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VwGH vom 25.09.2019, Ra 2019/09/0113

VwGH vom 25.09.2019, Ra 2019/09/0113

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Doblinger, Dr. Hofbauer, Mag. Feiel und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentlichen Revisionen 1. des M V in L, und 2. der D in B, beide vertreten durch Oberhammer Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Karlsplatz 3/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zlen. 1. L517 2149355-1/23E, 2. L517 2217368- 1/3E und 3. L517 2142941-1/20E, betreffend Entsendung gemäß § 18 Abs. 12 Ausländerbeschäftigungsgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Regionale Geschäftsstelle Arbeitsmarktservice Linz), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird in seinem Spruchpunkt A wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der erstrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 Euro und der zweitrevisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 240 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Ra 2017/09/0023 und 0024, verwiesen. 2 Demnach meldete die zweitrevisionswerbende Partei, ein Unternehmen mit Sitz in Italien, am der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen für die Kontrolle illegaler Beschäftigung (in der Folge: ZKO) die Entsendung des Erstrevisionswerbers, eines bei der S-d.o.o. (einer Tochtergesellschaft der zweitrevisionswerbenden Partei mit Sitz in Kroatien) beschäftigten kroatischen Staatsangehörigen, vom 14. Juli bis als Maschinenbauingenieur an die V-GmbH (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof) mit Sitz in Österreich, welche sie mit der Errichtung einer Stranggießanlage beauftragt hatte. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht (in der Folge: AMS) stellte daraufhin am gemäß § 18 Abs. 12 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) eine EU-Entsendebestätigung für diesen Zeitraum aus.

3 Am erfolgte eine Meldung an die ZKO hinsichtlich einer weiteren Entsendung des Erstrevisionswerbers für den Zeitraum vom bis . Mit Schreiben vom reichte die zweitrevisionswerbende Partei dem AMS dazu Unterlagen nach; darunter einen zwischen der S-d.o.o. und dem bei dieser beschäftigten Erstrevisionswerber im September 2016 abgeschlossenen Entsendungsvertrag über seine Entsendung vom bis als Maschinenbauingenieur an die zweitrevisionswerbende Partei zum Zweck des Projekteinsatzes bei der V-GmbH sowie eine (kroatische) A1-Bescheinigung vom mit Gültigkeitszeitraum vom bis .

4 Mit Bescheid vom wurde vom AMS der Antrag vom auf Ausstellung einer EU-Entsendebestätigung für den Erstrevisionswerber betreffend den Zeitraum vom bis gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG abgelehnt und die Entsendung untersagt. 5 Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Parteien wies das Verwaltungsgericht (ohne Durchführung einer beantragten Verhandlung) mit den Erkenntnissen vom hinsichtlich des Beschwerdepunktes "EU-Entsendebestätigung" (nach seiner Begründung davon ausgehend, dass sich die Beschwerde gegen die Versagung der Entsendung des Arbeitnehmers im Zeitraum 14. Oktober bis richte) jeweils als unbegründet ab. Mit dem erwähnten Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom wurden diese Entscheidungen wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben, zumal sich das Verwaltungsgericht mit relevantem Parteivorbringen nicht auseinandergesetzt und die beantragte Verhandlung unterlassen habe.

6 Nach Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über das mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , EU 2016/0009 bis 0014 (Ra 2016/09/0082 bis 0087) vorgelegte Vorabentscheidungsersuchen wies das Verwaltungsgericht im zweiten Rechtsgang (wiederum ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung) mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien neuerlich ab (Spruchpunkt A). Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für nicht zulässig erklärt (Spruchpunkt B).

7 Zur Entscheidungsbegründung legte das Verwaltungsgericht zusammengefasst seinen Feststellungen den Verfahrensgang zugrunde und erachtete sich in der Beweiswürdigung "aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen". In seiner rechtlichen Beurteilung stützte es sich darauf, dass die angezeigte Nachmeldung desselben Arbeitnehmers für den Zeitraum bis beantragt worden sei und sohin an die Entsendung bis nahtlos angeschlossen hätte, womit eine Unterbrechung von zwei Monaten nach Beendigung der bereits bestätigten Entsendung nicht vorgelegen sei. Das AMS habe daher zu Recht das Vorliegen der materiell-rechtlichen Voraussetzungen gemäß § 18 Abs. 12 AuslBG iVm Art. 12, 71 und 72 der VO (EG) Nr. 883/2004 iVm Z 3 lit. c des Beschlusses Nr. A2 verneint, die EU-Entsendebestätigung abgelehnt und die Entsendung untersagt. Eine "besondere Gegebenheit" iSd Beschlusse Nr. A2 der Verwaltungskommission vom für ein Abweichen von dieser zweimonatigen Wartefrist sei bislang weder dargelegt noch geltend gemacht worden.

