VwGH 23.05.2013, 2013/09/0033
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Die Behörde darf nur dann einen beantragten Zeugenbeweis ablehnen, wenn er objektiv gesehen nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern; eine Würdigung der Beweise hinsichtlich ihrer subjektiven Glaubwürdigkeit ist nur nach der Aufnahme des Beweises möglich (Hinweis: E , 90/18/0006). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 92/03/0032 E RS 1 |
Normen | VStG §64 Abs1; VStG §64 Abs2; VStG §64 Abs3; |
RS 2 | Wenn eine Berufung gegen die in einer Bescheidausfertigung enthaltenen mehreren Schuld-, Straf- und Kostenaussprüche hinsichtlich einer Verwaltungsübertretung zur Gänze Erfolg hat, hinsichtlich anderer aber nicht, ist dann hinsichtlich der letzteren eine Kostenvorschreibung gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zulässig. Dieser Grundsatz hat auch für eine Kostenvorschreibung gemäß § 64 Abs. 3 VStG zu gelten (Hinweis E , 99/03/0363). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der A in Z, vertreten durch Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell/See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/11424/24-2012, UVS-38/10430/24-2012, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Beschwerdeführerin schuldig erkannt, sie habe, wie am , 22.45 Uhr, in Z, Lokal CC, festgestellt worden sei, zwei näher bezeichnete rumänische Staatsangehörige seit im Lokal CC beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Die Beschwerdeführerin habe dadurch zwei Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je 72 Stunden) verhängt (Spruchpunkt a)).
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe der Berufung, der Ermittlungsschritte zur Feststellung der Adressen dreier Zeugen im Ausland, die dorthin erfolgten Ladungen, der Reaktion der Zeugin SK, der Tatsache des Nichterscheinens der Zeuginnen und der Wiedergabe der Aussagen der in der mündlichen Verhandlung vom vernommenen Zeugen JR und OF (Kontrollorgane) sowie AK (Ehegatte der Beschwerdeführerin), den weiteren Ermittlungen, der Ergebnisse und die Wiedergabe der Aussagen der in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung vernommenen Zeugen JS (Leiter der Vernehmung der AS ) und DR (Dolmetscherin bei dieser Vernehmung) aus:
"Die (Beschwerdeführerin) betrieb im Juni 2011 mit Hilfe ihres durch eine Vollmacht vom ermächtigten Ehegatten AK das bereits langjährig etablierte Bordell 'CC' in B-Platz 4, … Z. In diesem wurden am Dienstag, , gegen 22:45 Uhr während der offiziellen Lokalöffnungszeit bei einer Kontrolle die rumänischen Staatsangehörigen TB, …, und AS, …, in einer für Prostituierte typischen Animierkleidung sowie die tschechische Staatsangehörige SK, …, arbeitend angetroffen.
Letztere, deren Beschäftigung als Kellnerin im genannten Bordellbetrieb dem Krankenversicherungsträger erst nach der Kontrolle gemeldet worden war, war von AK im Rahmen einer Vollzeitbeschäftigung mit dem Öffnen und der Beaufsichtigung des Bordellbetriebes beauftragt gewesen und hatte AbtInsp JR und BezInsp OF, die sich zunächst nicht als Kontrollorgane zu erkennen gaben, als Gästen nach Klingeln Zutritt zum Lokal ermöglicht und anschließend an der Bar Getränke angeboten.
TB und AS, für die weder eine arbeitsmarkt- noch eine sozialversicherungsrechtliche Bewilligung vorgelegen war, hatten seit im 'Bordell CC' unter planmäßiger Eingliederung in die Betriebsorganisation während der Lokalöffnungszeit von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr morgens für ein Nettoeinkommen von jedenfalls EUR 1.000,00 und Beteiligung am Getränkeumsatz als Prostituierte gearbeitet.
Diese Sachverhaltsfeststellungen waren aufgrund des oben dargestellten Ermittlungsverfahrens zu treffen. In diesem konnte ein Erscheinen von TB, AS sowie SK, die die an den bekannt gegebenen, ausländischen Anschriften zugestellten Zeugenladungen jeweils unbefolgt gelassen haben, gemäß § 19 AVG nicht bewirkt und durchgesetzt werden.
