VwGH 09.09.2009, 2006/08/0282
Entscheidungsart: Erkenntnis
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde der I G.m.b.H. in St. Pölten, vertreten durch Köhler Draskovits Strolz Rechtsanwälte GmbH in 1060 Wien, Amerlingstraße 19, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS8-SV-453/001-2006, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei:
Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 14-16), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass die anlässlich der über den Zeitraum vom bis durchgeführten Sozialversicherungsprüfung am ausgefertigte Nachtragsrechnung über EUR 28.734,30 zu Recht bestehe. Die beschwerdeführende Partei sei als Dienstgeberin zur Zahlung dieser Nachtragsrechnungssumme zuzüglich EUR 4.447,91 Verzugszinsen verpflichtet. Die Nachtragsrechnung und die Aufstellung über nicht oder unrichtig gemeldete Beitragsgrundlagen würden einen Bestandteil dieses Bescheides bilden.
Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass bei der beschwerdeführenden Partei über den Zeitraum bis von einem Organ der Finanzverwaltung eine GPLA-Prüfung (gemeinsame Prüfung der lohnabhängigen Abgaben) durchgeführt worden sei. Diese sei am abgeschlossen worden. Für den Bereich der Sozialversicherung seien einige Differenzen festgestellt worden. In der Folge sei eine Nachtragsrechnung über EUR 28.734,30 erstellt worden. Die beschwerdeführende Partei habe die Ausstellung eines Bescheides bezüglich dieser Nachtragsrechnung beantragt und dies damit begründet, dass die durchgeführte Zuordnung der Bemessungsgrundlagen zu den einzelnen Beitragszeiträumen unrichtig durchgeführt worden sei.
Die beschwerdeführende Partei sei Immobilien- und Vermögenstreuhänder. Für Dienstfahrten der Dienstnehmer sei das jeweils gültige amtliche Kilometergeld ausbezahlt worden. Zum Teil sei in einer Ergänzung zum Dienstvertrag Folgendes vereinbart worden:
"Der Dienstnehmer hat auch dann Anspruch auf Auszahlung des Kilometergeldes, wenn er keine Provisionsumsätze realisiert hat. Werden Provisionsumsätze ins Verdienen gebracht, so hat der Arbeitgeber das Recht, die Kilometergelder vom fiktiv ermittelten Provisionsanspruch in Abzug zu bringen."
Die Kilometerabrechnungen seitens der Dienstnehmer seien zum Teil nicht monatsweise vorgelegt worden, sondern es seien mehrere Monate zusammengefasst und dann eine Abrechnung vorgelegt worden. Auch seien seitens des Dienstgebers die Kilometergeldabrechnungen nicht monatsbezogen zugeordnet worden, sondern die mehrere Monate umfassenden Kilometergeldabrechnungen seien dann von der Provision abgezogen worden, wenn tatsächlich Provisionen verdient worden seien. Teilweise hätten die Dienstnehmer durch diese Kilometergeldabrechnungen über mehrere Monate auch ein Minus auf ihrem Lohnkonto.
In der Folge wurde dies im erstinstanzlichen Bescheid am Beispiel eines Mitarbeiters bei der Abrechnung für 2001 dargelegt.
Das Prüforgan habe die Kilometergelder jeweils im Folgemonat berücksichtigt. Dies entspreche der gängigen Praxis im Wirtschaftsleben, wonach die Kilometergeldabrechnung für den Monat X zu Beginn des Nachfolgemonats feststehe und somit bei der Abrechnung in diesem Nachfolgemonat zu berücksichtigen sei. Beispielsweise stünden die dienstlich gefahrenen Kilometer für Februar 2001 in der ersten Märzwoche 2001 fest und seien bei der Abrechnung für März 2001 zu berücksichtigen.
