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VwGH vom 13.11.2013, 2013/08/0239

VwGH vom 13.11.2013, 2013/08/0239

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde der M GmbH Co KG in Wien, vertreten durch Korn Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Argentinierstraße 20/1/3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl BMASK-520547/0003-II/A/3/2013, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. O G, z. Hd. Mag. Alexander de Brito, Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22, 2. Wiener Gebietskrankenkasse in 1103 Wien, Wienerbergstraße 15-19, 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1200 Wien, Adalbert Stifterstraße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen einen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien betreffend die Pflichtversicherung der erstmitbeteiligten Partei im Zeitraum vom bis gemäß § 4 Abs 1 Abs 2 ASVG sowie § 1 Abs 1 lit a AlVG gemäß § 66 Abs 4 AVG als verspätet zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die zweitmitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe mit Bescheid vom festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte auf Grund ihrer Tätigkeit als Zeitungszustellerin bei der beschwerdeführenden Partei in der Zeit vom bis nicht der Pflichtversicherung nach § 4 Abs 1 und 2 ASVG sowie § 1 Abs 1 lit a AlVG und auch nicht der Pflichtversicherung nach § 4 Abs 4 ASVG unterlegen sei. Gegen diesen Bescheid habe die Erstmitbeteiligte fristgerecht Einspruch erhoben.

Der Landeshauptmann von Wien habe diesem Einspruch mit Bescheid vom Folge gegeben und in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides festgestellt, dass die Erstmitbeteiligte im genannten Zeitraum der Pflichtversicherung unterlegen sei.

Dieser Bescheid sei der beschwerdeführenden Partei mit nachweislich zugestellt worden. Die Berufungsfrist habe für die beschwerdeführende Partei daher am geendet. Mit Schreiben vom habe die beschwerdeführende Partei Berufung erhoben und diese Berufung beim Landeshauptmann von Wien eingebracht. Diese Berufung sei am beim Landeshauptmann von Wien eingelangt. Der Landeshauptmann von Wien sei nicht Einbringungsbehörde im Sinne des § 63 Abs 5 AVG, weil er im vorliegenden Fall weder jene Behörde, die den Bescheid in erster Instanz erlassen habe, noch Berufungsbehörde sei. Die Rechtsmittelbelehrung des Einspruchsbescheides habe zutreffend darauf hingewiesen, dass die Berufung der beschwerdeführenden Partei bei der Wiener Gebietskrankenkasse einzubringen gewesen sei.

Der Landeshauptmann von Wien habe die Berufung mit "" (gemeint wohl ) an die Wiener Gebietskrankenkasse weitergeleitet.

Mit Schreiben vom habe der Landeshauptmann von Wien die Berufung unter gleichzeitiger Vorlage der Verfahrensakten an die belangte Behörde weiter geleitet. Die Berufungsfrist sei zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen gewesen.

Der beschwerdeführenden Partei sei Gelegenheit gegeben worden, zur Verspätung Stellung zu nehmen, wovon diese keinen Gebrauch gemacht habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Im Beschwerdefall ist Behörde, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat, die zweitmitbeteiligte Gebietskrankenkasse. Dem Landeshauptmann kommt im vorliegenden Fall die Rechtsstellung einer Rechtsmittelbehörde, und nicht einer Behörde erster Instanz zu (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 91/08/0022), sodass der Landeshauptmann nicht die Einbringungsstelle iSd § 63 Abs 5 erster Satz AVG ist.

2. Die beschwerdeführende Partei macht - unter Berufung auf Bartos in Sonntag , ASVG3, 2012, Rz 3 zu § 412 - geltend, dass nach der Lehre die Berufung gegen Bescheide des Landeshauptmannes wahlweise auch direkt beim Landeshauptmann eingebracht werden könne.

Diese auch noch in der 2013 erschienenen Folgeauflage des zitierten Werks ohne nähere Begründung vertretene Auffassung steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl 2011/08/0220, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass der Landeshauptmann, der über einen Einspruch im Sinne des § 413 Abs 1 Z 1 ASVG entschieden hat, hinsichtlich der gegen diesen Einspruch erhobenen Berufung nicht als "Berufungsbehörde" im Sinne des § 63 Abs 5 dritter Satz AVG zu verstehen ist.

