VwGH vom 24.02.2011, 2008/21/0013
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des O, vertreten durch Dr. Wolf-Georg Schärf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Tiefer Graben 21/3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom , Zl. St 161/07, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.
Dazu führte sie aus, der Beschwerdeführer sei am illegal nach Österreich eingereist und habe einen Asylantrag gestellt. Das Asylverfahren sei, nachdem der Beschwerdeführer am eine von ihm erhobene Berufung gegen den abweisenden erstinstanzlichen Bescheid zurückgezogen habe, seit diesem Zeitpunkt "rechtskräftig negativ abgeschlossen". Seither halte er sich insofern rechtswidrig im Bundesgebiet auf, als ihm weder ein Einreisetitel nach dem FPG noch ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt worden sei. Ein Aufenthaltsrecht auf Grund einer anderen gesetzlichen Bestimmung sei weder aktenkundig noch vom Beschwerdeführer behauptet worden.
Angesichts seines rund 6 Jahre andauernden Aufenthalts im Bundesgebiet, der Heirat mit der österreichischen Staatsbürgerin B. (am ) und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass er über eine "bis zum vom AMS Braunau ausgestellte Arbeitserlaubnis der Serie C" verfügt habe und einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen sei, werde durch die fremdenpolizeiliche Maßnahme massiv in sein Privat- und Familienleben eingegriffen. Das Gewicht der aus der Aufenthaltsdauer ableitbaren Integration werde jedoch erheblich dadurch gemindert, dass sein Aufenthalt während des Asylverfahrens nur auf Grund eines Antrages, der sich letztlich als unbegründet erwiesen habe, vorläufig berechtigt gewesen sei. Seit halte er sich dagegen rechtswidrig im Bundesgebiet auf. Auch seine Unbescholtenheit vermöge die persönlichen Interessen am Verbleib in Österreich nicht maßgeblich zu verstärken.
Die öffentliche Ordnung würde schwerwiegend beeinträchtigt, wenn sich einwanderungswillige Fremde, ohne das betreffende Verfahren abzuwarten, unerlaubt nach Österreich begeben, um damit die österreichischen Behörden vor vollendete Tatsachen zu stellen. Dasselbe gelte, wenn Fremde nach Abschluss eines Asylverfahrens das Bundesgebiet nicht rechtzeitig verließen. Die Ausweisung sei in solchen Fällen erforderlich, um jenen Zustand herzustellen, der bestünde, wenn sich der Fremde gesetzestreu verhalten hätte. Die Ausweisung sei daher zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten. Auch seien keine Gründe erkennbar, um von dem der Behörde in § 53 Abs. 1 FPG eingeräumten Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1297/07-8, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylverfahren rechtskräftig beendet ist. Er verweist in diesem Zusammenhang jedoch auf seine aufrechte legale Beschäftigung und die erwähnte, ihm (bis zum ) erteilte "Arbeitsbewilligung" (richtig: Arbeitserlaubnis). Daraus leitet er eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1 des Beschlusses Nr. 1/80 des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom über die Entwicklung der Assoziation (kurz: ARB Nr. 1/80) ab.
Diese Argumentation kann jedoch schon deshalb nicht erfolgreich sein, weil dem Beschwerdeführer bereits die für Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 notwendige gesicherte aufenthaltsrechtliche Position während der Ausübung seiner unselbständigen Beschäftigung gefehlt hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/21/0035, und vom , Zl. 2008/21/0523).
Eine solche Position wird nicht erreicht, wenn das Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet bloß auf Grund einer asylrechtlichen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung bestanden hat. Diese vermittelt nämlich keine gesicherte Position des Berechtigten auf dem Arbeitsmarkt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0765, mwN). Auch die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin reicht hiefür nicht aus (vgl. weiter das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0064).
Soweit der Beschwerdeführer das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom , C-294/06 (Rs. Payir u.a.), anspricht, ist ihm zu entgegnen, dass der EuGH darin - soweit im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung - lediglich ausgesprochen hat, der Umstand, dass ein türkischer Staatsangehöriger als Student bzw. Au pair-Kraft in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eingereist sei, könne ihm nicht die Eigenschaft als Arbeitnehmer nehmen und schließe ihn nicht von der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt iSd Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 aus. Es hindere den betreffenden Staatsangehörigen somit nicht daran, sich auf diese Vorschrift zu berufen, um eine Erneuerung der Arbeitserlaubnis zu erhalten und in den Genuss eines dementsprechenden Aufenthaltsrechts zu kommen. Ein damit vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor, sodass der diesbezügliche Verweis ins Leere geht.
Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Der Beschwerdeführer tritt den hiezu angestellten Erwägungen der belangten Behörde inhaltlich nicht entgegen und bringt auch in keiner Weise zum Ausdruck, dass ein gemeinsames Eheleben nur in Österreich möglich wäre.
Schließlich wird auch kein Grund aufgezeigt, den die belangte Behörde im Rahmen ihrer Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers hätte berücksichtigen müssen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-82432