8 Die inhaltlich gleichlautenden Revisionen richten sich gegen den Spruchpunkt A des angefochtenen Erkenntnisses. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht machte von der im Vorverfahren eingeräumten Möglichkeit der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Gebrauch und beantragte die Abweisung der Revisionen.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen des sachlichen und persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Revisionen erwogen:

10 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Wenn im vorliegenden Fall die revisionswerbenden Parteien in ihrem Vorbringen zur Zulässigkeit der Revisionen die Unterlassung der Einräumung von Parteiengehör und der Durchführung einer Verhandlung zur Erörterung der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts im Vorerkenntnis wie auch zum genannten Erkenntnis des als wesentlichen Verfahrensmangel rügen, erweisen sich die Revisionen als zulässig; sie sind auch berechtigt:

13 Im vorliegenden Fall wurde das Verwaltungsgericht mit dem eingangs erwähnten, im ersten Rechtsgang erfolgten hg. Vorerkenntnis vom (Rzen 21 bis 26) bereits darauf hingewiesen, dass es in den von ihm herangezogenen Rechtsvorschriften keine Regelung gibt, wonach bei einer Verlängerung einer Entsendung bzw. bei einer neuerlichen Entsendung eine Wartezeit einzuhalten wäre, sowie, dass dem zitierten Beschluss Nr. A2 der Verwaltungskommission vom zur Auslegung des Art. 12 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 (wonach nach Ablauf einer Entsendung eines Arbeitnehmers eine weitere Entsendung für denselben Arbeitnehmer, dieselben Unternehmen und dieselben Mitgliedstaaten erst nach Ablauf von mindestens zwei Monaten nach Ende des vorangehenden Entsendezeitraumes zugelassen, jedoch unter besonderen Gegebenheiten von diesem Grundsatz abgewichen werden kann) keine bindende Wirkung für Gerichte zukommt. Darüber hinaus wurde betont, dass mit einer "Umwürdigung" des genannten Beschlusses Nr. A2 in ein "Gutachten" (und damit) als im Verfahren heranzuziehenden Beweismittel ohne Einräumung von Parteiengehör bzw. Durchführung der beantragten Verhandlung gegen das auch im Verwaltungsverfahren geltende Überraschungsverbot verstoßen würde (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/09/0075). Ebenso wurde als weiterer Grund für die Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses im ersten Rechtsgang aufgezeigt, dass sich das Verwaltungsgericht mit dem Vorbringen im Schreiben des Vertreters der revisionswerbenden Parteien vom gegenüber dem AMS, wonach die Entsendung für einen längeren Zeitraum beabsichtigt gewesen und daher die A1- Bestätigung bis ausgestellt worden sei, nicht auseinandergesetzt habe. Des Weiteren wurde dem Verwaltungsgericht auch unter Hinweis auf das genannte Vorabentscheidungsersuchen explizit aufgetragen, sich im fortzusetzenden Verfahren mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Entsendung (des Erstrevisionswerbers, also) eines Arbeitnehmers, der im relevanten Zeitraum bei einer Gesellschaft mit Sitz in Kroatien beschäftigt gewesen ist, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung eingeschränkt werden kann, wenn diese Entsendung im Wege der Überlassung an eine in Italien ansässige Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die italienische Gesellschaft in Österreich erfolgt.

