VwGH vom 19.09.2013, 2011/01/0150
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde 1. des W und
2. des B, beide in Wien, beide vertreten durch Dr. Helmut Graupner, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 22-24/4/9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MD-VD-1372/10, betreffend Eheschließung bzw. eingetragene Partnerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben zu gleichen Teilen dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind beide männlichen Geschlechts; der Erstbeschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger, der Zweitbeschwerdeführer Staatsangehöriger des Königreiches Thailand. Sie stellten am beim Standesamt W den Antrag, ein Verfahren zur Ermittlung der Ehefähigkeit gemäß § 42 Personenstandsgesetz (in der Folge: PStG) einzuleiten, sie zur Begründung einer Ehe gemäß § 26 Abs. 1 PStG zuzulassen, die Begründung dieser Ehe gemäß §§ 3 Abs. 2, 26 Abs. 2 PStG im Ehebuch zu beurkunden und ihnen je eine Heiratsurkunde gemäß § 34 PStG auszustellen. Für den Fall, dass das Standesamt den Antrag auf Eheschließung abweise, beantragten sie die Begründung einer eingetragenen Partnerschaft, sofern diese am Standesamt erfolge. Konkret stellten die Beschwerdeführer Anträge auf Einleitung eines Verfahrens zur Ermittlung der Partnerschaftsfähigkeit gemäß § 42 PStG, die Zulassung zur Begründung einer eingetragenen Partnerschaft am Standesamt gemäß § 26a Abs. 1 PStG, auf Beurkundung der Begründung der eingetragenen Partnerschaft im Partnerschaftsbuch gemäß §§ 3 Abs. 2, 26a Abs. 2 PStG und auf Ausstellung je einer Partnerschaftsurkunde gemäß § 34a PStG. Zugleich beharrten sie auf der Zuständigkeit des Standesamtes.
Mit dem im Devolutionsweg ergangenen angefochtenen Bescheid vom wies der Landeshauptmann von Wien die Hauptanträge ab und die Eventualanträge zurück.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Gleichgeschlechtlichkeit der Beschwerdeführer stelle ein Ehehindernis dar. Diesbezüglich sei auf § 44 ABGB zu verweisen sowie darauf, dass auch Art. 12 EMRK, der das Recht gewähre, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen, nur die traditionelle Verbindung zwischen Mann und Frau meine. Weder der Gleichheitssatz der österreichischen Bundesverfassung noch die EMRK gebiete eine Ausdehnung der auf die grundsätzliche Möglichkeit der Elternschaft ausgerichteten Ehe auf Beziehungen anderer Art. Da somit jedenfalls nach dem für den Erstbeschwerdeführer maßgeblichen österreichischen Recht eine Ehe zwischen gleichgeschlechtlichen Personen nicht möglich sei und daher schon aus diesem Grund eine derartige Ehe nicht bewilligt werden könnte, erübrige sich eine weitere Prüfung dahin, ob die Gleichgeschlechtlichkeit der Beschwerdeführer auch nach thailändischem Recht ein Ehehindernis darstelle. Die Hauptanträge seien daher abzuweisen gewesen.
Gemäß § 59a Abs. 1 PStG werde hinsichtlich des Verfahrens zur Begründung einer eingetragenen Partnerschaft, deren Beurkundung, der Ausstellung der Partnerschaftsurkunde, der Führung des Partnerschaftsbuches und der gesetzlich vorgesehenen Verständigungspflichten im Zusammenhang mit Eingetragenen Partnerschaften die Bezirksverwaltungsbehörde als Personenstandsbehörde erster Instanz tätig. Die Eventualanträge seien daher mangels sachlicher Zuständigkeit des angerufenen Standesamtes zurückzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer sowohl Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit Erkenntnis vom , B 137/11-13, hat der Verfassungsgerichtshof die auf Art. 144 Abs. 1 B-VG gestützte Beschwerde abgewiesen und ausgesprochen, dass die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.
Die belangte Behörde legte im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Die Beschwerdeführer erstatteten dazu eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44 ABGB werden die Familien-Verhältnisse durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwei Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitigen Beistand zu leisten.
Gemäß § 15 Abs. 1 Ehegesetz kommt eine Ehe nur zustande, wenn die Eheschließung vor einem Standesbeamten stattgefunden hat. Nach Abs. 2 leg. cit. gilt als Standesbeamter im Sinne des Abs. 1 auch, wer, ohne Standesbeamter zu sein, das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausgeübt und die Ehe in das Ehebuch eingetragen hat.
