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VwGH 29.10.2019, Ra 2019/09/0071

VwGH 29.10.2019, Ra 2019/09/0071

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
GSpG 1989 §2 Abs2
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
RS 1
Beim vierten Tatbild des § 52 Abs 1 Z 1 GSpG iVm § 2 Abs 2 zweiter Satz GSpG kommt es nach dem Wortlaut der letztgenannten Bestimmung auf das Erfordernis der Einnahmenerzielungsabsicht nicht an.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2017/17/0006 B RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die außerordentliche Revision der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung in 8020 Graz, Bahnhofgürtel 85, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 30.36-98/2019-2, betreffend Einstellung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung des Glücksspielgesetzes (mitbeteiligte Partei: J W in S, vertreten durch Prof. Dr. Friedrich Wennig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schauflergasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde (nun revisionswerbende Partei) vom wurde der Mitbeteiligte als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH zweier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2 und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt, weil diese - eine Unternehmerin im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG - sich als Eigentümerin der im Zuge einer Kontrolle in einem näher bezeichneten Lokal am vorgefundenen Glücksspielgeräte, an den damit konsenslos angebotenen und veranstalteten virtuellen Walzenspielen beteiligt habe. Es seien Glücksspiele vorgelegen, mit welchen selbständig nachhaltig Einnahmen erzielt worden seien, welche also von einem Unternehmer in Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG veranstaltet worden seien, für welche zur Teilnahme am Spiel eine vermögenswerte Leistung in Form des Einsatzes zu entrichten gewesen sei und für welche vom Unternehmer vermögenswerte Leistungen in Aussicht gestellt worden seien. Indem sie die Glücksspielgeräte, mit denen seitens des Veranstalters die Veranstaltung der erfolgten Glücksspiele durchgeführt worden sei, zur Verfügung gestellt habe, sei sie als Unternehmerin daran beteiligt gewesen.

2 Über den Mitbeteiligten wurden hiefür unter Anführung von § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 2 000 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

3 Zur Begründung führte die revisionswerbende Partei unter anderem aus, die Glücksspiele in Form von virtuellen Walzenspielen seien von der Z HandelsgmbH angeboten und auf eigenen Namen und wirtschaftliches Risiko veranstaltet worden. Die X GmbH sei Eigentümerin der gegenständlichen Geräte.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Steiermark der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt, behob das angefochtene Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 3 VStG iVm § 38 VwGVG ein. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig. 5 Sein Erkenntnis begründete das Landesverwaltungsgericht zusammengefasst damit, dass das behördliche Straferkenntnis den Anforderungen des § 44a VStG nicht genüge. Dem Mitbeteiligten werde im Spruch zwar vorgeworfen, dass zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen in der Form von Walzenspielen durchgeführt worden seien und der Mitbeteiligte es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der X GmbH zu verantworten habe, dass das durch ihn vertretene Unternehmen als Eigentümerin der Glücksspielgeräte sich daran beteiligt habe, indem es die Glücksspielgeräte, mit welchen seitens des Veranstalters die Veranstaltung der erfolgten Glücksspiele durchgeführt worden sei, zur Verfügung gestellt habe. Inwiefern diese Beteiligung an der Veranstaltung "unternehmerisch" im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG erfolgt sei, wie also konkret die selbständige nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen im Rahmen der Beteiligung an der Veranstaltung der Glücksspiele ausgeübt worden sei (wie etwa durch den Erhalt einer vom Ertrag der Automaten unabhängigen Miete für die Zurverfügungstellung der Geräte), sei ihm im Spruch jedoch nicht vorgehalten worden. Daher sei die Umschreibung der Tat nicht in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale erfolgt. Auch der Begründung sei lediglich zu entnehmen, dass es sich bei der X GmbH um die Eigentümerin der Geräte handle. Sachverhaltsfeststellungen, ob etwa für die Zurverfügungstellung der Geräte eine Miete lukriert worden sei, fehlten.

6 Mangels konkreten Tatvorwurfs innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist sei eine Sanierung dieses Mangels nicht mehr möglich, weshalb das Strafverfahren einzustellen gewesen sei.

7 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht ohne Bezugnahme auf den konkreten Fall mit dem Fehlen einer grundsätzlichen Rechtsfrage.

8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde. Eine Revisionsbeantwortung wurde in dem vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Vorverfahren nicht erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 10 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 In der Revision wird zur Zulässigkeit mit weiteren Ausführungen ein Abweichen von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es beim vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG auf das Erfordernis der Einnahmenerzielungsabsicht nicht ankomme (Hinweis auf ), geltend gemacht.

