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VwGH vom 23.04.2013, 2013/09/0026

VwGH vom 23.04.2013, 2013/09/0026

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pichler, über die Beschwerde des F in P, vertreten durch Mag. Helmut Holzer, Mag. Wolfgang Kofler, Mag. Klaus Mikosch und Mag. Dr. Peter Kasper, Rechtsanwälte in 9020 Klagenfurt, Bahnhofstraße 51/DG, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-K3- 2075-2079/6/2012, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der K GmbH, welche unbeschränkt haftender Gesellschafter der K KG sei, beide mit Sitz in S, zu verantworten, dass, wie dies am gegen 9.00 Uhr anlässlich einer Kontrolle der Baustelle am Firmengelände J durch Organe des Finanzamtes GM festgestellt worden sei, die K KG als Arbeitgeber im Sinne des AuslBG entgegen dessen § 3 vier näher bezeichnete von der S s.r.l, Rumänien, überlassene rumänische Arbeitskräfte beschäftigt habe (es werden sodann die Beschäftigungszeiträume und ausgeübten Tätigkeiten näher beschrieben), obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch vier Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden drei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 8.000,-- und eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 6.500,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Strittig war im Verwaltungsstrafverfahren die Rechtswirksamkeit einer behaupteten Bestellung des Ing. SCH zum verantwortlichen Beauftragten.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach kurzer Zusammenfassung der Ergebnisse der in der mündlichen Verhandlung erstatteten Aussagen aus (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten bewirkt nunmehr einen Wechsel in der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung, welche primär bei dem zur Vertretung nach außen berufenen Organ liegt. Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit geht sodann von dem nach außen zur Vertretung Berufenen auf den verantwortlich Beauftragten über. Dies allerdings nur, wenn sämtliche Voraussetzungen des § 9 VStG erfüllt sind. Ein Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung auf einen verantwortlich Beauftragten ist nur dann gegeben, wenn an dessen Bestellung keinerlei Zweifel bestehen. Im gegenständlichen Fall ist nunmehr die Anordnungsbefugnis des verantwortlich Beauftragten strittig. Die gegenständliche Bestellungsurkunde beinhaltet auch keinen Hinweis auf die Zuweisung einer Anordnungsbefugnis, wobei die einem verantwortlichen Beauftragten eingeräumte Anordnungsbefugnis nur dann entsprechend gemäß § 9 Abs. 4 VStG vorliegt, wenn diesem ermöglicht wird die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften sicherzustellen. Er muss durch die ihm eingeräumten Gestaltungsmöglichkeiten in die Lage versetzt werden, die Verwaltungsvorschriften einzuhalten. Hingewiesen wird auch darauf, dass die räumliche Eingrenzung der gegenständlichen Bestellungsurkunde mit 'Montagemanagement Weltweit' weit gefasst erscheint. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sollen die Verwaltungsstrafbehörden nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht anstellen zu müssen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglichen nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortungsbereiches entstehen und aus deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt. Bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ist sohin ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es im Sinne der allgemeinen Auslegungsregelungen auch nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Empfängers an (vgl. Zahl: 2007/02/0334 und vom , Zahl: 2009/07/0142). Die gegenständliche Urkunde enthält keine ausdrückliche Zuweisung einer Anordnungsbefugnis an Ing. SCH. Nach der ständigen Judikatur muss zwar nicht jede einzelne Anordnungsbefugnis ausgeführt werden (vgl. Zahl: 94/09/0184). Eine entsprechende Anordnungsbefugnis ist aber ebenfalls nachzuweisen, wobei der Nachweis aus der Zeit vor Tatbegehung stammen muss ( Zahl: 95/07/0095). Der Umfang der Anordnungsbefugnis richtet sich nach der Bestellungsurkunde ( Zahl: 92/18/0393). Im gegenständlichen Falle ist der verantwortliche Beauftragte leitender Angestellter in der dritten Ebene des Unternehmens und für einen sachlich abgegrenzten Bereich im Projektmanagement für gewisse Baustellen verantwortlich. Er ist direkt dem technischen Leiter unterstellt und zeigt die Organisationsstruktur, dass dies eine Beschränkung seiner Position darstellt. Da der handelsrechtliche Geschäftsführer, der (Beschwerdeführer), in der Urkunde vom Ing. SCH nicht ausdrücklich eine Anordnungsbefugnis eingeräumt hat, ist diese somit nur aus seiner Position als technischer Angestellter ableitbar. Da sich die Anordnungsbefugnis somit nicht expressis verbis aus der Urkunde vom ergibt und sich aufgrund der betrieblichen Organisationsstruktur auch nicht uneingeschränkt aus der Position des Ing. SCH ableiten lässt, ist die Behörde erster Instanz zu Recht davon ausgegangen, dass keine rechtswirksame Bestellung des Ing. SCH zum verantwortlich Beauftragten der Firma K KG erfolgt ist"

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt wie im Verwaltungsstrafverfahren vor der Behörde vor, es sei eine rechtswirksame Bestellung des Ing. SCH zum verantwortlichen Beauftragten erfolgt.