14 Im Vorabentscheidungsersuchen vom , EU 2016/0009 bis 0014 (Ra 2016/09/0082 bis 0087), legte der Verwaltungsgerichtshof dem EuGH zwei Fragen zur Auslegung der Art. 56 und 57 AEUV, des Anhangs V Kapitel 2 Nrn. 2 und 12 der Akte über den Beitritt Kroatiens sowie der Richtlinie 96/71 vor. 15 Die - für den gegenständlichen Fall relevante - erste Frage lautete:

"1.) Sind Art. 56 und 57 AEUV, die Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, Nr. 2 und 12 des Kapitels 2. Freizügigkeit, des Anhangs V der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft dahin auszulegen, dass Österreich berechtigt ist, die Entsendung von Arbeitnehmern, die bei einer Gesellschaft mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn diese Entsendung im Wege der Überlassung an eine in Italien ansässige Gesellschaft zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch die italienische Gesellschaft in Österreich erfolgt und sich die Tätigkeit der kroatischen Arbeitnehmer für die italienische Gesellschaft bei der Errichtung eines Drahtwalzwerks in Österreich auf die Erfüllung dieser Dienstleistung in Österreich beschränkt und zwischen ihnen und der italienischen Gesellschaft kein Dienstverhältnis besteht?"

16 Im Urteil vom , Danieli & C. Officine Meccaniche SpA, C-18/17, führte der EuGH dazu Folgendes aus:

"19 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Art. 56 und 57 AEUV, Anhang V Kapitel 2 Nrn. 2 und 12 der Akte über den Beitritt Kroatiens und die Richtlinie 96/71 dahin auszulegen sind, dass die Republik Österreich berechtigt ist, die Entsendung von kroatischen Arbeitnehmern, die bei einem Unternehmen mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn die Entsendung dieser Arbeitnehmer im Wege ihrer Überlassung an ein in Italien ansässiges Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch dieses italienische Unternehmen in Österreich erfolgt und es an einem Arbeitsverhältnis zwischen diesen Arbeitnehmern und dem letztgenannten Unternehmen fehlt.

20 Dieser ersten Frage liegt der Sachverhalt zugrunde, dass Danieli, ein italienisches Unternehmen, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice die Bestätigung der Entsendung ohne Beschäftigungsbewilligung für vier ihr von einem kroatischen Unternehmen überlassene kroatische Arbeitnehmer beantragte, die sie beim Bau eines Drahtwalzwerks in Österreich einsetzen möchte. Ihr Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass diese Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbewilligung benötigten.

21 Die Frage, die sich stellt, ist, ob das Unionsrecht dem Erfordernis einer solchen Beschäftigungsbewilligung entgegensteht.

22 Insoweit ist festzustellen, dass ein Unternehmen wie Danieli, das in einem Mitgliedstaat, hier der Italienischen Republik, ansässig ist und den Auftrag hat, gegen Entgelt ein Drahtwalzwerk für ein in einem anderen Mitgliedstaat, nämlich der Republik Österreich, ansässiges Unternehmen zu bauen, eine Dienstleistung im Sinne der Art. 56 und 57 AEUV erbringt.

23 Anhang V Kapitel 2 Nr. 1 der Akte über den Beitritt Kroatiens bestimmt aber, dass ‚(h)insichtlich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer und der Dienstleistungsfreiheit mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften im Sinne des Artikels 1 der Richtlinie (96/71) ... Artikel 45 und Artikel 56 Absatz 1 AEUV zwischen Kroatien einerseits und den derzeitigen Mitgliedstaaten andererseits in vollem Umfang nur vorbehaltlich der Übergangsbestimmungen der Nummern 2 bis 13 (gelten)'.

24 Um festzustellen, ob die genannten Übergangsbestimmungen gegebenenfalls Anwendung finden, ist zu prüfen, ob die Dienstleistung, die Danieli erbringt, insoweit, als sie den vorübergehenden Rückgriff auf kroatische Arbeitnehmer umfasst, die diesem Unternehmen von einem kroatischen Unternehmen überlassen wurden, entsprechend Anhang V Kapitel 2 Nr. 1 der Akte über den Beitritt Kroatiens eine Dienstleistung mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 96/71 zwischen der Republik Kroatien einerseits und einem anderen Mitgliedstaat andererseits darstellt.

25 Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 Buchst. c findet die Richtlinie 96/71 Anwendung, wenn ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen als Leiharbeitsunternehmen oder als einen Arbeitnehmer zur Verfügung stellendes Unternehmen einen Arbeitnehmer in ein verwendendes Unternehmen entsendet, das entweder seinen Sitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat oder dort seine Tätigkeit ausübt, sofern für die Dauer der Entsendung ein Arbeitsverhältnis zwischen dem überlassenden Unternehmen und dem besagten Arbeitnehmer besteht.

