VwGH vom 26.05.2010, 2008/19/0091
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Händschke sowie den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des C M (alias A S oder K B) in G, geboren am , vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 258.536/0/15E-VIII/22/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers) bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist armenischer Staatsangehöriger und gehört der yezidischen Volksgruppe an. Er reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau und seinen minderjährigen Kindern am in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Seine Flucht begründete er im Wesentlichen damit, auf Grund der politischen Unterstützung des Stepan Demirtschjan bei den Wahlen im Jahr 2003 von der Polizei verfolgt zu werden.
Die Ehefrau und seine Kinder stellten (auf den Beschwerdeführer bezogene) Asylerstreckungsanträge, die mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der belangten Behörde jeweils vom gemäß §§ 10 und 11 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen wurden.
Mit Bescheid vom wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 AsylG ab (Spruchpunkt I.), erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Armenien gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet aus (Spruchpunkt III.).
Die dagegen erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe ab, dass die Ausweisung zielstaatsbezogen nach Armenien zu erfolgen habe.
Dagegen wendet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und unter Verzicht auf die Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zu 1.:
Die Behörde erster Instanz begründete die Ausweisung des Beschwerdeführers damit, dass kein Familienbezug zu einem dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden in Österreich vorliege.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wies die belangte Behörde in Bezug auf die Ausweisung mit der Begründung ab, der Gesetzgeber habe im Falle der Abweisung eines Asylantrags und der Verweigerung von Refoulementschutz zwingend die Ausweisung vorgesehen. Im Übrigen werde auf die zutreffenden Darlegungen im erstinstanzlichen Bescheid verwiesen.
Diese Begründung steht im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in Fällen wie dem vorliegenden, in denen einzelne Familienmitglieder einer Kernfamilie nach dem Asylgesetz 1997 in der Fassung der AsylG-Novelle 2003, BGBl. I Nr. 101, auszuweisen wären, andere (hier: die Ehefrau und die beiden Kinder des Beschwerdeführers) auf Grund der für sie anzuwendenden Rechtslage (AsylG 1997 in der Fassung vor der AsylG-Novelle 2003) aber von den Asylbehörden nicht ausgewiesen werden können, eine Ausweisung durch die Asylbehörde grundsätzlich zu unterbleiben hat, es sei denn, die Asylbehörde würde die aus öffentlichen Interessen resultierende Notwendigkeit darlegen, dass der Beschwerdeführer Österreich schon vor einer allfälligen Entscheidung der zuständigen Fremdenbehörde über die Ausweisung der Ehefrau bzw. der Kinder verlassen müsse (vgl. dazu jüngst etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2008/19/0393 bis 0394, mwN). Derartiges lässt sich dem angefochtenen Bescheid aber nicht entnehmen.
Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als damit die Ausweisung des Beschwerdeführers bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Zu 2.:
Gemäß Art. 131 Abs. 3 B-VG und § 33a VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof die Behandlung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenats durch Beschluss ablehnen, wenn die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wird, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Beschwerde wirft - abgesehen von dem unter Punkt 1. der Erwägungen angesprochenen Themenkomplex - keine für die Entscheidung dieses Falles maßgeblichen Rechtsfragen auf, denen im Sinne der zitierten Bestimmungen grundsätzliche Bedeutung zukäme. Gesichtspunkte, die dessen ungeachtet gegen eine Ablehnung der Beschwerdebehandlung sprechen würden, liegen nicht vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, die Behandlung der Beschwerde im Übrigen abzulehnen.
Wien, am
Fundstelle(n):
XAAAE-82160