort der Anbahnung vom Schutzobjekt aus nur über Umwege erreichen bzw. einsehen könnten, die länger als 150 m sind (aber nicht notwendigerweise außerhalb des Schutzbereiches liegen). Nur nach diesem Verständnis sei gesichert, dass die Prostitution im Bundesland Wien legal und unter behördlicher Kontrolle ausgeübt werden könne. Gegenständlich befinde sich zwischen dem Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung ein ganzer Häuserblock, der jeglichen Sichtkontakt ausschließe und eine Abgrenzung darstelle; die Wegstrecke vom Schutzobjekt bis zum nächstgelegenen Eingang des Ortes der Anbahnung betrage mehr als 150 m.
Die dem Beschwerdeführer gemäß § 59 Abs. 2 AVG gesetzte Frist sei zu kurz bemessen, da er auf die Untermieteinnahmen aus dem gegenständlichen Bestandobjekt - die einzelnen Zimmer würden von Prostituierten angemietet - wirtschaftlich angewiesen sei. Das Bestandobjekt sei ausschließlich auf die Anbahnung und Ausübung der Prostitution ausgerichtet und für sonstige gewerbliche Tätigkeiten ungeeignet, die Kündigungsfrist betrage drei Monate. Durch die gesetzte Frist von einer Woche werde der Beschwerdeführer in seinen wirtschaftlichen Interessen erheblich beeinträchtigt, während öffentliche Interessen an der Fernhaltung der Prostitution vom Schutzobjekt die unangemessen kurze Frist nicht rechtfertigen könnten, zumal der Ort der Anbahnung "höchstens drei Meter innerhalb der Schutzzone per Luftlinie" liege.
Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung habe die belangte Behörde nicht begründet, worin die gravierende Gefahr für den Fall des Zuwartens konkret bestanden habe, und auch keine Interessenabwägung vorgenommen.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Der Beschwerdeführer bestreitet weder die Lage des gegenständlichen, von ihm gemieteten Gebäudes in einer Entfernung von weniger als 150 m Luftlinie zum nächstgelegenen Eingang des genannten Schutzobjekts noch den Umstand, dass das Gebäude der Anbahnung und Ausübung der Prostitution dient. Gegen die - von der belangten Behörde insofern übernommenen - Feststellungen im erstinstanzlichen Bescheid bestehen auch keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes.
Die Beschwerde hält allerdings die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2 letzter Satz Wr. ProstitutionsG für anwendbar, wonach die Anbahnung der Prostitution in einem Schutzbereich von 150 m Entfernung (u.a.) von Gebäuden, die religiösen Zwecken gewidmet sind, dann nicht verboten ist, wenn sich zwischen dem Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung der Prostitution eine Abgrenzung befindet, die innerhalb des Schutzbereiches keine Verbindungswege und keine Sichtverbindung zum Schutzobjekt aufweist, wie insbesondere eine Bahntrasse oder eine Einfriedungsmauer.
Mit ihrer Auslegung, wonach es insofern allein darauf ankomme, dass der Ort der Anbahnung vom Schutzobjekt aus nur über Umwege erreichbar bzw. einsehbar sei, die länger als 150 m seien, nicht aber darauf, ob diese Umwege innerhalb oder außerhalb eines Kreises von 150 m um das Schutzobjekt verlaufen würden, entfernt sich die Beschwerde jedoch - was auch vom Beschwerdeführer zugestanden wird - vom Wortlaut des § 4 Abs. 2 letzter Satz Wr. ProstitutionsG. Ausgehend von der gesetzlichen Formulierung, wonach vom Schutzbereich (nur) der Fall ausgenommen ist, "dass sich zwischen Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung der Prostitution eine Abgrenzung befindet, die innerhalb des Schutzbereiches keine Verbindungswege und keine Sichtverbindung zum Schutzobjekt aufweist", hat die belangte Behörde zutreffend darauf abgestellt, dass eine Ausnahme vom Verbot der Anbahnung der Prostitution innerhalb eines Schutzbereiches von 150 m um ein Schutzobjekt (hier: eine Kirche) nur dann in Betracht kommt, wenn insofern der Weg zwischen Schutzobjekt und Ort der Anbahnung aus dem Schutzbereich herausführt. § 4 Abs. 2 letzter Satz Wr. ProstitutionsG stellt nämlich gerade nicht nur auf das Fehlen von direkten Verbindungswegen und Sichtverbindungen zwischen dem Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung der Prostitution (etwa aufgrund eines dazwischen befindlichen Häuserblockes) ab, sondern verlangt für das Bestehen einer Ausnahme vom Schutzbereich eine "Abgrenzung", die innerhalb des Schutzbereiches weder Verbindungswege noch eine Sichtverbindung zum Schutzobjekt aufweist, und nennt dafür als Beispiele Bahntrassen oder Einfriedungsmauern.
