VwGH vom 07.04.2020, Ra 2019/10/0068
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler und den Hofrat Dr. Fasching sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bleiweiss, über die Revision des Bürgermeisters der Stadt Graz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 41.30- 744/2019-4, betreffend Zuständigkeit für eine Maßnahme nach § 39 LMSVG (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde:
Bürgermeister der Stadt Graz; mitbeteiligte Partei: I GmbH, vertreten durch die Piaty Müller-Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Glacisstraße 27/II, 8010 Graz), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid vom ordnete der Bürgermeister der Stadt Graz (der Revisionswerber) gegenüber der mitbeteiligten Partei eine Maßnahme nach § 39 Abs. 1 Z 11 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) an.
2 Die mitbeteiligte Partei erhob dagegen Beschwerde.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark (im Folgenden: Verwaltungsgericht) dieser Beschwerde statt und behob den angefochtenen Bescheid mangels Zuständigkeit ersatzlos. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
4 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, gemäß § 39 Abs. 1 LMSVG sei nicht der Bürgermeister als Bezirksverwaltungsbehörde, sondern der Landeshauptmann für die Bescheiderlassung zuständig. Der Bürgermeister der Stadt Graz habe daher eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihm nicht zugekommen sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision des Bürgermeisters der Stadt Graz. Die mitbeteiligte Partei verzichtete auf die Erstattung einer Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
6 Die Amtsrevision ist hinsichtlich der begründet aufgeworfenen Zuständigkeitsfrage zulässig und berechtigt. 7 Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2013/10/0183, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, Folgendes ausgeführt:
"Gemäß § 25 Abs. 1 erster Satz LMSVG (in der im Beschwerdefall maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 95/2010) kann der Landeshauptmann, wenn es Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der amtlichen Kontrolle erfordern, Aufgaben der amtlichen Kontrolle - ausgenommen Schlachttier- und Fleischuntersuchung, Hygienekontrollen von Schlacht-, Zerlegungs- und Wildbearbeitungsbetrieben sowie Rückstandskontrollen bei lebenden Tieren und Fleisch - mit Verordnung solchen Gemeinden übertragen, die über eigene Aufsichtsorgane im Sinne des § 24 Abs. 3 leg. cit. und - zur Setzung von mit Bescheid zu erlassenden Maßnahmen gemäß § 39 leg. cit. - über andere Bedienstete verfügen. Gemäß § 98 Abs. 1 LMSVG gelten (u.a.) Verordnungen auf Grund des LMG 1975 als auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassen.
Mit § 1 der auf Grund des § 35 Abs. 3 LMG 1975 ergangenen Verordnung des Landeshauptmannes der Steiermark vom , LGBl. Nr. 17/1982, wurden der Stadtgemeinde Graz sämtliche Aufgaben der Überwachung des Verkehrs mit den durch das LMG 1975 erfassten Waren für den Bereich der Landeshauptstadt Graz übertragen. Die genannte Verordnung gilt daher gemäß § 98 Abs. 1 LMSVG als eine solche nach § 25 Abs. 1 LMSVG. Dass eine Delegation, wie von der Beschwerde ohne Begründung behauptet, im Bereich der Maßnahmen nach § 39 LMSVG nicht erfolgen dürfe, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen."
8 Diese Ausführungen sind auch für den vorliegenden, ebenfalls eine Maßnahme nach § 39 LMSVG betreffenden Fall relevant, zumal hinsichtlich der zitierten Rechtsnormen keine Änderung eingetreten ist.
9 Es liegt daher aufgrund der genannten Übertragungsverordnung die Zuständigkeit der Stadtgemeinde Graz vor, wobei in Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches gemäß § 42 Abs. 2 Steiermärkische Gemeindeordnung 1967 der Bürgermeister das zuständige Gemeindeorgan ist.
10 Dadurch, dass das LVwG den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Graz trotz aufrechter Zuständigkeitsübertragung mangels Zuständigkeit ersatzlos behob, verkannte es die Rechtslage und belastete das Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019100068.L00 |
Schlagworte: | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Besondere Rechtsgebiete |
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