Laut den Aufzeichnungen im Fahrtenbuch seien vom Prüforgan die pro Monat in diesem Zeitraum dienstlich gefahrenen Kilometer herausgerechnet und nach dem vorhin Ausgeführten zugeordnet worden. Für alle von dieser Vorgangsweise betroffenen Dienstnehmer seien vom Prüforgan die Kilometergelder für jeden Monat genau berechnet und im Folgemonat von den für diesen Monat zustehenden Provisionen in Abzug gebracht worden. Auf Basis dieser Beitragsgrundlage seien die Sozialversicherungsbeiträge und alle damit zusammenhängenden Ansprüche, Abgaben und dergleichen dann neu berechnet worden. Vom Prüforgan sei für jeden Dienstnehmer einzeln und monatsbezogen die Beitragsgrundlage ermittelt und zugeordnet worden; die Eingabe und Abrechnung sei aus ökonomischen Gründen im Dezember eines jeden Jahres erfolgt. Bei monatlicher Abrechnung wären noch wesentlich höhere Verzugszinsen angefallen. Der Großteil der Forderung aus der Nachtragsrechnung ergebe sich aus der geschilderten monatlichen Berechnung und Zuordnung. Die dargestellte Differenzart sei in 41 Fällen angewendet worden.
Die von der beschwerdeführenden Partei gewählte Vorgangsweise, die Kilometergelder willkürlich und beliebig von den Provisionen in Abzug zu bringen, führe zu massiven Verzerrungen der Beitragsgrundlagen zu Lasten der Dienstnehmer mit allen arbeits- und sozialrechtlichen Konsequenzen (geringeres Krankengeld, geringere Bemessungsgrundlage für die Pension usw.). Dies widerspreche eindeutig den Grundsätzen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, da die Beitragsgrundlage der im Beitragszeitraum gebührende Arbeitsverdienst sei. Außerdem stelle dies eine gröbliche Benachteiligung der Dienstnehmer dar, da die gewählte Vorgangsweise ausschließlich im Interesse des Dienstgebers gelegen sei.
In rechtlicher Hinsicht legte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse dar, dass die Dienstnehmer der beschwerdeführenden Partei Anspruch auf die Provisionen aus den getätigten Immobiliengeschäften hätten, bei entsprechender Vereinbarung verringert um die Kilometergelder. Hierbei sei eine korrekte Zuordnung der Kilometergelder zu den einzelnen Monaten vorzunehmen, um die Beitragsgrundlage im Beitragszeitraum feststellen zu können. Eine willkürliche Zuordnung des Abzugs der Kilometergelder widerspreche dem Gesetz, da der Beitragszeitraum für die in der gegenständlichen Angelegenheit zu beurteilenden Dienstverhältnisse der mit 30 Tagen anzunehmende Kalendermonat sei.
Die von der beschwerdeführenden Partei als Dienstgeberin praktizierte Vorgangsweise finde keine gesetzliche Deckung in den anzuwendenden Bestimmungen, insbesondere in § 44 Abs. 1 i.V.m.
§ 49 Abs. 1 ASVG. § 539 ASVG normiere, dass Vereinbarungen, wonach die Anwendung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zum Nachteil der Versicherten im voraus ausgeschlossen oder beschränkt werde, ohne rechtliche Wirkung seien. Wenn schon der Abzug der Kilometergelder von den Provisionen vor Bildung der Beitragsgrundlage akzeptiert werde, so sei umso mehr darauf zu achten, dass zumindest eine monatsbezogene korrekte Zuordnung erfolge und nicht auch noch in exzessiver Weise Beitragsgrundlagen zum Nachteil der Versicherten "gestaltet" würden.
Eventualiter sei die von der beschwerdeführenden Partei gewählte Vorgangsweise, die Kilometergelder nicht monatsbezogen im Folgemonat, sondern willkürlich irgend einem Monat zugeordnet bzw. für mehrere Monate gesammelt vom Provisionsanspruch abzuziehen, infolge Sittenwidrigkeit ein Verstoß gegen § 879 Abs. 1 ABGB.
Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei einen als Berufung bezeichneten Einspruch und führte darin aus, dass die bei der Gesellschaft beschäftigten Dienstnehmer ein Grundgehalt zuzüglich Kilometergeld und zuzüglich Provisionen beziehen würden. Während das Grundgehalt laufend zur Auszahlung gelange, entstehe der Anspruch auf Provision erst im Zeitpunkt eines erfolgreich vermittelten Geschäftes bzw. des Geldeinganges für den jeweiligen Geschäftsfall. Die Vereinbarung sehe vor, dass bei Abrechnung der Provision das Kilometergeld von der Provisionsanspruchsbasis in Abzug gebracht werde. Anspruch auf Auszahlung und Abrechnung bestehe daher nur von dem saldierten Betrag.