Zwar ist der Beschwerde zuzugestehen, dass die Erläuterungen zur Novellierung des Wr. ProstitutionsG mit LGBl. Nr. 17/2004, Beilage Nr. 2/2004, 00226/2004-MDALTG, für sich genommen in eine andere Richtung weisen könnten, wenn dort Folgendes ausgeführt wird:
"Für Fälle, in denen in einem Teil des 150 m Schutzbereiches keine Wegverbindungen zum Schutzobjekt bestehen, wurde eine Ausnahmeregelung vom Anbahnungsverbot eingefügt, wenn zusätzlich auch keine Sichtverbindung besteht. Als Beispiele sind Eisenbahntrassen oder Unterführungen und Einfriedungsmauern ohne Durchgänge zu erwähnen. In diesen Fällen entfällt das Schutzbedürfnis bzw. der Schutzzweck mangels Zugänglichkeit des Ortes der Anbahnung vom Schutzobjekt aus.
(…)
Anbahnungen in kürzeren Entfernungen dürfen ausnahmsweise nur dann erfolgen, wenn zwischen dem Schutzobjekt und dem Ort der Anbahnung keine Weg- und Sichtverbindungen existieren und somit 'geschützte Personen' den Ort der Anbahnung vom Schutzobjekt aus nur über Umwege, die länger als 150m sind, erreichen bzw. einsehen können. Als Beispiele sind in diesem Zusammenhang Bahntrassen und Einfriedungsmauern ohne Wegverbindungen zu erwähnen."
Aufgrund des insofern klaren Wortlautes der Bestimmung des § 4 Abs. 2 letzter Satz Wr. ProstitutionsG kommt es darauf jedoch nicht an. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf auf Erkenntnisquellen außerhalb des kundgemachten Gesetzes (Erläuternde Bemerkungen zur Regierungsvorlage, Parlamentarische Protokolle etc.) für die Auslegung nämlich nur dann zurückgegriffen werden, wenn die Ausdrucksweise des Gesetzgebers Zweifel aufwirft; für sich allein können sie über den normativen Inhalt einer Rechtsvorschrift nichts aussagen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/06/0240, mwN).
Soweit die Beschwerde der bebauten Fläche Wiens jene Fläche gegenüberstellt, die sich aus der Addition der möglichen Schutzbereiche gemäß § 4 Abs. 2 Z. 1 bis 7 Wr. ProstitutionsG ergibt, geht sie von bloß theoretischen Annahmen betreffend die Verteilung der Schutzobjekte im bebauten Gebiet aus und zeigt daher nicht auf, dass die Ausübung der Prostitution durch § 4 Abs. 2 Wr. ProstitutionsG tatsächlich gänzlich verunmöglicht würde und die belangte Behörde dieser Bestimmung somit einen dem Gesetzgeber nicht zu unterstellenden Inhalt beigemessen hätte.
Auch die gemäß § 59 Abs. 2 AVG gesetzte Frist ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Eine Leistungsfrist muss nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes objektiv dazu geeignet sein, dem Leistungspflichtigen unter Anspannung aller seiner Kräfte nach der Lage des konkreten Falles die Erfüllung der aufgetragenen Leistung zu ermöglichen. Dies setzt voraus, dass die erforderlichen Arbeiten innerhalb der Erfüllungsfrist durchgeführt werden können. Dabei ist auf wirtschaftliche Umstände insoweit Bedacht zu nehmen, als dies die (von der Behörde in erster Linie zu wahrenden) öffentlichen Interessen nach den Umständen des Einzelfalls zulassen, also nicht besondere Dringlichkeit geboten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/10/0207, sowie die bei Hengstschläger/Leeb , AVG, § 59 Rz 63, angeführte hg. Rechtsprechung).
Die belangte Behörde weist zutreffend darauf hin, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid allein dazu verhalten wird, den Betrieb des "K" auf dem genannten Grundstück innerhalb einer Woche einzustellen. Dass ihm dies nicht zumutbar sei, zeigt der Beschwerdeführer mit dem (nicht näher konkretisierten) Vorbringen, er sei auf die Untermieteinnahmen aus dem gegenständlichen Objekt "wirtschaftlich angewiesen", nicht auf. Allein der Umstand, dass der Beschwerdeführer das Bestandobjekt zum Zweck der Anbahnung und Ausübung der Prostitution (durch Untervermietung an Prostituierte) angemietet hat, kann für sich genommen nicht dazu führen, dass die belangte Behörde hinsichtlich der ihm zur Einstellung der Anbahnung der Prostitution gesetzten Frist auf die im Mietvertrag vereinbarte Kündigungsfrist Bedacht zu nehmen hätte. Darauf, dass der Ort der Anbahnung der Prostitution nur wenige Meter innerhalb der Schutzzone liegt, kann es gleichfalls nicht ankommen.
Soweit sich der Beschwerdeführer weiters gegen die Bestätigung der von der erstinstanzlichen Behörde ausgesprochenen Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG wendet, behauptet er nicht, dass der an ihn gerichtete Auftrag während des laufenden Berufungsverfahrens durchgesetzt und der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung insofern nachteilige Auswirkungen auf ihn gehabt hätte. Somit kann aber dahingestellt bleiben, ob im Beschwerdefall die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG gegeben waren, weil mit der Entscheidung der Berufungsbehörde über die Hauptsache ein Ausspruch nach § 64 Abs. 2 AVG jedenfalls seine Wirkung verloren hat (vgl. zu derartigen Konstellationen etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/18/0260, und vom , Zl. 2005/18/0518).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am