VwGH 14.10.2009, 2006/08/0291
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | |
RS 1 | Die Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung schließt die Annahme von Werkverträgen nicht aus (Hinweis E , 87/08/0271). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des NP in W, vertreten durch Dr. Waltraud Künstl, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Kärntner Straße 21, gegen den Bescheid der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSG-224610/0003-II/A/3/2006, betreffend Pflichtversicherung nach ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien:
S Gesellschaft mbH in Liquidation in W,
Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Heinz Edelmann, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Windmühlgasse 30/3,
3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65-67, 4. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.101,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner Tätigkeit für die S Gesellschaft mbH in der Zeit vom bis weder der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG noch der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterlegen sei.
Nach Darlegung des Verfahrensganges sowie der anzuwendenden Rechtsvorschriften traf die belangte Behörde im Wesentlichen folgende Feststellungen:
Ursprünglicher Geschäftsführer der erstmitbeteiligten GmbH und deren Gesellschafter mit einem Gesellschaftsanteil von 75 % sei Z I., weiterer Gesellschafter sei R S. gewesen. Mit habe L P. als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer die erstmitbeteiligte Gesellschaft übernommen. Seit sei L P. Liquidator der erstmitbeteiligten Partei. Am "im Firmenbuch vorgesehenen Betriebsort" sei die erstmitbeteiligte Partei jedoch niemals etabliert gewesen. Weiters habe es keine Meldeadresse von L P. in Österreich gegeben und dieser sei auch für Erhebungen der zweitmitbeteiligten Gebietskrankenkasse sowie der Verwaltungsbehörden niemals erreichbar oder auffindbar gewesen. Auch über die Geschäftstätigkeit der erstmitbeteiligten Partei in dem im gegenständlichen Verfahren betroffenen Zeitraum hätten keine Erkenntnisse gewonnen werden können.
Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1999 von L P. beauftragt worden, an Hand von Grobentwürfen die Endentwürfe für landwirtschaftliche Gebäude in der Ukraine zu erstellen. Er habe die Aufträge am Beginn der Woche bekommen, wobei man sich zur Besprechung in diversen Lokalen getroffen habe. Dem Beschwerdeführer sei selbst überlassen gewesen, wann und wie er die Tätigkeit ausgeübt habe. Lediglich ein Abgabetermin sei festgelegt gewesen. Der Beschwerdeführer habe sein Entgelt für diese Tätigkeit unregelmäßig in etwa monatlichen Abständen bar bei den Arbeitsbesprechungen erhalten.
Der Beschwerdeführer habe im Jahr 1991 die C KEG gegründet, deren Zweck die Unternehmensberatung gewesen sei. Der Beschwerdeführer als Komplementär dieser Gesellschaft habe seinen Klienten bei der Gründung von Unternehmen geholfen und sie in grundlegende Aspekte der Unternehmensführung und in den Umgang mit Behörden eingewiesen.
Der Beschwerdeführer sei vom bis selbständig erwerbstätig und gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert gewesen. Vom bis sei er als Angestellter eines näher bezeichneten Güterbeförderungsunternehmens nach § 4 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 4 Abs. 2 ASVG bei der Wiener Gebietskrankenkasse versichert gewesen.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass im Verfahren strittig sei, ob überhaupt ein Dienstverhältnis (zur erstmitbeteiligten Partei) bestanden habe. Da in sämtlichen Verfahrensgängen und auch für Erhebungen des Finanzamtes der Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei "oder sonst eine zuständige Person" nicht auffindbar gewesen sei, die im Firmenbuch angegebenen Adressen ganz offensichtlich nur Scheinadressen gewesen seien und es auch keine weiteren Zeugen und Beweismittel gebe, die eine Tätigkeit des Beschwerdeführers für die erstmitbeteiligte Partei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum belegen hätten können, hänge die gesamte Beurteilung von der Aussage des Beschwerdeführers und damit von dessen Glaubwürdigkeit ab.
