VwGH vom 23.05.2013, 2013/09/0025

VwGH vom 23.05.2013, 2013/09/0025

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2013/09/0009 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des C in S, vertreten durch Dr. Rudolf Wöran, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Dr. Franz-Rehrl-Platz 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/11384/11- 2012, betreffend Bestrafungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der E GmbH als Auftraggeber mit Sitz in S zu verantworten, dass von dieser die Arbeitsleistung von drei litauischen, zwei russischen und eines kasachischen Staatsangehörigen (alle werden näher bezeichnet) zumindest am auf der Baustelle F in Anspruch genommen worden sei,

"ohne dass die Voraussetzungen für eine Entsendung nach § 18 Abs. 12 Z. 1 AuslBG vorgelegen sind. Von der E GmbH wurde über Vermittlung der B GmbH mit Sitz in R die A GmbH mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedsstaat des Europäischen Wirtschaftraumes als Österreich, nämlich in W, Deutschland, für die verrichteten Arbeiten beauftragt." Die genannten "entsendeten Arbeitnehmer (Mitarbeiter des von der A GmbH wiederum in Sub beauftragten Unternehmens EH mit Betriebssitz in I, Deutschland), waren weder zu einer Beschäftigung im Staat des Betriebssitzes über die Dauer der Entsendung nach Österreich hinaus zugelassen noch beim entsendeten Unternehmen rechtmäßig beschäftigt."

Der Beschwerdeführer habe dadurch sechs Übertretungen gemäß § 18 Abs. 12 Z. 1 iVm § 28 Abs. 1 Z. 5 lit. b AuslBG begangen. Es wurden sechs Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.500,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor, dass ihm nach dem Spruch des Straferkenntnisses erster Instanz und gleich lautend übernommen im angefochtenen Bescheid nicht vorgeworfen werde, dass für die genannten ausländischen Staatsangehörigen keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt gewesen sei. Für eine Bestrafung nach § 28 Abs. 1 Z. 5 lit. b AuslBG sei dies tatbildlich.

Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 5 lit. b AuslBG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer entgegen § 18 Abs. 12 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem Unternehmen mit Betriebssitz in einem anderen Mitgliedstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes zur Arbeitsleistung nach Österreich entsandt wird, in Anspruch nimmt, obwohl § 18 Abs. 12 Z. 1 oder 2 nicht erfüllt ist und - im Fall der lit. b - auch keine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde , bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis 20 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis 50 000 Euro (Hervorhebung durch Fettdruck durch den Verwaltungsgerichtshof).

Im Bescheidspruch bedarf es gemäß § 44a Z. 1 VStG der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift erforderlich sind. Wird die Anführung eines wesentlichen Tatbestandselementes im Spruch unterlassen, kann dies auch nicht durch eine entsprechende Bescheidbegründung ersetzt werden (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 757, E 20 ff, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Die belangte Behörde bringt in der Gegenschrift vor, es sei im gesamten Verfahren unbestritten geblieben, dass die sechs tatgegenständlichen Ausländer ohne arbeitsmarktrechtliche Bewilligung, d.h. ohne Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder EU-Entsendebestätigung, bei Estricharbeiten eingesetzt worden seien. Der Tatvorwurf der Behörde erster Instanz habe dahingehend gelautet, "dass keinerlei arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorgelegen hat". Es bedürfe keiner expliziten Anführung des Fehlens einer EU-Entsendebestätigung.

Es trifft zwar zu, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (etwa bei einer Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des AuslBG) ausreicht, (generell) vorzuwerfen, es sei eine Beschäftigung erfolgt, obwohl für die beschäftigten Ausländer keine arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien. Im Falle, dass ein Beschwerdeführer nicht behauptet, die spruchgegenständlichen Ausländer hätten eine bestimmte Bewilligung nicht besessen, ist die belangte Behörde nicht gehalten, diese arbeitsmarktrechtliche Bewilligung in den Spruch aufzunehmen, zumal es kein Tatbestandsmerkmal der gegenständlichen Übertretungen darstellt, welche der im AuslBG enthaltenen vielfältigen Bewilligungen die Ausländer im Einzelnen nicht besessen hätten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/09/0064).

