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VwGH vom 15.03.2012, 2011/01/0166

VwGH vom 15.03.2012, 2011/01/0166

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des D J in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 20052-20903/51- 2011, betreffend Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein ursprünglich serbischer Staatsangehöriger, wurde 1982 in Salzburg geboren. Am stellte er bei der belangten Behörde einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Beschwerdeführer die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 20 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) für den Fall zugesichert, dass er binnen zwei Jahren sein Ausscheiden aus dem serbischen Staatsverband nachweise.

Mit Eingabe vom legte der Beschwerdeführer der belangten Behörde den Bescheid des Innenministeriums der Republik Serbien betreffend seine Entlassung aus dem serbischen Staatsverband (laut Ministeriumsbeschluss vom ) vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Verleihungsantrag gemäß "§ 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idF BGBl. I Nr. 122/2009, § 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 idF BGBl. I Nr. 37/2006 sowie § 64a Abs. 9 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idgF" ab.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe im Zeitpunkt der Erlassung des Zusicherungsbescheides die Verleihungsvoraussetzungen, insbesondere jene des gesicherten Lebensunterhaltes, erfüllt.

Gemäß § 64a Abs. 9 StbG seien Verfahren auf Grund eines vor dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2009 erlassenen Zusicherungsbescheides nach den Bestimmungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes in der am gültigen Fassung - im Beschwerdefall sohin nach den Bestimmungen der Staatsbürgerschaftsrechts-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 37/2006 - zu Ende zu führen.

Der Beschwerdeführer erfülle die Voraussetzungen des gesicherten Lebensunterhaltes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 und Abs. 5 StbG nicht mehr, sondern ergebe sich für die Jahre 2008 und 2009 jeweils ein monatlicher "Minusbetrag" (wobei die belangte Behörde für das Jahr 2008 konkrete Berechnungen anstellte und den sich monatlich gegenüber den maßgeblichen Richtsätzen ergebenden "Minusbetrag" mit EUR 157,60 bezifferte).

Da somit die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Verleihung der Staatsbürgerschaft nicht vorlägen, sei der Verleihungsantrag abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit Erkenntnis vom , G 154/10, kundgemacht am in BGBl. I Nr. 111/2011, hat der Verfassungsgerichtshof § 20 Abs. 2 StbG in der Fassung BGBl. I Nr. 37/2006 als verfassungswidrig aufgehoben (I.). Weiters hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft tritt (II.), die Vorschrift auch auf die am beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Fälle nicht mehr anzuwenden ist (III.) und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten (IV.).

Die belangte Behörde hat den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft auf Grund des nach Zusicherung der Staatsbürgerschaft erfolgten Wegfalls einer Verleihungsvoraussetzung - nämlich des hinreichend gesicherten Lebensunterhalts - abgewiesen, ohne zuvor ihren Zusicherungsbescheid vom gemäß § 20 Abs. 2 StbG zu widerrufen.

Im gegenständlichen Fall ist auf Grund der vom Verfassungsgerichtshof ausgedehnten Anlassfallwirkung gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG die bereinigte Rechtslage anzuwenden. Die Anwendung der Bestimmung des § 20 Abs. 2 StbG im vorliegenden Beschwerdefall ist somit ausgeschlossen, sodass es an einer gesetzlichen Grundlage für einen Widerruf der Zusicherung mangelt.

Der Verfassungsgerichtshof hat in Rz. 30 und 31 des genannten Erkenntnisses ausgeführt, "dass § 20 Abs. 3 StbG, wonach die Staatsbürgerschaft, deren Verleihung zugesichert wurde, zu verleihen ist, sobald der Fremde aus dem Verband seines bisherigen Heimatstaates ausgeschieden ist oder nachweist, dass ihm die für das Ausscheiden aus seinem bisherigen Staatsverband erforderlichen Handlungen nicht möglich oder zumutbar waren, nach der bereinigten Rechtslage nunmehr so zu lesen ist, dass der Zeitpunkt der Erlassung des Zusicherungsbescheides für die Beurteilung der Verleihungsvoraussetzungen bestimmend ist. Da es der Staatsbürgerschaftsbehörde auf Grund der bereinigten Rechtslage nach Aufhebung des § 20 Abs. 2 StbG verwehrt ist, nochmals über die bereits bejahten Voraussetzungen abzusprechen, hat sie bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft nur noch darüber abzusprechen, ob der Staatsbürgerschaftswerber die gemäß § 20 Abs. 3 StbG vorgesehenen Erfordernisse erfüllt".

Nach diesen Erwägungsgründen, denen sich der Verwaltungsgerichtshof angeschlossen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/01/0021, mwN), ist es der Behörde nach der bereinigten Rechtslage verwehrt, bei Vorliegen eines Zusicherungsbescheides nochmals über die bereits bejahten Verleihungsvoraussetzungen abzusprechen.

Die (nachträgliche) Abweisung des Verleihungsantrages des Beschwerdeführers erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-82591