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VwGH vom 05.09.2013, 2013/09/0091

VwGH vom 05.09.2013, 2013/09/0091

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der Bundesministerin für Finanzen in 1010 Wien, Johannesgasse 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom , Zl. Senat-ME-12-0171, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens in Angelegenheit Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; mitbeteiligte Partei: CH in A), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Verwaltungsgerichtshof verweist zwecks Vermeidung von Wiederholungen zur Vorgeschichte auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/09/0005, mit dem der damals angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben worden war.

Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz )Bescheid der belangten Behörde stellte die belangte Behörde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mitbeteiligten (neuerlich) ein, wobei sie sich diesmal auf § 51 Abs. 7 und § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG stützte.

Sie begründete dies folgendermaßen:

"Indem die zunächst fristgerechte Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates vom , Senat-ME-11- 0046, durch den Verwaltungsgerichtshof mit Entscheidung vom , Zl. 2012/09/0005-6, aufgehoben wurde, ist das verfahrensgegenständliche Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Melk ex lege nach § 51 Abs. 7 VStG bereits mit Ablauf des außer Kraft getreten.

Entsprechend dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes, dass lediglich die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nicht einzurechnen ist, der Verwaltungsgerichtshof dagegen dem Wortlaut nach ausgespart bleibt, hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ als Berufungsbehörde nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2012/09/0005-6, wie gesagt nunmehr spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Amtsbeschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Entscheidung der belangten Behörde beruht auf einer (groben) Verkennung der Rechtslage. Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass bei Aufhebung einer Berufungsentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof der Berufungsbehörde neuerlich eine Frist von 15 Monaten iSd § 51 Abs. 7 VStG ab Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses an sie eingeräumt ist; diese Frist beginnt neu zu laufen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/03/0032, mwN).

Die von der belangten Behörde herangezogene Regelung des zweiten Satzes des § 51 Abs. 7 VStG, wonach die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder des Gerichtshofes der Europäischen Union (gemeint: auf Grund eines aus Anlass des Berufungsverfahrens eingeleiteten Gesetzes- oder Verordnungsprüfungsverfahrens gem. Art. 139 bzw. Art. 140 B-VG oder eines Vorabentscheidungsverfahrens gem. Art. 234 EG; vgl. zutreffend Köhler in Raschauer, Wessely, VStG 2010, S. 754, Rz 21a zu § 51 VStG) nicht in die Frist einzurechnen ist, hat damit nichts zu tun. Fängt eine Frist neu zu laufen an, so ist die Frage, ob vorher eine Hemmung eingetreten wäre, illusorisch. Der Gesetzgeber hatte auf Grund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu diesem Thema daher keine Veranlassung, den Verwaltungsgerichtshof in den zweiten Satz des § 51 Abs. 7 VStG aufzunehmen.

Die 15-monatige Entscheidungsfrist war zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides offen.

Die belangte Behörde wendet in der Gegenschrift ein, dass zum Zeitpunkt nunmehr die Strafbarkeitsverjährungsfrist des § 31 Abs. 3 VStG abgelaufen sei. Die Amtsbeschwerde sei erst am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt. Dies ist zwar grundsätzlich richtig (die Beschwerde zur hg. Zl. 2012/09/0005 langte am beim Verwaltungsgerichtshof ein, das aufhebende Erkenntnis vom trägt den Einlaufstempel der belangten Behörde ; sohin war die Frist des § 31 Abs. 3 VStG während neun Monaten und 13 Tagen gehemmt; die Strafbarkeitsverjährung trat am ein).

Der Verwaltungsgerichtshof hat grundsätzlich auf Grund der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu entscheiden. Der angefochtene Bescheid wurde von der belangten Behörde am der Behörde erster Instanz, am dem Mitbeteiligten zugestellt; sohin wurde der angefochtene Bescheid vor dem Ablauf der Frist des § 31 Abs. 3 VStG erlassen.

Amtsbeschwerden setzen die Verletzung eines subjektiven Rechts der beschwerdeführenden Partei nicht voraus (vgl. § 28 Abs. 2 VwGG). Bei einer Amtsbeschwerde handelt es sich vielmehr um ein Instrument zur Sicherung der Einheit und Gesetzmäßigkeit der Vollziehung, mit welchem als so genannte objektive Beschwerde losgelöst vom individuellen Parteiinteresse die objektive Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend gemacht wird (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/17/0096).

Anders als bei einer Parteienbeschwerde, bei der der Wegfall des Rechtsschutzinteresses vor Erhebung der Beschwerde zur Zurückweisung der Beschwerde führt, kann ein Rechtsschutzinteresse bei einer Amtsbeschwerde nicht wegfallen. Sohin hat der Eintritt der Strafbarkeitsverjährung zwischen Erlassung des angefochtenen Bescheides und Erhebung der Amtsbeschwerde keine Auswirkung auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes.

Da die belangte Behörde verkannte, dass die Frist des § 51 Abs. 7 VStG nach Einlangen des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes neu zu laufen begonnen hatte und diese Frist zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch offen war, erweist sich der angefochtene Bescheid objektiv mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Wien, am