VwGH vom 19.09.2012, 2010/22/0203
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des C, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/Top 2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 157.231/2- III/4/10, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, aus dem Verwaltungsakt gehe hervor, dass gegen den Beschwerdeführer in Italien ein Aufenthaltsverbot "im Schengener Gebiet" erlassen worden sei, welches derzeit noch aufrecht sei. Dieser Umstand sei bereits vom Landeshauptmann von Wien via S - Österreich verifiziert worden und die italienischen Behörden hätten bestätigt, dass eine Ausweisung wegen illegaler Einreise und illegalen Aufenthaltes verfügt worden sei. Weiters hätten die italienischen Behörden mitgeteilt, dass die SIS-Ausschreibung nach wie vor aufrecht sei. Demnach sei gemäß § 11 Abs. 1 Z 2 iVm Abs. 3 NAG die Erteilung eines Aufenthaltstitels zwingend zu versagen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der angefochtene Bescheid ist mehrfach mit Rechtswidrigkeit belastet.
Zum einen liegt - wie aus den Verwaltungsakten hervorgeht - ungeachtet der ursprünglichen Bezeichnung kein Erstantrag, sondern ein Verlängerungsantrag vor.
Diesbezüglich kann zur Vorgeschichte auf das hg. Erkenntnis vom , 2009/21/0050, verwiesen werden, mit dem auch im dritten Rechtsgang ein vom Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten erlassenes Aufenthaltsverbot wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden musste. Im Verwaltungsakt erliegt eine Bestätigung (der Bundespolizeidirektion Wien vom ), dass anschließend mit Ersatzbescheid der genannten Behörde das Aufenthaltsverbot behoben wurde. Dies bedeutet, dass ein inländisches Aufenthaltsverbot der Fortführung des Verfahrens über den Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers nicht (mehr) entgegensteht.
Der Beschwerdeführer hat im Zusammenhang mit einer (undatierten) Vollmachtsbekanntgabe darauf verwiesen, dass "selbstverständlich" ein Verlängerungsantrag und nicht ein Erstantrag vorliegt.
Nimmt nun die Niederlassungsbehörde wie hier in einem Verlängerungsverfahren an, dass eine allgemeine Erteilungsvoraussetzung fehlt, hat sie gemäß § 25 NAG die zur Aufenthaltsbeendigung zuständige Fremdenpolizeibehörde zu verständigen. Die belangte Behörde hat somit in rechtswidriger Weise den Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers wegen des von ihr angenommenen Fehlens einer allgemeinen Erteilungsvoraussetzung abgewiesen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 99/19/0226).
Dazu kommt, dass sie den Bestand eines italienischen Aufenthaltsverbotes in rechtswidriger Weise angenommen hat. Obwohl aus dem Schengener Informationssystem ersichtlich ist, dass nicht gegen eine am geborene Person mit dem Namen des Beschwerdeführers ein Aufenthaltsverbot besteht, sondern gegen einen SD (wenngleich ebenfalls am geboren und Träger desselben Familiennamens), hat schon die erstinstanzliche Behörde ohne weitere Ermittlungen dieses italienische Aufenthaltsverbot dem Beschwerdeführer zugerechnet. Es ist zwar der Inhalt der vom Beschwerdeführer gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung missverständlich, keinesfalls kann daraus jedoch der Schluss abgeleitet werden, dass er zugesteht, dass gegen ihn ein aufrechtes italienisches Aufenthaltsverbot besteht. Die Berufung lautet nämlich wörtlich:
"Ich Herr C erkläre hier mit,bitte nochmals meine neue Beruffung gegen mein Aufenthaltsverbot in Italien.Ich war bei der Italienischen Botschaft in Wien
mir wurde es mitgeteilt. Ich soll eine Vertraute Person mit meinem Vollmacht nach Italien fahren oder fliegen lassen um meine Straftregister Auszug aus Italien abzuholen.
Daher möchte Ich mitteilen meine Beruffung Kenntnis zu nehmen, wenn Ich am schnellsten weg eine Anwort bekomme teile ich es auch an die Ma35 mit.
MIt freundlichen Grüßen"
Im Übrigen erliegt im Verwaltungsakt ein undatiertes Schreiben der belangten Behörde, demzufolge es sich beim fraglichen Aufenthaltsverbot nicht um einen gleichlautenden Datensatz mit dem Namen des Beschwerdeführers handle und auch ein Vergleich der von S - Italien gesandten Fotos mit den Lichtbildern ergeben habe, dass verschiedene Personen betroffen seien.
In gröblicher Missachtung der Verfahrensvorschriften hat die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid lediglich mit der Begründung bestätigt, dass der Beschwerdeführer den Bestand eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn zugestanden habe. Dass dies seiner Berufung nicht zu entnehmen ist und auch sonst nach dem Akteninhalt gravierende Zweifel an der Zuordnung des Aufenthaltsverbotes bestehen, wurde bereits dargelegt.
Wegen der vorrangig wahrzunehmenden inhaltlichen Rechtswidrigkeit war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
KAAAE-82335