26 Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 kann somit u. a. auf einen Vorgang wie den von Danieli im Ausgangsverfahren beabsichtigten Anwendung finden, bei dem ein Unternehmen mit Sitz in einem Mitgliedstaat zur Erfüllung eines mit einem Unternehmen in einem anderen Mitgliedstaat geschlossenen Dienstleistungsvertrags Arbeitnehmer, die ihm von einem Unternehmen mit Sitz in einem dritten Mitgliedstaat überlassen wurden, entsendet, sofern dieser Vorgang die Voraussetzungen erfüllt, die in dieser Bestimmung vorgesehen sind.

27 Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs liegt eine Entsendung von Arbeitnehmern durch ihre Überlassung im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 vor, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss es sich bei der Überlassung von Arbeitskräften um eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung handeln, bei der der Arbeitnehmer im Dienst des die Dienstleistung erbringenden Unternehmens bleibt, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem verwendenden Unternehmen geschlossen wird. Zweitens muss das wesentliche Merkmal dieser Überlassung darin bestehen, dass der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens ist. Drittens muss der Arbeitnehmer im Rahmen einer solchen Überlassung seine Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens wahrnehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Martin Meat, C-586/13, EU:C:2015:405, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

28 Konkret ist bei der Feststellung, ob der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung die Entsendung des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat ist, insbesondere jeder Anhaltspunkt dafür zu berücksichtigen, dass der Dienstleistungserbringer nicht die Folgen einer nicht vertragsgemäßen Ausführung der vertraglich festgelegten Leistung trägt (Urteil vom , Martin Meat, C-586/13, EU:C:2015:405, Rn. 35).

29 Diese Voraussetzungen sind, wie vom Generalanwalt in den Nrn. 46 bis 49 seiner Schlussanträge festgestellt, bei dem im Ausgangsverfahren beabsichtigten Vorgang, wie er oben in Rn. 26 beschrieben worden ist, erfüllt.

30 Erstens ergibt sich aus der dem Gerichtshof vorliegenden Akte, dass die betreffenden kroatischen Arbeitnehmer durch ein Arbeitsverhältnis an das kroatische Unternehmen, das sie gegen Entgelt an Danieli entsandte, gebunden bleiben sollten, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit diesem italienischen Unternehmen geschlossen würde.

31 Zweitens ergibt sich aus der genannten Akte auch, dass der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung, die zwischen dem kroatischen Unternehmen und Danieli vereinbart wurde, in der Vornahme der Entsendung dieser kroatischen Arbeitnehmer nach Österreich zur Erfüllung des mit dem österreichischen Unternehmen geschlossenen Vertrags über den Bau des Drahtwalzwerks, für die allein Danieli verantwortlich blieb, bestand.

32 Drittens steht fest, dass die Danieli von dem kroatischen Unternehmen überlassenen kroatischen Arbeitnehmer während ihrer Entsendung nach Österreich ihre Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens, d. h. Danieli, wahrnehmen mussten.

33 Daraus folgt, dass der im Ausgangsverfahren beabsichtigte Vorgang insoweit, als er den vorübergehenden Ortswechsel der Danieli von einem kroatischen Unternehmen überlassenen kroatischen Arbeitnehmer mit sich bringt, die Erbringung einer Dienstleistung mit vorübergehender Entsendung von Arbeitskräften im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 zwischen der Republik Kroatien einerseits und einem Mitgliedstaat andererseits entsprechend Anhang V Kapitel 2 Nr. 1 der Akte über den Beitritt Kroatiens darstellt.

34 Diese Überlassung von Arbeitskräften fällt aber auch in den Anwendungsbereich von Anhang V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens, wo es heißt, dass abweichend von den Art. 1 bis 6 der Verordnung Nr. 492/2011 und bis zum Ende eines Zeitraums von zwei Jahren nach dem Tag des Beitritts die derzeitigen Mitgliedstaaten nationale oder sich aus bilateralen Abkommen ergebende Maßnahmen anwenden werden, um den Zugang kroatischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten zu regeln. Würde die Überlassung von Arbeitnehmern vom Anwendungsbereich des Anhangs V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens ausgeschlossen, bestünde nämlich die Gefahr, dass dieser Vorschrift ein Großteil ihrer praktischen Wirksamkeit genommen würde (vgl. entsprechend Urteil vom , Vicoplus u. a., C-307/09 bis C-309/09, EU:C:2011:64, Rn. 35).