Aus dem Versicherungsdatenauszug ergebe sich, dass der Beschwerdeführer während des verfahrensgegenständlichen Zeitraums unselbständig tätig und im Jahr 1999 als neuer Selbständiger gemäß § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG versichert gewesen sei. Der Beschwerdeführer habe nach seinen Angaben gegen die erstmitbeteiligte Partei keine weiteren Forderungen. Diese Fakten würden für seine Glaubwürdigkeit sprechen, da der belangten Behörde kein Grund ersichtlich sei, warum der Beschwerdeführer, der während der ganzen verfahrensgegenständlichen Zeit durch andere Versicherungsverhältnisse abgesichert gewesen sei, ein Dienstverhältnis erfinden sollte. Aus diesem Grund gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Beschwerdeführer für die erstmitbeteiligte Partei wirklich tätig gewesen sei, jedoch im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit. Dass hingegen hinsichtlich seiner behaupteten Tätigkeit Einstellungsunterlagen und ein Förderungsantrag an das Arbeitsmarktservice in beschlagnahmten Unterlagen des Beschwerdeführers (wie aus einem kurzzeitig zur Verfügung gestellten Akt des Straflandesgerichtes Wien ersichtlich gewesen sei) gefunden worden seien, spreche gegen seine Glaubwürdigkeit. Ebenfalls Bedenken rufe die Tatsache hervor, dass der Beschwerdeführer die Tätigkeit mit fachlichen Begriffen, die einem Dienstnehmer in dieser Systematik normalerweise nicht derart geläufig seien, unbedingt auf eine unselbständige Tätigkeit hin argumentiere, die auf Grund der Sachlage weit hergeholt erscheine. Unstimmigkeiten würden sich auch aus den Aussagen des Beschwerdeführers ergeben, da er angab, wöchentliche Treffen mit L P. zur Besprechung neuer Aufträge und zur Abgabe fertig gestellter Werke gehabt zu haben, was auch durch die Aussage bestätigt werde, dass L P. einmal wöchentlich von der Slowakei nach Wien gekommen sei; dies widerspreche der Aussage, die wohl zur Untermauerung einer behaupteten persönlichen Abhängigkeit dienen solle, dass die Werke regelmäßig innerhalb von drei Tagen hätten fertig gestellt werden müssen. Diese Fakten interpretiere die belangte Behörde dahingehend, dass der Beschwerdeführer aus der Beauftragung durch die erstmitbeteiligte Partei unbedingt ein Dienstverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG konstruieren wolle. Der Dienstgeber sei für niemanden außer den Beschwerdeführer greifbar gewesen. Auch habe kein tatsächliches wirtschaftliches Tätigwerden der erstmitbeteiligten Partei festgestellt werden können. Schwer nachvollziehbar erscheine der belangten Behörde die Überlegung, weshalb ein Unternehmen, das zwar im österreichischen Firmenbuch eingetragen sei, in Österreich jedoch bis auf die teure Beschäftigung eines Dienstnehmers gar nicht wirtschaftlich tätig sei, sondern nur Planungen und Bauaufträge etwa in der Ukraine durchführe, für die Erstellung von Bauplänen den Beschwerdeführer und keinen "günstigeren" Experten aus der Region einstelle, in der das Unternehmen eigentlich tätig sein soll. Laut seiner eigenen Aussage habe der Beschwerdeführer keine grundlegende Ausbildung für diese Tätigkeit, sondern habe die Fähigkeit zur Bauplanung und Baukalkulation mit einer näher bezeichneten Software während einer vorhergegangenen Angestelltentätigkeit in den Jahren 1992 und 1993 erworben. Ebenfalls nicht schlüssig erscheine der belangten Behörde die Tatsache, dass dem Beschwerdeführer laut Einstellungsvertrag die Prokura eingeräumt werden sollte, da dies eine weitgehende Befugniseinräumung über Belange einer Firma darstelle, er jedoch tatsächlich über wesentliche Aspekte wie etwa den Betriebsort, die Tätigkeit, den Aufenthaltsort des Firmeninhabers oder die Auftragslage zumindest gegenüber der erstinstanzlichen Behörde nicht Bescheid gewusst habe. Der Beschwerdeführer habe zwar behauptet, Betriebsmittel (einen Computer) zur Verfügung gestellt bekommen zu haben, habe dies aber nicht nachweisen können, da dieser Computer bereits von L P. wieder abgeholt worden sei. Die vorgelegten Unterlagen seien äußerst dürftig und hätten die belangte Behörde nicht von einer unselbständigen Tätigkeit in einem Ausmaß von 25 Wochenstunden mit einer über ein Jahr hinausgehenden Dauer und einer überdurchschnittlichen Bezahlung überzeugen können.