Die Vorgangsweise des Prüforgans stehe im Widerspruch zu den dienstvertraglich vereinbarten Regelungen sowie zur Rechtsprechung, zumal der Oberste Gerichtshof judiziert habe, dass von einem vereinbarten Provisionsentgelt durchaus Abstriche bzw. Abrechnungen vereinbart werden können. Dies könne nicht nur für monatliche Abrechnungen gelten, sondern auch nach allgemeiner Praxis für den gesamten Jahresabrechnungszeitraum möglich sein. Wie aus den übergebenen Dienstverträgen zu entnehmen sei, seien Dienstfahrten mit dem eigenen Pkw oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit der Provisionszahlung abgegolten. Ein Anspruch auf Kilometergeld für beruflich veranlasste Fahrten bestehe jedoch auch in den Monaten, in denen vom Dienstnehmer kein Provisionsumsatz lukriert oder kein Provisionsumsatz zugeflossen sei. Bei Vorliegen einer entsprechenden Vereinbarung, wonach anfallende Kosten (z.B. Kilometergeld) in den lukrierten Provisionen Deckung finden müssten, sei nur der Rest als Provision zu verrechnen. Hieraus könne keine Umgehung der ASVG-Bestimmungen abgeleitet werden, ebenso keine willkürliche Steuerung des Entgelts und keine gröbliche Benachteiligung der Dienstnehmer.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Einspruch der beschwerdeführenden Partei abgewiesen und den erstinstanzlichen Bescheid bestätigt. Nach Darlegung des Verfahrensganges hielt die belangte Behörde fest, dass das Einspruchsbegehren ausschließlich die Rechtfertigung der Art und Weise der von der beschwerdeführenden Partei vorgenommenen Kilometergeldabrechnung dem Grunde nach betreffe, nicht aber der Höhe nach. Die Beschwerdeführerin habe im verfahrensrelevanten Zeitraum den Mitarbeitern für ihre Dienstfahrten das jeweils gültige amtliche Kilometergeld geleistet. Teilweise sei in Ergänzung zum Dienstvertrag Folgendes vereinbart worden:
"Der Dienstnehmer hat auch dann Anspruch auf Auszahlung des Kilometergeldes, wenn er keine Provisionsumsätze realisiert hat. Werden Provisionsumsätze ins Verdienen gebracht, so hat der Arbeitgeber das Recht, die Kilometergelder vom fiktiv ermittelten Provisionsanspruch in Abzug zu bringen."
Die Dienstnehmer hätten die Kilometerabrechnungen zum Teil nicht monatsweise, sondern für mehrere Monate zusammengefasst vorgelegt. Auch der Dienstgeber habe die Kilometergeldabrechnungen nicht monatsweise zugeordnet, sondern die mehrere Monate umfassenden Kilometergeldabrechnungen seien erst dann von der Provision abgezogen worden, wenn eine Provision in ausreichendem Ausmaß zur Auszahlung gelangt sei.
Dem bei der durchgeführten GPLA-Prüfung festgestellten Auszahlungsmodus bei den Kilometergeldern sei vom Prüforgan folgende übliche Verrechnungsmethode gegenübergestellt worden:
"Die Kilometergeldberechnung für ein bestimmtes Monat ('Monat X') - der Abrechnungszeitraum erfasst dabei jeweils die Zeit vom Monatsersten bis zum Monatsletzten - steht bereits zu Beginn des Nachfolgemonats fest, das Kilometergeld wird von der für den Monat X zu berücksichtigenden Provision abgezogen."
Auf Basis der so errechneten monatsbezogenen Beitragsgrundlage habe das Prüforgan sodann die Sozialversicherungsbeiträge und alle damit zusammenhängenden Ansprüche und Abgaben neu berechnet. Der Vergleich beider Abrechnungsmethoden zeige erhebliche Differenzen zwischen den Lohnkonten der beschwerdeführenden Partei und den Berechnungen des Prüforgans. Bei der vom Prüforgan kritisierten Berechnungsvariante der beschwerdeführenden Partei hätten sich verringerte Beitraggrundlagen ergeben, die unter anderem verringerte Sozialversicherungsbeiträge und reduzierte Bemessungsgrundlagen für verschiedene Leistungen (wie etwa Krankgeld und Pensionen) zur Folge gehabt hätten. Diese Abrechnungsform benachteilige damit die betreffenden Mitarbeiter und könne "nicht zuletzt in gewisser Weise auch eine Steuerungsmöglichkeit der für die Sozialversicherung maßgeblichen Daten bedeuten."