12 Die Revision erweist sich damit als zulässig; sie ist auch begründet:

13 Die maßgeblichen Bestimmungen des Glücksspielgesetzes (GSpG) , BGBl. Nr. 620/1989, § 2 in der Fassung BGBl. I Nr. 73/2010, § 52 in der Fassung BGBl. I Nr. 118/2016, lauten (auszugsweise):

"Ausspielungen

§ 2. (1) Ausspielungen sind Glücksspiele,

1. die ein Unternehmer veranstaltet, organisiert, anbietet oder zugänglich macht und

2. bei denen Spieler oder andere eine vermögenswerte Leistung in Zusammenhang mit der Teilnahme am Glücksspiel erbringen (Einsatz) und

3. bei denen vom Unternehmer, von Spielern oder von anderen eine vermögenswerte Leistung in Aussicht gestellt wird (Gewinn).

(2) Unternehmer ist, wer selbstständig eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen ausübt, mag sie auch nicht auf Gewinn gerichtet sein.

Wenn von unterschiedlichen Personen in Absprache miteinander Teilleistungen zur Durchführung von Glücksspielen mit vermögenswerten Leistungen im Sinne der Z 2 und 3 des Abs. 1 an einem Ort angeboten werden, so liegt auch dann Unternehmereigenschaft aller an der Durchführung des Glücksspiels unmittelbar beteiligten Personen vor, wenn bei einzelnen von ihnen die Einnahmenerzielungsabsicht fehlt oder sie an der Veranstaltung, Organisation oder dem Angebot des Glücksspiels nur beteiligt sind.

...

Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 52. (1) Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen,

1. wer zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 veranstaltet, organisiert oder unternehmerisch zugänglich macht oder sich als Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 2 daran beteiligt;

...

(2) Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen.

..."

14 Im Straferkenntnis wurde dem Mitbeteiligten vorgeworfen, die X GmbH habe sich an verbotenen Ausspielungen dadurch unternehmerisch beteiligt, dass sie als Eigentümerin der Glücksspielgeräte diese der unternehmerisch tätigen Veranstalterin zur Verfügung gestellt habe.

15 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt als Täter, der im Sinne des ersten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen im Sinn des § 2 Abs. 4 GSpG veranstaltet, in Betracht, wer das Spiel auf seine Rechnung und Gefahr ermöglicht, also das Risiko des Gewinns und Verlusts in seiner Vermögenssphäre trägt. Mit dem vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG ist eine Person gemeint, die nicht Veranstalter ist, sondern sich nur in irgendeiner Weise an der Veranstaltung unternehmerisch im Sinn des § 2 Abs. 2 GSpG beteiligt (siehe dazu ; , Ra 2018/09/0163). Beim vierten Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG in Verbindung mit § 2 Abs. 2 zweiter Satz GSpG kommt es (schon) nach dem Wortlaut der letztgenannten Bestimmung auf das Erfordernis der Einnahmenerzielungsabsicht nicht an (siehe ; , Ra 2017/17/0006).

16 Das Landesverwaltungsgericht verkannte daher die Rechtslage, wenn es davon ausging, dass dem Mitbeteiligten konkret eine selbständige nachhaltige Tätigkeit des von ihm repräsentierten Unternehmens zur Erzielung von Einnahmen aus der Durchführung von Glücksspielen im Rahmen der Beteiligung an der Veranstaltung der Glücksspiele durch die Z HandelsgmbH im Sinn des ersten Satzes des § 2 Abs. 2 GSpG zur Erfüllung der Tatbestandsmäßigkeit des vierten Tatbildes des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG vorzuwerfen gewesen wäre. Selbst wenn bei dem Unternehmen des Mitbeteiligten im vorliegenden Fall eine Einnahmenerzielungsabsicht fehlen sollte, liegt die Unternehmereigenschaft im Hinblick auf die beim Veranstalter unstrittig gegebene unternehmerische Durchführung von Glücksspielen auf eigene Rechnung und eigenes wirtschaftliches Risiko im Sinn von § 2 Abs. 2 zweiter Satz GSpG auch bei diesem vor. Hingewiesen wird darauf, dass nach der Aktenlage dem Mitbeteiligten sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom als auch im Straferkenntnis vom vorgeworfen wurde, dass das Glücksspielgerät von durch das von ihm vertretene Unternehmen dem Veranstalter zur Verfügung gestellt wurde.

17 Das angefochtene Erkenntnis war daher aus den dargelegten Gründen wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

18 Hinsichtlich der bei einer Bestrafung heranzuziehenden und im Spruch anzuführenden Sanktionsnorm wird bereits an dieser Stelle auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen (siehe etwa ; , Ra 2018/09/0181, uvam).

Wien, am 

Zusatzinformationen


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Normen
GSpG 1989 §2 Abs2
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1
VwGG §42 Abs2 Z1
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019090071.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAE-82317