VwGH vom 28.04.2010, 2008/19/0393
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2008/19/0394
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Händschke und die Hofräte Mag. Nedwed und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerden des 1. R, und des 2. W, beide in Wien und vertreten durch Mag.Dr. Daniela Kuttner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Gonzagagasse 1, 2. St. 15 A, gegen die Bescheide des unabhängigen Bundesasylsenats vom 1.) , Zl. 266.274/0/14E-VIII/22/05 (protokolliert zu hg. Zl. 2008/19/0393), 2.) , Zl. 266.273/0/5E-VIII/22/05 (protokolliert zu hg. Zl. 2008/19/0394) , betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden insoweit, als damit jeweils Spruchpunkt III. der erstinstanzlichen Bescheide (Ausweisung der Beschwerdeführer) bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Familienmitglieder (Vater und Sohn) und ukrainische Staatsangehörige.
Der Erstbeschwerdeführer reiste im November 2003 in das Bundesgebiet ein und beantragte am Asyl. Als Fluchtgrund gab er im Wesentlichen an, Mitglieder der Sekte "Weiße Bruderschaft", der er bis in das Jahr 1993 angehört habe, hätten ihn im Jahr 2003 zum Wiedereintritt zwingen wollen. Auch die ukrainische Polizei habe ihn gegen seinen Willen dazu bringen wollen, um Informationen über die Sekte zu bekommen. Um weiteren Nachstellungen zu entgehen, sei der Erstbeschwerdeführer aus dem Heimatland geflohen.
Für den (im Juli 2004 nach Österreich gelangten) minderjährigen Zweitbeschwerdeführer wurde am ein Asylantrag gestellt, in dem sich dieser auf die Fluchtgründe des Vaters bezog.
Mit Bescheiden jeweils vom wies das Bundesasylamt die Asylanträge der Beschwerdeführer gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführer in die Ukraine gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies die Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Ukraine aus (Spruchpunkt III.).
Die dagegen erhobenen Berufungen wies die belangte Behörde mit den angefochtenen Bescheiden ab.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift vorgelegt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zu 1.:
Auch die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers und Mutter des Zweitbeschwerdeführers befindet sich nach der Aktenlage in Österreich und hat einen auf den Asylantrag des Erstbeschwerdeführers bezogenen Asylerstreckungsantrag gestellt, über den bislang nicht rechtskräftig entschieden worden ist.
Die belangte Behörde beschränkte sich in der Begründung der Ausweisung des Erstbeschwerdeführers - unter dem Gesichtspunkt des Eingriffs in sein Familienleben - auf einen Verweis auf die "zutreffenden Ausführungen" im erstinstanzlichen Bescheid. Zur Ausweisung des Zweitbeschwerdeführers führte die belangte Behörde aus, die den Erstbeschwerdeführer treffenden Rechtsfolgen würden im Familienverfahren auch auf den Zweitbeschwerdeführer durchschlagen.
Im erstinstanzlichen Bescheid betreffend den Erstbeschwerdeführer wurde dessen Ausweisung im Wesentlichen damit begründet, dass der Erstbeschwerdeführer keinen Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich habe und die Ausweisung deshalb keinen Eingriff in Art. 8 EMRK darstelle.
Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung, dass diese Argumentation nicht dem Gesetz entspricht. In Fällen wie dem vorliegenden, in denen einzelne Familienmitglieder einer Kernfamilie nach dem AsylG 1997 idF der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101, auszuweisen wären, andere (hier: die Ehefrau bzw. Mutter der Beschwerdeführer) aufgrund der für sie anzuwendenden Rechtslage (AsylG 1997 idF vor der AsylG-Novelle 2003) aber von den Asylbehörden nicht ausgewiesen werden können, hat eine Ausweisung durch die Asylbehörde grundsätzlich zu unterbleiben, es sei denn, die Asylbehörde würde die aus öffentlichen Interessen resultierende Notwendigkeit darlegen, dass die Beschwerdeführer Österreich schon vor einer allfälligen Entscheidung der zuständigen Fremdenbehörde über die Ausweisung der Ehefrau/Mutter der Beschwerdeführer verlassen müssen (vgl. dazu vor allem das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/19/0851, und im folgend etwa aus die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/23/0349, vom , Zl. 2008/19/0116, vom , Zl. 2008/19/0777, und andere). Derartiges lässt sich den angefochtenen Bescheiden aber nicht entnehmen.
Die angefochtenen Bescheide waren daher insoweit, als damit die Ausweisung der Beschwerdeführer bestätigt wurden, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG Abstand genommen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Der gesonderte Zuspruch von Umsatzsteuer - wie in der Beschwerde verzeichnet - findet in diesen Bestimmungen keine Deckung, weshalb das Mehrbegehren insoweit abzuweisen war.
Zu 2.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde wirft - abgesehen von dem unter Punkt 1. der Erwägungen angesprochenen Themenkomplex - keine für die Entscheidung dieser Fälle maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im Übrigen abzulehnen.
Wien, am
Fundstelle(n):
EAAAE-82230