Angemerkt werde in diesem Zusammenhang, dass die Dienstnehmer im Sinne einer zufrieden stellenden Arbeitsleistung vom Dienstgeber jedenfalls veranlasst seien, möglichst viele Immobilien zu vermitteln, was eine hohe Zahl an zurückzulegenden Dienstkilometern bedinge. Umgekehrt aber sei infolge der Vielzahl der dafür mitbestimmenden Faktoren die Möglichkeit der Dienstnehmer, Geschäftsabschlüsse zu forcieren bzw. auch tatsächlich herbeizuführen und damit Provisionen ins Verdienen zu bringen, nur sehr begrenzt. Es bestehe somit eine gewisse Unausgewogenheit zwischen Dienstgeber- und Dienstnehmermöglichkeiten, auf sozialversicherungsrechtliche Aspekte Einfluss zu nehmen.
Das Vorgehen, die für mehrere Monate zusammengefassten Kilometergelder bei Vorliegen einer entsprechend hohen Provision abzurechnen, widerspreche der Definition des nach dem ASVG gültigen Beitragszeitraumes. Sie sei aber im Zusammenhang mit der Schlechterstellung der Dienstnehmer aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht auch unter dem Gesichtspunkt des § 539 ASVG als rechtswidrig zu bewerten.
Zum Einwand der beschwerdeführenden Partei, die Vorgangsweise des Prüforgans stehe in Widerspruch zu den dienstvertraglich vereinbarten Regelungen, werde darauf hingewiesen, dass die zwischen der beschwerdeführenden Partei und den Dienstnehmern getroffene Vereinbarung nicht für sich allein bewertet werden könne, sondern deren Rechtmäßigkeit nur im Zusammenhang mit den entscheidenden - ihr vom Rang her übergeordneten - gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen beurteilt werden könne. Das Bestehen der Vereinbarung werde von der belangten Behörde nicht angezweifelt, ihr Inhalt könne aber nicht über das Gesetz gestellt werden.
Zu dem von der beschwerdeführenden Partei zitierten Urteil des Obersten Gerichtshofs vom , Zl. 9 ObA 148/03k, führte die belangte Behörde aus, dass dieses den Abzug der dem Dienstnehmer zustehenden Kilometergelder von dessen Provision und die Heranziehung des saldierten Betrages für die Berechnung der Bemessungsgrundlage bzw. Beitragsgrundlage für zulässig erkläre. In diesem Punkt werde die verfahrensgegenständliche Vereinbarung aber auch von der belangten Behörde nicht für rechtswidrig gehalten. Vielmehr werde die von der beschwerdeführenden Partei praktizierte Vorgangsweise, die für mehrere Monate gesammelten Kilometergelder bei Vorliegen eines ausreichend hohen Provisionsanspruchs des Dienstnehmers abzuziehen, als gesetzwidrig beurteilt. Das genannte Urteil des OGH rechtfertige dieses Vorgehen in keiner Weise und in dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt seien die Kilometergelder exakt monatsweise zugeordnet worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt gemäß § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG bei den pflichtversicherten Dienstnehmern das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.
Unter Entgelt sind gemäß § 49 Abs. 1 ASVG die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Gemäß § 44 Abs. 2 ASVG ist Beitragszeitraum der Kalendermonat, der einheitlich mit 30 Tagen anzunehmen ist.
2. Die beschwerdeführende Partei wendet sich gegen die von der belangten Behörde - die darin dem erstinstanzlichen Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse folgte - vorgenommene monatsweise Zuordnung der "Kilometergeldabzüge" von den (fiktiven) Provisionsansprüchen. Diese habe nicht dem übereinstimmenden Parteiwillen der beschwerdeführenden Partei als Dienstgeberin einerseits und der Dienstnehmer andererseits entsprochen. Die belangte Behörde, die von einer nach § 539 ASVG rechtsunwirksamen Vereinbarung ausgegangen sei, habe zudem in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht dargetan, "was tatbestandsmäßig rechtsunwirksam oder allenfalls missbräuchlich vereinbart worden" sei.
3. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg:
Die belangte Behörde stellte im angefochtenen Bescheid fest, dass die beschwerdeführende Partei im verfahrensrelevanten Zeitraum ihren Dienstnehmern "für ihre Dienstfahrten das jeweils gültige amtliche Kilometergeld" geleistet habe. Weiters stellte die belangte Behörde jedoch fest, dass nach einer Ergänzung zum Dienstvertrag, die "teilweise" - also offenbar nicht mit allen betroffenen Dienstnehmern - vereinbart worden sei, die beschwerdeführende Partei das Recht habe, "die Kilometergelder vom fiktiv errechneten Provisionsumsatz in Abzug zu bringen", sofern "Provisionsumsätze ins Verdienen gebracht wurden". Die Kilometergeldabrechungen seien nicht monatsbezogen zugeordnet worden, sondern die mehrere Monate umfassenden Kilometergeldabrechnungen seien "erst dann von der Provision abgezogen" worden, wenn eine Provision im ausreichenden Ausmaß zur Auszahlung gelangt sei.
Diese Feststellungen lassen nicht nur offen, welche konkreten Vereinbarungen zwischen den betroffenen Dienstnehmern und der beschwerdeführenden Partei über den Auslagenersatz für Fahrtkosten tatsächlich getroffen wurden, sondern sind auch insofern widersprüchlich, als einerseits die Leistung des Kilometergeldes durch die beschwerdeführende Partei, andererseits aber ein Abzug eben dieser Kilometergelder von den "ins Verdienen gebrachten" - also nicht wie die beschwerdeführende Partei meint: "fiktiven" - Provisionen festgestellt wird.
Der Inhalt der zwischen der beschwerdeführenden Partei und den verfahrensgegenständlich betroffenen Dienstnehmern tatsächlich getroffenen Vereinbarungen über deren Entgeltanspruch (einschließlich des Anspruchs auf Provisionen und auf Auslagenersatz) wurde weder im erstinstanzlichen Bescheid noch im nunmehr angefochtenen Bescheid vollständig festgestellt. Auch wurde nicht aufgeklärt, aus welchen Gründen die tatsächliche Handhabung der Abrechnung mit der "zum Teil" getroffenen Ergänzung zum Dienstvertrag in Widerspruch steht.
Da sich auf Grund des mangelhaft festgestellten Sachverhalts die Rechtmäßigkeit der erfolgten Nachverrechnung nicht beurteilen lässt, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
4. Aus Gründen der Verfahrensökonomie ist für das von der belangten Behörde fortzusetzende Verfahren Folgendes anzumerken:
Nach dem Beschwerdevorbringen der beschwerdeführenden Partei wurde die ursprünglich mit den betroffenen Dienstnehmern getroffene Vereinbarung (die im angefochtenen Bescheid nicht festgestellt wurde und auch den Verwaltungsakten nicht zu entnehmen ist), wonach Dienstfahrten "mit der Provisionszahlung" abgegolten seien, durch die Ergänzung zum Dienstvertrag nicht aufgehoben, sondern "dahingehend ergänzt, dass dem Dienstnehmer ein Anspruch auf Auszahlung des Kilometergeldes eingeräumt wird, wobei der Dienstgeber die Kilometergelder vom (fiktiven) Provisionsanspruch in Abzug bringt."
Dieses Vorbringen deutet darauf hin, es könnte auch im vorliegenden Fall - vergleichbar dem Sachverhalt, der dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/08/0129, zu Grunde lag -
durch die ergänzende Vereinbarung vom Grundsatz, dass die Fahrtkosten materiell ausschließlich zu Lasten der Dienstnehmer gehen sollten, nicht abgegangen worden sein. In diesem Fall wäre nach den im eben zitierten Erkenntnis ausgeführten Grundsätzen nicht nur die Frage der monatsweisen Zuordnung der "Kilometergeldabzüge" zu prüfen, sondern auch zu klären, ob es sich beim Ersatz der Fahrtkosten überhaupt um beitragsfreien Auslagenersatz im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 1 ASVG handelt.
5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Das den Ersatz der Eingabengebühr nach § 24 VwGG betreffende Kostenmehrbegehren war wegen der auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden sachlichen Gebührenfreiheit gemäß § 110 ASVG abzuweisen.
Von der von der beschwerdeführenden Partei beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Wien, am
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Normen | |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2006080282.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAE-82124