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VwGH vom 19.09.2007, 2006/08/0309

VwGH vom 19.09.2007, 2006/08/0309

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des Mag. S B in Wien, vertreten durch Dr. Philipp Pallitsch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Stubenring 2, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom , Zl. LGSW/Abt.3-AlV/05661/2006-9391, betreffend Berichtigung und Rückforderung von Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom hat das Arbeitsmarktservice Wien Prandaugasse die Bemessung der vom Beschwerdeführer in der Zeit vom bis zum bezogenen Notstandshilfe rückwirkend berichtigt und den Beschwerdeführer zur Rückzahlung der in diesem Zeitraum unberechtigt empfangenen Notstandshilfe von EUR 910,20 verpflichtet. Nach der Begründung habe die neuerliche Überprüfung des Leistungsanspruches des Beschwerdeführers anhand der nachträglich vorgelegten Lohnbescheinigungen seiner Ehefrau zur Rückforderung geführt.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer unter anderem vor, er habe alle verlangten Einkommensnachweise vorgelegt, seine Ehefrau übe seit 1996 die gleiche berufliche Tätigkeit (30 Stunden Teilzeitbeschäftigung) aus. Einen Einblick in die Gehaltsabrechnung und in ihr Girokonto, das der Beschwerdeführer nicht mit ihr teile, habe er nicht; so könne er Änderungen in der Höhe des Gehaltes seiner Ehefrau "normalerweise nicht erfahren." Zudem wäre ein - hier nicht mehr wesentlicher - Kredit zu berücksichtigen gewesen.

Der Beschwerdeführer wurde am zu seiner Berufung bei der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen und hat unter anderem angegeben: "Ich selbst habe keinen tatsächlichen Überblick über das Einkommen meiner Gattin, mir ist nur circa bekannt, was sie verdient. Ich kümmere mich darum, dass wir unsere Zahlungen pünktlich begleichen." Er habe am beim Arbeitsmarktservice Prandaugasse vorgesprochen und um Überprüfung seines Leistungsanspruches ersucht, da er einerseits vermutet habe, dass seine Ehefrau mehr verdiene, er aber auch vermutet habe, dass ein Kredit nicht berücksichtigt werde. Stattdessen habe er einen Feststellungsbescheid und einen Rückforderungsbescheid erhalten.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde in - nur den im erstinstanzlichen Bescheid genannten Zeitraum betreffenden - Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides ausgesprochen, dass die vom Beschwerdeführer vom bis zum bezogene Notstandshilfe rückwirkend berichtigt und das unberechtigt Empfangene in der Höhe von EUR 910,20 rückgefordert werde.

In der Begründung gab die belangte Behörde den Verfahrensgang wieder und traf folgende Feststellungen:

"Sie stehen seit mit geringen Unterbrechungen im Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung.

In jedem der seit 2002 in diesem Punkt unveränderten Anträgen, die von Ihnen persönlich unterschrieben wurden ... wird auf Seite vier unter dem Punkt 'Welche Verpflichtungen muss ich erfüllen' unter der Überschrift 'Wichtig' darauf hingewiesen, dass jede Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse bzw. jede wirtschaftliche Änderung Ihrer Angehörigen ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen sind.

Sie haben am Ihren Anspruch auf Notstandshilfe mit Geltendmachung beim Arbeitsmarktservice Prandaugasse erfolgreich geltend gemacht und eine Lohnbescheinigung Ihrer Gattin vorgelegt, aus der hervorging, dass sie ein gleich bleibendes Gehalt in der Höhe von netto EUR 1.194.- erhält.

Sie haben am Ihren Anspruch auf Notstandshilfe mit Geltendmachung beim Arbeitsmarktservice Prandaugasse erfolgreich geltend gemacht und eine Lohnbescheinigung Ihrer Gattin vorgelegt, aus der hervorging, dass sie ein gleich bleibendes Gehalt in der Höhe von netto EUR 1.331,72 erhält.

Es wurde daraufhin am eine Lohnbescheinigung an den Dienstgeber Ihrer Gattin gesendet mit der Bitte um Bekanntgabe des Einkommens vom - .

Aufgrund der am vom Dienstgeber übermittelten Lohnunterlagen erfolgte eine Lohnerhöhung aufgrund einer Vorrückung Ihrer Gattin ab , eine neuerliche Lohnerhöhung aufgrund einer neuen Einstufung ab und die gesetzliche Gehaltserhöhung ab .