Dass es sich bei dem am einer Kontrolle unterzogenen, spruchgemäß bezeichneten Betrieb 'CC' um einen einschlägig bekannten, bereits langjährig in Z etablierten und als solcher (etwa im Internet) beworbenen Nachtclub, Bar- und Bordellbetrieb der (Beschwerdeführerin) handelte, führte der Ehemann der (Beschwerdeführerin), AK, mit dem Hinweis ins Treffen, dass er dort für seine zur Tatzeit schwangere und über die Personalverhältnisse nicht informierte Ehegattin als Kellner und Geschäftsführer tätig gewesen war. Laut vorgelegter Generalvollmacht vom war er im Rahmen der ihm erteilten Prozessvollmacht zu Vertretungshandlungen in allen Angelegenheiten seiner Gattin ermächtigt.
Nach den nicht zu bezweifelnden Angaben des Zeugen AK vor der Berufungsbehörde war genannter Betrieb an sechs Tagen in der Woche, nämlich von Montag bis Samstag ' bei Ruhetag am Sonntag jeweils von 22.00 Uhr bis 05.00 Uhr morgens geöffnet. Der Zeuge AK räumte ein, am Dienstag, , SK gebeten zu haben, im Lokal auf zwei Prostituierte zu warten. Seiner Angabe zufolge wäre das Lokal damals wegen Malerarbeiten geschlossen gewesen und hätte die Genannte erst zwei Tage später, als er sie auch als Kellnerin 'Vollzeit' angemeldet hatte, bei ihm zu arbeiten angefangen. Dem gegenüber schilderten die Zeugen AbtInsp JR und BezInsp OF unter straf- sowie dienstrechtlich sanktionierter Wahrheitspflicht, die Amtshandlung zur Tatzeit während der ihnen bekannten Lokalöffnungszeit als Lokalgäste begonnen zu haben, wobei ihnen gegenüber - ohne Hinweis, dass das Lokal geschlossen wäre - die tschechische Staatsangehörige SK als Türöffner und Bardame bzw Kellnerin tätig geworden ist und trotz mangelhafter Deutschkenntnisse in einem sinnzusammenhängenden Gespräch angegeben hat, dass sie erst am in den Bordellbetrieb gekommen war, weshalb sie über die Betriebsabläufe noch schlecht Bescheid wüsste. Hinsichtlich der anwesenden Rumäninnen, für die sie teilweise übersetzt hat, gab SK den Zeugenangaben zufolge an, dass diese bereits seit drei Tagen tätig gewesen waren und sich am Kontrolltag einer amtsärztlichen Untersuchung unterzogen hatten. BezInsp OF ergänzte, dass sich die Prostitutionstätigkeit der in Animierkleidung angetroffenen Ausländerinnen auch aus dem mit diesen geführten Gespräch ergeben hatte, wobei eine Kommunikation mit TB ganz gut möglich gewesen war. Beide Zeugen führten auch glaubwürdig an, dass AK in dem wegen der Amtshandlung geführten Telefonat am weder eine Tätigkeit der angetroffenen Personen im Bordellbetrieb bestritten noch behauptet hatte, dass das Bordell am Kontrolltag geschlossen gewesen wäre. Anhaltspunkte dafür, dass die Amtsorgane die (Beschwerdeführerin) hätten falsch belasten wollten, fehlten.
Die Zeugenangaben stimmen überdies mit der schriftlichen Mitteilung der SK vom überein, wonach sie 'gebeten worden war, ein Auge auf die Bar zu haben, um ihrem Freund Toni zu helfen', und 'von zwei in das CC gekommenen Polizisten von zwei Mitarbeiterinnen und auch von ihr Daten aufgenommen worden waren.'
Ferner decken sich diese Verfahrensergebnisse mit dem Vorbringen in der Berufung, S 3, selbst, wonach am Kontrolltag eine betriebliche Tätigkeit jedenfalls mit Erscheinen des AK im Lokal 'CC' vorgesehen war und 'AK, weil er länger als geplant bei seiner hochschwangeren Gattin und dem daheim befindlichen Kleinkind hatte bleiben müssen, SK ersucht hatte, den rumänischen Staatsangehörigen TB und AS die Türe im Lokal CC zu öffnen und gemeinsam das Eintreffen des AK abzuwarten.'