Im Falle der Anlastung des Fehlens irgendeiner arbeitsmarktrechtlichen Bewilligung, Bestätigung oder dgl. kommt "unmissverständlich" der Wille der belangten Behörde zum Ausdruck, eine Verfolgung wegen des Fehlens aller in Frage kommenden arbeitsmarktbehördlichen Papiere zu setzen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 97/09/0334). Wird aber das Fehlen eines arbeitsmarktbehördlichen Papiers überhaupt nicht angelastet, dann besteht für den Beschuldigten kein Grund, diesen Verdacht auf geeignete Weise zu entkräften (gegebenenfalls etwa durch den Nachweis, dass es einer solchen Bewilligung wegen Vorliegens einer Arbeitserlaubnis nach § 14a AuslBG, eines Befreiungsscheines nach § 15 AuslBG oder eines unbeschränkten Zugangs zum Arbeitsmarkt nach § 17 AuslBG auf Seiten der betreffenden Ausländer gar nicht bedurft hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/09/0147)).

Dies trifft aber für eine Anlastung im Sinne des § 44a Z. 1 VStG gemäß § 28 Abs. 1 Z. 5 lit b AuslBG sowohl aus sachverhaltsmäßigen als auch rechtlichen Gründen nicht zu.

Sachverhaltsmäßig wurde in dem oben in den wesentlichen Teilen wörtlich wieder gegebenen Spruch angelastet "ohne dass die Voraussetzungen für eine Entsendung nach § 18 Abs. 12 Z. 1 AuslBG vorgelegen sind". Dies ist ein anderer Vorwurf als "dass keinerlei arbeitsmarktrechtliche Bewilligung vorgelegen hat". Letzteres wurde dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen.

Rechtlich unterscheidet sich der gegenständliche Straftatbestand des § 28 Abs. 1 Z. 5 lit b AuslBG von den in § 28 Abs. 1 Z. 1 AuslBG genannten Tatbeständen, weil gemäß § 18 Abs. 12 Einleitungssatz AuslBG für die darin erfassten Betriebsentsendungen keine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erforderlich ist und nach § 18 Abs. 12 letzter Absatz AuslBG die Beschäftigung bei Vorliegen der in dessen Z. 1 und 2 bezeichneten Voraussetzungen auch ohne EU-Entsendebestätigung begonnen werden darf. Damit ist nach § 28 Abs. 1 Z. 5 lit b AuslBG für eine Bestrafung des inländischen Inanspruchnehmers wesentlich, dass die besondere , dort genannte EU-Entsendbestätigung - und nicht irgendeine arbeitsmarktrechtliche Bewilligung - fehlte.

Das Fehlen einer EU-Entsendebestätigung ist daher ein wesentliches Tatbestandselement des § 28 Abs. 1 Z. 5 lit. b AuslBG.

Die belangte Behörde hat aber dieses wesentliche Tatbestandselement nicht angelastet.

Für das fortzusetzende Verfahren ist noch anzumerken:

Zwar ist in der Anzeige vom der Passus "ohne hierfür im Besitz der entsprechenden Bewilligungen zu sein" (es kann aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben, ob dies als Tatvorwurf zum Ausschluss der Verfolgungsverjährung ausgereicht hätte) enthalten. Die Verfolgungshandlungen, welche von der Behörde erster Instanz gesetzt wurden (Aufforderung zu Rechtfertigung vom , Straferkenntnis vom ), enthalten keine Anlastung des Fehlens der EU-Entsendebewilligung, die Anzeige wurde mit diesen Verfolgungshandlungen nicht vorgehalten. Die bloße Ermöglichung der Akteneinsicht des Vertreters des Beschwerdeführers vom stellt keine taugliche Verfolgungshandlung gemäß § 32 Abs. 2 VStG dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/03/0003, mwH). Die nächsten Verfolgungshandlungen gegen den Beschwerdeführer durch die belangte Behörde datieren erst aus 2012, sohin nach Ablauf der einjährigen Verfolgungsverjährungsfrist, weshalb sich eine Prüfung auf deren inhaltliche Vollständigkeit erübrigt.

Da sohin ein wesentliches Tatbestandselement im Spruch nicht enthalten ist, erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am