VwGH 17.12.2013, 2013/09/0003
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die abgelegene Lage der Arbeitsstätte (hier: am Berg, im Winter nur mit Seilbahn erreichbar) ist im Verfahren betreffend Bestrafung nach dem AuslBG insofern miteinzubeziehen, als zur gesetzlichen Vermutung des § 28 Abs. 7 AuslBG noch hinzukommt, dass sich Arbeitsuchende nach allgemeiner Erfahrung wohl schwerlich mehrere Tage zuwartend in einem derartig abgelegenen Haus aufhalten würden, ohne dass bereits eine Beschäftigung mit Erzielung von Einkünften vorliege. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/09/0004 E RS 1 |
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RS 2 | Bei der Beurteilung, ob eine - wenn auch kurzfristige und vorübergehende - Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 AuslBG vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob die Tätigkeit auf das Bestreben und die Bitten des Arbeitssuchenden zu Stande gekommen ist oder es eher der Wunsch des Arbeitgebers gewesen ist, ihn zu beschäftigen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2004/09/0166 E RS 2 |
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RS 3 | Wird ein Ausländer nicht vereinbarungsgemäß unentgeltlich oder ausdrücklich nur zur Probe verwendet, sondern wollte der Ausländer durch seine Arbeitsleistung seine künftige ordnungsgemäße Beschäftigung zu einem in Geld zu zahlenden Lohn erreichen, handelt es sich um eine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs 2 AuslBG (Hinweis auf das E , Zl. 2001/09/0157, und die dort referierte Vorjudikatur). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2004/09/0166 E RS 3 |
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RS 4 | Selbst wenn sich die Arbeitgeberin eine "endgültige" Beschäftigung des Ausländers vorbehalten haben sollte, so ändert dies doch nichts daran, dass diese Arbeitskraft offenkundig über ein bloßes Vorführen ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten VOR Aufnahme der Beschäftigung hinausgehend im abgelegenen Berggasthaus zumindest mit einem Anspruch auf Entlohnung ihrer Tätigkeit beschäftigt worden ist (Hinweis E , 2009/09/0031). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/09/0004 E RS 4 |
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RS 5 | Die behauptete Beeinträchtigung der "geschäftlichen Dispositionsfähigkeit" auf Grund ihrer Schwangerschaft (sie habe "sich daher aufgrund des Höhenunterschiedes nicht mehr selbst im Betrieb aufhalten" können) bildet keinen Milderungsgrund, weil die Beschuldigte dadurch nicht daran gehindert war, ihrer Verpflichtung nachzukommen, für eine geeignete Vertretung zu sorgen; es wäre ihr auch die Möglichkeit offen gestanden, einen verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 VStG zu bestellen. Hiezu ist keine persönliche Anwesenheit im Betrieb am Berg nötig. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/09/0004 E RS 5 |
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RS 6 | Für das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems bedarf es insbesondere solcher Vorkehrungen, dass Personen, für die arbeitsmarktbehördliche Papiere erforderlich, jedoch nicht ausgestellt sind, gar nicht erst mit der bewilligungspflichtigen Arbeit beginnen dürfen (vgl. E , 2003/09/0086). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Mag. Feiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde der MZ in B, vertreten durch Dr. Johann Eder, Dr. Stefan Knaus und Dr. Cornelia Mazzucco, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Giselakai 45, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-11/11408/45-2012, betreffend Bestrafung wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz; Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin für schuldig erkannt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der W. GmbH mit Sitz in W. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof), welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der W. GmbH & Co KG mit Sitz in W. sei, somit als nach außen vertretungsbefugtes Organ zu verantworten, dass von dieser Gesellschaft als Arbeitgeber die ausländischen Staatsangehörigen 1. B.I., am Kontrolltag ab 10.30 Uhr, 2. M.E. seit bis , 3. P.B., seit bis , sowie 4. P.M., seit bis zur Kontrolle beschäftigt worden seien, obwohl für diese Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen sei.
