VwGH 25.04.2019, Ra 2019/09/0021
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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RS 1 | Ein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius liegt dann nicht vor, wenn die Berufungsbehörde (das VwG) bei gleich bleibender Annahme der schon von der Behörde erster Instanz inkriminierten Tathandlung(en) diese einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, unterzieht und in der Lage ist, die Angemessenheit der verhängten Strafe auch unter diesen Umständen zu begründen (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rosenmayr sowie die Hofräte Dr. Hofbauer und Mag. Feiel als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Hotz, über die außerordentliche Revision des P H in F, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , LVwG 30.17-1162/2018-13, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Südoststeiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis erkannte das Landesverwaltungsgericht Steiermark nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung den Revisionswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer und damit als das gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten Gesellschaft wegen dreier Übertretungen des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 4 Abs. 2 Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig und verhängte über ihn gemäß § 52 Abs. 2 erster Strafsatz GSpG drei Geldstrafen von jeweils 3 000 Euro (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen). Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig. 2 Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. 3 Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist der Verwaltungsgerichtshof an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 4 Dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision ist zu erwidern, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. Dickinger und Ömer, C-347/09, Rn. 83 f; , Pfleger, C-390/12, Rn. 47 ff; , Admiral Casinos & Entertainment, C-464/15, Rn. 31, 35 ff; , Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 28, 62 ff; sowie , Gmalieva s.r.o. u.a., C-79/17, Rn. 22 ff). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Er hat an dieser Gesamtwürdigung mit Erkenntnis vom , Ra 2018/17/0048, 0049, mit näherer Begründung festgehalten. Von dieser - weiterhin maßgeblichen - Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht mit seiner Beurteilung im Revisionsfall im Ergebnis nicht abgewichen. Entgegen dem weiteren Vorbringen steht die angefochtene Entscheidung daher nicht im Widerspruch zum Pfleger, C-390/12. 5 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom , Online Games Handels GmbH u.a., C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (vgl. zuletzt auch Sporting Odds Ltd., C-3/17, Rn. 55; sowie ).
6 Soweit das Zulassungsvorbringen in der Revision auf § 14 Abs. 3 GSpG Bezug nimmt, aber sonst keine weiteren Ausführungen zu dieser Thematik vornimmt, genügt es, auf das bereits zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom zu verweisen.
7 Mit dem Vorbringen, dass das Verwaltungsgericht im Hinblick auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2017/17/0052, bezüglich (unzulässiger) Werbepraktiken ein entsprechendes Beweisverfahren durchführen hätte müssen und entsprechende Feststellungen hätte treffen müssen, wird die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ausreichend dargetan (vgl. , mwN). 8 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt - anders als der Revisionswerber weiter meint - ein Verstoß gegen das Verbot der reformatio in peius dann nicht vor, wenn die Berufungsbehörde (das Verwaltungsgericht) bei gleich bleibender Annahme der schon von der Behörde erster Instanz inkriminierten Tathandlung(en) diese einer anderen rechtlichen Subsumtion, etwa der Unterstellung unter eine andere Strafnorm, unterzieht und in der Lage ist, die Angemessenheit der verhängten Strafe auch unter diesen Umständen zu begründen (vgl. ).
9 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. 10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Berufungsverfahren Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019090021.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAE-82156