Auch ergab sich eine Übereinstimmung mit den in der Beschuldigtenvernehmung der Polizeiinspektion Saalfelden, GZ …, dokumentierten Ergebnissen der Befragung der AS. Letztere hatte am niederschriftlich angegeben und unterschriftlich als richtig bestätigt, dass sie nach Antritt der Arbeitsstelle am beim Dienstgeber 'Bordell CC' als Prostituierte ein Nettoeinkommen von EUR 1.000,00 ins Verdienen brachte. Diese Angaben in der gemäß § 46 AVG in Verbindung mit § 51g VStG als Beweismittel verwertbaren Niederschrift bestätigte nach Wahrheitserinnerung überdies die damals als Dolmetscherin beigezogene Zeugin DR glaubwürdig mit dem Hinweis, dass das über die Vernehmung hergestellte Protokoll erst nach Durchlesen und neuerlicher Übersetzung unterfertigt worden war, wobei AS auch ihr gegenüber gesagt hatte, dass sie - wie eine Freundin rumänischer Herkunft - bereits zwei Nächte als Prostituierte im CC gearbeitet hatte und in der zweiten Nacht von der Polizei erwischt worden war. Soweit der Ehemann der (Beschwerdeführerin) vor der Berufungsbehörde Gegenteiliges ins Treffen zu führen versuchte, war seiner Aussage daher weniger Überzeugungskraft beizumessen. Als unwiderlegt war die Zeugenaussage des AK aber hinsichtlich der Arbeitskonditionen im verfahrensgegenständlichen Bordellbetrieb zugrunde zu legen. Demnach richtete sich die Arbeitszeit für Prostituierte grundsätzlich nach der Lokalöffnungszeit, durfte die Arbeitskleidung nicht zu ordinär zu sein, hatten die Mädchen, hinsichtlich der er auch Unterkunftgeber war, in regelmäßigen Abständen zu von ihnen gewählten Liedern Striptease-Tänze darzubieten und für im Lokal stattfindende Prostitution einen Anteil von EUR 60,00 pro halbe Stunde bzw von EUR 100,00 pro Stunde zu zahlen, während sie einen Getränkeanteil - etwa von EUR 20,00 für eine Sektflasche - erhielten. Dass die spruchgemäß bezeichneten Rumäninnen als Prostituierte und Tänzerinnen zu anderen Bedingungen für die (Beschwerdeführerin) tätig gewesen wären, kam im Verfahren ebenso wenig hervor …"
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat betreffend Spruchpunkt a) des angefochtenen Bescheides (die Entscheidung zu Spruchpunkt b) erfolgt durch den zuständigen Senat des Verwaltungsgerichtshofes) erwogen:
1) Die Beschwerdeführerin behauptet, sie habe ihren Gatten AK mit "Generalvollmacht" als strafrechtlichen Verantwortlichen "im Sinne des § 9 Abs. 3 VStG" bestellt; sie legt sie der Beschwerde bei.
Gemäß § 28a Abs. 3 AuslBG wird die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung, für die Einhaltung des AuslBG erst rechtswirksam, nachdem bei der zuständigen Abgabenbehörde eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist.
Es erübrigt sich, zu prüfen, ob die "Generalvollmacht" von ihrem Inhalt her überhaupt geeignet gewesen wäre, den Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit zu begründen, weil die Beschwerdeführerin nicht behauptet, dass die Wirksamkeitsvoraussetzung des § 28a Abs. 3 AuslBG vorliege.
Ein Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit liegt somit schon deshalb nicht vor.
2) Die Beschwerdeführerin wendet Verfolgungsverjährung ein, es sei außerhalb der Verjährungsfrist im angefochtenen Bescheid einerseits der Beschäftigungszeitraum "vom zum " und andererseits der Beschäftigungsort "von B-Str 4/2, Z zum Beschäftigungsort Lokal CC 5… Z" geändert worden.
Das Vorbringen zur Beschäftigungszeit ist deshalb unbeachtlich, weil im angefochtenen Bescheid der ursprünglich rechtzeitig angelastete Beschäftigungszeitraum bis zum Betretungszeitpunkt am , 22.45 Uhr, im angefochtenen Bescheid auf bis zum Betretungszeitpunkt verkürzt wurde.
Wurde aber eine längere Beschäftigungszeit rechtzeitig angelastet, dann steht einer späteren Verkürzung rechtlich kein Hindernis entgegen.