Eine Meldung Ihrerseits dieser Lohnerhöhungen ist nicht dokumentiert und wird von Ihnen auch nicht behauptet."

In rechtlicher Hinsicht verwies die belangte Behörde auf die Anrechnung des Partnereinkommens beim Notstandshilfebezug und errechnete in der Folge für die den Lohnerhöhungen folgenden Monate die erhöhten Anrechnungsbeträge bzw. die vom täglichen Anspruch des Beschwerdeführers auf Notstandshilfe abzuziehenden Beträge und kam so zum Rückforderungsbetrag von EUR 910,20.

Wörtlich heißt es in der rechtlichen Beurteilung zur Rückforderung:

"Aufgrund der von Ihnen eigenhändig unterschriebenen Anträge seit 7/2002 waren Sie über die Meldepflicht bei allfälligen Änderungen der wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Angehörigen informiert.

Ihre Gattin hat ab 7/05, 11/05 und 1/06 laut Bestätigung ihres Dienstgebers Lohnerhöhungen erhalten. Eine Meldung Ihrerseits dieser Erhöhungen ist nicht dokumentiert.

Ihre Berufungseinwendungen, dass Sie keinen Einblick in die Gehaltsabrechnung Ihrer Gattin haben, kann die Berufungsbehörde nicht folgen, da die Einholung allfälliger relevanter Daten bezüglich der Einkommenssituation Ihrer Gattin eine Angelegenheit Ihres persönlichen Umfeldes ist."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wenn sich die Zuerkennung oder die Bemessung des Arbeitslosengeldes als gesetzlich nicht begründet herausstellt, ist gemäß § 24 Abs. 2 AlVG die Zuerkennung zu widerrufen oder die Bemessung rückwirkend zu berichtigen.

Gemäß § 25 Abs. 1 AlVG ist der Empfänger des Arbeitslosengeldes zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen bei Einstellung, Herabsetzung, Widerruf oder Berichtigung einer Leistung zu verpflichten, wenn er den Bezug durch unwahre Angaben oder durch Verschweigung maßgebender Tatsachen herbeigeführt hat oder wenn er erkennen musste, dass die Leistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte.

Nur gegen die Rückforderung der Notstandshilfe wendet sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde. Die belangte Behörde hat den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Rückforderung offensichtlich auf den zweiten Tatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG gestützt (Verschweigung maßgebender Tatsachen), der zumindest mittelbaren Vorsatz voraussetzt (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 91/08/0163).

Gemäß § 50 Abs. 1 AlVG ist, wer Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung bezieht, unter anderem verpflichtet, jede für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruches maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Arbeitslosen ohne Verzug, spätestens jedoch binnen einer Woche seit dem Eintritt des Ereignisses anzuzeigen.

Der Zweck des § 50 Abs. 1 AlVG ist es, die Behörde in die Lage zu versetzen, jede Änderung in den Verhältnissen des Arbeitslosen, die zu einer Änderung des Leistungsanspruches führen könnte, darauf hin zu prüfen, ob die Leistung einzustellen oder zu ändern ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/08/0040, mwN).

Nach den einschlägigen Bestimmungen der Notstandshilfeverordnung ist bei Beurteilung der Notlage auch das Einkommen des im gemeinsamen Haushalt lebenden Partners zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 2 NH-VO).

Gemäß § 36a Abs. 5 Z. 2 AlVG ist das Einkommen für die Anrechnung auf die Notstandshilfe bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit durch die Vorlage einer aktuellen Lohnbestätigung nachzuweisen.

§ 36c AlVG lautet:

"Mitwirkungspflicht

§ 36c. (1) Personen, deren Einkommen oder Umsatz zur Feststellung des Anspruches auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz heranzuziehen ist, haben die erforderlichen Erklärungen und Nachweise auf Verlangen der regionalen Geschäftsstelle abzugeben bzw. vorzulegen.

(2) Arbeitgeber, bezugsliquidierende und sonstige Stellen, die Beträge im Sinne des § 36a Abs. 2 und 3 anweisen, haben alle Angaben, die zur Feststellung des Einkommens notwendig sind, binnen vier Wochen ab Aufforderung durch die regionale Geschäftsstelle mitzuteilen.