Gemäß § 2 des Bundesgesetzes über die eingetragene Partnerschaft, BGBl. I Nr. 135/2009 (EPG), können nur zwei Personen gleichen Geschlechts eine eingetragene Partnerschaft begründen. Eine eingetragene Partnerschaft darf gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 EPG zwischen Personen verschiedenen Geschlechts nicht begründet werden.
Für die Beschwerdeführer als Personen gleichen Geschlechts kommt demnach eine Eheschließung von vornherein nicht in Betracht.
Gemäß § 26a Abs. 1 PStG erfolgt die Begründung einer eingetragenen Partnerschaft in Anwesenheit der Partnerschaftswerber vor der Bezirksverwaltungsbehörde in Form einer Niederschrift (§ 6 Abs. 2 EPG).
Gemäß § 46 Abs. 1a PStG obliegt die Ermittlung der Fähigkeit, eine eingetragene Partnerschaft zu begründen (§§ 42 bis 44) und die Ausstellung der Bestätigung (§ 45) der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Amtsbereich einer der Partnerschaftswerber seinen Wohnsitz oder Aufenthalt hat. Hat keiner der Partnerschaftswerber seinen Wohnsitz oder Aufenthalt im Inland, ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren Amtsbereich einer der Partnerschaftswerber seinen letzten Wohnsitz im Inland hatte. Ergibt sich auch danach keine Zuständigkeit, ist der Magistrat der Stadt Wien zuständig.
Gemäß § 46 Abs. 2a PStG kann die eingetragene Partnerschaft vor jeder Bezirksverwaltungsbehörde begründet werden.
Gemäß § 59a Abs. 1 PStG wird hinsichtlich des Verfahrens zur Begründung einer eingetragenen Partnerschaft, der Beurkundung, der Ausstellung der Partnerschaftsurkunde, der Führung des Partnerschaftsbuches und der gesetzlich vorgesehenen Verständigungspflichten im Zusammenhang mit eingetragenen Partnerschaften die Bezirksverwaltungsbehörde als Personenstandsbehörde erster Instanz tätig.
Für die Begründung einer eingetragenen Partnerschaft war die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig. Die (ausdrücklich) von den Beschwerdeführern begehrte Begründung einer eingetragenen Partnerschaft vor dem Standesamt kam mangels gesetzlicher Grundlage für eine Zuständigkeit des Standesamtes nicht in Betracht. Infolge des ausdrücklichen Antrages kam auch eine Weiterleitung gemäß § 6 Abs. 1 AVG nicht in Betracht.
Insoweit die Beschwerde Art. 9 und 21 der EU-Grundrechte-Charta ins Treffen führt, schließt der Verwaltungsgerichtshof sich der Begründung im genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes an:
"Die Beschwerdeführer behaupten in diesem Zusammenhang auch einen Verstoß gegen Art. 9 und 21 Grundrechte-Charta. Dem ist entgegenzuhalten, dass Rechte der Charta zwar als verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte geltend gemacht werden können, allerdings nur im Anwendungsbereich der Charta, dh. nur in Fällen der Durchführung des Rechts der Europäischen Union ( ua.; vgl. bereits VfSlg. 19.492/2011). In keinem der beiden Beschwerdesachverhalte ist erkennbar, dass diese Bedingung erfüllt wäre."
Hinsichtlich der Behördenzuständigkeit bzw. der Zurückweisung der Eventualanträge der Beschwerdeführer wird auf die folgende Begründung im genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes verwiesen:
"Gesetzliche Regelungen über die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörden im Zusammenhang mit der Begründung einer eingetragenen Partnerschaft erweisen sich vor diesem Hintergrund als verfassungskonform. Im Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zum Spielraum der Mitgliedstaaten bei Regelungen im Zusammenhang mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften (oben 3.2.) besteht ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers (vgl. etwa VfSlg. 18.968/2009) jedenfalls auch bei der Regelung der Behördenzuständigkeit. Die Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes stehen seiner Entscheidung im Hinblick auf die gesonderte grundrechtliche Verankerung der Ehe nicht entgegen (oben 3.4.). Angesichts dessen begegnet es keinen Bedenken, wenn der Gesetzgeber für beide Rechtsinstitute verschiedene Zuständigkeiten vorsieht."
Der belangten Behörde kann, wenn sie die Hauptanträge (gerichtet auf Begründung einer Ehe) der Beschwerdeführer - zwei Personen gleichen Geschlechts - abgewiesen bzw. ihre Eventualanträge (gerichtet auf Begründung einer eingetragenen Partnerschaft vor dem Standesamt) zurückgewiesen hat, vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtslage des ABGB, EheG, PStG und EPG nicht entgegengetreten werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am