Denn die Berufungsbehörde ist nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, einen fehlerhaften Abspruch der ersten Instanz richtigzustellen, wobei sie naturgemäß auf die "Sache" des bei ihr anhängigen Verfahrens - das war die der Beschwerdeführerin im Verfahren vor der Behörde erster Instanz angelastete TAT, nicht aber deren rechtliche Beurteilung - beschränkt ist. Die belangte Behörde war daher sowohl dazu berechtigt, eine Einschränkung der Tatzeit vorzunehmen, als auch sinnstörende Fehler des Bescheidspruches der BH zu korrigieren (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/09/0188).
Was den Beschäftigungsort anbelangt, so ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin aktenwidrig. Im rechtzeitig innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist erlassenen Straferkenntnis vom wurde im Spruch einleitend ausdrücklich als "Ort der Begehung: Z, B-Platz 4, Lokal CC" genannt. Da bei der Beschäftigten TB neuerlich ein "Beschäftigungsort: B-Str 4/2,
5... Z" erwähnt ist, war die belangte Behörde auch in dieser
Hinsicht nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, den Beschäftigungsort richtig zu stellen.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist aus der Umschreibung der Tatzeit "seit …" in Verbindung mit dem Zeitpunkt der Kontrolle eindeutig der von der Beschwerdeführerin vermisste Tatzeitraum zu erkennen, weshalb ihr an einen Tatzeitpunkt anknüpfendes rechtliches Vorbringen schon aus diesem Grund ins Leere geht.
3) Die Behauptung der Befangenheit der "entscheidenden Richterin der belangten Behörde" mit der Begründung, diese habe mittelbaren Beweismitteln "wie das vorliegende Vernehmungsprotokoll … vom " den Vorzug gegeben, ist unbegründet:
Das zur Entscheidung befugte Mitglied der belangten Behörde kam mit der Einholung dieses Beweismittels dem Antrag einer anderen Partei des Verfahrens vom nach.
Keine Norm steht der Vorgangsweise der belangten Behörde entgegen, vor der Verkündung des Berufungsbescheides ein zunächst geschlossenes Beweisverfahren auf Grund eines Antrags einer Partei auf Einholung weiterer Beweise wieder fortzusetzen, neue Beweismittel einzuholen und im Sinne des § 51h Abs. 1 VStG die Verhandlung zu vertagen.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die Behörde im Sinne des § 51g VStG verpflichtet, alle ihr zugänglichen und zur Klärung des Sachverhalts erforderlichen Beweise aufzunehmen und auf die Beweisergebnisse Bedacht zu nehmen. Dass es hiebei zu Situationen kommen kann, dass (notwendigerweise auch) andere Beweismittel als "unmittelbare" Zeugenaussagen verwertet werden, bietet nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine Befangenheit.
4) Die Beschwerdeführerin rügt die Unterlassung der "unmittelbaren" Einvernahme der beiden Rumäninnen und der tschechischen Staatsangehörigen SK.
Die belangte Behörde hat versucht, mit diesen Zeuginnen an ihrer Adresse im Ausland durch Ladung zur mündlichen Verhandlung in Kontakt zu treten, die Zeuginnen haben dieser Ladung jedoch keine Folge geleistet. SK hat lediglich per mail vom geantwortet; in dieser Antwort sind nur wenige Anhaltspunkte zum Sachverhalt (vgl. die obige Wiedergabe der Begründung der belangten Behörde) enthalten. Auch der Beschwerdeführerin ist es nicht gelungen, die Zeuginnen stellig zu machen. Dass die Zeuginnen trotz der durch internationalen Rückschein im Akt ausgewiesenen Zustellung und Übernahme der Ladungen nicht zur mündlichen Berufungsverhandlung erschienen sind, macht das vom Unabhängigen Verwaltungssenat durchgeführte Verfahren nicht mangelhaft, weil der Unabhängige Verwaltungssenat nach § 19 AVG nicht in der Lage ist, das Erscheinen im Ausland ansässiger Zeugen durchzusetzen. Schon im Hinblick auf die gebotene Unmittelbarkeit des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat ist es auch nicht rechtswidrig, dass von einem Rechtshilfeersuchen Abstand genommen wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0002, mwN).
Damit stand aber der Verlesung der früheren Aussage der AS (wenngleich diese auch als Beschuldigte wegen Urkundenfälschung erfolgte) kein Hindernis entgegen.
Entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin ist diese Vernehmung in der mündlichen Berufungsverhandlung vom verlesen worden (siehe das Verhandlungsprotokoll "verlesen werden … insbesondere … der Bericht der PI S vom samt Beschuldigtenvernehmung vom (ON 16)"; auf Grund des eindeutig die Vorlage des angeschlossenen "mit AS am verfasste(n) Vernehmungsprotokoll(s)" betreffenden Textes des genannten Berichtes vom ist der offensichtliche Schreibfehler beim Monat der Beschuldigtenvernehmung ("03" statt richtig "06") unerheblich). Das Verhandlungsprotokoll wurde von der Beschwerdeführerin nicht gerügt.
Auf Grund der Verlesung hatte die Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit, zum Vernehmungsprotokoll der AS Stellung zu nehmen. Dennoch hat die Beschwerdeführerin nicht dargetan, welchen anderen als den im Vernehmungsprotokoll vom enthaltenen Sachverhalt AS nunmehr hätte vorbringen können.
Überdies stellt dieses Vernehmungsprotokoll nur einen kleinen Teil aller jener Beweisergebnisse dar, auf die sich die belangte Behörde stützte. Damit unterscheidet sich der gegenständliche Fall von dem dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0232, zu Grunde liegenden Fall und entspricht den in diesem Erkenntnis mitbehandelten Fällen Zl. 2007/09/0378 und Zl. 2007/09/0379.
Auch hinsichtlich der anderen Ausländerinnen, deren unterlassene Einvernahme die Beschwerdeführerin rügt, übersieht sie einerseits, dass keine Adresse bekannt war, und andererseits zeigt sie nicht auf, welchen Sachverhalt sie ausgesagt hätten.
5) Die Beschwerdeführerin rügt die Unterlassung der Einvernahme des ER (Bruder des Zeugen AR) zum Beweisthema, dieser habe am Malerarbeiten im Lokal CC durchgeführt, weshalb dieses geschlossen gewesen sei.
Die Behörde darf nur dann einen beantragten Zeugenbeweis ablehnen, wenn er objektiv gesehen nicht geeignet ist, über den Gegenstand der Beweisaufnahme einen Beweis zu liefern; eine Würdigung der Beweise hinsichtlich ihrer subjektiven Glaubwürdigkeit ist nur nach der Aufnahme des Beweises möglich (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/03/0032).
Die belangte Behörde war nicht verpflichtet, die Einvernahme des EK zum genannten Beweisthema durchzuführen, weil seine Aussage objektiv ungeeignet gewesen wäre. Selbst bei voller Glaubwürdigkeit hätte sie keinen Beweis dafür liefern können, dass das Lokal am 20. und , ab 22.00 Uhr nicht geöffnet gehabt habe. Denn es konnte durchaus sein, dass EK Malerarbeiten im Lokal CC vorgenommen hat und es in seiner Intention gelegen wäre, dass das Lokal am nicht zu öffnen gewesen sei. Die Beschwerdeführerin, aber auch der Zeuge AK behaupten aber nicht, dass EK zu den Öffnungszeiten des Bordells ab 22.00 Uhr anwesend gewesen sei, gearbeitet habe und sie geben konkret nicht bekannt, in welchen Räumen und in welchem Ausmaß Malerarbeiten durchgeführt worden seien, sodass schon deshalb auf eine Betriebsschließung zu den nächtlichen Öffnungszeiten des Bordells als Auswirkung dieser Arbeiten nicht rückgeschlossen werden kann.
Mit dem Beweisthema der Aussage EK hätte überdies nicht erklärt werden können, wieso den zunächst "incognito" um Einlass läutenden Amtsorganen JR und OF innerhalb der gewöhnlichen Öffnungszeit von der augenscheinlich als Kellnerin fungierenden SK geöffnet, sie wie gewöhnliche Gäste zur Bar gebeten wurden und diese Zeugen JR und OF im "Barraum" keine Anzeichen für Malerarbeiten wahrnehmen konnten. Deren diesbezüglichen Aussagen ist die Beschwerdeführerin nicht entgegengetreten. Hiezu kommt, dass diese Zeugen im "Barraum" die beiden Rumäninnen in für Animation/Prostitution typischer Kleidung wahrnahmen und vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden war, dass er die angebliche Betriebsschließung in irgendeiner Weise (etwa durch Ankündigung an der Eingangstür) bekannt gemacht habe.