In ihrer rechtlichen Beurteilung verwies die belangte Behörde zunächst auf die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 81/08/0061, betreffend die Beschäftigung in persönlicher Abhängigkeit, sowie vom , Zl. 96/08/0053, betreffend die Dienstnehmereigenschaft eines auf Basis eines Kundenberatervertrages arbeitenden Provisionsvertreters. Weiters bezog sich die belangte Behörde auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , Zl. 10 Obs 332/99, das sich mit Fragen der Heimarbeit auseinandersetzt.
Die Tätigkeit des Beschwerdeführers für die erstmitbeteiligte Partei könne jedenfalls nicht als Heimarbeit im Sinne des Heimarbeitsgesetzes 1960 gelten, da das Erstellen von Bauplänen auf Grund von Grobentwürfen als geistige Tätigkeit zu werten sei, die nicht vom Begriff der Heimarbeit erfasst sei. Rechtlich und auch faktisch sei es durchaus möglich, auch in der Form der Telearbeit unselbständig tätig zu sein. Da dieser Form der Tätigkeit das sonst übliche Ausmaß der persönlichen Abhängigkeit besonders hinsichtlich der Anwesenheitsverpflichtung am Arbeitsplatz und der laufenden Kontrolle durch den Arbeitgeber hinaus ausdehne, müsse, um trotzdem noch in diese rechtliche Kategorie zu passen, ein Ausgleich in anderen Bereichen stattfinden bzw. müssten andere Kriterien einer unselbständigen Beschäftigung stärker ausgeprägt vorliegen. Dies könne etwa durch regelmäßige Besprechungs-, Kontroll- oder Abliefertermine am Betriebsort des Dienstgebers erfolgen. Es könne aber auch - wie bei Callcentern üblich - eine Arbeits- und Anwesenheitsverpflichtung zu bestimmten vereinbarten Zeiten bestehen, die für den Dienstgeber überprüfbar sei, etwa telefonisch oder über Computernetzwerke. Im Beschwerdefall hingegen habe es lediglich Termine gegeben, die zur Auftragsvergabe und der Abgabe der erledigten Werkstücke gedient hätten, diese hätten weder regelmäßig noch am Betriebsort des Dienstgebers - da es einen solchen Betriebsort offenkundig nicht gegeben habe - stattgefunden, sondern seien kurzfristig telefonisch vereinbart worden und hätten in diversen Lokalen stattgefunden. Es würden im Beschwerdefall alle Merkmale der persönlichen Abhängigkeit (Bindung an Arbeitsort und Arbeitszeit, Erteilung von Weisungen, Kontrollen, disziplinäre Verantwortung, Unterworfenheit unter betriebliche Ordnungsvorschriften, Eingliederung in die betriebliche Struktur oder längere Dauer des Arbeitsverhältnisses) fehlen; die behauptete Verwendung von Betriebsmitteln des Dienstgebers und eine daraus sich ergebende wirtschaftliche Abhängigkeit habe die belangte Behörde als bloße Schutzbehauptung gewertet. Die belangte Behörde komme demnach zum Schluss, dass es sich - sollte überhaupt eine Tätigkeit ausgeübt worden sein - um eine selbständige Tätigkeit des Beschwerdeführers gehandelt habe, entweder im Rahmen seiner bestehenden Unternehmensberatung, eher jedoch um eine eigene Tätigkeit, da es um die Verfassung von Plänen in bautechnischer Hinsicht gegangen sei. Ein freier Dienstvertrag scheide nach Ansicht der belangten Behörde ebenfalls aus, da es sich in der konkreten Ausgestaltung immer um die Vergabe einzelner Werke gehandelt habe und nicht um die Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen auf bestimmte oder unbestimmte Zeit. Dies stehe auch mit der Form der Entlohnung im Einklang, die nicht in Form eines regelmäßigen Gehalts ausbezahlt worden sei, sondern unregelmäßig je nach Treffen und Auftragslage.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und stellte den Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die zweitmitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß §§ 5 und 6 ASVG von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 ASVG nur eine Teilversicherung begründet.
