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VwGH vom 17.04.2013, 2010/22/0110

VwGH vom 17.04.2013, 2010/22/0110

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des I, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 319.941/2-III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines serbischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 11 Abs. 2 Z. 4 und § 11 Abs. 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer die Familienzusammenführung mit seiner in Österreich lebenden Ehefrau, einer serbischen Staatsangehörigen mit einem bis gültigen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG", begehre. Am sei die Geburt eines gemeinsamen Kindes angezeigt worden.

Die Ehefrau des Beschwerdeführers beziehe seit Wochengeld in Höhe von EUR 33,01 täglich und verfüge sohin über EUR 990,30 pro Monat. Sie sei Hauptmieterin einer Wohnung in Wien, für die sie monatlich EUR 414,35 zu zahlen habe. Das Einkommen und die Belastungen der Ehefrau lägen unter den Richtsätzen des § 293 ASVG, weshalb die Unterhaltsmittel nicht gedeckt seien. Derzeit sei nicht absehbar, wie lange die Ehefrau des Beschwerdeführers in Karenz sein werde, sowie ob und wo sie danach beschäftigt sein werde, weshalb von der "derzeitigen" finanziellen Lage der Ehefrau des Beschwerdeführers ausgegangen werden müsse.

Im Zuge der erforderlichen Interessenabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK sei zwar zu berücksichtigen, dass durch den Aufenthalt der Ehefrau und des Kindes des Beschwerdeführers familiäre Bindungen in Österreich bestünden, jedoch stelle die Sicherung des Lebensunterhaltes im NAG eine wichtige Grundvoraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels dar und der Beschwerdeführer habe keinen ausreichenden Nachweis über einen gesicherten Lebensunterhalt erbracht. Die Abwägung der gegenüberstehenden Interessenlagen gehe daher zu Lasten des Beschwerdeführers, weil das öffentliche Interesse an der Einhaltung einschlägiger Zuwanderungsbestimmungen das persönliche Interesse des Beschwerdeführers an einer Neuzuwanderung überwiege.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass im Hinblick auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (im Mai 2010) für die Beurteilung des gegenständlichen Falles das NAG in der Fassung des BGBl. I Nr. 135/2009 maßgeblich ist.

Zu den Grundsätzen der Berechnung der vom Beschwerdeführer aufzubringenden Unterhaltsmittel, der deren Vorhandensein auf Unterhaltsansprüche gegen seine Ehefrau stützt, wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf Punkt 5.3 der Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2008/22/0711, verwiesen. Der im angefochtenen Bescheid genannte "Haushaltsrichtsatz" des § 293 ASVG (in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 135/2009), die dort festgestellte Mietzinsbelastung und das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides erzielte Monatseinkommen der Ehefrau des Beschwerdeführers werden in der Beschwerde nicht in Zweifel gezogen und begegnen keinen Bedenken. Allerdings releviert die Beschwerde - wie auch schon in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid - mit Blick auf das Erfordernis einer Prognose über das erzielbare Jahreseinkommen im Sinn des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2008/22/0637, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers "nach Beendigung ihrer Karenz die zuletzt ausgeübten Tätigkeiten wieder ausüben" werde und sie dann über ein höheres Einkommen verfüge, als es der Richtsatz erfordere. Ohne weitere Begründung blieb allerdings die Feststellung im angefochtenen Bescheid, es sei noch nicht absehbar, wie lang die Ehefrau des Beschwerdeführers in Karenz sein werde, sowie ob und wo sie danach beschäftigt sein werde. Angesichts des in § 10 Mutterschutzgesetz 1979 angeordneten Kündigungsschutzes hätten die von der belangten Behörde geäußerten Zweifel über den Fortbestand des Dienstverhältnisses zu den Dienstgebern der Ehefrau des Beschwerdeführers einer nachvollziehbaren Begründung bedurft, sodass insoweit ein Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides vorliegt.

Der belangten Behörde ist aber auch vorzuwerfen, dass sie bei der Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG den öffentlichen Interessen gegenüber den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers allein deswegen den Vorzug eingeräumt hat, weil das nach § 11 Abs. 5 NAG notwendige Ausmaß an Unterhaltsmitteln nicht zur Verfügung stehe. Dies liefe allerdings darauf hinaus, dass im Fall des Fehlens der Erteilungsvoraussetzung nach § 11 Abs. 2 Z. 4 iVm Abs. 5 NAG eine Interessenabwägung nach § 11 Abs. 3 NAG immer zu Lasten des Fremden auszugehen hätte, was aber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes mit dem Gesetz nicht in Einklang zu bringen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0350, mwN).

Sohin war der angefochtene Bescheid wegen - vorrangig wahrzunehmender - Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am