Die Beschwerdeführerin habe dadurch vier Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG begangen, weshalb über sie vier Geldstrafen im Ausmaß von jeweils EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 72 Stunden) verhängt wurden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den für seine Entscheidung wesentlichen Einzelheiten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfragen - jenem - die Beschäftigung derselben Ausländer und dieselben Tatzeiträume betreffenden - Beschwerdefall, der dem gegenüber einem weiteren zur Vertretung nach außen berufenen Organ der W. GmbH & Co KG ergangenen hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/09/0004, auf das gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, zu Grunde lag.
Aus den im zitierten Erkenntnis angeführten Gründen ist die belangte Behörde auch im gegenständlichen Fall keinem Rechtsirrtum erlegen, wenn sie das Vorliegen des inkriminierten, objektiven Tatbestandes - unter Zugrundelegung einer nicht als mangelhaft zu erkennenden Beweiswürdigung - bejahte.
Insoweit die Beschwerde die Unterlassung der Einvernahme der beantragten Zeugen P.B., P.M. und A.V. geltend macht, ist ihr entgegenzuhalten, dass sich aus dem Akteninhalt ergibt, dass die von der belangten Behörde getätigten Melderegisterabfragen betreffend P.B. und P.M. erfolglos blieben, den beiden ausländischen Staatsangehörigen die Ladungen zur Verhandlung jedoch an die vom Beschwerdeführervertreter zur Verfügung gestellte Adresse in Bosnien-Herzegowina am zugestellt worden sind. Auch betreffend A.V. verlief eine Melderegisterabfrage negativ, die von der Beschwerdeführerin in der Berufung angegebene Anschrift erwies sich als nicht ladungsfähige Adresse, der Aufforderung der belangten Behörde, die Beschwerdeführerin möge eine gültige Zustelladresse bekanntgegeben, wurde nicht nachgekommen. In der Berufungsverhandlung vom wurde vom Beschwerdeführervertreter angegeben, dass eine aktuelle Adresse des A.V. nicht bekannt sei.
Da die belangte Behörde daher ausreichende Schritte unternommen hat, durch Ladung im Ausland das persönliche Erscheinen der Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu erwirken, aber nach § 19 AVG nicht in der Lage war, das Erscheinen der im Ausland ansässigen Zeugen durchzusetzen (P.B. und P.M) bzw. mit A.V. mangels Adresse in Kontakt zu treten, ist ihr in dieser Hinsicht ein Verfahrensmangel nicht unterlaufen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/09/0347, mwN). Die mit P.B. und P.M. anlässlich der Kontrolle vom aufgenommenen Niederschriften durften daher verlesen und in der Beweiswürdigung der belangten Behörde verwertet werden.
Die Beschwerdeführerin macht hinsichtlich der subjektiven Tatseite noch geltend, dass sie sich (in den Tatzeiträumen) weitgehend aus dem Betrieb zurückgezogen habe und auf Grund der internen Aufgabenaufteilung nichts mit der Anmeldung der Dienstnehmer zu tun gehabt habe. Auch wenn sie dies nicht von der grundsätzlichen Verantwortlichkeit entbinde, wäre dieser Umstand doch als geringes Verschulden, das eine außerordentliche Strafmilderung rechtfertige, zu berücksichtigen gewesen.
Wenn in einem Unternehmen andere Personen mit der faktischen Durchführung der Einstellung neuer Arbeitnehmer betraut werden, obliegt es dem verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften zu sorgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/09/0073).
Es hätte insbesondere solcher Vorkehrungen bedurft, dass Personen, für die arbeitsmarktbehördliche Papiere erforderlich, jedoch nicht ausgestellt waren, gar nicht erst mit der bewilligungspflichtigen Arbeit hätten beginnen dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/09/0086).
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin kein Vorbringen erstattet, aus dem sich eine wirksame Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des AuslBG hätte ergeben können.
Hinsichtlich der Strafbemessung, ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde jeweils die Mindeststrafe verhängt hat und Gründe für eine Strafmilderung gemäß § 20 VStG oder aber für ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG nicht ersichtlich waren.
Nach dem Gesagten war die Beschwerde daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Verantwortung für Handeln anderer Personen Besondere Rechtsgebiete Arbeitsrecht Arbeiterschutz |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:2013090003.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAE-82316