Die im Verwaltungsstrafverfahren vorgelegte Bestellungsurkunde vom enthält als sachlichen Zuständigkeitsbereich:

"Einhaltung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 i.d.g.F."

sowie als räumlichen Zuständigkeitsbereich:

"Montagemanagement Weltweit".

Wie der Beschwerdeführer unter Hinweis auf hg. Rechtsprechung richtig erkennt, ist aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 VStG klar ersichtlich, dass der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird, "klar abzugrenzen" ist. Erfolgt eine solche klare Abgrenzung nicht, so liegt keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten im Sinne dieser Bestimmung vor. Die Verwaltungsstrafbehörden sollen nicht in die Lage versetzt werden, Ermittlungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht, insbesondere über die Größe, Lage und Verwendung der einzelnen Betriebsräume, anstellen zu müssen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung (ihren Nachweis) einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen, um zu klären, welcher Inhalt einer diesbezüglich nicht eindeutigen Erklärung beizumessen ist. Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt. Bei der Auslegung einer Bestellungsurkunde ist sohin ein objektiver Maßstab anzulegen. Dabei kommt es im Sinne der allgemeinen Auslegungsregeln auch nicht auf die Absicht des Erklärenden, sondern auf den objektiven Erklärungswert des Empfängers an (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/07/0142).

Der belangten Behörde war es - insbesondere vor dem Hintergrund des umschriebenen "Zuständigkeitsbereiches" - nicht verwehrt, Zweifel betreffend die Echtheit und Richtigkeit der vorgelegten Urkunde - ebenso wie das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen im Sinne des § 9 Abs. 4 VStG - im Verfahren zu überprüfen.

Derartige Zweifel - insbesondere im Hinblick auf die tatsächliche Anordnungsbefugnis des Ing. SCH - durfte die belangte Behörde berechtigter Weise auf Grund des Bescheides der Behörde erster Instanz sowie den bereits in deren Akt dokumentierten Verfahrensergebnissen zu Art und Umfang der gegenständlichen Bestellungsurkunde hegen. Sie hat dazu in einer erstreckten mündlichen Verhandlung den Beschwerdeführer und mehrere Zeugen, darunter Ing. SCH, einvernommen. Ing. SCH hat unter anderem auch dargetan, dass seine eine Anordnungsbefugnis bejahende Aussage in einer mündlichen Verhandlung vom betreffend ein anderes Verfahren gegen den Beschwerdeführer durch eine vor dieser Verhandlung erfolgte Beeinflussung seitens des Beschwerdeführers und seines Rechtsvertreters erfolgt sei.

Insoweit sich die beschwerdeführende Partei gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung wendet, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen. Insbesondere zeigt der Hinweis des Beschwerdeführers auf frühere Verfahren gegen den Beschwerdeführer bzw. Ing. SCH, in denen wesentliches Thema ebenfalls die gegenständliche Bestellungsurkunde war, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers keine "Willkür" der belangten Behörde auf, sondert untermauert die Berechtigung der Zweifel der belangten Behörde an der Wirksamkeit der Bestellung des Ing. SCH zum verantwortlichen Beauftragten.

Zwar bringt der Beschwerdeführer richtig vor, dass für das Vorliegen einer Anordnungsbefugnis für den betreffenden Bereich eine leitende Funktion im Unternehmen (Anm.: Ing. SCH war in der dritten Ebene in der Technischen Leitung) nicht notwendig ist, nach der nunmehr vorliegenden Aussage des Ing. SCH in der Berufungsverhandlung vom durfte die belangte Behörde aber zu Recht von einer fehlenden Anordnungsbefugnis (Aussage des Ing. SCH: "Ich durfte nicht frei entscheiden, wenn ich auf eine Baustelle fahren wollte.") ausgehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am