(3) Die gemäß Abs. 1 und 2 bescheidmäßig festgestellten Verpflichtungen können von den Vollstreckungsbehörden nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 (VVG), BGBl. Nr. 53, erzwungen werden.

(4) Die Abgabenbehörden haben für Personen, deren Einkommen bzw. Umsatz zur Feststellung des Anspruches auf Leistungen nach diesem Bundesgesetz heranzuziehen ist, im Rahmen ihres Wirkungsbereiches im Ermittlungsverfahren festgestellte und für die Abgabenfestsetzung bedeutsame Daten über Anfrage den regionalen Geschäftsstellen bekanntzugeben, wenn die obgenannten Personen ihrer Mitwirkungspflicht im Verfahren nicht oder nicht ausreichend nachgekommen sind oder begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben bestehen. Die abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht des § 48a der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, gilt sinngemäß.

(5) Personen, deren Einkommen oder Umsatz aus selbständiger Erwerbstätigkeit für die Beurteilung des Anspruches auf eine Leistung nach diesem Bundesgesetz herangezogen wurde, sind verpflichtet, den Einkommen- bzw. den Umsatzsteuerbescheid für das Kalenderjahr, in dem die Leistung bezogen wurde, binnen zwei Wochen nach dessen Erlassung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle vorzulegen.

(6) Wenn der Leistungsbezieher oder dessen Angehöriger (Lebensgefährte) keine Nachweise nach § 36a Abs. 5 und § 36b Abs. 2 vorlegt bzw. keine Erklärung nach § 36a Abs. 6 und § 36b Abs. 2 abgibt, so ist für den Leistungsbezieher kein geringfügiges Einkommen anzunehmen bzw. kein Anspruch des Leistungsbeziehers auf Familienzuschlag und auf Notstandshilfe gegeben."

Die belangte Behörde geht bei der Rückforderung tragend davon aus, dass "die Einholung allfälliger relevanter Daten bezüglich der Einkommenssituation ihrer Gattin eine Angelegenheit ihres persönlichen Umfeldes ist".

Die belangte Behörde hat den Rückforderungsanspruch im Ergebnis zurecht als gegeben angenommen:

§ 36c AlVG sieht verschiedene Instrumente vor, die dem AMS u. a. zur Verfügung stehen, um Einkünfte, die nicht bekannt gegeben werden können zu ermitteln bzw. die Leistung zu versagen, wenn Leistungsbezieher oder Angehörige ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen. Diese Umstände können daher - wie § 36c Abs. 6 AlVG zeigt - für die Leistung von Bedeutung sein.

Der Beschwerdeführer hat bei seiner Antragstellung Lohnbestätigungen seiner Ehefrau vorgelegt, dabei aber nicht darauf hingewiesen, dass ihm seine Ehefrau darüber hinaus keine Einsicht in ihre Gehaltsunterlagen gewährt. Er hat aber auch in weiterer Folge nicht gemeldet, dass sich seine Ehefrau allenfalls ab einem späteren Zeitpunkt geweigert hat, die ihm bisher mögliche Einsicht in ihre Bezugsunterlagen auch weiterhin zu gewähren. Im Falle einer solchen Meldung wäre es der Behörde möglich gewesen, eigene Ermittlungen gemäß § 36c AlVG - vorerst mit den im Abs. 6 genannten Rechtsfolgen - einzuleiten. Der Beschwerdeführer hat - wie ihm angesichts der anzunehmenden Kenntnis von der Bedeutung der Einkünfte seiner Ehefrau für seinen Notstandshilfeanspruch zu unterstellen ist - zumindest im Sinne bedingten Vorsatzes billigend in Kauf genommen, dass es durch die Unterlassung der Mitteilung von der Weigerung seiner Ehefrau zu einem Überbezug an Notstandshilfe kommen kann. Es musste daher nicht näher untersucht werden, ob die Behauptung des Beschwerdeführers, keine Einsicht in Gehaltsunterlagen seiner Ehefrau zu haben, den Tatsachen entspricht, weil die belangte Behörde zutreffendenfalls zu keinem anderen Ergebnis des Verfahrens hätte gelangen können.

Auf Grund der aufgezeigten Meldepflichtverletzung hat die belangte Behörde zurecht den Übergenuss zurückgefordert; die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am