Ausgehend vom klaren Wortlaut des § 63 Abs 5 AVG gilt eine Berufung, die im mehrgliedrigen Instanzenzug bei der Zwischeninstanz, die den mit der Berufung anzufechtenden Bescheid erlassen hat, eingebracht wurde, nicht als rechtzeitig; Abweichendes gilt nur bei fehlerhafter Rechtsmittelbelehrung oder bei rechtzeitiger Weiterleitung gemäß § 6 AVG.

Da im vorliegenden Fall die Rechtsmittelbelehrung - auch in der Beschwerde unbestritten - zutreffend war, hat die belangte Behörde die hier verfahrensgegenständliche Berufung der beschwerdeführenden Partei, die beim Landeshauptmann für Wien und damit bei einer unzuständigen Behörde eingebracht wurde und nach Weiterleitung gemäß § 6 AVG erst nach Ablauf der Berufungsfrist bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse einlangte, daher zu Recht als verspätet beurteilt.

3. Die beschwerdeführende Partei macht weiters geltend, dass die belangte Behörde es unterlassen habe, den für die Erledigung maßgeblichen Sachverhalt ausreichend zu ermitteln und festzustellen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, bei der ersten Instanz nachzufragen, ob rechtzeitig eine Berufung bei dieser Behörde eingelangt sei. Die beschwerdeführende Partei habe nämlich noch innerhalb der Berufungsfrist am eine (weitere) Berufung bei der Wiener Gebietskrankenkasse eingebracht. Hätte die belangte Behörde entsprechende Nachforschungen angestellt, so hätte sie davon Kenntnis erlangt, dass innerhalb offener Berufungsfrist zwei (nahezu) inhaltsgleiche Rechtsmittel eingelangt seien. Rechtzeitig eingebrachte Berufungen seien als eine gemeinsame Berufung anzusehen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe jedoch lediglich die (nach Auffassung der beschwerdeführenden Partei: vermeintlich) verspätete Berufung an die belangte Behörde weitergeleitet.

Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass, wie oben dargelegt, die verfahrensgegenständliche Berufung, welche von der beschwerdeführenden Partei beim Landeshauptmann für Wien eingebracht wurde, von der belangten Behörde zutreffend als verspätet beurteilt wurde.

Mit dieser Zurückweisung hat die belangte Behörde jedoch nicht über eine allfällige weitere - nach den Behauptungen der beschwerdeführenden Partei rechtzeitig bei der richtigen Einbringungsstelle eingebrachte - Berufung entschieden.

Da die Verspätung der hier verfahrensgegenständlichen Berufung feststeht und damit jedenfalls nicht beide Berufungsschriftsätze innerhalb der offenen Berufungsfrist eingebracht wurden, geht auch der Verweis der beschwerdeführenden Partei auf das hg Erkenntnis vom , Zl 83/05/0134, VwSlg 11.943 A/1985, nach dem zwei Berufungsschriftsätze, die von einer innerhalb offener Berufungsfrist eingebracht werden, als eine Berufung anzusehen sind, fehl.

Schließlich handelt es sich bei der hier zu beurteilenden Berufung auch nicht um eine bloße Ergänzung zu der (nach den Behauptungen der beschwerdeführenden Partei: rechtzeitig) bei der zweitmitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingebrachten Berufung. Vielmehr sind die beiden Berufungsschriftsätze nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei (und den mit der Beschwerde vorgelegten Kopien dieser Schriftsätze) nahezu (mit Ausnahme der Adressierung) inhaltsgleich. Damit handelt es sich bei der hier zu beurteilenden Berufung aber um ein formell selbständiges, inhaltlich allerdings nicht über die bei der zweitmitbeteiligten Gebietskrankenkasse (nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei) eingebrachte Berufung hinausgehendes Rechtsmittel, das nicht innerhalb offener Berufungsfrist eingebracht worden war und damit auch keine Einheit mit dieser bei der zweitmitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingebrachten Berufung bildete (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 95/03/0123).

4. Die Beschwerde war daher, da schon ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am