6) Die näheren Umstände der Tätigkeit der Rumäninnen als Prostituierte, Tänzerinnen und Animierdamen, (welche behaupteterweise erst kurz nach Ende des gegenständlichen Tatzeitraumes tatsächlich begonnen und einige Wochen gedauert habe - dies ist aber durch die Feststellungen der belangten Behörde widerlegt), wurden vom Zeugen AK - wie oben in der Wiedergabe der Begründung des angefochtenen Bescheides gezeigt - dargelegt.
Im Hinblick auf die rechtliche Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist auf die nunmehr ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach eine Tätigkeit als "Prostituierte und Animierdame" in einem Barbetrieb oder Nachtclub (wie hier in einem Bordell) unter Beteiligung am Umsatz in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wird, wie in einem Arbeitsverhältnis. In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, zumindest von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0002).
7) Das Vorbringen der Beschwerdeführerin betreffend Unmöglichkeit der Anmeldung "beim Finanzamt" geht am angelasteten Tatbestand vorbei, weil es nicht um eine solche Anmeldung geht, sondern um die Beschäftigung ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Zulassung.
8) Die Beschwerdeführerin bringt vor, es hätten ihr keine Barauslagen vorgeschrieben werden können, "da jedenfalls ein amtlicher Dolmetscher beigezogen hätte werden können".
Zur mündlichen Verhandlung vom wurden je eine nichtamtliche Dolmetscherin für die rumänische und tschechische Sprache geladen. In der Verhandlungsschrift ist protokolliert, nach Feststellung, dass keine der geladenen Zeuginnen erschienen sei, seien die Dolmetscherinnen aufgefordert worden, für ihr "frustriertes Erscheinen zur Berufungsverhandlung eine Kostennote zu legen. Frau K werde die Kostennote postalisch übermitteln, Frau S legte sogleich eine Gebührennote. Die Parteienvertreter erhoben keine Einwände. Auch diesbezüglich erfolgte keine Protokollrüge durch die Beschwerdeführerin.
Ein Vorbringen dahin, dass der Behörde geeignete Amtsdolmetscher zur Verfügung gestanden wären, und die Bestellung eines nicht-amtlichen Dolmetschers rechtswidrig wäre, hat die Beschwerdeführerin auch im fortgesetzten Berufungsverfahren nicht erstattet, obwohl die Gebührenbescheide betreffend beide genannten Dolmetscherinnen in der fortgesetzten mündlichen Verhandlung vom verlesen wurden. Daher war die Behörde nicht verpflichtet, den bis dahin unstrittigen Umstand, dass ihr keine amtlichen Dolmetscher zur Verfügung stehen, im angefochtenen Bescheid zu begründen. Die nunmehr erstmalig (abstrakt) erhobene Behauptung ist demnach nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen.
9) Die Beschwerdeführerin bringt noch vor, es hätten ihr keine Barauslagen in Ansehung jener Verwaltungsübertretung vorgeschrieben werden dürfen, in der die Berufung Erfolg gehabt habe.
Nach der hg. Rechtsprechung ist dann, wenn eine Berufung gegen die in einer Bescheidausfertigung enthaltenen mehreren Schuld-, Straf- und Kostenaussprüche hinsichtlich einer Verwaltungsübertretung zur Gänze Erfolg hat, hinsichtlich anderer aber nicht, hinsichtlich der letzteren eine Kostenvorschreibung gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zulässig. Dieser Grundsatz hat auch für eine Kostenvorschreibung gemäß § 64 Abs. 3 VStG zu gelten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/03/0363).
Die Beschwerdeführerin verwechselt mit ihrem Vorbringen offenbar die - für Barauslagen nicht anzuwendende - Bestimmung des § 65 VStG mit den Bestimmungen des § 64 VStG. Da ihre Berufung in keinem der beiden Spruchpunkte zur Gänze Erfolg hatte, sondern lediglich in Spruchpunkt a) die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe verringert wurde, waren ihr die Barauslagen gemäß § 64 Abs. 3 VStG in voller Höhe vorzuschreiben.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
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Normen | |
Schlagworte | freie Beweiswürdigung Beweiswürdigung antizipative vorweggenommene Ablehnung eines Beweismittels |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:2013090033.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAE-82393