Gemäß § 4 Abs. 2 ASVG ist Dienstnehmer im Sinne dieses Bundesgesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer gemäß § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig beschäftigt ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind, arbeitslosenversichert.
Ob bei der Beschäftigung die Merkmale persönlicher Abhängigkeit des Beschäftigten vom Empfänger der Arbeitsleistung gegenüber jenen persönlicher Unabhängigkeit überwiegen und somit persönliche Abhängigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG gegeben ist, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12.325/A) davon ab, ob nach dem Gesamtbild dieser konkret zu beurteilenden Beschäftigung die Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch diese und während dieser Beschäftigung weitgehend ausgeschaltet oder - wie bei anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung - nur beschränkt ist.
Die wirtschaftliche Abhängigkeit, die nach der Rechtsprechung ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel findet, ist bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit.
Für das Vorliegen der persönlichen Abhängigkeit sind - im Ergebnis in Übereinstimmung mit dem arbeitsrechtlichen Verständnis dieses Begriffes - als Ausdruck der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit des Beschäftigten durch seine Beschäftigung nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen der Gestaltung einer Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall freilich auch vorliegender) Umstände (wie z. B. einer längeren Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder eines das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungsrechtes des Empfängers der Arbeitsleistung) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgeblicher Bedeutung sein (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0053, m.w.N.).
2. Gemäß § 4 Abs. 4 ASVG stehen - unter in dieser Bestimmung näher genannten weiteren Voraussetzungen - den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im Wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen, sofern sie auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 bzw. § 3 Abs. 2 GSVG oder gemäß § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder sofern es sich nicht um eine (Neben)Tätigkeit im Sinne des § 19 Abs. 1 Z. 1 lit. f B-KUVG handelt oder sofern diese Personen nicht eine freiberufliche Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer) begründet, ausüben.
3. Der Beschwerdeführer macht zunächst die Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes geltend, da die belangte Behörde zwar die Rechtsfrage über das Bestehen wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erkannt, dazu jedoch keine ausreichenden Feststellungen in Bezug auf das Vorliegen der sich aus der Rechtsprechung ergebenden Kriterien, wie Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene persönliche Arbeitspflicht getroffen habe. Insbesondere habe die belangte Behörde keine Feststellung zur Frage der Dauer des Arbeitsverhältnisses getroffen. Auch darüber, ob der Beschwerdeführer von seinem Dienstgeber Betriebsmittel erhalten habe, habe die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen, obwohl dies verfahrensrechtlich indiziert gewesen sei. Die belangte Behörde habe auch keine Feststellung getroffen, ob der Dienstgeber gegenüber dem Beschwerdeführer weisungs- und kontrollbefugt gewesen sei. Dass es Dienstgeberkontrollen sowie detaillierte Anweisungen zu den einzelnen Projekten anlässlich der Besprechungen bei den persönlichen Treffen, Telefonaten und E-Mails gegeben habe, ergebe sich eindeutig aus den Angaben des Beschwerdeführers. Ferner habe sich die belangte Behörde mit den für die Beurteilung der persönlichen Abhängigkeit wesentlichen Kriterien der persönlichen Leistungsverpflichtung überhaupt nicht auseinander gesetzt. Dies obgleich der Beschwerdeführer mehrmals ausgeführt habe, dass zwischen ihm und dem Dienstgeber ein Weitergabeverbot vereinbart gewesen sei.
Die belangte Behörde beschränke sich in ihren Feststellungen zur Ausübung der Tätigkeit des Beschwerdeführers auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer im Jahr 1999 von L P. beauftragt worden sei, an Hand von Grobentwürfen Endentwürfe für landwirtschaftliche Gebäude in der Ukraine zu erstellen. Die belangte Behörde habe zur persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit nur die Feststellung getroffen, dass der Beschwerdeführer nicht an einen Arbeitsort und an eine Arbeitszeit gebunden gewesen sei und ein monatliches Entgelt bezogen habe. Es wären aber weitere maßgebliche unterscheidungskräftige Kriterien für das Dienstverhältnis verfahrensrechtlich indiziert gewesen. So hätten z. B. Feststellungen über das Kriterium der vereinbarten persönlichen Leistungsverpflichtung sowie der von L P. ausgeübten Anweisungs- und Kontrollbefugnis, die zur Verfügung gestellten Betriebsmittel (Computer, CD-ROMs, Disketten), über die Unbestimmtheit der Vertragsdauer sowie über die wöchentliche Arbeitszeit von 28 Stunden getroffen werden können. Hätte sich die belangte Behörde gründlich mit diesen Fakten auseinander gesetzt, wäre sie zur Ansicht gekommen, dass mit Ausnahme der fehlenden Bindung an den Arbeitsort, die Arbeitszeit und den Arbeitsablauf sämtliche Merkmale zumindest für das Überwiegen der persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit vorgelegen seien.
4. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer selbst einräumt, an Arbeitsort, Arbeitszeit und Arbeitsablauf nicht gebunden gewesen zu sein. Er hat allerdings behauptet, detaillierten Anordnungen des Geschäftsführers der mitbeteiligten Partei in Bezug auf die zu erbringenden Leistungen unterworfen und zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen zu sein.
Der Beschwerdeführer zieht allerdings die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zum Ablauf der von ihm ausgeführten Tätigkeit, wonach er jeweils am Beginn der Woche Aufträge bekommen habe und sich dazu mit dem Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei jeweils zur Besprechung in diversen Lokalen getroffen habe, nicht in Zweifel.
Berücksichtigt man im Beschwerdefall zudem die weiteren festgestellten Umstände, insbesondere dass der Beschwerdeführer über Betriebsort und Tätigkeit der erstmitbeteiligten Partei nicht Bescheid wusste und keine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens feststellbar war, so kann der belangten Behörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie ungeachtet der vom Beschwerdeführer behaupteten "Weisungen" - nach dem Beschwerdevorbringen handelte es sich um "detaillierte Anweisungen zu den einzelnen Projekten", somit eher um eine Spezifizierung einer jeweils zu erbringenden Werkleistung - sowie der Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung, welche die Annahme von Werkverträgen nicht ausschließt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 87/08/0271) vom Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit des Beschwerdeführers ausgegangen ist, die das Vorliegen des Pflichtversicherungstatbestandes nach § 4 Abs. 1 Z. 1 und 2 bzw. nach § 4 Abs. 4 ASVG ausschließt.
5. Der Beschwerdeführer macht weiters eine Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung geltend: es habe für den Beschwerdeführer den Anschein, dass der Umstand, nachdem in sämtlichen bisherigen Verfahrensgängen und auch für Erhebungen des Finanzamtes der Geschäftsführer der erstmitbeteiligten Partei oder sonst eine zuständige Person nicht auffindbar gewesen sei und auch keine weiteren Zeugen und Beweismittel, die eine Tätigkeit des Beschwerdeführers im verfahrensgegenständlichen Zeitraum belegen würden, existierten, allein zu Lasten der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers gehe. Es sei im Geschäftsleben eine alltägliche Erscheinung, dass Gesellschaften ihre Geschäftstätigkeit einstellen würden und Geschäftsführer beispielsweise wegen dauernder Ortsabwesenheit infolge Verlagerung des operativen Geschäfts ins Ausland für inländische Behörden nicht mehr greifbar seien. Dieser Umstand könne jedoch sozialversicherungsrechtlich nicht zum Nachteil ehemaliger Dienstnehmer derartiger Gesellschaften und Geschäftsführer gereichen. Diesen Umstand, dass mehr als zwei Jahre nach Beendigung des Dienstverhältnisses der Dienstgeber für Behörden nicht mehr greifbar sei, verwende die belangte Behörde zu Unrecht in ihrer Beweiswürdigung gegen den Beschwerdeführer.
6. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) bedeutet nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0233, m.w.N.).
Der belangten Behörde kann nicht entgegengetreten werden, wenn sie im Beschwerdefall im Rahmen der Beweiswürdigung auch berücksichtigt hat, dass eine geschäftliche Tätigkeit der erstmitbeteiligten Partei nicht nachweisbar war oder dass der Geschäftsführer und spätere Liquidator der erstmitbeteiligten Partei im Verwaltungsverfahren (aber auch von anderen Behörden) nicht erreicht werden konnte. Die belangte Behörde hat im Rahmen ihrer Beweiswürdigung in nachvollziehbarer Weise Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers dargelegt.
7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm | |
Schlagworte | Dienstnehmer Begriff Persönliche Abhängigkeit |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2006080291.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAE-82142