35 Dagegen wird die besagte Arbeitnehmerüberlassung nicht von Anhang V Kapitel 2 Nr. 12 der Akte über den Beitritt Kroatiens erfasst, wenn sich, wie von Danieli und der Kommission vorgetragen, erweist, dass der Bau des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Drahtwalzwerks nur Arbeitsgänge der Montage, der Installation und der Inbetriebnahme einer Industrieanlage in einer bestehenden Struktur umfasst, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist. Solche Arbeitsgänge gehören nämlich nicht zu denjenigen, die, was die Republik Österreich betrifft, von den Ausnahmen gedeckt sind, die für die Sektoren ‚Baugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige' gelten und durch die NACE-Codes 45.1 bis 45.4 identifiziert werden.

36 Festzustellen ist hier, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats, die während der in Anhang V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens vorgesehenen Übergangszeit die Entsendung kroatischer Staatsangehöriger im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 in das Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats weiterhin von der Einholung einer Beschäftigungsbewilligung abhängig macht, als Maßnahme, die im Sinne des Anhangs V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über den Beitritt Kroatiens den Zugang kroatischer Staatsangehöriger zum Arbeitsmarkt des besagten Mitgliedstaats regelt, mit den Art. 56 und 57 AEUV vereinbar ist (vgl. entsprechend Urteil vom , Vicoplus u. a., C-307/09 bis C-309/09, EU:C:2011:64, Rn. 32 und 33).

37 Die in der vorstehenden Randnummer angeführten Voraussetzungen sind aber bei der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung sämtlich erfüllt."

17 Davon ausgehend hat der EuGH zur Frage 1 für Recht erkannt:

"1. Die Art. 56 und 57 AEUV und Anhang V Kapitel 2 Nr. 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Kroatien und die Anpassungen des Vertrags über die Europäische Union, des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft sind dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat berechtigt ist, die Entsendung von kroatischen Arbeitnehmern, die bei einem Unternehmen mit Sitz in Kroatien beschäftigt sind, durch das Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung einzuschränken, wenn die Entsendung dieser Arbeitnehmer im Wege ihrer Überlassung im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen an ein in einem anderen Mitgliedstaat ansässiges Unternehmen zum Zweck der Erbringung einer Dienstleistung durch dieses Unternehmen in dem ersten dieser Mitgliedstaaten erfolgt."

18 Das Bundesverwaltungsgericht hat im zweiten Rechtsgang ohne erkennbarer Änderung der Sach- und Rechtslage die im hg. Vorerkenntnis vom aufgetragene Verhandlung zur Erörterung der darin aufgezeigten Fragen unterlassen und auch neuerlich gegen das Überraschungsverbot verstoßen, indem es den revisionswerbenden Parteien auch eine Erörterung des zur Frage der Vergleichbarkeit der Sachverhalte verwehrte. Ebenso hat es sich weder mit den für eine Klärung des Sachverhaltes notwendigen Fragen, ob der gegenständliche der erstrevisionswerbenden Partei erteilte Auftrag Arbeitsgänge beinhaltete, die von den Ausnahmen gedeckt sind, die für die Sektoren "Baugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige" galten und durch die NACE-Codes 45.1. bis 45.4. identifiziert wurden (vgl. dazu auch die dem Vorabentscheidungsersuchen folgenden hg. Erkenntnisse vom , Ra 2016/09/0082 bis 0087) sowie zur (nach dem Vorbringen der revisionswerbenden Parteien) beabsichtigten "Entsendung für einen längeren Zeitraum" auseinandergesetzt, noch die daraus resultierenden, für eine abschließende rechtliche Beurteilung erforderlichen Feststellungen getroffen. 19 Damit erweist sich (auch) diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

20 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

21 Von der beantragten Durchführung einer Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.

22 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Da die zwei revisionswerbenden Parteien ein einziges Erkenntnis in zwei getrennten Revisionen angefochten haben, die alle durch denselben Rechtsanwalt eingebracht worden sind, ist Aufwandersatz gemäß § 53 Abs. 2 iVm Abs. 1 VwGG nur der erstrevisionswerbenden Partei zu zahlen. Die Gebühr nach § 24a VwGG ist aber allen revisionswerbenden Parteien zuzusprechen (vgl. , mwN).

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019090113.L00

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